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  „Erinnerungen” von Ro'an   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Da'an betritt noch einmal das Stasis-Deck und ‚verabschiedet’ sich von T'than
Zeitpunkt:  nach der Folge „Energieverlust”
Charaktere:  Da'an, Zo'or, T'than
 

 

ERINNERUNGEN

 

Da'an stand allein in dem dunklen Raum, von dessen Existenz bisher nur die Taelons gewusst hatten. Er starrte fassungslos auf die Stelle, an der jetzt eigentlich T'than liegen sollte. In dieser Situation verspürte Da'an das Bedürfnis, allein zu sein - vollkommen allein. Unfähig, sich zu bewegen errichtete er eine Barriere zwischen sich und dem Gemeinwesen und gab sich ganz seinen Gedanken hin.
Erinnerungen und Emotionen durchfluteten ungeordnet und chaotisch seinen Geist. Es kostete den Taelon Mühe, seine Gedanken wenigstens auf halbwegs geordnete Bahnen zu zwingen.

In der letzten Zeit hatte sich das Stasis-Deck immer mehr gefüllt, immer mehr Taelons verfügten über zu wenig Grundenergie. Es war allen schon seit langem klar gewesen, dass sie einer sterbenden Spezies angehörten. Wenn nicht bald etwas geschehen würde... Aber warum sollte etwas geschehen? Hatten sie nicht genug Unheil angerichtet? Der Krieg gegen die Jaridians war schon lange nicht mehr ihr Krieg. Unzählige Leben, viele unbeteiligte und unschuldige Spezies fanden den Tod, nur weil sich eine der beiden Seiten daraus einen Vorteil erhoffte. Und lange Zeit war Da'an selbst der Meinung gewesen, jeder müsse Opfer bringen, damit das Überleben der Taelons gesichert wird. Viel zu lange hatte er sich der Dunkelheit zugewendet, viel zu lange war er den falschen Weg gegangen. Doch diese Erkenntnis war zu spät gekommen. Nicht für ihn - er war stark genug gewesen seine Richtung zu korrigieren - aber für so viele andere. Für so viele, die er nicht kannte und für deren Tod er letztendlich verantwortlich war, aber auch für Taelons, die ihm sehr nahe standen. Er hatte Zo'or auf den falschen Weg gebracht und nun bereute er es. Jeden Tag, jedes Mal, wenn Da'an sein Kind sah, wenn er hörte, wie wenig Rücksicht es auf andere nahm, immer dachte er daran, dass er dafür verantwortlich war. Zo'or war im Grunde immer noch ein Kind, aber darauf nahm niemand Rücksicht. Auch Da'an hatte keine Rücksicht genommen...
Und T'than... Da'an hatte ihm einmal sehr nahe gestanden und wenn er ehrlich war, dann hatte er nie aufgehört, den Kriegsminister zu mögen. Natürlich, in letzter Zeit (und für Taelons beschrieb dieser Ausdruck einen Zeitraum, der für einen Menschen äußerst lang war) hatten sie in vielen Dingen nicht mehr übereingestimmt. Da'an hatte oft versucht, T'than umzustimmen, ihm klarzumachen, welche Schuld er durch seine Taten auf sich lud. Aber dieser hatte Da'ans Einstellung als Schwäche abgetan und nicht davon abgelassen, ihn durch ständige Überredungsversuche wieder zu dem zu machen, der er einmal gewesen war. Aber er wollte nicht wieder so werden, wollte nicht wieder töten, wollte nicht wieder andere leiden lassen. Lieber nahm Da'an den Schmerz auf sich, den ihm die Erinnerung an all seine Taten verursachte. - Und irgendwie war er froh gewesen, als er mit dem Mutterschiff Richtung Erde aufbrach. Sein Kind an seiner Seite war er einer neuen Hoffnung entgegengeflogen. Hoffnung für alle Taelons, aber auch Hoffnung für ihn und die, die ihm nahe standen.

Da'an hatte seine Fassade verloren und seine Energielinien leuchteten in der Dunkelheit des riesigen Raumes. Auf einmal stieg ein Bild aus den tiefen seiner Erinnerung auf und er sah es mit besonderer Klarheit vor seinem geistigen Auge.

Ihr Heimatplanet war zerstört, doch dank der Holographie war es den Taelons möglich gewesen, eine authentische Nachbildung ihres Planeten zu erzeugen. Hier kniete Da'an nun und hielt das Ka'arpaaj ab. Am nächsten Tag würde er zur Erde aufbrechen... In vollkommener Konzentration meditierte er und spürte nicht, dass ein anderer Taelon den Raum betrat. Es war T'than, der zwar persönlich nichts für solche Rituale übrig hatte, sich aber wegen Da'an zurückhielt und nicht darauf bestand, sofort mit ihm zu sprechen. - Ja, T'than hatte trotz allem immer zu ihm gehalten, er hatte ihn respektiert, auch nach seinem für den Kriegsminister so unverständlichen Sinneswandel. Anders als Zo'or...
Eigentlich hätte der General ungeduldig sein sollen, aber er war es nicht. Irgendwie genoss er es sogar, einfach nur in der Nähe des anderen Taelons zu sein, seine Bewegungen zu beobachten, über das Gemeinwesen zu spüren, dass er in diesem Moment glücklich war. Auch wenn ihre politischen Absichten in den letzten Jahrhunderten auseinander gedriftet waren, so bestand trotzdem noch eine gewisse Sympathie zwischen ihnen...
Unwillkürlich musste T'than lächeln. Es passte in diesem Moment einfach alles zusammen: die Monde am violetten Himmel, die Pflanzen, die schon lange nicht mehr real waren - aber die Da'an als wunderschön bezeichnen würde - und die zarten blauen und rosafarbenen Energielinien Da'ans... Es war, als wäre der Taelon ein Teil der Landschaft... Und auf einmal stand Da'an vor ihm, sah ihn aus seinen großen Augen an und schien vollkommen glücklich zu sein.
„Du willst also wirklich gehen,” stellte T'than fest.
Sein Gegenüber nickte, aber er wollte nicht gehen, ohne vorher etwas klargestellt zu haben, deshalb hob er seine Hand und hielt sie dem General entgegen. Als er dessen Zögern spürte, lächelte er und nickte ihm auffordernd zu.
Da'an hatte dieses Sharing nie vergessen, denn er hatte nicht nur T'than seine Gedanken und Gefühle offenbart, er hatte auch erfahren, was in dem Kriegsminister vorging, was sich hinter seiner starken Fassade verbarg...

Und nun stand er hier, allein, einsam, in der Dunkelheit des Stasis-Decks, überließ sich seinen Erinnerungen und bemerkte nicht den Taelon, der hinter ihm eintrat und an der Tür stehen blieb.

Ein ewiger Kampf zwischen Zo'or und T'than - ein Kampf um Macht, aber auch um Da'ans Sympathie... Da'an erinnerte sich, dass er es gewesen war, der Zo'ors Karriere so schnell voran getrieben hatte. T'than hatte Zo'or immer für schwach gehalten, aber Da'an hatte das nicht geglaubt, er wollte seinem Kind eine Zukunft bieten... Und nun war es der Führer der Synode. Jetzt sah Da'an ein, dass er viele Fehler begangen hatte, aber er konnte sie nicht ungeschehen machen...
Nachdem T'than hierher auf das Mutterschiff gekommen war, hatte er keine Gelegenheit ausgelassen, Zo'or zu kritisieren - und Da'an abwechselnd zu umgarnen und einzuschüchtern, damit er sich von seinem Kind abwendet. Aber was wäre er für ein Elternteil, würde er sich gegen sein eigenes Kind wenden?
Da'an wusste nur zu gut, dass T'than recht gehabt hatte... Hätte Da'an die Nachfolge von Quo'on angetreten, wäre vieles anders gekommen - aber natürlich auch anders, als der Kriegsminister es sich gewünscht hätte. Trotzdem, Familienbande waren Familienbande, auch T'than hatte das letztendlich einsehen müssen...

„Er war schwach geworden, er hätte nichts mehr zum Wohle der Taelons beitragen können.”
Da'an zuckte zusammen, als er hinter sich die Stimme seines Kindes vernahm. Er wagte nicht, sich umzudrehen, als er antwortete. In seiner Stimme schwang Trauer mit, aber auch Liebe für sein Kind. „Er hätte zurückkehren können... Denke daran, Zo'or, auch du warst schwach und hattest nur noch wenig Grundenergie...”
Ein verächtliches Schnauben von Zo'or, dann ein betroffener Blick. „Vieles hat sich verändert... Du, ich,...”
Nun drehte sich Da'an doch um und nahm all seine Kraft zusammen, um Zo'or in die Augen zu schauen. „Ich weiß, aber dennoch rechtfertigt nichts den Mord eines Taelons an einem Taelon. Zo'or, du willst doch auch, dass unsere Spezies überlebt. Also trage nicht dazu bei, dass unser Bestand noch schneller als nötig dezimiert wird...”
Der Angesprochene war kurz davor, seine Gefühle zu offenbaren. Er hatte Angst gehabt, hatte um sein Leben gefürchtet und nicht an das Wohl aller gedacht... Aber im letzten Moment kehrte er zu seiner gewohnten Art zurück, setzte einen abschätzenden und etwas arroganten Blick auf und achtete darauf, dass diese verachtenswerten Emotionen wie immer vor dem Gemeinwesen verschlossen blieben. „Gut, ich habe einen Fehler gemacht, aber anscheinend wird er nicht sanktioniert werden.” Bei diesen Worten huschte ein heimtückisches Grinsen über sein Gesicht. Wie schwach sein Elternteil doch geworden war... Aber das war nur von Vorteil für ihn.
„Zo'or,” startete Da'an einen neuen Versuch, „ich weiß, auch ich habe Fehler gemacht, aber bitte, hör auf deine Vernunft. Stelle nicht deine persönlichen Ziele über das Wohl unserer Spezies, sonst wird deine Selbstsucht eines Tages unser Verhängnis werden. Wir haben schon lange nicht mehr unsere ursprüngliche Mission im Blick, aber es gibt noch Hoffnung...”
„Hoffnung? Wofür?” unterbrach Zo'or Da'an. „Hoffnung, dass unser Untergang verhindert wird? Wie kann ich auf die Hoffnung vertrauen? Haben wir unser Schicksal nicht selbst in der Hand? Wir können den Kampf nur gewinnen, wenn wir keine Rücksicht auf niedere Spezies wie die Menschen nehmen!” Aus der Stimme des jüngeren Taelons sprach Verachtung.
„Aber wir können auch überleben, indem wir Rücksicht nehmen. Indem wir nicht fordern, sondern bitten. - Es ist ein schwerer Weg, aber auf lange Sicht der bessere.”
Verzweiflung, weil er sein Kind nicht überzeugen konnte; Hoffnung, dass sein Vorschlag vielleicht irgendwann berücksichtigt werden würde; Verwirrung, denn seit wann setzte er sich so offen für diese Ziele ein? Hatte er in dieser Hinsicht nicht immer zurückgesteckt, seit sie hier auf der Erde waren? Hatte er nicht selbst vieles veranlasst, dass den Menschen letztendlich schadete?
Als hätte Zo'or die Gedanken des anderen gelesen - was ja grundsätzlich möglich war, aber angesichts der Blockade, die Da'an errichtet hatte, ging es momentan nicht - meinte er „Seit wann machst du dir solche Sorgen um das Wohlergehen der Menschen? Da'an, es scheint mir, als hättest du in letzter Zeit zu viel Umgang mit ihnen. Das ständige Zusammensein mit solch inkompetenten und in vielerlei Hinsicht geradezu infantilen - oder sollte ich sagen atavistischen?” erneut huschte ein beinahe diabolisches Grinsen über das Gesicht des jüngeren Taelons, „- Wesen scheint dir nicht gut zu tun. Vielleicht solltest du eine Weile Urlaub von deiner Tätigkeit als nordamerikanischer Companion nehmen und dich anderen Aufgaben widmen, bei deren Ausübung du nicht ständig mit Menschen - zumindest nicht mit Nicht-Implantanten - zu tun hast?”
Da'an legte den Kopf etwas schief und schwieg kurz. Dann sagte er in betont ruhigem Tonfall „Ich denke nicht, dass du mir dieses Angebot aus Sorge um meinen Zustand unterbreitest, dennoch werde ich diese Option in Betracht ziehen, angesichts der Entwicklung der Dinge...”
In diesen letzten Satz konnte man einiges hineininterpretieren und Zo'or scheute davor auch nicht zurück. Jedoch behielt er seine Gedanken vorerst für sich und nahm sich vor, in den nächsten Tagen intensive Nachforschungen anzustellen. Laut sagte er nur „Gut.”
Mit einem angedeuteten Kopfnicken verabschiedete sich Zo'or und begab sich wieder auf die Brücke.

Wieder allein... Allein mit seinen Gedanken, allein mit seinen Befürchtungen und Hoffnungen, allein mit seinen Erinnerungen. Und irgendwo tief in ihm sagte ihm eine Stimme, dass T'than doch recht gehabt hatte. Familiäre Bande konnten schaden, wenn man nicht in der Lage war, loszulassen. Aber trotz allem, trotz allem Streit, Hass und Krieg, gab es so viele schöne Momente, an die Da'an sich erinnerte.
Und immer wieder diese Stimme in seinem Kopf. Denk nicht immer nur an Zo'or und sein Wohlergehen, handle! Obwohl es oft nicht so ausgesehen hatte, T'than hatte sich immer um Da'an gesorgt...

Leuchtende blaue und rosafarbene Lichtreflexionen auf den vielen reglosen Körpern. Nicht nur der Krieg hatte viele Opfer gefordert, auch ihre eigene Unvorsicht trug Mitschuld an dieser misslichen Lage, in der sich ihre Spezies befand.
Ein Flüstern durchbrach die Stille, obschon es die ewig gleichen Gedankengänge nicht zu unterbrechen vermochte.
„Lebe wohl, General!”

 

ENDE

 

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