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  „Frieden wider Willen” von Se'la   (Emailadresse siehe Autorenseite),   August 2004
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Mit'gai und Julianne werden vor eine schwierige Wahl gestellt.
Zeitpunkt:  dritte Staffel
Charaktere:  Dr. Belman, Mit'gai, Jaridians, Vera Cruz, Darrel Shawm, unbekannte Rasse
 

 

FRIEDEN WIDER WILLEN

Kapitel 7

 

Dr. Belman war auf der Krankenstation. Sie war gerade dabei, eine Blutprobe zu untersuchen. Mit'gai stand hinter ihr.
„Wir sollten das langsam beenden. Sie sind müde und das nützt mir nichts!”
Julianne sah ihn an.
'Noch weiß ich ja wohl selber, wann ich müde bin!’ dachte sie nicht ohne gutmütigen Spott.
„Wieso sind Sie Ärztin geworden? Als Wissenschaftlerin wären Sie besser!”
Mit'gai sah sie fast streng an.
Plötzlich hörten sie ein lautes Geräusch und fühlten eine leichte Vibration.
„Was ist hier los?” fragte Julianne, während sie schon auf den Computer zuging, um den Datenstrom zu aktivieren.
„Wieso haben Sie ihn immer offline?”
„Damit ich nicht gestört werden kann.”
Über den Datenstrom erfuhren sie von dem Angriff.
Ein weiterer Schuss traf das Schiff und schleuderte Mit'gai gegen Julianne und beide auf den Boden. Mühsam standen sie wieder auf.
„Wir haben keine Zeit mehr, um auf deinen Beschützer zu warten!”
Automatisch war Julianne wieder in das ”du” übergegangen. Sie kannten sich schon zu lange, um das noch zu beachten.
„Ich kann nicht ohne ihn gehen! Du wirst mich nicht beschützen können!”
Julianne seufzte.
„Du wirst mir doch sicher zustimmen, dass wir hier ‚runter müssen!”
Während sie das sagte, zog sie bereits Mit'gai mit sich. Sie war nahezu die einzige, die sich so etwas bei ihm erlauben durfte. Das aber auch nur, weil sie so lange zusammen gearbeitet hatten.
Seit die Menschen die Taelons getroffen hatten, hatte sich das Verhalten dieser ihnen gegenüber nur wenig verändert. Nur die Taelons, die wirklich einen regelmäßigen Kontakt mit Menschen hatten und auch eng mit ihnen zusammen arbeiteten, hatten sich etwas gewandelt. So waren einige immer noch sehr herablassend gegenüber Menschen. Mit'gai war normalerweise sehr auf die Unterschiede zwischen Menschen und Taelons bedacht, vor allem darauf, dass Menschen unterentwickelter waren. Da er nicht gerne mit Menschen zusammen arbeitete, war Julianne fast schon stolz, dass Mit'gai sie als Partnerin akzeptiert hatte.
Er gab auch nur leisen Protest von sich und ließ sich widerstandslos mitziehen. Sie hatte eine gewisse Sensibilität gegenüber Mit'gai entwickelt, so dass sie auch wußte, dass er vollkommen mit dem, was sie tat, einverstanden war. Er wollte nichts lieber tun, als zu verschwinden.
Beide gingen nun nahe der Wand die Gänge entlang. Sie mieden die, aus denen sie Kampfgeräusche hörten. Julianne wollte gerade um eine Ecke biegen, als der Taelon sie zurückhielt.
„Was...?”
Er legte seinen Finger über ihre Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen - eine dumme Angewohnheit von ihm. Er gab ihr immer das Gefühl, ein Kind zu sein. Er musste wohl ihren Unmut gespürt haben, denn er grinste plötzlich. Dann drehte er sich zur Wand um und öffnete diese.
„So ist es weniger gefährlich!”
Damit trat er durch die Öffnung. Menschen handelten einfach zu oft unüberlegt! Etwas beleidigt trat sie ebenfalls hindurch. Mit'gai übernahm die Führung. Vor einer weiteren Wand blieb er stehen. Sie hatten Schüsse gehört. Nun lauschten sie, aber es war alles wieder still.
Mit einer Handbewegung sorgte der Taelon dafür, dass die Wand durchsichtig wurde. Alles war verwaist. Nur noch wenige Shuttles standen an ihren Plätzen. Eines war, wahrscheinlich bei einen mißglückten Startmanöver, gegen die Wand geflogen.
Fragend sah Julianne Mit'gai an.
„Eine andere Wahl haben wir nicht, wenn wir weg wollen! Wir können ja schlecht hier bleiben - was ist, wenn sie das Schiff mitnehmen?”
Er öffnete die Wand und beide schritten vorsichtig hindurch. Als sich Julianne umschaute, konnte sie niemanden sehen. Zusammen steuerten sie auf eines der Shuttles zu.
Hinter sich hörte die Ärztin plötzlich Schritte. Gerade wollte sie Mit'gai darauf aufmerksam machen, als sie spürte, dass tatsächlich jemand hinter ihr stand. Ihr erster Instinkt war, sich umzudrehen und zu fliehen. Aber an ihren Schläfen fühlte sie Hände.
„Sie sollten sich nicht rühren!”
Julianne fühlte sich unwohl. Wahrscheinlich hatten sie den Angriff doch etwas zu spät bemerkt. War Mit'gais Beschützerin überhaupt noch auf dem Schiff? Unbehaglich begann sie, sich leicht zu bewegen, aber nicht so sehr, dass der Jaridian, der sie im Griff hatte, einen Grund gehabt hätte, sein Shaqarava zu aktivieren.
Sie schielte zu Mit'gai und sah, dass er seine Fassade verloren hatte. Sehnsüchtig sah sie zu den Shuttles und ließ sich schließlich von dem Jaridian wegführen.

Die Feinde hatten tatsächlich eigene Shuttles hergebracht, in die sie jetzt ihre Gefangenen hineindrängten. Jeder von ihnen wurde zwischen zwei Jaridians gesetzt, so dass eine Flucht auf jeden Fall verhindert werden konnte.
Der Flug dauerte lediglich einige Minuten, dann landete das Shuttle und die Ärztin und der Taelon wurden hinaus gestoßen. Ihre Entführer waren zu ihrem eigenen Schiff geflogen.
Julianne sah sich nur wenig um. Es sah vollkommen anders aus als das der Taelons. Eher wirkte es in einer Art menschenähnlich. Sie selber fühlte sich unwohl auf diesem Schiff. Sie hatte die meiste Zeit immer nur auf denen der Taelons verbracht - dieses hier war ihr so fremd ...
In den Gängen begegneten ihnen nur wenige Jaridians. Die meisten waren wohl damit beschäftigt, Menschen zu verhören.
Julianne wollte sich auf gar keinen Fall einschüchtern lassen. Zu ihrem Bedauern hatte sie nicht die Möglichkeit, sich umzubringen wie die meisten der Besatzung. Stolz hob sie den Kopf.
Mit'gai sah sie verwirrt an. Aus den Menschen wurde er immer noch nicht schlau. Ihn hatte es ja schon gewundert, dass sie sich einfach in einen Krieg eingemischt hatten, ohne wirklich nach dessen Gründen zu fragen. Nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hatten! Was ihn wirklich störte, war, dass sie immer versuchten, mit allen Freundschaft zu schließen! Am liebsten hätten sie wohl im ganzen Universum Frieden! Sie waren ihm einfach zu idealistisch!
Es wäre besser gewesen, die Taelons wären eher gekommen. Die Menschen wären noch weniger entwickelt gewesen als jetzt, und man hätte sie implantieren können. Und da sie auch noch Krieg untereinander hatten, wäre es ein Leichtes gewesen, sie zu beeinflussen. Er müsste sich jetzt nicht mit Menschen abgeben! Zudem bestünde nicht die Gefahr, dass jemand von ihnen etwas sagen konnte, sie wären schon alle tot!
Vor einer Tür blieben sie stehen. Sie wurden in einen großen Raum geführt, in dem sich nur wenige Menschen befanden. Niemand sprach viel, es wurde nur geflüstert. Überall standen bewaffnete Jaridians und beobachteten die Menge genau.
Mit'gai und Julianne wurden ohne ein weiteres Wort hineingestoßen. Auch auf sie waren sofort Waffen gerichtet. Eine Weile sah sich Julianne um, dann entdeckte sie Vera und Darrel. Sie kannte nahezu alle des Sicherheitspersonals, da sie sie hatte untersuchen müssen. Zielstrebig ging sie auf diese zu. Niemand hinderte sie daran, auf jeden Fall vorläufig nicht. Als sie näher kam, sah sie, dass Vera leicht verletzt war.
„Wie geht es Ihnen?”
„Dr. Belman! Schön, Sie zu sehen! Es ist nur das Bein.”
„Warum haben Sie nicht einfach ein Kraftfeld um uns aufgebaut?”
„Es haben ihnen zu viele Selbstmord begangen! Haben Sie irgendwo Zo'or gesehen?”
„Nein, tut mir Leid! Aber ich denke, das ist eine gute Nachricht... Es ist wahrscheinlich, dass er fliehen konnte.”
„Unwahrscheinlich! Vielleicht haben sie ihn nur in einen anderen Raum gebracht!”
„Mit'gai und Re'mal sind doch auch hier!” Julianne dreht sich kurz um und sah, dass die beiden gerade miteinander sprachen.
„Stimmt!” Hoffnung blitzte in Veras Augen auf. Auch Darrel hob den Kopf.
Ein Jaridian näherte sich ihnen.
„Sie sind die Ärztin.” Es war eigentlich gar keine Frage, er sah es schon an ihrer Uniform. Dennoch nickte Julianne fast automatisch.
Er hielt sie am Arm und zog sie einfach mit sich. Julianne hatte keine andere Wahl als ihm zu folgen. Am Ausgang traf sie dann noch auf Mit'gai, der ebenfalls weggeführt wurde. Beide wurden aus dem Raum gebracht. Julianne versuchte sich loszumachen und tatsächlich ließ er sie nach einigen Malen los, sah sie aber warnend an.
„Wohin gehen wir?”
Sie bekam keine Antwort. Schweigend wurden sie durch die Gänge geleitet. Wurden sie nun zu einem Verhör geführt? Warum sollte es dabei dann aber so wichtig sein, dass sie Ärztin war? Sie hätte sich eher vorgestellt, dass vielleicht Vera und die Besatzung des Schiffes zuerst befragt würden. Von ihr konnte man doch nun wirklich nur wenig erfahren. Und Mit'gai? Der würde kaum auf Fragen antworten.
Dann fiel Julianne auch ein, warum vielleicht gerade sie beide geholt worden waren. Er war ein Heiler der Taelons und sie war für die Jaridians wahrscheinlich seine Assistentin oder Partnerin. Es war logisch, dass er sie dann auch etwas gelehrt hatte, zum Beispiel über Implantate! Die meisten Rassen, die für die Taelons kämpften, verfügten über Implantate. Wurden sie gefangen genommen, würden sie sich umbringen müssen.
Aber die Jaridians mussten doch wissen, dass Menschen nichts darüber wußten. Nur die Taelons wußten, wie man wirklich damit umging, und die sagten es nicht weiter, weil es die Menschen sowieso nicht interessierte. Auch in Juliannes Augen war es grausam, einem Wesen seinen Willen zu rauben. Sie glaubte kaum, dass Taelons sich jemals darüber Gedanken gemacht hatten, wie man die Implantate wieder entfernen oder verhindern konnte, dass derart manipulierten Personen sich umbrachten. Es war noch nie nötig gewesen, eines zu entfernen.
Sie schaute hinüber zu Mit'gai. Er musste ihnen sagen, dass sie in diesem Fall unwichtig war.

Mit'gai sah genau die Angst in ihren Augen. Nur würde er ihr auch nicht helfen können. Er würde seine Rasse auf keinen Fall verraten. Niemand würde Julianne glauben, sie wüsste nichts. Er hoffte nur auf die Unterstützung des Gemeinwesens - auch er hatte keine Möglichkeit, sich umzubringen. Die Jaridians hatten dies verhindert.
Ihm fiel auf, dass einer der Jaridians Julianne überlegend musterte. Er schickte ihm einen kühlen Blick zu, welcher den Jaridian wegsehen ließ.
Nun, solange die menschliche Ärztin nicht sagen würde, was sie wissen wollten... Wenn sie tatsächlich nur etwas über Implantate wissen wollten, waren sie bei ihr sowieso falsch. Er lächelte. Es bestand keine Gefahr, dass den Jaridians Informationen gegeben werden konnten, die für sie einen Nutzen hätten in dieser Beziehung.

Nach ein paar Minuten standen sie in einem Raum. Verwundert stellten Julianne und Mit'gai fest, dass es kein Verhörraum war. Es war eindeutig das Äquivalent zu einer Krankenstation der Taelons. Die Geräte waren anders und auch die Einrichtung.
Auf einer Liege lag ein Wesen, dass Julianne noch nie gesehen hatte. Wahrscheinlich einer dieser Rassen, die nur noch Krieg führten.
„Er hat ein Implantat wie alle Kämpfer der Taelons.” Der Jaridian sprach das Wort Taelon mit so großem Abscheu aus, dass Julianne überrascht den Kopf hob. Sie hätte nicht gedacht, dass es wirklich schon so viel Hass zwischen ihnen gab, oder taten die Taelons noch andere Dinge als jene, von denen sie wusste? War es vielleicht vollkommen unsinnig, so etwas wie eine Friedensmission überhaupt in Angriff zu nehmen?
Ihre Aufmerksamkeit wurde wieder auf den Jaridian gezogen, der nun weiter sprach.
„Ihr sollt es umprogrammieren, damit es uns dient. Wir haben schon versucht, selbst Implantate zu entwerfen, wobei wir zwar Hilfe bekommen haben, es aber nicht funktioniert hat.” Man sah, dass es ihm schwer fiel, das zu sagen.
Wer hatte ihnen wohl dabei geholfen? Der Verräter? Sie gingen eigentlich immer davon aus, dass dieser ein Mensch war! Ein Taelon kam nicht in Frage, wegen des gegenseitigen Hasses, den viele Taelons und Jaridians empfanden, und weil es dann funktioniert hätte. Hatten sie eine neue Rasse gefunden?
Julianne sah auf das Wesen, voller Mitleid. Erst missbrauchten es die Taelons und nun wollten es auch die Jaridians! Es war ihr unbegreiflich, wie man so etwas tun konnte. Wären die Menschen unterentwickelter gewesen, als die Taelons kamen, hätten sie dasselbe auch mit ihnen gemacht? Wütend schaute sie die Jaridians, aber auch Mit'gai an. Beide Rassen konnten sich, wie es aussah, sehr ähnlich sein!
Sie sah wie sich etwas in Mit'gais Augen veränderte. Diese schienen ihr nun nicht mehr von einem warmen Blau, sondern eher kalt und hart, fast grausam. Ihm tat es nicht leid. Ihr war plötzlich klar, dass Mit'gai sich nur Sorgen darum machte, ob man Julianne zwingen könnte, diesen Auftrag tatsächlich auszuführen. Das erste Mal fürchtete sie sich fast vor ihm. Wie konnte man gegenüber so etwas nur so kalt bleiben? Sie hätten sich niemals in einen Krieg einmischen sollen, von dem sie noch nicht einmal die Hintergründe kannten! Oder auf jeden Fall nicht akzeptieren dürfen, dass man Wesen zwang, in diesem Krieg für die Taelons zu kämpfen.
Julianne schüttelte den Kopf. „Nein!”
Der Jaridian der mit ihr gesprochen hatte, kam wütend und mit aktivierten Shaqarava auf sie zu. Gleichzeitig sah sie aber auch, dass er vor irgendetwas Angst hatte.
„Du wirst...”
„... Aufhören!”
Die Stimme kam von der Tür. Sie war vollkommen tonlos und leise, dennoch fuhr der Jaridian unter ihrem Klang zusammen. Er deaktivierte sein Shaqarava, blieb aber vor Julianne stehen, jederzeit bereit, sie anzugreifen.
„Tot nützt sie uns nichts mehr!”
„Nein. Aber es gibt sicherlich noch andere Menschen!”
„Nicht in unserer Nähe!”
Julianne bemerkte, dass dieses Wesen es nicht gewohnt war, Widerspruch zu bekommen. Sie wunderte sich über den Jaridian, der doch offensichtlich fast so etwas wie Angst vor ihm hatte und dennoch widersprach. Vielleicht waren sie einfach Verbündete und er hatte befürchtet, dass, würde das mit ihr schief gehen, der Vertrag aufgelöst würde?
Die Gestalt trat näher. Ihr Körper war in einen langen dunklen Umhang gehüllt, ihr Gesicht wurde von einer Kapuze verdeckt, die ihr ins Gesicht hing. Ihre Schritte waren langsam und verursachten nur leise Echos. Der Jaridian trat zurück zu den anderen.
Mit'gai sah nur zu der Gestalt. Er kannte sie, dessen war er sich sicher. Vielleicht nicht gerade speziell diese Person, aber die Rasse. Er konnte sich aber nicht erinnern.
Die Gestalt sah einmal kurz zu ihm hin, und er konnte unter der Kapuze zwei vollkommen schwarze Augen ausmachen. Aber der Eindruck verschwand zu schnell, als dass er sich sicher sein konnte, ob es wirklich so gewesen war.
Das Wesen hatte sich bereits umgedreht und ging langsam auf Julianne zu, die bis zur Wand zurückwich. Irgendetwas fixierte ihren Blick auf das Schwarz unter der Kapuze und flößte ihr Schrecken ein. Sie wünschte sich nichts lieber als so schnell wie möglich zu verschwinden. Nervös schluckte sie. Selbst wenn die Jaridians nicht da gewesen wären, hätte sie sich nicht von der Stelle rühren können.
Dann fing die Gestalt wieder an zu sprechen. Die Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sie wurde bleich.
Mit'gai sah sie nur verwundert an. Bis jetzt war doch noch gar nichts passiert!
„Sie wollen uns demnach nicht helfen. Das ist sehr bedauerlich für Sie.”
Der Unbekannte konnte ihre Angst spüren. Dieses Gefühl genoss er. Schon immer hatte ihn dies fasziniert, ebenso wie der Schmerz anderer Lebewesen. Für ihn und Seinesgleichen gab es nichts Schöneres. Ursprünglich hatte er vorgehabt, alles sehr lang hinaus zu zögern, aber der Taelon machte ihn, selbst noch nach all' den Jahren, nervös.
„Ich schlage Ihnen das vor, was Sie einen Handel nennen.”
Julianne starrte immer noch wie gebannt auf ihn und aus irgendeinen Grund kamen ihr die Tränen. Fast wie bei Schmerzen.
Er winkte einen Jaridian herbei, der die ganze Zeit an der Tür gestanden hatte, den Julianne aber erst jetzt bemerkte. Dieser reichte ihm eine Spritze, jedenfalls vermutete sie, dass es so etwas in der Art war. Sie hatten neuere Sachen als die Jaridians.
Sie konnte jetzt nur noch auf diese starren, fühlte aber auch, dass der Bann, der von dieser Person auszugehen schien, gebrochen war. Julianne war sich sicher, sich nun wieder rühren zu können. Aus der Spritze würde auf keinen Fall etwas Gutes kommen.
Ihr Körper spannte sich an.
Sie würde mit allen Mitteln verhindern, dass er tatsächlich ausführte, was er wollte. Leicht bewegte sie sich zur Seite. Auf einem Tisch, nicht weit von ihr, lag eine Art Skalpell. Dieses Wesen könnte sie auf jeden Fall damit erstechen. Schließlich wollte es ja, dass sie eine Spritze bekam. Der Jaridian wollte sie nur umbringen, was sie in diesem Falle bevorzugte.
Noch bevor sie einen Schritt gegangen war, hatte der Jaridian sie schon an die Wand gedrückt und die Gestalt ihr etwas injiziert. Einen Augenblick später hatten beide wieder von ihr abgelassen. Verwirrt sah Julianne die beiden abwechselnd an. Es war so schnell gegangen!
„Ich habe Ihnen ein Virus injiziert.”
Die Stimme des Geschöpfes klang in ihren Ohren so furchtbar, dass sie sie sich am liebsten zugehalten hätte.
„Sollten Sie jemals wieder gesund werden wollen, rate ich Ihnen, nicht zu fliehen. Jede Stunde muss Ihnen ein Gegenmittel gespritzt werden. Haben Sie die Aufgabe zu unserer Zufriedenheit gelöst, werden wie Sie vollkommen heilen... Ich denke nicht, dass Sie wissen wollen, wie die Krankheit verläuft.”
Julianne glaubte ihm das aufs Wort. Dann verschwand es wieder aus dem Raum.
Es fand es schade, sich jetzt nicht weiter mit ihr beschäftigen zu können. Aber vielleicht, wenn sie schlief... Eine Jagd konnte man so nicht mit ihr machen, die Umgebung war dafür nicht geeignet. Aber in ihre Träume einzudringen, das war noch möglich, auch wenn viele Fähigkeiten seines Volkes verlorengegangen waren.
Die Jaridians traten an Mit'gai und Julianne heran und führten sie wieder hinaus, allerdings wurden sie dieses Mal getrennt. Der Jaridian, an dem Mit'gai aufgefallen war, dass er besonders auf Julianne aufpasste, brachte diese auch weg. Ihm kam es komisch vor, dass sie getrennt wurden. Er hatte geglaubt, die Jaridians würden hoffen, dass Julianne ihn überzeugen könnte.
Mit gemischten Gefühlen sah Julianne zurück, Mit'gai hinterher. Sie hatte sich Mit'gai, oder einen Taelon generell immer als stärker als einen Menschen vorgestellt. Das hatte sie auch schon oft von Menschen gehört, die viel mit Taelons zusammenarbeiteten. Sie fühlten sich sicher in deren Nähe. Dabei waren es doch die Menschen und andere Rassen, die ihnen im Krieg helfen mussten! War das nicht eigentlich ein Hinweis darauf, dass die Taelons nicht so stark waren, wie es vielleicht manchmal den Eindruck machte, nur weil sie höher entwickelt waren als die Menschen? Die meisten Menschen glaubten noch immer, die Taelons könnten ihnen bei jedem Problem helfen, wie sie auch schon vorher viele Probleme für sie gelöst hatten. Und sie hatten wirklich nicht wenige Probleme gehabt. Das Verhalten der Menschen gegenüber anderen Rassen war oft fehlerhaft gewesen oder wurde missverstanden. Als sie die Taelons trafen, waren sie für jede Hilfe dankbar, die ihnen diese zu kommen ließen. Bald hatte sich eine gute Beziehung zwischen ihnen entwickelt, die Taelons erzählten auch bereitwillig, dass schon vorher einer der Ihren auf der Erde gewesen war, Ma'el und dieser ihnen eine Warnung geschickt hatte, diesen Planeten nicht aufzusuchen. Sie hatten sie befolgt, die Menschen hatten Kontakt zu ihnen aufgenommen, nicht umgekehrt.
Das alles ging Julianne durch den Kopf, als sie dem Jaridian durch die Gänge folgte. Diese Entwicklung hatte sie schon immer verwirrt. Warum behandelten die Taelons die Menschen anders als alle anderen Rassen? Niemand hätte etwas dagegen tun können, wären sie eher gekommen, oder hätten sie vorgehabt, sie zu implantieren.
Womit sie wieder beim Thema Implantate war.
Sie hatte keine Ahnung, wie man mit ihnen verfuhr! Mittlerweile war sie nur zu gerne bereit, den Jaridians zu helfen, schon allein, um nicht zu sterben. Und so, wie diese Gestalt sich verhalten hatte und wie sie vom Wesen her war, wußte sie, dass dies keine angenehme Art sein würde. Früher oder später wäre sie bereit, das Geforderte zu leisten. Nur wie, wenn sie nichts über Implantate wußte? Sie glaubte nicht, dass Mit'gai jemals seine Rasse verraten würde.
„Die beste Lösung wäre, Sie würden mit ihm reden!”
Verwirrt, dass der Jaridian sie ansprach, fuhr sie aus ihren Gedanken. Hatte sie laut gedacht? Sie sah ihn an. Er hatte die Waffe gesenkt und schien ihr insgesamt weniger bedrohlich als noch vor ein paar Minuten.
„Damit wir euch helfen, noch mehr Wesen zu misshandeln?”
In ihrer Stimme war Fassungslosigkeit, aber auch Mitleid. Sie hatte zwar immer gewusst, dass andere Wesen implantiert wurden, aber erst jetzt begriff sie, was man ihnen damit antat.
„Damit Sie nicht sterben!”

Er wusste, wie sie über ihn und die Jaridians dachte. Aber auch ihm gefiel es nicht, dass dieses Wesen wieder implantiert beziehungsweise umprogrammiert werden sollte. So etwas war einfach verabscheuungswürdig. Aber sie hatten gesagt, es wäre nötig. Er stimmte nicht mit ihnen überein. Diese Art zu kämpfen war einfach unehrenhaft. Wahrscheinlich waren sie noch schlimmer als die Taelons. Aber sie halfen ihnen im Krieg, er konnte die anderen nicht überzeugen. Er stieß einen wütenden Laut aus. Warum war er hier nur allein auf diesem Schiff?
Verwirrt sah sie ihn an. Warum lag ihm etwas an ihrem Überleben? Nur, damit sie nützlich für seine Rasse wäre? Fragend blickte sie ihn an und schwieg. Bevor sie nicht wußte, was wirklich los war, würde sie nichts mehr sagen.
Er seufzte nur. Menschen waren so misstrauisch. Obwohl er zugeben musste, dass er es in ihrer Situation auch wäre. Er entschied sich, das Risiko einzugehen und ihr zu sagen, wer er war. Er hoffte nur, sie wäre wirklich so, wie er sie einschätzte, und nicht die Verräterin. Das würde alles in Gefahr bringen.
„Der Widerstand wusste von der Mission. Wir waren zu spät.”
Er hoffte, dies würde reichen, um sie von seinen Absichten zu überzeugen. Er hatte vor, sie irgendwie zum Widerstand zu bringen, da er keine Ahnung hatte, wie viele insgesamt überlebt hatten. Und diese Mission durfte einfach nicht scheitern!
„Kann der Widerstand uns hier heraus holen?” Hoffnung klang in ihrer Stimme mit.
„Ich fürchte nein. Ich bin der Einzige auf diesem Schiff!”
Sie waren bei ihrer Zelle angekommen. Aber noch ging Julianne nicht hinein. Sie sah den Jaridian nur lange an. Dann entschied sie sich, ihm ansatzweise zu trauen.
„Ich werde mit Mit'gai reden. Allerdings wird es, da er nicht da ist, damit Probleme geben!”
Er grinste. Dieser Mensch gefiel ihm immer besser!
„Er wird im Moment verhört, kommt aber in dieselbe Zelle wie Sie.”
Er nickte ihr noch einmal zu, dann verschloss er ihre Zelle und ließ Julianne allein.

Eine Weile war sie nur auf und ab gegangen. Es gab zu viel zum Nachdenken. Über die Taelons, die Jaridians, den Krieg zwischen beiden. Über das, was sie soeben erfahren hatte - was vielleicht stimmte, vielleicht aber auch nur irgendein Trick war...
Schließlich setzte sie sich mit einem Seufzen auf den Boden. Egal, ob er die Wahrheit sagte oder nicht, es käme auf das selbe hinaus. Er würde ihnen nicht helfen können, von hier weg zu kommen.
Erst jetzt fiel ihr ein, dass sie ihn nach dem Gegenmittel hätte fragen können. Sie würde sich sicherer fühlen, wüsste sie, dass sie es hätte. Und es jederzeit nehmen könnte. Sie würde nicht so unter Druck stehen!
Sie wusste nicht, wie lange sie schon dort gesessen und gegrübelt hatte, als man ihr Mit'gai herein brachte. Ihr Wissen über die Physiologie der Taelons reichte aus, um zu wissen, dass es ihm schlecht ging. Allerdings konnte sie nicht sagen, wie es ihm psychisch ging. Ob er wohl noch Kontakt zum Gemeinwesen hatte? Um seinetwillen hoffte sie es.
Sie sah nur, dass seine Energielinien beschädigt waren und er Mühe hatte, zu stehen. So ging sie auf ihn zu, um ihm zu helfen, aber er schlug dieses Angebot aus. Statt dessen ging er in die Zelle hinein und setzte sich auf den Boden.
Verdutzt blieb Julianne vor ihm stehen. Nun gut, wenn er meinte, er müsste sich so benehmen... Sie würde ihm nicht dabei im Weg stehen.
Sie setzte sich neben ihn.
Eine Weile schwiegen beide.
Dann fing sie vorsichtig an zu sprechen.
„Vielleicht sollten wir doch mit den Implantaten arbeiten.”
Seine blauen Augen blickten in die ihren und schienen sie zu durchbohren. Dann waren sie ihr gegenüber wieder wie immer. Nachsichtig und etwas herablassend.
„Demnach willst du helfen, dass die Jaridians gewinnen?”
„Natürlich nicht! Ich möchte leben!”
Julianne hatte sich entschieden, ihm nichts von dem Jaridian vom Widerstand zu erzählen. Wenn sie ihn nicht so überreden konnte, würde ihr das mit diesem Argument auch nicht gelingen.
„Würden wir nur so tun, als ob wir versuchen würden...”
„Du denkst, das würde nicht auffallen...?”
Er sprach ruhig, fast mit ein wenig Spott in der Stimme.
„Ich weiß nichts über Implantate. Du müsstest mich anlernen, was Zeit kostet.”
Sie sah ihn lange an. Er schien über ihren Vorschlag nachzudenken.
Mit'gai wusste schon, welche Antwort er geben würde. Auch wenn er es niemals zugeben würde, lag ihm doch etwas an dieser Frau. Sie hatte es schon oft geschafft, ihn zu beeinflussen. Ihm war klar, dass sie unter normalen Umständen niemals so handeln würde - er verstand aber auch ihre Angst.
Er wusste mittlerweile, wer diese Gestalt war. Die Taelons kannten diese Rasse nur zu gut. Sie hatten keinen Einfluss auf die Taelons. Allerdings dachten alle, sie wären ausgestorben, im Krieg gegen die Jaridians. Daher kam auch Juliannes Angst. Sie hatten es schon immer gut verstanden, andere Wesen einzuschüchtern. Deshalb waren sie auch lange Zeit für die Taelons wichtig gewesen.
Vielleicht wusste Julianne auch einfach nur etwas, was er nicht wusste.
Eine Zusammenarbeit zwischen ihr und ihm wäre sicherlich noch praktisch. Sollten sie hier jemals wieder weg kommen, könnte er sie zu seiner Assistentin machen. Er könnte endlich das tun, was er schon lange tun wollte - an neuen Arten von Implantaten forschen. Juliannes Reaktion hatte ihm allerdings gezeigt, dass sie mit Implantaten nicht einverstanden war. Aber wenn er sie jetzt gezwungenermaßen ausbildete, wollte er auch seinen Profit daraus haben. Sollte sie sich tatsächlich weigern, würde er die Erlaubnis der Synode einholen, sie implantieren zu dürfen. Eine so gute Ärztin, wie Julianne eine war, konnte er gut gebrauchen. Vor allem könnte er ihr im Bezug auf die Eigenarten der Menschen noch helfen.
Schließlich antwortete er: „Gut. Du wirst alles genauso tun wie ich es dir sage. Sonst ist unsere Zusammenarbeit beendet!”
Julianne nickte. Von allein würde sie sowieso nicht wissen, was sie tun sollte.
Mit'gai hatte andere Gedanken. Er musste auf jeden Fall dafür sorgen, dass sie nur langsam vorankamen. Sollten sich die Jaridians beschweren, müssten sie das Wesen einfach nur wecken. Es würde sich sofort umbringen. Er würde den Jaridians dann sagen, sie hätten wohl wegen des Zeitdrucks zu übereilt gehandelt und die Forschungen müssten nun von neuem beginnen. Julianne würde diese Vorgehensweise nicht gefallen, aber sie sollte daran denken, dass es um ihr Leben ging. Und wie er ihr half, dieses auch zu behalten, sollte sie nicht stören.

Julianne spürte, wie ihr leicht schwindelig wurde. Eine Stunde musste schon vorbei sein. Ihr Körper fing leicht an zu schmerzen. Es wurde doch gesagt, ihr würde das Gegenmittel gespritzt! Hatte man eine andere Möglichkeit gefunden, und ließ man sie nun so einfach sterben?
Nachdem sie sich eine halbe Stunde lang mit immer stärker werdenden Schmerzen und hohem Fieber herumgeschlagen hatte, kam der Jaridian. Zu diesem Zeitpunkt wußte sie kaum noch, wo sie war. Aber nachdem er ihr das Mittel gespritzt hatte, war sie innerhalb von ein paar Minuten wieder ansprechbar. Der Jaridian war da geblieben und wartete auf seine Antwort. Mit'gai vermutete, dass dieser deshalb erst so spät gekommen war, um dafür zu sorgen, dass sie sich schnell entscheiden würde.
Er war offensichtlich nicht auf die schnelle Zusage von ihr vorbereitet. Julianne wurde erlaubt, sich einen Moment auszuruhen, während Mit'gai schon auf die Krankenstation gebracht wurde. Danach wurde sie ebenfalls dorthin gebracht, wo der Taelon dann mit seinen Forschungen begann und Julianne gleichzeitig etwas über Implantate lehrte.

 

Ende von Kapitel 7

 

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