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  „Insel der Vergessenen” von Se'la   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Juni 2010
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Zo'or und Sandoval finden den Weg zum Strand hin, während Liam und Da'an erste Erkenntnisse über die Insel erhalten und Li'en hat ein Problem.
Zeitpunkt:  dritte Staffel
Charaktere:  Zo'or, Ronald Sandoval, Liam Kincaid, Da'an, Angus Jefferson, Se'la, Li'en
 

 

INSEL DER VERGESSENEN

Kapitel 2

 

Verwirrt sah Zo'or sich um. Er brauchte nur wenige Bewegungen zu machen, um an der Oberfläche zu bleiben. Weiter vor sich sah er die Insel. Verstimmt nahm er sich vor, die Pilotin ob ihrer miserablen Flugkünste zu feuern. Wie hatte sie nur die Insel verfehlen und hier im Meer landen können?
Er sah sich um. Um ihn war nur blau. Aber wo war Sandoval? Er konnte ihn nirgends sehen und ihn zu übersehen wäre ja nahezu unmöglich. Und dass er vor ihm geflohen war, war unmöglich, sein MI würde es ihm verbieten.
Suchend sah sich Zo'or weiter um. Das Shuttle schien untergegangen zu sein. Zo'or ließ sich etwas tiefer in das Wasser sinken, bis er unter der Oberfläche war. Dort war alles blau. Er bewunderte die verschiedenen Blautöne und beobachtete das Wogen der Pflanzen. Einen Moment verlor er sich in dem Rhythmus und ließ sich etwas treiben.
Dann sah er Sandoval. Er trieb, genauso wie er in der Strömung, auf die Insel zu. Zo'ors Wissens nach, konnten Menschen doch nicht unter Wasser atmen? Sandoval bewegte sich auch nicht. Er schien sehr leblos zu sein. Zo'or ärgerte sich. Wie konnte ihn Sandoval in einer solchen schlechten Situation nur alleine lassen? Vielleicht sollte er aber irgendwie dafür sorgen, dass Sandoval wieder nach oben kam. Ohne Beschützer wäre es nicht so gut auf einer Insel alleine herumzulaufen. Und Sandoval war ja noch oft nützlich.
Mit ein paar Bewegungen war er neben Sandoval. Er stieß ihn kurz an, aber Sandoval reagierte nicht. Er seufzte mental auf. Dann schob er die Arme unter Sandovals und zog ihn nach oben. Zu seinem Erstaunen war Sandoval verhältnismäßig leicht, musste wohl am Wasser liegen. Sandoval würde noch etwas von ihm zu hören bekommen. Ein Taelon der sich so um einen Menschen kümmerte, der ihn retten musste!!
Sie durchstießen die Oberfläche. Sandoval hing schlaff in Zo'ors Armen, vollkommen blass im Gesicht. Um seine Lippen herum war es schon leicht blau, aber Zo'or konnte seinen Atem noch schwach spüren. Er stieß Sandoval noch einmal an.
„Agent Sandoval! Wachen Sie auf!”
Plötzlich bekam Zo'or fast Angst. Wenn Sandoval wirklich tot war, wäre er alleine. Alleine auf dieser Insel! Er wusste ja noch nicht einmal, wo Da'an oder Se'la waren. Er wäre selbst mit einer Begegnung mit dem Major einverstanden gewesen! Zu seiner Beunruhigung trug noch bei, dass er das Gemeinwesen nicht mehr richtig spüren konnte. Etwas schien seine Verbindung zu stören. Er spürte das Gemeinwesen nur als eine leichte Präsenz. Nicht dass er jemals mit anderen Taelons Kontakt aufgenommen hätte, abgesehen vielleicht vor seinem Elter, da seine Verbindung schon immer schwach gewesen war. Oder er eher diese schwach gehalten hatte. Das war nur noch viel schwächer. Verwirrt versuchte Zo'or Da'an zu erreichen, aber selbst dieser Kontakt war nicht möglich. Gegen seinen Willen sehnte er sich nach diesem Kontakt, obwohl er ihn sonst immer abgewiesen hatte. Mit einem Seufzen legte er sich auf den Rücken und achtete darauf, dass Sandovals Kopf immer über dem Wasser war. Er brauchte ihn noch für die Insel. Zo'or ließ sich weiter von der Strömung treiben, die Insel im Blick und versuchte sich nicht wegen des Kontakts zum Gemeinwesen beunruhigen zu lassen. Solange dieser nicht zu leise wurde, würde es ihm nichts ausmachen. Trotzdem fühlte er sich jetzt schon etwas einsam.

Die Strömung hatte sie ans Land getrieben. Sandovals Zustand hatte sich in sofern verbessert, dass er wieder atmete. Er war bewusstlos geblieben, hatte aber auf dem Weg Wasser gespuckt. Zo'or hatte Sandoval auf den Sand gelegt. Die Wellen rollten den Strand hinauf und Zo'or musste Sandoval noch weit den Strand hinaufziehen, wenn er nicht wollte, dass Sandoval die ganze Zeit im Wasser lag.
Vor ihnen waren die Klippen. Wahrscheinlich müssten sie dort hinaufklettern, einen anderen Weg, um zur Insel hinaufzukommen, gab es nicht, denn sie waren in einer Bucht gelandet. Das Einzige was Zo'or noch etwas weiter oben, nicht allzu weit entfernt von ihnen gesehen hatte, war eine Höhle. Der Weg dorthin war zeitweise von Wasser überspült, für Sandoval würde es demnach schwer werden, er selber hätte jedoch nur wenige Probleme damit.
Zo'or ließ sich neben Sandoval nieder und sah auf ihn herab. Er fand, er sah nahezu hilflos aus. Und diese Rasse sollte ihnen helfen können? Wenn ihnen schon ein wenig Wasser so zusetzte? Zo'or würde die Entscheidung der Synode wahrscheinlich niemals verstehen können. Er sah zu wie sich der Mensch langsam anfing zu bewegen und wieder zu husten begann. Er drehte ihn auf die Seite und ließ Sandoval das Wasser aushusten. Eher gelangweilt sah er zu. Vielleicht hatte er das am Anfang noch interessant gefunden, aber nachdem Sandoval dies den halben Weg lang getan hatte, hoffte er nur noch es würde bald aufhören.
„Zo'or?” fragte Sandoval schwach.
„Schön, dass Sie sich wieder entschieden haben aufzuwachen! Vielleicht können sie mir dann sagen, wo wir sind!”
„Ich weiß es nicht.”
„Ist ja nichts Neues!”
Sandoval richtete sich langsam auf. Auch Zo'or erhob sich.
„Ich danke Ihnen, Zo'or!”
„Wofür?”
Sandoval runzelte überrascht die Stirn. Er konnte sich daran erinnern untergegangen zu sein. Dann sagte ihm sein Implantat, dass er getragen worden war, im Wasser. Jemand hatte ihn über dem Wasser gehalten und verhindert, dass er unterging. Wie sonst sollte er dort hingekommen sein, wenn nicht durch Zo'or? In einem verwirrten Tonfall antwortete er: „Dass Sie mich hierher gebracht haben?” Langsam wurde Sandoval doch etwas unsicher.
„Die Strömung hat Sie angetrieben! Denken Sie wirklich ich hätte Sie hierher gezogen?”
Sandoval schwieg. Er hätte es niemals gewagt, Zo'or zu widersprechen.
„Wir sollten dort hinaufklettern! Ich denke, dass auch die anderen dort sind.”
„Darauf wäre ich niemals gekommen, Agent!”
Zo'or ging vor ihm, den Weg, der auch zur Höhle führte. Sandoval folgte ihm etwas unsicher über den harten Kiesstrand.
Der Weg, den Zo'or gewählt hatte, war nur unten über die Felsen rutschig. Da kam Zo'or auch am besten vorwärts. Danach mussten sie an den Felsen hinaufklettern. Dabei kamen sie nur langsam und mühsam voran. Sandoval war kalt, aber nach ein paar Minuten hatte er seinen Metabolismus so weit beschleunigt, dass ihm die Kälte nichts mehr ausmachte. Zo'or konnte nicht klettern, so dass er bald hinter Sandoval herlaufen musste. Einmal versuchte Sandoval ihm zu helfen, aber dazu war Zo'or nicht bereit. Genervt blieb Sandoval wieder an einer Stelle hängen und wartete auf Zo'or.
In der Ferne hörte er ein leises Grollen. Ein heftiger Wind kam auf und zerrte an seinen Kleidern. Als er über die Schulter sah, konnte er über das Wasser schwarze Gewitterwolken heranziehen sehen.
„Es wird bald ein Gewitter aufziehen”, rief er zu Zo'or herunter.
„Das sehe ich selber!”
Zo'or war kurz stehen geblieben, setzte sich aber gleich wieder in Bewegung, nicht schneller als zuvor. Weiter oben konnte Sandoval die Höhle sehen. Im Gegensatz zu Zo'or hatte er sie nicht schon unten am Strand gesehen und hielt nun darauf zu. Er kletterte schneller, auch wenn die scharfen Steine seine Hände aufschürften. Er verbannte sie einfach aus seinem Bewusstsein. Zo'or ließ er hinter sich. Es war unwahrscheinlich, dass ihm hier etwas passieren konnte, außer dass er fiel...wobei er ihm auch nicht helfen konnte, da er Sandoval ja nicht an ihn heran ließ.
Schließlich hatte er aber endlich die Höhle erreicht. Er zog sich hoch und blieb eine Weile im Eingang liegen. Der Aufstieg war anstrengender geworden. Es hatte angefangen zu regnen und der Wind blies vom Meer her den Regen in seinen Anzug. Die Steine waren rutschig geworden, einige waren in seinen Händen zerbröckelt, so dass er fast gefallen wäre.
Er sah sich um. Die Höhle war klein und dunkel. Er drängte sich bis zur hinteren Wand und zog die Beine an. Der Nieselregen, der ihn vorhin schon so geschafft hatte, war mittlerweile zu einem Schauer geworden. Aber nach einer Weile hatte Zo'or auch die Höhle erreicht. Dieser sah ihn wütend an und setzte sich direkt vor ihn. Die nächsten Stunden musste er sich einen Vortrag von Zo'or anhören, wie er es nur hatte wagen können vorzugehen, immerhin habe ihm sein Wohl über alles zu gehen. Währenddessen wünschte er sich, er hätte sich nicht so weit nach hinten gesetzt. Aber einen Vorteil hatte es ja. So lange Zo'or dort sitzen blieb, würde er durch den einfallenden Regen nicht nass werden.
Die Landschaft draußen konnte er nun gar nicht mehr ausmachen, so dunkel war es geworden. Unter ihnen spürte er wie die Wellen bis zu der Klippe kamen. Er hoffte nur, dass kein wirklicher Sturm aufkommen würde. Sie hatten sich eine schlechte Stelle als Unterschlupf ausgesucht, sollte dem so sein.
*Ich hoffe Zo'or sieht mich nicht die ganze Zeit so giftig an!*

Es war unangenehm kühl und feucht in dem Loch geworden. Durch die dünnen Ritzen tropfte von oben Wasser, ohne Unterbrechung. Der Boden war schon aufgeweicht und es gab keine Ecke, in der es nicht nass war. Beide waren die ganze Zeit ruhig geblieben, obwohl eine Unterhaltung aufgrund des starken Windes sowieso nicht möglich war. Durch die Kälte und Feuchtigkeit tat Liams Arm noch mehr weh und wurde langsam steif.
Liam hatte sich in eine Ecke gekauert und wünschte sich die Fesseln wären los. Die Hände konnte er, seit ihm die Fesseln angelegt worden waren, so gut wie gar nicht mehr bewegen, nun hatte er auch Schwierigkeiten, die Finger zu bewegen. Er war sich nahezu sicher, dass die Stricke die Blutzufuhr behinderten.
Seine Kleider waren feucht, aber zu seiner Erleichterung, nicht nass.
Seine Augen hatten sich auf eine Stelle des Bodens gerichtet, wo er interessiert beobachtete, wie das Wasser eine Pfütze bildete.
Mittlerweile war es dunkel geworden, nur ein graues Licht herrschte vor. Da'an fand es faszinierend, wie an einem so hellen Tag ein Gewitter den Himmel so verdunkeln konnte. Es war Morgen gewesen, als sie los geflogen waren. Es musste jetzt Vormittag sein. Nur zögernd versuchte er das Gemeinwesen zu erreichen. Das Resultat war dasselbe, wie er es schon vorher erzielt hatte. Er konnte es nicht erreichen. Noch spürte er es, aber er hatte keine Chance mit irgendjemandem zu kommunizieren. Selbst mit seinem Kind nicht. Er hatte überlegt es Liam zu sagen, aber es hätte ihn nur beunruhigt. Und er selber war schon beunruhigt genug. Sie waren doch nur auf einer Insel abgestürzt! Selbst wenn irgendetwas geschehen war, so dass er das Gemeinwesen nicht mehr erreichen konnte, müsste Zo'or doch ihn erreichen können. Da dies nicht der Fall war, oder Zo'or auch einfach nicht wollte, ging er davon aus, dass er dasselbe Problem hatte wie er selber. Was bedeuten musste, dass irgendetwas ihren Kontakt störte. War es das immer noch anhaltende Wispern, das ihn schon die ganze Zeit auf der Insel begleitete? Wie konnte es dafür verantwortlich sein?
Als Liam plötzlich Wind ins Gesicht schlug, hob er den Kopf und sah wie einer der Stämme zur Seite geschoben wurde. Er hätte es lieber gehabt, wenn nun niemand gekommen wäre.
*Wer ist so verrückt und traut sich bei diesem Wetter heraus um zwei Gefangene zu holen? Das kann doch nur schlecht ausgehen!*
Ein Mann kam mit vorgehaltener Waffe betont langsam und vorsichtig nach unten. Offensichtlich wollte er den Anschein von Gefährlichkeit oder Macht erwecken. Bei Liam verfehlte sein Gebärden und sein Verhalten nicht ganz seinen Zweck. Ihm wurde schon etwas mulmig zumute.
Als der Mann unten angekommen war, deutete er mit ein paar Handbewegungen an, dass sie ihm folgen sollten. Langsam kam Liam der Aufforderung nach, Da'an stand schon. Nach einer auffordernden Handbewegung Richtung Ausgang gingen Liam und Da'an an ihm vorbei, die Treppe hinauf.
Oben peitschte ihm der Wind den Regen ins Gesicht. Er taumelte leicht. Die Sicht war schlecht, so dicht fiel der Regen. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit war dazu noch Nebel entstanden. Liam wurde nicht viel Zeit gelassen sich umzusehen, er wurde sofort grob weiter gestoßen. Einer der Männer hielt ihn an seinen Stricken fest, bevor er wirklich hinfallen konnte und Liam hörte ein leises Knacken. Fast gleichgültig dachte er: *Das war nun endgültig mein Handgelenk!*
Der Mann richtete ihn wieder auf und durchschnitt seine Fesseln, nach etwas längerem Zögern tat er es auch bei Da'an. Nur richteten sie auf Da'an Waffen, Liam hätte sich nahezu frei bewegen können.
Wieder wurde er vorwärts gestoßen. Schützend hielt er sich die Arme vor das Gesicht und taumelte weiter. Er hoffte sie würden ihn in ein einigermaßen warmes Zimmer bringen und nicht vielleicht in eine andere Gefängniszelle. Irgendwann spürte er einen Widerstand. Er streckte die Arme aus und bekam eine Art Leiter zu fassen. Da ihn niemand daran hinderte, stieg er diese hinauf. Er hatte keine Ahnung, ob Da'an hinter ihm war, es kostete ihn zu viel Anstrengung die Leiter hinaufzuklettern. Sie war nicht fest, sondern schaukelte im Takt des Windes. Endlich kam er aber auf einer Art Plattform hoch in den Bäumen an. Die Sicht war dort besser, der Nebel war verschwunden. Dennoch konnte er nur wenig sehen, der Regen fiel zu dicht. Er ging zur Seite und machte Da'an und den kommenden Männern Platz. Für einen Moment hatte er mit dem Gedanken gespielt, die Männer einfach hinunter zu stoßen. Das Problem war nur, dass er keine Ahnung hatte, wie viele dieser Leute noch auf dieser Insel lebten! Seine Chance ging vorbei und er hatte keine Zeit mehr sich weiter umzusehen. Beide wurden bis zum Ende der Plattform gestoßen. Als Liam schon dachte sie wollten mit ihnen genau das machen, was er mit ihnen vorgehabt hatte, sah er eine Brücke aus Holzbrettern und Seilen. *Sieht nicht sehr stabil aus.*
Einer der Männer ging vor und sie wurden weiter gestoßen. Die Brücke schwankte heftig im Wind. Liam hatte Probleme das Gleichgewicht zu halten und nicht einfach nach unten zu fallen.
Unvermittelt traten sie durch eine Tür in einen warmen Raum.
Er war groß und hatte am Ende ein gut gesichertes Feuer. Fröstelnd und verwirrt rieb sich Liam die Arme. Das hätte er am wenigsten erwartet. Ein pochender Schmerz richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf ihn selber. Er sah auf seine Hände hinunter. Er konnte sehen, dass die Stricke tiefe Male hinterlassen hatten, sowie eine getrocknete Blutspur. Sein rechtes Handgelenk war leicht angeschwollen.
Da'an sah sich mit wachsender Verwirrung, aber auch Neugierde um. Wieso lebten diese Menschen nicht in Städten?
Der Raum war nicht leer. Die Männer hatten sie alleine gelassen. Auf dem Boden lagen Felle verteilt und fast gegenüber dem Feuer stand ein großer, hölzerner Stuhl, der ebenfalls mit Fellen bedeckt war. Er hatte große Ähnlichkeit mit einem Thron. Langsam drehte sich die Person in dem Sessel mit diesem um und saß daraufhin genau Liam und Da'an gegenüber.
Es war wieder ein Mann. Er sah jung aus, aber seine kurzen schwarzen Haare zeigten schon erste Spuren von grau. Sein Gesichtsausdruck war ernst und seine grauen Augen beobachteten jede Bewegung der beiden. Er saß gerade und selbstbewusst, hatte aber die Beine weit von sich gestreckt, was ihm etwas von seiner Autorität stahl.
„Ich begrüße Euch in meinem bescheidenen Heim.” sagte er mit einem sonderbaren Lächeln. Liam konnte ihn nicht ganz einordnen. Sein Verhalten schien mit dem, was er hervorrufen wollte, im Einklang zu stehen, aber in einer Art auch wieder nicht. Zudem begrüßte er auch nur Liam. Es war verständlich, wenn diese Menschen dort schon lange lebten, dass sie nicht viel über die Taelons wussten, aber deswegen gleich unhöflich zu sein... Er sah Da'an misstrauisch, fast feindselig an.
„Ich habe gehört Ihr seid abgestürzt?”
„Ja, wir hatten eine Fehlfunktion.” antwortete Liam vorsichtig. Der Mann nickte nur. Eine Weile herrschte Stille, in der die beiden einer ausführlichen Musterung unterzogen wurden. Es herrschte eine unangenehme Spannung im Raum, Da'an schien aus irgendwelchen Gründen nicht willkommen zu sein. Um das Schweigen zu brechen, fragte Liam:
„Wieso haben Sie uns eingesperrt?”
„Wir mussten sichergehen. Seid Ihr freiwillig mit ihm unterwegs?”
Damit deutete er auf Da'an. Liam sah ihn verwundert an. Was sollte diese Frage denn nun? Er lief wohl kaum wie ein Gefangener Da'ans herum! Zudem konnte er sich Da'an in dieser Rolle auch nur schlecht vorstellen. Insgesamt wusste er nicht, was er von dieser Frage halten sollte. Liam runzelte die Stirn.
„Natürlich! Ich bin sein Beschützer!”
„Wisst Ihr überhaupt, was das ist?” rief der Mann fast empört.
„Ja! Obwohl mir aufgefallen ist, dass Sie nicht auf gutem Fuß mit ihm stehen?”
„Wir haben gute Gründe dazu.” Wütend war er aufgestanden. „Wie es scheint wisst Ihr gar nicht, was auf dieser Insel vorgeht. Ich hätte es auch nicht erwartet, schließlich gibt es niemanden, der auch da draußen von etwas erzählen könnte.”
Liam wurde zunehmend verwirrter.
„Vielleicht erklären Sie uns, warum niemand es kann?”
Da'an unterstrich seine Worte mit einer besänftigenden Geste. Liam nickte nur bestätigend.
Der Mann sah Da'an scharf an. Er überlegte, ob er die Frage dieses verabscheuungswürdigen Wesens beantworten sollte, oder nicht. Schließlich rang er sich zu einer Antwort durch.
„Mein Name ist Angus Jefferson. Und um auf Ihre Frage zu antworten... niemand kann diese Insel je wieder verlassen!”

Se'la machte sich immer mehr Sorgen um Li'en. Der Regen hatte schon nachgelassen, es nieselte nur noch, aber mit unverminderter Heftigkeit. Dafür wehte der eisige Wind immer noch so kräftig wie zuvor. Sie hatten sich weiter in die Höhle zurückgezogen, oder besser gesagt, Se'la hatte Li'en hineingetragen.
Schon lange saß sie neben Li'en, aber sie konnte ihr nicht helfen. Ihr Zustand verschlechterte sich immer weiter.
Vor einiger Zeit hatte sie angefangen zu fiebern, aber beteuert es ginge ihr gut, bis sie dann ins Delirium gefallen war. Jetzt lag sie am Rand der Höhlenwand und stöhnte hin und wieder leise. Ihre Energielinien traten deutlich hervor und er sah, dass diese gestört waren. Sie schien Schmerzen zu haben. Manchmal bäumte sie sich auf und ihre Linien leuchteten grell auf. Lange konnte sie diesen Zustand nicht mehr durchhalten. Am Anfang hatte sie Li'en noch überreden können etwas zu trinken, nun war dieses Unterfangen vollkommen unmöglich.
Schon wieder bekam sie einen Anfall und Se'la musste sie auf den Boden zurückdrücken. Sie wandte nur leicht den Kopf und sah Se'la aus fiebrigen Augen an, schien sie aber nicht zu erkennen. Dann schrie sie auf und schlug wild um sich. „Weg! Hört auf mir wehzutun!” Se'la drückte sie wieder auf den Boden zurück. Sie wollte ihr nicht wehtun. Nur schien Li'en das offensichtlich zu glauben, sie wollte unbedingt weg und hörte auch nicht Se'las leise geflüsterten Worte auf Eunoia. Schließlich übermannte sie die Erschöpfung und sie murmelte nur noch vor sich hin, bis sie wieder in einen unruhigen Schlaf überglitt.
Erleichtert lehnte Se'la sich zurück. Sie verstand nicht, wie sie so schnell hatte krank werden können. Vorwürfe quälten sie. Sie hatte die Verantwortung für Li'en gehabt, es wäre ihre Aufgabe gewesen, auf sie zu achten! Sollte Li'en alles unbeschadet überstehen, würde Se'la es endgültig Da'an erzählen. Er könnte dann eine Arbeit für sie suchen, bei der sie in Sicherheit war und die sie nicht schwächte. Li'en würde darüber gar nicht begeistert sein, aber sie würde noch verstehen, dass Se'la nur zu ihrem Besten gehandelt hatte.
Traurig blickte sie auf Li'en herab. Sie nahm leicht ihre Hand und versuchte ihren Geist zu erreichen, aber sie stieß Se'la fort. So entschied sie sich, diesen nun gewaltsam zur Ruhe zu bringen, damit wenigstens dieser seine Energie halten konnte. Es würde nur der Körper weiter geschwächt werden und für Se'la war der Geist auch bei Li'en wichtiger als ihr Körper. Sie blieb in dieser Haltung, eine Hand auf Li'ens, den einen Arm um sie geschlungen, für den Fall, dass sie wieder aufwachte, sitzen und ließ Li'en nicht mehr aus den Augen. Sie konnte spüren, dass diese ihre momentane Situation, vor allem die ihres Geistes, wohl unbewusst spüren musste, sie wehrte sich leicht. Aber für sie war Li'en keine Gegnerin. Se'la hoffte nur, Zo'or würde jetzt nicht zufällig vorbeikommen. Aus einem ihr unerklärlichen Grund hatte sie keinen Kontakt mehr mit den anderen Taelons. Sie wusste, dass sie da waren und spürte sie auch, aber sie konnte keinen direkten Kontakt eingehen. Demnach wusste sie auch nicht, wo Da'an oder Zo'or waren, oder ob sie den Absturz überhaupt unbeschadet überstanden hatten.

 

Ende von Kapitel 2

 

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