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  „Insel der Vergessenen” von Se'la   (Emailadresse siehe Autorenseite),   September 2007
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Erste Begegnungen mit den Einwohnern.
Zeitpunkt:  dritte Staffel, Fortsetzung von „Li'en”
Charaktere:  Li'en, Renée, Liam, Zo'or, Da'an, Se'la, Sandoval
 

 

INSEL DER VERGESSENEN

Kapitel 1

 

Es war dunkel. Sie spürte einen stechenden Schmerz.
‚Bin ich wieder auf der Basis?’
Sie hörte eine Stimme von weit her. Verwirrt versuchte sie, den Schleier in ihrem Gehirn zu durchdringen und sich zu erinnern, was passiert war. Rebekka spürte, wie sich eine kühle Hand auf ihre Stirn legte. Noch immer benommen öffnete sie die Augen und sah verschwommen Liam auf sich herab schauen. Er hatte dann wahrscheinlich auch den Airbag deaktiviert. Er schien erleichtert und lächelte sie an.
„Komm, ich helfe dir auf.”
Damit griff er einmal um sie und half ihr in eine sitzende Position. Sie stöhnte vor Schmerz auf.
„Entschuldigung.”
Sie brachte nur ein müdes Nicken zustande. Sie war immer noch nicht richtig bei sich. Kincaid drehte sich um und rief: „Alles in Ordnung!” in Richtung Da'an und Se'la, die beide unversehrt abseits standen.
Langsam lichtete sich der Schleier, auch vor ihren Augen, und sie erkannte Wald um sich, Wald, in dem sie - offenbar abgestürzt waren. Durch die Lücken des Blätterdaches schien Sonnenlicht herein, der Boden war mit Blättern bedeckt. Sie atmete den für sie ungewohnten Duft ein und fühlte sich geborgen und zufrieden. ‚Was ein Wald alles hervorrufen kann ...’ dachte sie, nach wie vor verwirrt.
„Kannst du aufstehen?”
Rebekka überlegte.
„Ja, ich denke schon.”
Sie stütze sich auf ihren Armen auf. Kein Schmerz, also war mit denen alles in Ordnung. Aber als sie sich hinstellen wollte, knickte sie ein, und Liam musste sie auffangen. Sie biss sich auf die Lippen, und er ließ sie zu Boden gleiten.
‚Diese Airbags sind aber auch zu nichts gut! Demnächst werde ich ihn nicht aktivieren, mal sehen was dann passiert!’
Rebekka war gar nicht gut gelaunt.
Se'la kam auf die beiden zu, um zu sehen, was geschehen war. Fast warnend blickte die Hybridin ihn an. Es mochte ja so sein, dass der Taelon sie nicht verriet, aber dass er deswegen in Rebekkas Nähe sein durfte, hieß das nun nicht.
Diese wollte nämlich auf keinen Fall in der Nähe Se'las sein.
Der Companion kniete nieder, ihren Blick ignorierend. Geschickt betastete er Rebekkas Bein. Sie spürte, wie Se'las Finger sanft die Haut berührten und versuchten, so wenig Schmerz wie möglich zu verursachen. Dennoch schrie sie kurz auf.
„Es ist gebrochen”
Liam nickte bestätigend und begann, sich suchend umzusehen.
„Wir müssen es schienen,” sagte er, wandte sich ab und verschwand zwischen den Bäumen, um geeignetes Material dafür zu finden.
‚Will der mich hier etwa mit diesen beiden Taelons allein lassen?’
Fast panisch sah sie Se'la an. In ihrem Magen machte sich ein unangenehmes Gefühl breit. Se'la berührt sie leicht an der Hand und vermittelte ihr ein beruhigendes Gefühl.
‚Du musst dir keine Sorgen machen! Wollte ich dir etwas tun, hätte ich es längst getan.’
‚Vielleicht unternimmst du nur nichts, weil Liam und Da'an da sind! Liam würde nach mir suchen!’
Se'la seufzte mental.
‚Du verstehst mich immer noch nicht! Ich betrachte dich als Kind ... fast als - meine Tochter. Merkst du das nicht?’
Rebekka unterbrach den Kontakt, da Liam zurückkam. Sie sah Se'la nicht mehr in die Augen.
Diese hatte die Hybriden niemals als ihre Kinder betrachtet. Tat sie es vielleicht jetzt, da Rebekka in Freiheit war und sich entwickeln konnte? War es möglich, dass Se'la sie nicht mehr als Versuchsobjekt betrachtete?
Der Schmerz in ihrem Bein wurde schlimmer. Se'la und Liam hatten die Schiene entweder falsch angelegt, oder sie hatte die Schmerzen die ganze Zeit nicht wirklich gefühlt, weil sie unter Schock gestanden hatte. Diesmal konnte sie allerdings mit Kincaids Hilfe aufstehen, ohne erneut zu fallen.
„Vielleicht sollte ich vorgehen und mich ein wenig umsehen. Du könntest dich dann so lange ausruhen!” bot der sie Stützende an.
Rebekka überhörte die Frage. „Wo sind wir hier?”
Liam seufzte. „Ich habe keine Ahnung! Haben die Geräte im Shuttle nichts angezeigt?”
„Nein, irgendwie waren die gestört”, antwortete sie nachdenklich. „Aber ich habe noch gesehen, dass die Insel bewohnt sein muss.”
Nach einer Absprache entschieden sie, sich erst einmal umzusehen. Sie teilten sich in zwei Gruppen und wollten sich zur Nacht hin an dieser Stelle wieder treffen.
Liam ging mit Da'an und Rebekka mit Se'la.

Li'en und der Taelon kam nur langsam voran. Sie versuchte zwar, sich nichts anmerken zu lassen, aber das Bein behinderte sie deutlich. Die Schmerzen hatte sie allerdings überraschenderweise fast vergessen. Sie war viel zu fasziniert von ihrer Umgebung.
Bisher hatte sie nur wenig Zeit gehabt, die Erde kennen zu lernen. Sie hatte die meiste Zeit in ihrer Wohnung verbracht und sehr viel gelesen - aber so vieles, was sie bisher aus Beschreibungen oder von Bildern kannte, wirklich in natura zu erleben, war - beinahe überwältigend.
Sie sah sich immer wieder um und wäre schon des öfteren gestürzt, wenn Se'la nicht jedes Mal einen Arm ausgestreckt hätte, um sie zu stützen. Alle Geräusche waren ihr fremd, und immer wieder blieb sie stehen, um mit offenem Mund irgendeinem vorbei huschenden, fliegenden oder krabbelnden Tier hinterher zu starren. Auch der Taelon musste daher jedes Mal anhalten, obwohl er sich lieber rasch einen Überblick über ihre nähere Umgebung verschafft hätte, war aber geduldig mit ihr und ließ sie gewähren.
‚Sie ist wirklich auf dem Stand eines menschlichen Kindes ...’
Auch wenn Se'la es niemals offen vor einem Taelon oder Menschen zugeben würde, hatte sie sich Informationen über menschliche Kinder und deren Entwicklung geholt, um Li'ens zu beobachten. Diese Forschungen waren viel interessanter und sie waren nicht das, was Menschen verachtend oder grausam nannten.
Schließlich aber stellte Li'en ihr zu viele Fragen zu all dem um sie herum und strapazierte damit ihre Geduld über Gebühr. Nachdem Se'la sie zurechtgewiesen hatte, schmollte sie eine ganze Weile und ging still neben ihr her. Se'la verstand nicht, warum ihr ehemaliges Forschungsobjekt sein Wissen immer noch blockierte. Sie würde gerne wissen, wie es damit zurechtkam.
Interessiert betrachtete sie die Sonnenstrahlen auf dem Boden, die immer neue Schatten und Formen bildeten. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete sie Li'en, die mittlerweile wieder von ihrer Seite gewichen war und einem Schmetterling - hinterher rannte ... Es zeigte ihr, dass die Experimente, die sie damals mit allen Hybriden durchgeführt hatten, zumindest in dieser Beziehung erfolgreich gewesen waren. Diese hier war der beste Beweis. Bedauernd seufzte sie. Alle wären so gut geeignet für den Kampf gewesen ... Der Knochen musste bereits wieder geheilt sein. Se'la wunderte sich, dass es bei den Hybriden während der Experimenten niemals funktioniert hatte, dass ihr Schmerzempfinden abnahm. Wie es jetzt schien, waren sie offenbar die ganze Zeit über dazu in der Lage gewesen, es willentlich zu reduzieren und hatten lediglich alles daran gesetzt, die Arbeit mit ihnen zu sabotieren ...
Wie hatten sie eine derartige Fähigkeit nur verbergen können?
Wut kam in ihr hoch. Alle hatten immer die hilflosen Opfer gespielt, aber niemand hatte wirklich gewusst, wieviel Potential wirklich in ihnen war.
Plötzlich stutzte sie. Es war so still geworden ... Suchend sah sie sich um. Li'en war nirgendswo mehr zu sehen. Entgegen der Abmachung rief Se'la sie mit ihrem richtigen Namen, Li'en. Aber diese antwortete nicht.
Der Taelon ging weiter, hielt aber immer nervös Ausschau nach „seiner” Hybridin. Für ihn war dieses Wesen tatsächlich nicht mehr als ein Kind.

Schweigend gingen Da'an und Liam ihres Weges. Kincaid war das Schweigen unangenehm. Verzweifelt versuchte er nach einen geeigneten Gesprächsthema, nur fiel ihm keines ein. Er konnte auch gar nicht richtig nachdenken, etwas anderes verlangte seine Aufmerksamkeit. Er spürte etwas, etwas - Geistiges, wie eine Berührung. Es erinnerte ihn an Li'en. Wenn diese sich nicht richtig abgeschirmt hatte, fühlte sich das ähnlich an. Dies hier war allerdings um einiges stärker. Als wenn es - nicht nur Li'en wäre, sondern ... Das war wohl kaum möglich,
Er kannte nur eine Hybridin, und diese war im Moment nicht einmal in seiner Nähe.
Liam hoffte, das ungewöhnliche Phänomen bald enträtseln zu können.
Es beunruhigte ihn.
Auch Da'an nahm diese Präsenz wahr, manchmal auch ein leises Wispern auf eine der Ebenen seines Bewußtseins. Er brachte das nicht mit Rebekka in Verbindung. Aber er hatte das Gefühl, dass er es kennen müsste.
Beide sahen sich gleichermaßen verunsichert an.
Plötzlich hörte Liam ein Rascheln. Gerade als er Da'an darauf aufmerksam machen wollte, erschien direkt vor ihnen ein dunkelhaariger Mann in einer abgenutzten, alten Uniform mit einer altmodischen Feuerwaffe in der Hand. Der Taelon reagierte erstaunt, sprachlos und offensichtlich verwirrt. Er machte ein paar nervöse Handbewegungen.
Dann tauchte neben ihm aus dem Gebüsch ein großer blonder Mann auf, der eine Art Gewehr auf Da'an richtete.
Liams Hand wanderte zu seiner eigenen Waffe. Er ließ allerdings davon ab, als er ein Messer an seiner Kehle spürte. Ein weiterer Mann trat hervor und nahm ihm weg, womit er sich - vielleicht - wirksam gegen eine solche Überzahl hätte zur Wehr setzen können. Sein Gegner grinste ihn triumphierend an und entblößte dabei schwarze, abgebrochene Zähne in einem lückenhaften Gebiss. Unschlüssig drehte er Kincaids Waffe in den Händen und wußte offensichtlich nicht, was er damit anfangen sollte.
Wäre er nicht ein einer so ungünstigen Situation gewesen, hätte Liam über seinen dummen Gesichtsausdruck gelacht. So ließ er es aber lieber sein - es war ja immerhin möglich, dass der Zahnlückige doch noch herausfand, wie das seltsame Utensil, das er da beäugte, funktionierte, und ihn dann anschoss. Schließlich schob dieser die Waffe in eine der Taschen an seiner Kleidung.
Auf eine Handbewegung von ihm kamen ungefähr ein Dutzend Männer zwischen den Bäumen hervor. Je zwei davon traten hinter Da'an und Liam und drehten ihnen grob die Arme auf dem Rücken. Ihnen wurde mit Stricken die Handgelenke gefesselt, was Da'an zu einem Gesichtsausdruck veranlaßte, der das erstaunte Hochziehen der Augenbrauen bei einem Menschen zum Äquivalent hatte, dann stieß man sie unsanft vorwärts.

Die Gruppe führte sie immer weiter in den Wald hinein. Die Bäume wurden höher und das Blätterdach ließ nur noch wenig Licht durch. Liam hoffte inständig, sie würden nicht auf Li'en und Se'la treffen.
Auch das Unterholz wurde dichter, und Kincaid hatte Probleme, vorwärts zu kommen. Dennoch wurde ihnen keine Pause gegönnt.
Es ging auf die Mittagszeit zu, und die Luft wurde drückend heiß. Das Atmen fiel Liam immer schwerer, es war, als würde ihn etwas daran zu hindern versuchen. Er fing an zu taumeln.
Einige Male versuchte er, mit ihren Entführern zu reden, sie um eine langsamere Gangart zu bitten. Aber immer, wenn er ein Wort sagte, wurde ihm der Lauf einer Waffe in die Seite gerammt. So gab er schließlich auf.
Aus weiter Ferne hörte er Geräusche, Stimmen, vielleicht auch Schritte. Aber noch konnte er nichts sehen. Dann begannen sich der Wald langsam zu lichten, und er bemerkte in einiger Entfernung menschliche Gestalten.

Endlich erreichten sie eine Lichtung.
Die Menschen, die er von weiten gesehen hatte, waren überwiegend Männer - es hielten sich nur sehr wenige Frauen im Freien auf. Dafür schauten ihn aus den hüttenartigen Gebilden, die er um sich herum wahrnahm, ausschließlich weibliche Gesichter an - aus ausnahmslos blauen Augen. Die Hütten - oder was immer sie darstellten - waren meist an die Bäume gebaut, die die Lichtung umringten.
Zu seiner Überraschung bemerkte er, als er den Kopf wandte, in einiger Entfernung - Wrackteile.
Als er nach oben schaute, konnte er zwischen den Bäumen so etwas wie Brücken und andere „Gebäude”, sowie Plattformen sehen.
‚Eine Stadt!’, schoss es ihm durch den Kopf. ‚Die Einheimischen haben uns in ihre Stadt geführt ...’
Sie wurden bis zum Rand der Lichtung geführt, wo mächtige Baumstämme nebeneinander auf dem Boden lagen. Mehrere Männer traten vor und schoben zwei davon zur Seite.
Kincaid und der Taelon wurden vorwärts getrieben, auf eine Art von Grube zu. An deren Rand waren schmale Stufen eingelassen, aber eine Person allein konnte unmöglich die Baumstämme wegschieben, die ihr Dach bildeten. Beide wurden die Stufen hinunter gestoßen, so dass sie mehr fielen als gingen.
Sofort danach wurde der Durchgang wieder geschlossen. Durch die dünnen Ritzen fiel blasses Sonnenlicht und tauchte ihr Gefängnis in Dämmerung. Da'an hatte sich in einer Ecke in eine halb sitzende Position hochgezogen. Liam lag auf dem Rücken. Mühsam drehte er sich um. Seine Handgelenke schmerzten, weil die Fesseln sich tief eingegraben hatten. Blut lief ihm warm über die Hände.
Kincaid stöhnte leise auf. Nicht nur beide Handgelenke schmerzten, sondern auch der linke Arm, wurde ihm jetzt bewußt, während der Schock, unter dem er offenbar gestanden hatte bis jetzt, langsam nachzulassen schien. Er musste ihn sich beim Absturz verletzt haben.
Da'an wurde sofort auf ihn aufmerksam.
„Liam, was ist mit Ihnen?”
Kincaid manövrierte sich mit Hilfe der Wand in eine ähnliche Position wie der Taelon. Erst dann antwortete er, eher widerwillig.
„Wahrscheinlich nichts Schlimmes. Muss vom Aufprall kommen.”
Da'an sah ihn nur forschend an, beließ es aber dabei.
Aus weiter Ferne hörten sie ein Grollen. Der eisige Wind, der draußen plötzlich aufgekommen war, war auch in der Grube zu spüren. Er fuhr durch ihre Kleider und ließ Liams Zähne klappern.
„Es wird regnen”, sagte er zu Da'an. Dieser nickte nur.
‚Und wir sitzen in diesen Loch. Ihm macht es ja nichts aus! Wie es wohl Li'en und Se'la geht...?’

Auch Se'la hatte das Donnern gehört. Als sie nach oben in den Himmel sah, konnte sie aber noch keine Wolken entdecken. Ein heftiger Windstoß ließ die Bäume sich biegen und die Blätter rauschen. Sie machte sich nun noch mehr Sorgen um Li'en. Diese hatte jetzt zwar schon mehr Wissen gesammelt, aber das hieß nicht, dass sie sich ohne weiteres allein zurecht finden konnte. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn sie es Da'an hätte sagen und er sie hätte führen können. Aber sie hatte der Hybridin ihr Wort gegeben, und laut ihren Aussagen kümmerte sich Liam gut um sie. Wieder rief sie laut, aber sie bekam keine Antwort. Dann spürte der Taelon, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte. Erschrocken leuchtete er blau auf und drehte sich um. Li'en stand lachend vor ihm.
„Man erschreckt keine anderen Leute!” wies er sie streng zurecht. Sie kicherte weiter.
„Auch keine Taelons?” fragte sie schließlich neckisch und stieß ihn in die Seite, woraufhin Se’la erneut aufleuchtete.
„Du bist sehr unverschämt gegenüber Älteren!”
Die Hybridin hörte nicht auf zu lachen.
„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!”
‚Das soll ich dir glauben!?’ Die laut geäußerte Belustigung der Halb-Taelon bekam einen zynischen Unterzug.
Se'la wurde wütend. „Du bist noch ein Kind! Und ich habe jetzt die Verantwortung für dich!”
Li'en hörte auf zu lachen. Trotzig antwortete sie: „Ich bin erwachsen! Ich allein trage für mein Leben Verantwortung!”
Sie verschränkte die Arme. Der Wind blies ihr die Haare aus dem Gesicht.
„Du benimmst dich aber wie ein Kind! Wie kann ich dir dann die Verantwortung für dein Leben zugestehen?”
„Es ist mein Leben! Du hast dich nicht einzumischen!”
„Kannst du nicht verstehen, was du mir bedeutest?”
Es fing leicht an zu nieseln.
Li'en stieß einen entsetzten Schrei aus und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
„Was ist das?” rief sie angeekelt aus.
Jetzt grinste Se'la leicht.
‚Sie ist doch noch ein Kind!’ dachte sie zufrieden.
„Ich würde sagen, Regen!” erwiderte sie immer noch grinsend.
Die Hybridin verzog das Gesicht.
„Es ist viel zu kalt!”
„Wir sollten uns etwas zum Unterstellen suchen!”
„Oh, ich habe unterwegs eine Höhle gesehen!”
Fragend schaute sie den Taelon an. Dieser nickte.
Li'en führte ihn in Richtung des Unterschlupfs, den sie gefunden hatte.
Schon nach kurzer Zeit regnete es in Strömen, und beide waren vollkommen durchnäßt. Se'la machte das nichts aus, aber die Hybridin fror und hatte die Arme um sich geschlungen. Als sie die Höhle erreicht hatten, war Li'en das Wasser in die Schuhe gedrungen und sie bewegte leicht die Zehen. Sie musste niesen.
In ihrer provisorischen Unterkunft tropfte es, und der Wind pfiff herein. Sie gingen so weit hinein, wie das Licht reichte. Weiter trauten sie sich nicht, da sie nicht wußten, ob die Höhle noch andere Bewohner hatte. Li'en setzte sich, mit dem Rücken zur Wand, auf dem Boden und legte die Arme um die angewinkelten Beine. Ihre Lippen waren leicht blau, ihr Haar hing ihr wirr um das blasse Gesicht. Sie zitterte.
Se'la ließ sich neben ihr nieder und schlang seine Arme um sie. Er spürte nur einen leichten Widerstand bei ihr.
„Ich bin erwachsen. Ich kann allein für mich sorgen!” murmelte sie leise.
Der Taelon zog sie näher an sich heran und drang vorsichtig in ihren Geist ein. Sanft hüllte er die Hybridin in Wärme und spürte, wie sie sich ihm öffnete. Se'la machte nicht noch einmal den Fehler, in ihren Geist ohne ihre Erlaubnis weiter vordringen zu wollen.
‚Ich bin müde, Se'la’, übermittelte sie dem Companion, während sie näher rückte und sich an ihn lehnte. Dieser betrachtete sie mit wachsender Sorge. Li'en sah geschwächt aus. Er konnte ihre Energielinien leicht durchschimmern sehen.
‚Ich wußte doch, dass es zu anstrengend für sie sein würde. Ich hätte sie in der Obhut Da'ans lassen sollen, der hätte gewusst, wie er sie, zu ihrem eigenen Wohl, hätte beeinflussen können!’
Dann fühlte er ihren gleichmäßigen Atem und wußte, dass sie eingeschlafen war.

 

Ende von Kapitel 1

 

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