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  „Auf den Straßen von Chicago” von Rob   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Entstehungsdatum: 27.10.2003
Disclaimer: Die Charaktere von JAG, Mission Erde, Allein gegen die Zukunft, Nash Bridges und Pretender gehören nicht mir, sondern ihren rechtlichen Besitzern. Ich habe sie mir nur ausgeliehen und will mit ihnen kein Geld verdienen.
 
Thema:  Während Liam nun jemanden Bekanntes trifft, findet Harm seine geliebte Corvette. Alle Ausbruchsversuche schlagen leider fehl. Haben sie noch eine Chance?
Zeitpunkt:  Sequel zu „Schuldig oder Unschuldig?” und „Beförderung mit Hindernissen”
Charaktere:  Liam Kincaid, Neil Evans, Sarah MacKenzie, Harmon Rabb, Nash Bridges, Harvey Leek, Nick Bridges, Cassidy Bridges
 

 

AUF DEN STRASSEN VON CHICAGO

Kapitel 4

 

1842 Zulu (10:42 PST)
Unbekannter Ort

Plötzlich horchten Liam und Neil auf. Sie hörten, wie jemand sich der einen Tür näherte, von der sie hofften, dass sie nach draußen führte. Jedoch hatten die beiden Männer noch keine Zeit gefunden, sie unter die Lupe zu nehmen, weil sie sich ununterbrochen mit dem Portal beschäftigt hatten. In dem Moment, als sie sich rechte und links von der Tür aufstellen, wurde die Tür geöffnet. Schnell hielt Liam dem Neuankömmling seine Dienstwaffe unter die Nase.

Erschrocken blickte Mac in die Mündung einer Ionenwaffe, als sie die zweite Tür aufstieß. Mit erschrocken aufgerissenen Augen, hob Mac schnell den Blick. Sie sah nun ein Augenpaar, dass nicht minder erschrocken war und ihr irgendwie bekannt vorkam.
„Mac?”, wurde sie auch schon gefragt. „Was tust du denn hier?”
„Ich suche einen Ausgang,” erklärte sie schnell. „Könntest du bitte so nett sein und deine Waffe wieder einstecken?”
„Hä?”, Verwirrung war in Liams Gesichtszügen zu erkennen. „Ach ja,” sofort steckte er seine Dienstwaffe wieder ins Holster zurück.
„Wie bist du eigentlich hierher gekommen?”, erkundigte sich Mac im nächsten Moment, um eventuelle Parallelen finden zu können.
„Irgendwer hat unseren Interdimensionsraum durchbrochen und umgeleitet,” erzählte er, „Und was haben Die mit dir gemacht?”
„Ich wurde KO geschlagen.”
„Dann wird Harm ja bald hier sein um uns zu retten,” versuchte Liam die Stimmung, die nun leicht angespannt war aufzuheitern.
„Wie kommst du denn darauf?”, fragte sie ihn jedoch nur verwirrt und musterte ihn.
„Na Harm ist sicher schon besorgt um dich, dass er auch ohne die Erlaubnis von eurem Admiral hier aufkreuzen wird,” erklärte der Companion-Protector.
Einen Moment dachte Mac an ihren temperamentvollen Partner, dem sie dieses Verhalten durchaus zutrauen würde, bevor sie sich erst wieder an den Mann an Liams Seite erinnerte.
„Oh, dass ist Neil Evans, Mac,” stellte Liam ihr seinen Begleiter vor. „Und das Neil, ist Lt. Colonel Sarah MacKenzie.”
„Hätten wir uns unter anderen Umständen kennengelernt, währ' ich erfreut,” meinte Neil, als er Mac die Hand schüttelte.
Sie lächelte den Mann leicht an.

 
* * *
 

1958 Zulu (11:58 PST)
Hafen
San Francisco, Kalifornien

„Hey, Harm. Ich wollte gerade Mittagspause machen. Kommst du mit?”, erkundigte sich Nash, als er von seinem Platz hinter dem Schreibtisch aufstand.
„Ja, sicher,” kurz erinnerte er sich an seine letzte Mittagspause, sie er, weil Mac sofort nach Kalifornien sollte, allein hatte verbringen müssen.
Der große Ex-Pilot nahm sein Jackett von der Stuhllehne und folgte dem Police-Captain. Nacheinander betraten die beiden Männer den Pier und gingen zielstrebig auf den gelben Cuda zu. Wie schon vor ein paar Stunden, stieg Harm auf der Beifahrerseite und Nash natürlich auf der Fahrerseite ein.
„Was halten Sie davon, dass Wir nach Chinatown fahren?”, fragte der Police-Captain nun nach.
„Hauptsache es ist vegetarisch,” Harm musste grinsen.
Immer wenn er mit Mac chinesisch essen ging, bestellte sie das gleiche.
„Bestimmt,” ein Blick in den Rückspiegel erfolgte, bevor er auf den Highway fuhr.

Nach einer halben Stunde, saßen sie zusammen an einem Tisch auf der Terrasse eines Restaurants in dem chinesischen Stadtviertel von San Francisco. Harm hatte sich ein paar Shrimps mit Nudeln bestellt, während Nash drei Frühlingsrollen aß.
„In welchem Hotel werden Sie denn wohnen?”, erkundigte sich Nash nun, als sie die Rechnungen beglichen.
„Keine Ahnung. Ich wollte mich später damit beschäftigen,” antwortete der Ex-Pilot wahrheitsgemäß.
„Von der SIU aus, kann ich Ihnen dann ein paar gute Adressen geben.”
„Danke.”
„Wollen wir uns nun Privat auch duzen oder tun wir das nur vor den Kollegen?”, wollte der Chef der SIU wissen, als er die Fahrertür aufschloss.
„Ist mir egal. So wie es Ihnen besser gefällt,” schlug Harm vor.
„Okay, dann duzen wir uns auch privat, Bubba,” erklärte Nash ohne groß darüber nachdenken zu müssen.
Bevor der großgewachsene Navy-Commander darauf antworten konnte, raste ein Wagen plötzlich mit quietschenden Reifen auf die Fahrbahn und setzte sich genau vor den gelben Cuda. Im nächsten Moment setzte Nash das Blaulicht aufs Armaturenbrett und verfolgte den Raser.
„Jetzt kannst du gleich noch etwas aus dem Leben eines Streifenpolizisten mitbekommen,” scherzte der Captain der SIU.
Einen Moment hatte Harm daran gedacht, wie er damals das Flugzeug aus den Händen des Feindes geholt hatte, es war ja fast wie eine Verfolgungsjagd.

 
* * *
 

2203 Zulu (14:03 PST)
Unbekannter Ort

Nervös ließ sich Mac auf Liams Pritsche nieder. Das ihre Kidnapper sich noch nicht einmal sehen gelassen hatten. Ihre Verpflegung kam vor kurzem durch das Portal. Liam und Neil beschäftigten sich sofort damit herauszufinden, ob es doch noch einmal funktionieren könnte. Wenigstens hatte Liam es vor eine Weile mit Hilfe seines Globals geschafft, dass sie es nun anfassen konnten, ohne dabei gleich einen Schlag zu bekommen. Trotzdem war sie irgendwie nervös, ohne das sie genau wusste warum. Es war sicher schon dem Admiral gemeldet worden, dass sie verschwunden war. Sicher hatte man auch schon ihren verlassenen Leihwagen gefunden, wenn er nicht - und das könnte ebenso gut auch sein - weggeschafft worden war.
„Maaac!”, Liam fuchtelte mit der Hand vor ihren Augen rum, als er sie eben angesprochen hatte.
Verwirrt blinzelte sie, bevor sie ihn nun noch verwirrter ansah. So wie der junge Companion-Protector sie ansah, hatte er sie schon vorher angesprochen und wartete auf eine Antwort von ihr.
„Wir bräuchten kurz deine Hilfe,” erklärte Liam nun, als er ihre volle Aufmerksamkeit hatte. „Würdest du uns dabei nun helfen?”
„Ja, sicher,” sie stand auf und ging ins Nebenzimmer, zum Portal, hinüber.
Kopfschüttelnd folgte er ihr. Hoffentlich musste er sich nicht mehr allzu viel von diesem Marine abgucken, damit auch wirklich jeder ihm abnahm, dass er ein echter Marine war.

„Also, wir wollten wenigstens drei der Stäbe gleichzeitig in Gang bringen,” erklärte Liam. „Wir hoffen, dass diese Energie schon reicht.”
„Okay, sagt mir nur, was ich tun soll,” forderte sie ohne zu überlegen.
„Du musst das rote und das blaue Kabel an den offenen Enden zusammenbinden. Es ist aber wichtig, dass wir das gleichzeitig tun.”
„Gut, ich glaube, dass krieg ich hin.”
Liam lächelte leicht, trotz des Umstandes, dass sie hier festsaßen.
„Bei drei geht's los.”
Jeder der drei stellte sich nun an eine der Säulen und konzentrierte sich auf das Innenleben der jeweiligen Säule, die vor ihm stand. Liam warf nun einen letzten prüfenden Blick in die Runde. Erst nickte Neil ihm leicht zu und dann tat Mac das selbe.
„Okay, eins,” er machte eine Pause und streckte die Hände nach seiner Säule aus. „Zwei,” wieder eine Pause, jedoch hob er diesmal seinen konzentrierten Blick um in die angespannten Gesichter der anderen zu sehen. „Drei,” meinte er plötzlich laut.
Alle verbanden nun die Kabel und es passierte - nichts. Gar nichts, bis auf ein kurzes Aufleuchten des Bildschirms. Jetzt jedoch, hob Liam nur seinen wütenden Blick. Es war unglaublich! Alles ging schief! Dieses Portal war sturer als er selbst. An jeden noch so kleinen Strohhalm hatte er sich geklammert. Aber es war einfach nicht zu fassen! Nichts funktionierte. Rein gar nichts! Er wollte Zo'or am liebsten gar nicht mehr begegnen müssen. Sicher würde er ihn dafür eine niederträchtige Arbeit erledigen müssen. Das dann für sein ganzes restliches Leben. Dieser arrogante Taelon freute sich sicher schon darüber. Liam wollte nicht mehr direkt Zo'or unterstellt sein. Da'an war ihm allemal lieber. Der versuchte ihn wenigstens nicht so auszubeuten wie Zo'or das sicher noch mit ihm vorhatte. Zo'or dachte wirklich, Menschen konnte er für alles benutzen. Doch irgendwie wollte er hier weg. Diese Räume lösten in ihm ein seltsames Gefühl aus. Es frustrierte ihn plötzlich alles hier. Einfach keine Aussicht mehr zu haben, dass sie aus ihrem Gefängnis jeh entkommen konnten, war für ihn wahnsinnig.

 
* * *
 

2358 Zulu (15:58 PST)
SIU-Hauptquartier
Hafen, San Francisco

Ratlos ließ Harm den Telefonhörer sinken.
„Hey, Bubba, wie läuft die Zimmersuche?”, fragte Nash, der sich gerade eine Tasse Kaffee geholt hatte.
„Ich finde in der ganzen Stadt kein Zimmer,” antwortete Harm zerknirscht. Warum hatte Webb nicht an so etwas gedacht?
„Wenn Sie kein Zimmer mehr finden, könnten sie ja auch in meinem Gästezimmer wohnen, so lange Sie hier sind,” bot der Police-Captain nun an.
„Hm, ich weiß nicht. Ich möchte Ihnen nicht zur Last fallen,” gab der Ex-Pilot zu bedenken.
„Das werden Sie sicher nicht. Nick, mein Vater wird sich freuen. Er war einmal in der Navy,” erzählte Nash, der langsam begann den Anwalt zu mögen.
„Nagut, dann stimme ich zu.”
„Also ist das abgesprochen. Ich hole dich dann, bevor ich losfahre ab.”
„Könnte ich mir noch die Akte von unserem Fall ansehen?”, erkundigte sich Harm.
„Sicher, Bubba. Ein Kollege wird sie dir gleich vorbei bringen.”
„Inspector Rabb, das hier wurde für Sie abgegeben,” erklärte ein uniformierter Polizist, als er neben Nash vor Harms Schreibtisch stand. Er stellte einen Pappkarton vor dem Ex-Piloten ab.
„Danke, Officer,” meinte Harm, als er sich die Kiste näher heranzog. Er merkte sofort, wie leicht der Pappkarton war. Neugierig hob er den Deckel an und lugte vorsichtig ins Innere. Außer einer CD-Rom war nichts weiter zu sehen. Harm drehte die Schachtel ein wenig, sodass das Licht besser hineinfallen konnte. Nichts weiter. Also nur eine CD-Rom. Er nahm sie heraus und schob sie ins Laufwerk seines Computers auf dem Schreibtisch. Kurz danach erschien auf dem Bildschirm eine Digitalanzeige, welche die Zeit von 6:30 abwärts zählte.
„Hey, Nash. Da steht ein wirklich cooler Wagen auf dem Parkplatz. Boss, weißt du wem er gehört?”, fragte Inspector Harvey Leek, als er das Hauptquartier betrat, nachdem er von einer Ermittlung wiederkam.
Hastig sprang Harm auf und rannte an einem verwundert dreinblickenden Nash vorbei hinaus über die Gangway zum Pier. Verwundert besah sich Harm den Wagen, es war eine rote Corvette, eben so eine, wie er vor einer Weile besessen hatte, bevor sie ihm gestohlen wurde. Er bückte sich, damit er unter den Wagen sehen konnte. Dort war kein Zünder oder eine Bombe zu erkennen. Er hatte den Schlüssel von seiner Corvette immer noch an seinem Schlüsselbund, welches er nun aus seiner Hosentasche fischte. Es war absurd, dass wusste er selbst, aber warum sollte er es nicht ausprobieren?
„Ist das dein Wagen?”, fragte Nash, als er nun bei Harm angekommen war.
„Scheint so. Bring bitte alle auf einen sicheren Abstand, bis ich ganz sicher bin,” bat Harm, der nun fast ehrfürchtig den Schlüssel im Türschloß umdrehte.
„Aber warum?”, wollte der Police-Captain streng wissen.
„Erklär' ich dir später. Wenn es dann noch geht,” setzte er leise hinzu.
„Okay. Ihr habt es gehört. Alle Mann weg hier!”, befahl Nash sofort seinen Untergebenen, die wie immer ständig über den Parkplatz hetzten.
Nun öffnete Harm ruckartig und mit zusammengekniffenen Augen die Fahrertür. Vorsichtig blickte er nun auf den Fahrersitz. Hätte ja sein können, dass dort eine Bombe gewesen wäre, die darauf eingestellt wäre loszugehen, wenn man sich setzte. Zu Harms Glück, fand er aber auch nichts unter dem Sitz. Kurz entschlossen setzte sich der Ex-Pilot jetzt auf den Fahrersitz. Schnell griff Harm mit der rechten Hand zum Handschuhfach. Langsam öffnete er es Zentimeter für Zentimeter. Doch auch dort befand sich keine Bombe. Aber was sollte dann das mit der Uhr? Plötzlich jedoch fiel sein Blick auf den Fußraum vor dem Beifahrersitz. Dort lag eine kleine graue Plastik-Tomcat. Er nahm sie hoch und besah sie sich kritisch. Sie war zu leicht, als das sie eine Bombe hätte sein können. Harms Verwirrung nahm immer mehr zu, als plötzlich das Cockpit des Plastikspielzeugs aufleuchtete. Einen Moment später, leuchteten in der Plastikscheibe Buchstaben nacheinander auf. Langsam kam immer einer mehr dazu. So entstand nach einer Weile der Satz:

ICH WEISS WARUM SIE HIER SIND!!!


Mein Gott, es ist doch Palmer! , überlegte er schockiert.
Dieser Irre wollte sicher, dass er sah, wie er Mac etwas antat. Sicher wollte er ihn zu ihr führen. Doch was sollte das dann mit seiner geliebten Corvette?

Einen Moment später stieg Harm aus und gab wieder Entwarnung.
„Die Uhr, die auf deinem Bildschirm war, ist bei Null angekommen,” erzählte Nash ihm.
„Hm,” der großgewachsene Ex-Pilot nickte abwesend.
„Wovon war sie eigentlich?”
„Keine Ahnung, ich dachte, dass er es auf meine Corvette abgesehen hat.”
„'Er'?”, verwirrt sah ihn der Captain der SIU an.
„Clark Palmer, ein Psychopath, der mich ständig belästigt,” erklärte Harm möglichst sachlich.
„Oh, solche speziellen Freunde habe ich auch.”
„Aber ich frage mich, warum die Corvette dann noch nicht in die Luft geflogen ist. Das sieht Palmer doch eigentlich gar nicht ähnlich,” meinte er überlegend. „Und es hat wirklich niemand gesehen, wie sie hergebracht wurde? Hier laufen doch so viele Polizisten rum.”
„Nein, absolut niemand,” antwortete der Police-Captain schnell.
„Nagut, auf welchen Parkplatz soll ich sie abstellen?”
„Stell sie auf Joes Parkplatz. Das ist der direkt neben meinem.”
„Okay,” damit ging Harm wieder zu seiner roten Corvette, setzte sich hinters Steuer und parkte ihn auf dem angewiesenen Platz.

Eine halbe Stunde später, saß Harm nachdenklich an seinem Schreibtisch und drehte, während er aus dem Fenster auf den Hafen hinausblickte, die Plastik-Tomcat, die er aus der Corvette hatte in seinen Händen.
Was soll das nur alles wieder?
„Hier, ist die Akte, Sir,” erklärte eine uniformierter Police Officer, als er den Papphefter vor Harm auf dem Tisch ablegte.
„Danke,” er legte das Plastikspielzeug weg und konzentrierte sich nun voll und ganz auf die Akte.

 
* * *
 

0247 Zulu (18:47 PST)
Unbekannter Ort

Vor einer halben Stunde und 17 Sekunden kamen drei Pizzen durchs Portal. Doch keiner der Gefangenen hatte auch nur eine davon probiert. Wie das letzte Essen auch. Hoffentlich kümmerte sich jemand um Jingo. Der Arme würde sonst noch verhungern. Aber Harm würde sich sicher um ihren Hund kümmern, so lange sie hier fest saß. Auf ihren Partner konnte sie sich schließlich immer verlassen, auch wenn er ein Vegetarier war. Schließlich war er ja Harmon Rabb junior, hätte er ihr sicher jetzt gesagt.
„Mac, kommst du mal?”, fragte Liam und war mit Neil immer noch in dem Raum, in dem das Portal stand.
„Ja, bin gleich da,” sie stand von ihrem Platz auf und lief zu den beiden Männern hinüber.
Als sie ankam, sah sie, wie der Companion-Protector und der Freiwillige wieder einmal am Portal standen. Jedoch hatten sie es diesmal nicht wieder aufgeschraubt, um etwas daran auszuprobieren. Sie standen daneben und führten im Flüsterton ein Gespräch. Erst als sie Mac bemerkten, hoben sie ihre Blicke um sie anzusehen. Liam winkte sie näher heran, damit sie an ihrem Gespräch teilnehmen konnte.
„Wir können das Portal nicht mehr in Gang bekommen. Jedenfalls nicht von hier aus,” erklärte Liam mit leiser Stimme.
„Habt ihr denn alles versucht? Dumme Frage, ihr arbeitet ja die ganze Zeit dran. Also was hast du für einen Plan?”, fragte sie nun mit ebenso leiser Stimme.
„Ich wollte es mal auf die altmodische Weise versuchen,” begann er. „Wir wollten die Pritschen auseinander nehmen und damit versuchen, die Tür zu zertrümmern. Es hört sich zwar primitiv an, aber es könnte doch klappen, oder?”
„Hm, könnte. Gibt es noch einen zweiten Vorschlag?”
„Nein, leider nicht,” er schüttelte traurig darüber den Kopf.
„Nagut, dann bleibt uns ja wohl nichts anderes mehr übrig. Also probieren wir es,” sie ging ins Nebenzimmer hinüber und begann damit die erste Pritsche auseinander zu nehmen.
Nach einem kurzen Blickwechsel, der zwischen Liam und Neil erfolgte, gingen die beiden Männer ebenfalls hinüber um ihr zu helfen.

 
* * *
 

Gleichzeitig
SIU-Hauptquartier
Hafen, San Francisco

Schon mindestens zum hundertsten Mal las Harm nun die Akte des Falles durch. Doch er fand einfach keinen Hinweis. Mac schien wie vom Erdboden verschwunden zu sein. Starr er auf die wenigen unidentifizierten Fingerabdrücke, die in Macs Leihwagen gefunden worden waren. Man nahm an, dass sie ein Obdachloser hinterlassen hatte, der den Wagen stehlen wollte, es aber nicht geschafft. Als Beweisstück, war noch Macs Handtasche, mitsamt Inhalt aufgeführt. Dort war auch nichts besonderes zu finden. Ihren Hotelzimmerschlüssel fand er ebenfalls auf der Liste. Es war noch niemand in ihr Hotel geschickt worden, weil das ganze SIU-Team, mit anderen Fällen - Mordfällen - beschäftigt war. Sollte er sich nun dort einmal umsehen gehen?
„Harm?”, riss ihn jemand aus seinen Gedanken.
„Hm?”, er hob den Blick und sah den Police-Captain fragend an.
„Es ist 1900. Ich wollte jetzt losfahren,” erklärte Nash.
„Ich muss vorher noch einmal was überprüfen. Gib mir einfach die Adresse, dann komme ich sofort nach,” bat der großgewachsene Ex-Pilot.
„Okay, ich wohne in der Grand Street. Das Gebäude wirst du sofort erkennen. Es ist das welches nach Abriss aussieht.”
„Gut, dann komme ich gleich nach. Ach, kann ich die Akte mitnehmen?”
„Ja, sicher. Was musst du eigentlich noch erledigen?”
„Ich wollte mir das Hotelzimmer einmal ansehen gehen,” antwortete Harm und hoffte inständig, dass Nash ihn verstand.
„Okay, kann ich verstehen,” damit verschwand der Police-Captain.

Einen Moment später, packte Harm seine Sachen zusammen und stieg in seine geliebte, wiedergefunde Corvette.
Sentimentaler Idiot! , schallte er sich, als er sanft mit der rechten Hand übers Lenkrad und dann übers Armaturenbrett strich.
Im nächsten Augenblick, drehte er den Zündschlüssel herum, trat die Kupplung durch, legte den Gang ein und löste nachdenklich die Handbremse. Er fuhr vom Parkplatz in Richtung City, um zu Macs Hotel zu gelangen.

Eine Dreiviertelstunde später, als er auf dem Parkplatz des Hotels angekommen war, sah er beim Umdrehen des Wagenschlüssels im Zündschloss, auf den Tacho. Wenn Mac bei ihm war, brauchte er keine Uhr. Doch sie war entführt worden und er konnte sie nicht um ihre Meinung bitten. Dies war für ihn grausam. Mac konnte ihm fast immer helfen. Außerdem konnte er sich wo wie mit Mac kaum mit einem anderen Menschen unterhalten. Sie war schließlich sein bester Freund und Partner, wie in Kollegen. Die Überlegungen stellte Harm jedoch ein, als er die Lobby des großen Hotels betrat. Er holte noch einmal den Zimmerschlüssel aus der Hosentasche, um nachzusehen, zu welchem Zimmer er musste. 215, stand in vergoldeten, verschnörkelten Lettern auf dem Metallanhänger. Suchend sah er sich jede Wand in dem großen Raum an. Neben dem Aufzug waren Schilder angebracht, welche zeigten, welche Zimmer sich in jeder Etage befanden. Es stellte sich heraus, dass Macs Zimmer in der zweiten Etage war. Harm trat, nachdem sich die Aufzugtüren vor ihm geöffnet hatten in die kleine Kabine. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er daran denken musste, wie er vor gar nicht einmal allzu langer Zeit mit seiner Partnerin im Aufzug eingeschlossen war. Mit jedem anderen Menschen wäre er sicher wahnsinnig geworden in diesem engen Raum. Aber mit Mac war das anders. Es konnte nie langweilig mit ihr werden. Außerdem hatten sie immer ein Gesprächsthema. Vor ihm öffneten sich nun wieder die Aufzugtüren. Der großgewachsene Ex-Pilot trat hinaus und fand wieder ein Hinweisschild. Harm musste nach links gehen, um zum richtigen Zimmer zu gelangen.

Ein paar Minuten später stand er vor einer dunklen Holztür. Als er den Schlüssel ins Schloss steckte, fühlte er sich, als würde er in Macs Privatsphäre eindringen. Aber vielleicht fand er ja hier einen Hinweis. Dass es sich nicht um Cooper und Palmer handelte, sondern doch *nur* um ihren Fall. Er gab sich einen Ruck und schloss die Tür nun auf. Als er eintrat, überkam ihn wieder das Gefühl, dass er sich in ihr Privatleben einmischte. Aber Mac würde ihm doch hoffentlich verzeihen, wenn er dadurch einen Hinweis, über ihren Verbleib, erhalten würde. So erhoffte und wünschte es sich Harm jedenfalls. Sie war zwar seine Partnerin, doch ihr Privatleben ging ihn deswegen noch lange nichts an, wenn sie es nicht wollte. Schließlich hatte sie seine Hilfe, ohne irgendwelche Hintergedanken, schon einmal abgelehnt. Mit diesem seltsamen Gefühl in der Magengegend, trat er nun ein. Das Hotelzimmer war großartig und Harm war traurig, dass er nur hier war, um nach Mac zu suchen. Es wäre ihm lieber, wenn er sie hier zu gemeinsamen Ermittlungen abholen würde. Er musste wirklich zugeben, dass es aufgeräumt war. Lediglich bei ihren Unterlagen, die auf dem Tisch lagen, sah es chaotisch aus. Daraufhin musste er grinsen. Es erinnerte ihn an ihren Schreibtisch im Büro. Aber Harm musste jetzt den Kopf für die laufende Ermittlung freibekommen. Schließlich musst er sich voll und ganz auf seine Arbeit konzentrieren. Vorsichtig hob er die oberste Akte vom kreativ aufgebauten Stapel aus den ganzen Akten hoch. Er klappte den Pappdeckel hoch und studierte die erste Seite. Drei Navy-Offiziere in einem Nachtclub am Hafen festgenommen, stand da in Druckschrift zu lesen. Aber die konnten Mac nicht entführt haben, außer sie wären Lebensmüde und könnten durch Wände gehen. Man konnte ja vieles über die Navy sagen, jedoch Lebensmüde zählte definitiv nicht dazu. Die nächste Akte beinhaltete die medizinischen Berichte, der vier dabei verletzten Zivilisten. Was kann das denn noch sein? , fragte er sich, als er einen braunen Briefumschlag sah. Nachdenklich hob er ihn hoch und besah ihn sich nachdenklich von allen Seiten. Konnten ja eigentlich nur weitere Berichte sein. Also öffnete er ihn nun und griff mit der rechten Hand hinein. Es waren Beweisfotos und ein kleiner Notizzettel mit Macs Handschrift darauf

Aufnahmen des Nachtclubs, wegen Schadensersatz von der Navy!!!


Harm lächelte. Mac dachte öfter im Voraus. Im Gegensatz zu ihm. Er dachte an das hier und jetzt und machte sich erst später Gedanken über das, was kommen könnte. Seine Partnerin würde wenn sie das hören könnte, sicherlich wieder mit den Augen rollen, weil er es in ihren Augen nie kapieren würde. Ordentlich legte er alles wieder zurück. Nachdenklich stellte er sich ans Fenster und blickte auf die fast nächtliche Stadt hinaus. Irgendwo dort draußen, konnte sie doch nur sein. Nur war gut. Er musste schließlich dieses nur noch suchen. Wo stecken Sie nur Mac?, fragte er sich und blickte nun frustriert auf die dunkle Stadt hinaus.

 
* * *
 

Unbekannte Zeit
Unbekannter Ort

Vor einer Weile hatten sie sich miteinander abgesprochen, dass sie sich mit dem Wachehalten abwechseln würden. Freiwillig hatte sich Liam als erster bereit erklärt die erste Schicht zu übernehmen. Mit offenen Augen lag er auf dem Rücken auf der Pritsche, die er sich aussuchen hatte müssen und fragte sich, warum einfach nichts geschah und er hier nichts anderes tun konnte als zu warten. Dieses warten machte ihn fertig. Erst saßen sie nur rum, ohne das sie richtig etwas tun konnten und nun lag er hier. Es war es einfach nicht gewohnt irgendwo nur rumsitzen zu müssen. Liam musste etwas tun. Obwohl er bezweifelte, dass etwas geschah, hatte er immer noch einen Funken Hoffnung in sich, dass sie doch noch einen Weg finden würden. Plötzlich jedoch, hörte er von irgendwoher Geräusche. Doch dann erinnerte er sich daran, dass er diese Töne schon einmal gehört hatte. Es waren jene Geräusche, welche Pumps auf dem Fußboden verursachten, wenn jemand, darin ging. Doch sie bewegten sich nicht in seine Richtung, sondern wurden mal lauter und leiser, dass zeigte ihm, dass die Person auf und ab ging. Er hätte sie jedoch nicht gehört, wenn er nicht hier rumgelegen hätte. Also stand der junge Kimera leise auf, trat ins Bad, welches die beiden Räume voneinander trennte und kam so in den Raum, in welchen Mac geschafft worden war. Sie lief, die Stirn nachdenklich in Falten gelegt, in ihrem kleinen Raum auf und ab. Leise, um sie dabei nicht zu stören, lehnte er sich an den Türrahmen.
„Du solltest dich lieber noch ein wenig ausruhen,” riet er ihr dann doch vorsichtig.
„Nein, nicht nötig. Ich brauche nicht so viel Schlaf,” erklärte sie, ohne in ihren Schritten innezuhalten, oder ihn anzusehen.
„Worüber denkst du nach?”
„Warum wir hier sind,” ihre Antwort war knapp und sachlich. Wie es von einem Marine so üblich war eben.
„Soll ich dir von der Antwort erzählen, welche ich vor ein paar Minuten gefunden habe?”, erkundigte sich Liam vorsichtig.
„Hm, lass hören,” forderte sie ihn auf und sah ihn nun an.
„Ich glaube, dass Cooper Neil und mich gekidnappt hat. Aber auf die Frage, wieso du hier bist, hab' ich außer, dass er sich an dir wegen der Verhandlung rächen will, keine plausible Antwort gefunden,” erzählte er.
„Klingt logisch. Aber das ich hier bin, verdanke ich wohl in erster Linie Clark Palmer und dann Cooper, der mich ja anscheinend hierher gebracht hat. Du weißt doch noch, wie Cooper uns im Gerichtssaal aufgelauert hatte. Er wurde von Palmer geschickt, da bin ich mir sicher. Die beiden haben sich in Leavenworth kennengelernt,” teilte Mac ihm nun ihre Überlegungen mit.
„Das könnte auch sein. Wie spät ist es eigentlich schon?”, erkundigte sich Liam, er hatte zu Hause vergessen seine Armbanduhr mitzunehmen.
„2357. Mist, dass der Versuch mit der Tür überhaupt nichts gebracht hat. Aber wer konnte ahnen, dass die Tür aus Titan ist,” überlegte sie.
„Der hat sich ziemlich gut vorbereitet,” stimmte Liam ihr leise zu.
„So etwas ist ganz Palmers Art,” erklärte sie.
„Die Beiden sind so was von Skrupellos. Neil ist unschuldig und hat mit alledem gar nichts zu tun,” meinte Liam kopfschüttelnd, weil er sich für den jungen Freiwilligen verantwortlich fühlte.
„Hm. Hoffentlich kommen wir hier bald wieder raus.
„Bestimmt. Und wenn wir Cooper wieder gefasst haben, werden wir ihn ins dunkelste Loch sperren und werden anschließend den Schlüssel weh,” schlug Liam lächelnd vor.
„Das klingt zwar gut, aber wir haben ihn ja noch nicht einmal festnehmen können,” sie war ganz und gar nicht mehr positiv eingestellt, dafür waren sie fast schon zu lange hier.
„Hm, dieser Feigling hat sich hier noch nicht einmal sehen lassen.”
„Liam, ihn zusammenschlagen bringt uns aber auch nichtweiter,” erklärte Mac ihm. „Ach und du legst dich jetzt hin und schläfst ein wenig, das ist ein Befehl!”
„Okay, du bist der dienstältere Offizier,” gab er sich geschlagen und ging wieder in den Raum, aus dem er vor einer Weile gekommen war wieder zurück.
Wie er es Mac versprochen hatte, legte er sich nun auf seine Pritsche. Er hoffte, dass er schlafen und ein wenig Kraft tanken könnte. Müde drehte er sich nun zur Wand und schloss seine Augen. Viel, viel zu viel ging ihm im Moment durch den Kopf. Liam hatte noch so viele Aufgaben. Auf dem Mutterschiff wartete sich schon ein vor Wut schäumender Zo'or, der darauf wartete, dass der junge Marine-Corps-Colonel zurückkam und er ihn dann für sein Zuspätkommen bestrafen könnte. Gerade stellte er sich den Synodenführer vor Wut schäumend vor. Er musste sich eingestehen, dass dies wirklich lustig war. Jedoch brauchte er jetzt Ruhe und versuchte einzuschlafen. Innerhalb kürzester Zeit war es dann doch soweit.

 
* * *
 

0902 Zulu (1:02 PST)
Nash Bridges' Apartment
Grand Street
San Francisco

Nebel, einfach nur dichter, undurchdringlicher, grauer Nebel... ein Gesicht erscheint ganz dicht vor seinen Augen... irgendwie war es ihm sehr vertraut und irgendwie auch wieder nicht... er konnte sich nicht helfen, doch kam es ihm sehr vertraut vor... es war eine Frau, eine wunderschöne junge Frau, musste er sich verbessern.... ihr Gesicht wird von braunem, seidig weich schimmerndem Haar eingerahmt... Ein sehr bekanntes Gesicht, nein, ich bin mir nicht sicher, ich habe es irgendwie anders in Erinnerung... Oder?
Wer kann das nur sein?...
schöne, dezent dunkle Lippen... traurige, rehbraune Augen... langsam sickert eine einsame Träne aus ihren abgrundtief geheimnisvollen Augen hinab über ihre Wange... ihre Lippen formen sich um etwas preiszugeben...
na los! Sag es mir endlich! Ich will es jetzt wissen... Ich kann es doch genau erkennen, ja, sie will etwas sagen, jedoch kann ich es nicht verstehen - nicht sofort, nun doch, sie sagt immer wieder das selbe. Ein Wort...
WARUM?
Schließlich wachte er, wie jeden Morgen nach diesem Traum, schweißgebadet auf. Er setzte sich in seinem Bett auf, damit er wieder durchatmen konnte und massierte sich mit den Händen die Augen. Doch nach einer Weile hatte er sich wieder beruhigt und blickte auf seine Armbanduhr, die auf dem Nachttisch neben dem Bett lag. Heute hatte es ihn also kurz vor halb zwei erwischt. Doch an ein Einschlafen war nun beim besten Willen nicht mehr zu denken - so wie fast jeden Morgen in der letzten Woche. Über seine Boxershorts zog er sch schließlich sein graue Jogginghose und streifte sich sein dunkelblaues Nike-Shirt über den Kopf. Mit der Akte in der Hand, ging er in die Küche hinüber, holte sich aus dem Küchenschrank ein Glas und aus dem Kühlschrank ein Mineralwasserflasche. Er goss sich das Wasser ins Glas und setzte sich an den Küchentisch. Doch nach einem kurzen konzentrierten Augenblick drifteten seine Gedanken wieder zu den Bildern, die ihm vorher noch nie so deutlich *erschienen* waren. Was hatte dieser seltsame Traum nur zu bedeuten? Heute Nach hatte er diese Frau zum ersten Mal einwandfrei erkannt, sie begleitete ihn nun schon so lange auf seinem Lebensweg. Sein Unterbewusstsein hatte ihm diese Nacht keine neblig verschwommene, schemenhafte Silhouette vorgegaukelt, nein, es war ihm nun fast wie eine Gewissheit oder Vision.
Dieses Gesicht war mit auf irgendeine Art sehr vertraut.
Ja, er kannte dieses Gesicht genau. Er kannte es sogar schon sehr lange. Manchmal schien es ihm, als ob er es ewig kannte.
Es war eine wunderschöne, junge Frau.
Dieses eine bestimmte Bild hatte sich in sein Gehirn gebrannt. Er konnte die Augen schließen, wann immer er wollte, aber dieses Gesicht erschien ihm immer wieder. Nicht deutlich und klar, so wie auf einem Foto, er sah es irgendwie in einem ganz anderen Zusammenhang. Er sah es irgendwie, er wusste nicht wie, mit seinem Inneren, man könnte sagen, mit seinem Herzen und sah es für ihn unbeschreiblich schön aus.
... Langsam sickert eine einsame Träne aus ihren abgrundtief geheimnisvollen Augen hinab über ihre Wange...
Warum war sie denn nur so traurig? Hatte er ihr denn einen Anlass zur Traurigkeit gegeben? Nein, nicht das es ihm bewusst war, beantwortete er sich die zweite Frage.
Aber halt einen Moment mal.
Doch, er hatte. Das wusste er nun. Oft hat er sich ihr gegenüber falsch verhalten, er war es, der dieses sensible Wesen, auch wenn sie hier so stark wirkte, nicht verstanden, hatte Andeutungen, Gesten und dezent platzierte Worte ignoriert. So hatte er sich einfach vor ihr verschlossen.
.... WARUM?...
Diese quälende Frage beschäftigte ihn nun seit er den Traum zum ersten Mal gehabt hat. Er kannte die Person, die ihm diese Frage Nacht für Nacht stellte, jedoch konnte Harm sich den Sinn für diese doch so einfache Frage nicht erklären. Doch seit heute fügte sich dieses Puzzle Stück für Stück zusammen. Er wusste nun genau, wen er ständig in seinen Träumen sah und irgendwie beschlich ihn so eine Ahnung, was dies *Warum* zu bedeuten hatte. Jedoch wurde er von jemanden, der plötzlich begann am Flipperautomaten zu spielen, aus seinen Gedanken gerissen. Verwirrt erkannte er nun Nick Bridges, den Vater seines Gastgebers. Der betagte Mitte 70-er, hatte unglaublich viel Spaß an dem Spiel. Grinsend blickte er wieder auf die Akte, die noch immer vor ihm lag, hinab.
„Nick, es ist mitten in der Nacht, kannst du nicht am Vormittag weiterspielen? Wir haben einen Gast,” erinnerte Nash mit Nachdruck.
„Aber Nash, ich bin doch gerade dabei den Highscore zu knacken,” verteidigte sich der Ältere, als wäre er das Kind und nicht Nash.
„Von mir aus, aber unser Gast möchte sicher auch noch ein wenig schlafen. Außerdem weißt du nicht mehr, dass ich letzte Nacht noch kurzfristig mit Evan und Harvey undercover in der Drogenszene war?”
„Nein... Doch, jetzt fällt es mir wieder ein. Tut mir leid, Junge,” entschuldigte er sich, ließ von dem Gerät ab und ging langsam in sein Zimmer.
Grinsend wollte Nash nun ebenfalls in sein Bett zurückkehren, bis er jemanden am Küchentisch sitzen sah, als er das Licht wieder löschen wollte.
„Hallo Harm,” begrüßte er nun seinen Gast. „Was tust du denn hier? Kannst du nicht schlafen? Es tut mir leid, wenn Nick dich geweckt hat. Er leidet an Alzheimer.”
„Nein, ich bin von allein wach geworden. Ich wollte mir die Akte ansehen. Dein Vater ist erst nach mir gekommen,” erklärte Harm mit einer kurzen Pause, um einmal zu atmen.
„Okay, damit wäre geklärt, dass Nick dich nicht geweckt hat. Aber du hast mir nicht gesagt, warum du hier bist,” bemerkte Nash messerscharf.
„Ich kann nicht schlafen,” antwortete der dunkelhaarige Ex-Pilot leise.
„Nagut, da ich es jetzt auch nicht mehr kann, wie sieht denn deine Partnerin eigentlich aus? Ist sie hübsch?”, erkundigte sich der Police-Captain mit einer Spur Neugierde in der Stimme.
„Oh ja. Das ist sie, aber wir sind nur Freunde,” versicherte Harm sofort.
„Bestimmt,” Nash glaubte dem Jüngeren kein Wort.
Dazu hatten ihn seine Augen zu sehr verraten, als er über seine Partnerin sprach.
„Hey, Bubba, erzähl' mit von dem Fall,” forderte der Polizist ihn nun auf.
„Sie wurde aus ihrem Wagen gekidnappt. Ein Freund von mir, Colonel Liam Kincaid ist auf ebenso mysteriöse Weise verschwunden,” erzählte der Navy-Commander.
„Liam Kincaid? Der Companion-Protector?”, fragte der Police-Captain plötzlich alarmiert.
„Hm, ja. Kennst du ihn?”
„Flüchtig. Ich habe ihn vor einer Weile in Chicago kennengelernt, er hat mir geholfen einen Verbrecher wieder einzufangen,” erklärte Nash nun. Er hatte damals großen Respekt vor dem jungen Mann bekomme, der ihm einfach so helfen wollte.
„Ja, Liam ist wirklich hilfsbereit,” stimmte Harm ihm lächelnd zu. Der Colonel war in letzter Zeit zu einem seiner besten Freunde geworden und sein Geheimnis war bei ihm in sicheren Händen.
„Mit diesem Colonel MacKenzie hast du viel erlebt?”, es war mehr eine Feststellung, als eine Frage.
„Ja, eine ganze Menge,” erklärte Harm lächelnd.
„Erzähl' mir davon, Bubba,” forderte Nash ihn auf.
„Ich hatte Mac einmal davon überzeugt, einen Tag blau zu machen. Wir sind in meiner Stearman über den Appalachen geflogen, bis die Benzinleitung leckte,” der Ex-Pilot machte eine Pause und trank einen Schluck Wasser aus seinem Glas. „Wir mussten also irgendwo auf einer Lichtung notlanden. Wilderer hatten kurz zuvor den Wildhüter, der für dieses Stück verantwortlich gewesen war, erschossen und waren gerade dabei ihn zu verscharren, als Mac und ich landen mussten. Bei unserem Tiefflug sahen wir diese Hütte, zu der wir dann gehen wollten. Als wir dort ankamen, gab es bald ein Feuergefecht zwischen den drei Wilderern mit Maschinengewehren und uns mit einer Leuchtpistole. Mac wurde angeschossen. Kurzerhand entschloss ich mich sie zu tragen und so rannten wir erst einmal davon, nachdem ich den Wagen des Wilderers, hinter dem wir Schutz gesucht hatten in die Luft gejagt hatte,” er nahm noch einen Schluck. „Die Wilderer verfolgten uns, während es Mac immer schlechter ging. Die Nacht mussten wir irgendwo draußen im Wald verbringen.”
„Wo seid ihr eigentlich dann hingelaufen? Als die Wilderer hinter euch her waren meine ich.”
„Zurück zu meiner Sarah. Als wir das erste Mal beschossen wurden, riss ich aus dem Jeep des Wildhüters die Benzinleitung, bevor wir dann geflohen sind. Eigentlich wollten Mac und ich diesen Wagen ja nehmen, aber ich habe ihn nicht kurzgeschlossen bekommen. Aber damit langweile ich dich jetzt sicher schon,” meinte Harm, nachdem er weiterhin nachdenklich sein Glas zwischen seinen beiden Händen hin und her gedreht hatte.
„Nein, das war doch ziemlich interessant. Solche Erlebnisse haben euch sicher zusammengeschweißt,” folgerte der Polizist, als er sich ebenfalls ein Glas aus dem Schrank holte.
„Und ob. Wir sind die besten Freunde im Laufe der Jahre geworden,” Harm musste lächeln, als er daran dachte, wie Mac begonnen hatte zu Scherzen, als sie in den Appalachen in der Kälte die Nacht verbringen mussten. Schon lange hatte er daran nicht mehr denken müssen, aber nun wo seine Corvette wieder aufgetaucht war...
„Nur Freunde?”, erkundigte sich Nash, die offensichtlich war, dass sie mehr sein müssten, als Harm vorgab.
„Ja, nur Freunde, besonders gute Freunde.”
Wie oft er das wohl schon beteuert hatte? , fragte sich der Police-Captain amüsiert.
„Wir sind wirklich nur Freunde und Arbeitskollegen,” erklärte der Navy-Commander.
„Ich glaub's dir ja,” fast.
„Kommst du mit mir joggen?”
„Nein, geh' lieber allein, ich laufe nicht gern.”
„Okay,” meinte Harm und war doch etwas froh darüber, allein zu gehen. Schließlich konnte er schon immer beim Joggen besser nachdenken.

 
* * *
 

1524 Zulu (7:24 PST)
Grand Street
San Francisco

Was ist nur mit dir los?
Diese Frage musste sich sein Spiegelbild nun schon fast jeden Morgen anhören. Der Mann stand - nur in Boxershorts bekleidet - im Badezimmer vor dem Waschbecken und betrachtete gedankenverloren sein müdes, nach erholsamen Schlaf verlangendes Gesicht, als er sich rasierte. Seine eigentlich erholsamen Wochenenden, waren nur noch von der beinahe durchgehenden Lektüre von diversen Akten und Gesetzestexten geprägt gewesen. Unterbrochen, nur selten jedoch, wegen allzu menschlichen Bedürfnissen wie Nahrungsaufnahme und Schlaf, den er in den letzten paar Wochen jedoch nur noch unruhig verbrachte und am Morgen noch erschöpfter aufwachte, als er am Abend zu Bett gegangen war. Verursacht hatte diese Schlafprobleme, welche er nie zuvor gehabt hatte, nur dieser immer wiederkehrende Traum, welcher ihn auch tagsüber beinahe durchgehend beschäftigte.
Nachdem er sich geduscht hatte, begann er in seinem Zimmer damit sich anzuziehen. Während er sich das navy blaue Hemd überstreifte, blitzten wieder die inzwischen sehr vertrauten, allmählich wiederkehrende Bilder in seinen Gedanken auf. Er schüttelte den Kopf, um die Bilder weg zubekommen. Für den Moment gelang ihm dies auch.
Der aushilfs Police-Inspector zog nun langsam den Knoten seiner Krawatte zu - ja, der Knoten sah ziemlich gelungen aus. Schlüpfte nun in seine Hose und dunkelblaues Jackett. Danach betrachtete er sich ein letztes Mal im Spiegel, bevor er zu Nash in die Küche hinüber ging.
„Ich glaube, den brauchen wir heute noch den ganzen Tag,” meinte Nash grinsend, als er Harm eine Tasse mit heißem Kaffee hinüber schob.
„Ja, du hättest aber wieder schlafen gehen können,” meinte Harm.
„Hätte nichts mehr gebracht. Ich seh's einfach mal von der guten Seite, heute kann ich nicht zu spät kommen,” erklärte der Police-Captain immer noch lachend.
„Ja, dass klingt gut,” meinte Harm, legte den Kopf eine Spur schief und lächelte leicht.

 
* * *
 

1752 Zulu (9:52 PST)
SIU-Hauptquartier
Hafen, San Francisco

Gedankenverloren, drehte Harm abermals die Plastik-Tomcat in seinen Händen. Was sollte das Gestern nur? Er legte sie weg und holte sich neuen Kaffee. Während er zur Küche ins Heck des Schiffes ging, blitzten wieder die Bilder aus seinem Traum vor seinem inneren Auge auf. Fast hätte er so jemanden umgerannt, der auf ihn zukam.
„Hoppla, wo waren Sie denn?”, fragte ihn eine junge Frau, die er fast umgerannt hätte.
„Hä? Oh, entschuldigen Sie bitte,” reuevoll blickte Harm auf sie hinab.
„Nicht so schlimm. Ist ja nichts passiert,” meinte Caitlin Cross wegwerfend, weil ihr der großgewachsene Mann irgendwie gefiel.
„Hm,” damit ging Harm weiter, ohne sie jedoch eines weiteren Blickes zu würdigen.
Dies war Caitlin Cross von einem Mann wie Harm einer zu sein schien nicht gewöhnt. So hatte sie noch nie ein Mann abblitzen lassen. Nicht das kleinste Interesse hatte er ihr gegenüber gezeigt.

Als Harm wieder an seinen Schreibtisch zurückkam, blickte das Cockpit des Plastikspielzeugs, welches ja noch immer auf dem Tisch lag wieder auf.

KOMMEN SIE HINAUS ZU IHREM WAGEN. ICH WERDE IHNEN DIE ANTWORTEN NACH DENEN SIE SUCHEN GEBEN!!!


Das klang überaus interessant. Ob er gehen sollte? Oder ob Palmer ihn nur wieder versuchte in eine seiner Fallen zu locken? Aber diese Antworten konnten für ihn auch interessant werden, wenn es nicht Palmer wäre. So stand Harm auf, ließ sein Jackett aber weiterhin über der Stuhllehne hängen, als er hinaus ging. Zuerst musste er leicht blinzeln, weil die Sonne in Washington nie so richtig hell schien wie hier. Langsam betrat er den Pier und sah sich um, als er zu seinem Wagen hinüber ging. Hoffentlich war des diesmal keine Bombe. Er bückte sich, um unter den Wagen sehen können. Zu seiner Erleichterung fand er dort keinen Sprengsatz vor. So schloss er die Fahrertür auf und sah prüfend ins Innere. Auf dem Beifahrersitz lag ein brauner zugeklebter Briefumschlag. Vorsichtig hob er den Umschlag an. Für eine Bombe war er nun doch zu leicht. Einmal mehr bemerkte Harm, wie sehr er Rätsel doch hasste. Trotzdem schloss er die Wagentür wieder und ging zu seinem Platz auf dem alten Schiff. Nachdenklich legte er den Briefumschlag vor sich ab. Da er in seinem Wagen lag, öffnete er ihn nun doch langsam. Mit der rechten Hand griff er hinein und zog einen kleine Kassette heraus.
„Nash, hast du mal ein Diktiergerät?”, fragte er einen Moment später seinen zeitweiligen Vorgesetzten, der an seinem Schreibtisch vor ihm saß.
„Ja, fang Bubba!”, als er das sagte, warf er Harm das kleine Gerät auch schon zu. Gekonnt fing der Ex-Pilot es auf, sein Baseballtraining zahlte sich einmal mehr aus.
Hastig legte der eigentliche Navy-Commander die Kasse ein.
<Mein Name ist Jarod. Sie kennen mich nicht, aber ich Sie. Sie sind hier, weil Sie nach einem Freund und Ihrer Partnerin suchen, > begann einen Männerstimme langsam. <Sie finden die Entführer Ihrer Partnerin in Presidio. Es sind Militäroffiziere. Sie wurden bestochen. Die Name werde ich Ihnen später sich auch mitteilen können.>
Damit endete wohl der Vortrag des Unbekannten, der sich selbst Jarod nannte.
„Glaubst du ihm?”, fragte Nash, der als einziger vom ganzen Schiff mitgehört hatte.
„Ich kann es ja mal überprüfen lassen. Und was schreibe ich jetzt in meinem Bericht, wie ich darauf gekommen bin?”
„Ein Informant,” half der Police-Captain.
„Hm,” Harm nahm den Telefonhörer und wählte eine Nummer. Was hab ich mir da nur wieder eingebrockt?! Jetzt darf ich sogar schon zwei Berichte schreiben! .
Einen für Admiral Chegwidden und einen für Nash.
Nach einem Moment des Wartens hörte er am anderen Ende der Leitung das Freizeichen. Er atmete auf, bevor er einen kurzen Augenblick später die Stimme eines Mannes vernahm.
<Phillips, > stellte sich die Person vor.
„Hier ist Inspector Rabb von der SIU. Könnte ich bitte eine Liste von allen Bewohnern bekommen? Es geht um einen wichtigen Fall,” erklärte Harm freundlich.
Der Ex-Pilot wusste, dass der Presidio-Stützpunkt nicht mehr, sogar schon lange Zeit nicht mehr, in Betrieb war. Jetzt lebten dort nur noch ehemalige Offiziere, die vor ein paar Jahren wegen kleinerer Vergehen unehrenhaft aus der Navy entlassen worden sind und in der Gesellschaft keinen richtigen Platz fanden.
<Ich werde Ihnen die Liste gleich faxen, > erklärte der Mann am anderen Ende.
„Sie haben doch eine Pforte, oder?”, fragte der aushilfs Police-Inspector weiter.
<Sicher, Sir. >
„Dann legen Sie bitte eine Liste mit den Zeiten, wer wann das Gelände verlassen hat bei,” forderte Harm.
<Mach ich auch, Sir, > bestätigte Phillips.
Schnell gab Harm die Faxnummer durch, bevor er auflegte.

„Harm? Kommen Sie mit?”, fragte ihn Harvey Leek einen Moment.
„Wohin soll es denn gehen?”
„Es gab einen Banküberfall in der Market Street,” erklärte der Police-Inspector.
„Ich bin dabei,” Harm stand auf und nahm sein Jackett von der Stuhllehne.
Warten konnte er ja schließlich auch woanders. Da brauchte er nicht die ganze Zeit auf dem Schiff bleiben und konnte sich Frisco ansehen.

„Wo waren Sie eigentlich, bevor Sie zu uns gekommen sind?”, fragte Harvey nach einer Weile.
„Ich habe in Washington gearbeitet,” antwortete Harm wahrheitsgemäß.
„Und wie kommen Sie mit Ihrem Fall klar?”
„Geht so. Gibt es schon eine Beschreibung des Täters?”, erkundigte sich Harm betont aufmerksam, bevor Harvey weitere Fragen stellen konnte.

 
* * *
 

1822 Zulu (10:22 PST)
Unbekannter Ort

Vier Männer mit Skimasken auf den Köpfen, kamen gerade durch die Tür gestürmt, welche Liam schon vergeblichst versucht hatte zu öffnen. Ohne Umweg gingen sie auf Mac los. Liam, Neil und auch sie selbst versuchten die vier stämmigen Männer aufzuhalten. Einer nahm den offenen Kampf mit Mac auf. Sie als Marine, trat dem Mann unsanft gegen sein Schienbein, der nächste Tritt ging direkt, als hätte sie es genau berechnet in seine Magengrube. Zu Macs Überraschung, sank der Mann nicht in sich zusammen. Nachdem Liam wieder aus seiner Erstarrung erwacht war, zog er seine Dienstwaffe. Sein Angreifer hielt sofort inne, als Liam sie ihm an den Kopf hielt und einen Moment später von hinten gegen die rechte Schläfe presste.
„Behalt deine Hände und Ellbogen ja bei dir!”, zischte Liam ihm bedrohlich ins Ohr.
Zum Verständnis, nickte sein Gefangener.
„Neil!”, rief der Companion-Protector einen Moment später.
Nachdem der junge Mann kurz zu seinem Vorgesetzten hinüber geschielt hatte, zog er nun ebenfalls seine Waffe und nahm einen der Angreifer auch gefangen. Neil hatte auf den Befehl von Liam gewartet, davor wollte er seine Waffe nicht ziehen. Obwohl sie nun zwei der Angreifer gefangen hatten, waren ja immer noch zwei übrig, die nun ebenfalls Waffen gezogen und auf Mac gerichtet hatten.
„Eine falsche Bewegung und die Lady ist tot!”, drohte der, der rechts von Mac stand und ihr nun mit seinem muskulösen Unterarm fast die Kehle zudrückte.
„Irrtum. Wenn ihr etwas geschieht, sind die beiden tot,” dabei zeigte Liam mit dem Lauf seiner Waffe auf die beiden Gefangenen.
„Falsch gedacht! Die sind froh, wenn sie ehrenhaft im Kampf sterben,” erklärte wieder der, der versuchte Mac die Luft abzudrücken.
„Liam, los lauft weg,” befahl ihm die Marine-Corps-Offizierin.
Ein kurzer Blickwechsel zwischen Liam und Neil erfolgte, bevor sie gleichzeitig ihre Opfer von sich stießen und durch die Tür, welche noch immer offen stand, rannten.
Doch ihre Flucht dauerte nicht lange, um genau zu sein nur ein paar Meter, bis sie im Gang auf eine verschlossene Tür stieß.
„Verdammt!”, meinte Liam, als ihnen von hinten die Schusswaffe in den Rücken geschoben wurden.
„Keine Bewegung! Lasst die Waffen sofort fallen!”, befahl man ihnen.
Sofort taten die beiden Männer dies. Sie hatten verloren. Dies war zwar schwer, doch sie hatten es eingesehen.

 
* * *
 

2004 Zulu (12:04 PST)
San Francisco

„Was meinen Sie, wie viele es waren?”, fragte Harvey nun , als er in seinen Burgen biss.
„Das eine keine Zeugen gibt ist wirklich schlecht. Ich habe keine Ahnung. Es kann einer gewesen sein, aber es können auch mehr dabei gewesen sein,” meinte der große Ex-Pilot, weil auch er am Tatort war und es wirklich keinen Augenzeugen gab. Jedenfalls keinen, der sich bei der Polizei gemeldet hatte.
„Hm, auf jeden Fall wissen wir aber, dass es der oder die Täter wahrscheinlich länger geplant hatten. Schließlich muss man es erst einmal hinbekommen, dass niemand zu dem Zeitpunkt dort ist.”
Gerade als Harm zu einer Antwort ansetzte, klinge sein Handy.
Entschuldigend sah er Harvey an, als er das störende Gerät aus der Tasche zog.
„Rabb,” meldete er sich.
<Ich bin es Nash. Dein Fax ist gerade gekommen, > berichtete der Police-Captain.
„Ist gut. Wir sind gleich da,” versprach Harm seinem zeitweiligen Vorgesetzten.
<Wir sehen uns, Bubba, > entgegnete Nash und legte auf.
Der große Ex-Pilot klappte sein Handy zusammen und steckte es wieder ein.
„Es war Nash, richtig?”, fragte Harvey, als er sich den Mund mit seiner Serviette abgewischt hatte.
„Hm, sind Sie fertig?”, stellte Harm seine Gegenfrage, als er seine leere Salatschale entsorgte.
„Ja, und ab jetzt bin ich Harvey oder Harv,” bat ihm der Police-Inspector das *du* an.
„Okay, Harvey. Ich bin Harm,” der dunkelhaarige Ex-Pilot reichte dem Anderen die Hand und grinste den Mann ironisch an, während er hier unter einer falschen Identität Freundschaften schloss, wurde Mac, seine beste Freundin irgendwo gewaltsam festgehalten.
„Warum hast du dir eigentlich diesen Kidnapping-Fall genommen?”, erkundigte sich Harvey, als er sich die Fahrertür seines Wagens öffnete.
„Ich wollte mich damit vor Nash beweisen,” log er, damit seine Tarnung nicht aufflog, und stieg auf der Beifahrerseite ein.
„Bist du aus Washington weg, wegen einer Frau?”, es war eher eine Feststellung, als eine Frage.
„Ja, kann man so sagen,” das war ja nicht mal gelogen.
„Probleme?”
„Ja, ich brauchte Mal ein wenig Abstand,” gestand Harm, vielleicht konnte er ja mal mit jemandem sprechen, der ein Außenstehender war und ihn nicht kannte.
Bis Harvey nun auf seinen Parkplatz am Pier fuhr, herrschte ein bedrückendes Schweigen. Harm entschied sich dagegen, mit Harvey darüber zu sprechen und ein anderes Gesprächsthema hatten sie so schnell nicht mehr gefunden.
„Harm, was hältst du davon, heute Abend nach Dienstschluss etwas trinken zu gehen?”
„Ich bin dabei,” der große Ex-Pilot grinste den anderen aufmunternd an.
„Okay, ich hol' dich dann nachher ab,” meinte Harvey, als sie nun gemeinsam durch die Eingangstür traten.
Kurz nickte Harm noch einmal, bevor er mit einer ruckartigen Bewegung auf seinen Platz zu ging. Auf seinem Schreibtisch lag schon das Fax, welches er schon fast sehnsüchtig erwartet hatte. Seine Hoffnung schwand jedoch, als er sah, wie viele Namen auf der Liste standen. Ohne noch mehr Zeit zu verlieren, machte er sich an die Arbeit, die ersten Namen zu überprüfen. Dabei stellte er fest, dass es einige gute Seiten hatte, als Polizist arbeiten zu können, weil er dadurch nicht so viel zu telefonieren brauchte. Einige der Namen kamen ihm nämlich bekannt vor. Er hatte damals die Anklage übernehmen müssen. Die meisten Leute waren aber auch schon früher wegen kleinerer Deliktes einmal straffällig geworden oder waren wenigstens Verdächte und somit auch im Polizeicomputer aufgeführt.

Nach einer ganzen Zeit war er mit den meisten Namen durch. So stand der großgewachsene Ex-Pilot auf, um sich eine neue Tasse Kaffee zu holen. Bei manchen Personen hier an Bord, hatte er das Gefühl, dass sie gar nichts zutun hatten. Aber darüber dachte er nun nicht mehr weiter nach, als er die volle Kaffeekanne nahm und sich etwas von dem Inhalt in seine leere Tasse goss. Der große Ex-Pilot begann die Teeküche des JAG-Hauptquartiers zu vermissen. Dort konnte er sich mit den Leuten wenigstens ungezwungen unterhalten. Aber hier hatte er keine Ahnung, worüber er mit den zeitweiligen Kollegen reden sollte. Also ging er mit seiner aufgefüllten Tasse zu seinem Schreibtisch zurück.

„Harm?”, fragte Nash ihn nach einer ganzen Weile vorsichtig.
„Hm?”, der eigentliche Navy-Commander sah von seiner Arbeit auf und seinen momentanen Vorgesetzten an.
„Könntest du meine Tochter von der Schule abholen? Eigentlich habe ich es ihr heute versprochen. Aber du kennst ja meinen Fall,” bat ihn der Police-Captain.
„Sicher, wenn du mir noch sagst, wie ich zu ihrer Schule komme,” forderte Harm grinsend.
„Klar, aber erstmal rufe ich sie an, damit sie weiß, dass du an meiner Stelle kommst,” erklärte Nash, griff nach dem Telefonhörer auf seinem eigenen Schreibtisch und wählte eine Nummer.
Währenddessen packte Harm seine Ergebnisse zusammen. Wenn er Nashs Tochter nach Hause gebracht hatte, wollte er ein paar dieser Männer selbst überprüfen.
„Okay, sie erwartet dich,” meinte der Police-Captain nun grinsen, bevor er Harm den Weg erklärte.

Eine Dreiviertelstunde später, traf Harm bei Cassidy Bridges' Privatschule ein. Gesehen, hatte der große Ex-Pilot die Tochter seines zeitweiligen Chefs noch nie, weil sie gestern Abend bei einer Freundin übernachtet hatte. Aber durch ein altes Foto, das auf Nashs Schreibtisch stand, wusste er, wie sie ungefähr aussah. Also stieg er nun, da die Schulzeit anscheinend noch nicht zu Ende war, aus seiner roten Corvette aus und lehnte sich mit dem Rücken lässig an seinen Wagen. Da es ihm in der Nachmittagssonne nun ziemlich heiß wurde, machte er seinen Krawattenknoten ein wenig locker und öffnete den obersten Knopf seines blauen Hemdes. Gebannt starrte er in Richtung Eingang. So als hoffe er, dass dadurch die Schulklingel eher ertönen würde. Ein paar Minuten später, geschah dies auch endlich. Sehr viele Schüler strömten durch die Eingangstür, welche Harm noch immer versuchte im Auge zu behalten, hinaus ins Freie.

„Hey, Cass, ich dachte, dein Vater holt dich heute ab. Wo ist denn sein gelber Wagen?”, wurde Cassidy Bridges im Hinausgehen von ihrer Freundin gefragt.
„Nein, vorhin hat er mich angerufen und gesagt, dass er nicht kann. Deswegen wollte er mir seinen neuen Kollegen vorbei schicken,” antwortete Cassidy schnell.
„Kann er das da vielleicht sein?”, sie zeigte auf einen großgewachsenen Mann, der gegen seinen Wagen gelehnt da stand.
„Könnte sein. Bye, wir sehen uns Morgen,” verabschiedete sich Cassidy, als sie nun auf den Wagen zu ging.

Genervt zog Harm nun seine Sonnenbrille aus der Brusttasche seines Jacketts. Schnell setzte er sie sich auf die Nase, blickte aber weiterhin in Richtung Eingang. Einen Moment später, kam ihm eine Jugendliche entgegen.
„Sind Sie Harm?”, erkundigte sie sich sofort, als sie vor ihm stand.
„Ja, dann bist du Cassidy, Nashs Tochter,” vermutete Harm daraufhin.
„Richtig. Ist das Ihr Wagen?”, wollte die Jugendliche neugierig wissen.
„Jetzt wieder,” dabei funkelten Harms Augen glücklich.
Ohne ein weiteres Wort, stiegen sie nun ein.
Einen Moment später, startete Harm nun seine rote Corvette und fuhr zur Grand Street.

 

Ende von Kapitel 4

 

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