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  „Und Wunder gibt es doch” von Nel´li   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Zo'or wird ungewollt schwanger
Charaktere:  Zo'or, [Liam, Mit'gai]
 

 

UND WUNDER GIBT ES DOCH

 

23. Dezember, am frühen Nachmittag

Zo'ors Finger zuckten unaufhörlich, während er auf Major Kincaid wartete. Er war zu spät dran. Wo blieb er bloß?
Es war an der Zeit, daß sie die nächste Schicht von Ma'els Forschungen entschlüsselten, und der Mensch war immer noch nirgends zu sehen. Ohne ihm konnte er ja nur schwerlich anfangen.
Endlich erschien er in dem Eingang, doch er schien irgendwie geistesabwesend. Er schaute immer wieder nachdenklich auf seine Hände hinunter und rieb sich gedankenverloren die Handflächen, während er auf Zo'or zuschritt.
Zo'or überlegte sich einen Moment lang ihm zu fragen, ob mit ihm denn alles in Ordnung sei, entschied sich dann dagegen. Er konnte ja unmöglich zugeben, daß er allmählich anfing, den jungen Mann ganz gern zu haben, auch wenn er sich eingestehen mußte, daß der Mensch schon immer ein sehr loyaler Protektor war und er das Leben des Synodenführers öfters gerettet hat. Und er fand es irgendwie auch stimulierend, daß Kincaid nie vor ihm gekrochen ist, wie die Implantanten es für gewöhnlich taten.
Aber nein, er durfte sich nicht erlauben, eine Blöße zu zeigen. Seine Mit-Taelons würden ihn ohne Zweifel für schwach halten - vielleicht mal abgesehen von Da'an, aber er war ja selber so verachtenswert schwach - wenn sie erführen, daß er für diesen Menschen - für irgendeinen Menschen - warme Gefühle hegte.
Statt dessen herrschte er Kincaid also giftig an, „Schön, daß Sie endlich kommen konnten. Wo waren Sie denn so lange? Ist auch egal, aber ich werde nicht wieder dulden, daß Sie mich warten lassen. Haben Sie mich verstanden, Major?”
Auf Kincaids mißmutig gemurmeltes „Ja, Zo'or” bedeutete er mit einer grazilen Handbewegung, daß sie mit der Arbeit beginnen sollten.
Mit dem Major gleichzeitig legte er seine Hand auf Ma'els Aufzeichnungsgerät.
Kaum daß seine Handfläche das Relikt berührte, riß er sie wieder weg und stolperte im Schock einen Schritt nach hinten. Ihm war, als hätte ihn ein starker elektrischer Schlag getroffen, und er spürte, wie eine Woge von Energie durch ihm hindurchflutete. Seine Handflächen brannten und seine Knie schienen nachgeben zu wollen. Zuerst war er benommen, dann fing der Raum an sich zu drehen. Er fühlte sich seltsam.
Er schaffte es noch irgendwie etwas darüber zu murmeln, daß sie die Sitzung ein anderes Mal fortsetzen würden und stolperte dann auf den Korridor hinaus.

 

24. Dezember

Zo'or war überhaupt nicht weihnachtlicher Stimmung. Ihm war schon den ganzen Morgen unwohl, er schien seltsame Krämpfe im Unterleib zu haben. Es war ihm, als würde sich da drin was drehen und dann hochkommen wollen. Ein ganz unangenehmes Gefühl. So ungefähr mußte es für die Menschen sein, wenn ihnen übel war. Aber das war doch wohl bei einem Taelon ganz unmöglich. Schließlich hatten Taelons kein Verdauungssystem, und da sie sich dadurch auch keine Lebensmittelvergiftung zuziehen konnten, war doch für sie ein Instinkt wie Brechreiz ganz überflüssig. Aber das änderte leider nichts an der Tatsache, daß er genau dies empfand.

Und als wäre es noch nicht genug, er fühlte sich auch noch unerklärlicherweise erschöpft, obwohl er die ganze Zeit seit seinem kleinen Unfall mit Ma'els Artefakt in seiner Energiedusche verbracht hatte.
Es trug auch nicht gerade zu seiner guten Stimmung bei, daß die Menschen überall aufgeregt herumzueilen schienen mit einem einfältigen Lächeln oder Grinsen auf ihren Gesichtern. Ausgesprochen entnervend! Jemand hatte sogar die Frechheit besessen, und hatte einen geschmückten Baum aus der Gattung der Koniferen auf der Brücke - auf seiner Brücke! - aufgestellt. Sie nannten so etwas einen Weihnachtsbaum.
Er hat natürlich sofort befohlen, diesen zu entfernen, was nach einigen anfänglichen Protesten von ein paar unerfahrenen und unglücklichen Freiwilligen auch prompt befolgt wurde.
Überhaupt, was für ein sinnloser Feiertag sollte das denn sein?
*Das Fest der Liebe und Vergebung, so ein Unsinn. Kein Wunder, wenn sie versklavt werden. So was einfältiges wie die Menschen haben es auch nicht besser verdient. Und einige sind sogar kindisch genug, daran zu glauben, daß es an diesem Tag alles möglich ist - daß Wunder geschehen können*, dachte Zo'or verächtlich.

Er fühlte sich immer schlechter.
Um seine Gedanken von der in ihm wieder hochsteigenden Übelkeit abzulenken, schaltete er seinen Datenstrom ein, um sich die Programme der menschlichen Sender anzuschauen.
Weihnachten, Weihnachten und wieder Weihnachten... . Konnten denn diese Primitiven an gar nichts anderes mehr denken? Ah, endlich! Es war zwar nur eine Werbung für irgendeine Schokoladensorte, aber wenigstens brauchte er sich diesmal nicht diese Primaten mit ihren zuckersüßen Gesichtsausdrücken antun müssen. Allein das wäre schon reichlich genug gewesen, um auf seinen sprichwörtlichen Magen zu schlagen, nicht als ob er so etwas Redundantes tatsächlich haben würde.
Aber was war denn das? Wieso hatte er auf einmal das Bedürfnis, unbedingt selbst etwas Schokolade essen zu müssen, und zwar sofort?! Er war doch ein Taelon, ein bioenergetisches Lebewesen, nicht einer dieser niederen stoffgebundenen Lebensformen. Und Taelons ernährten sich von reiner Energie. Allein der Gedanke, menschliche Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, war erniedrigend - und doch, das Verlangen blieb, wurde sogar stärker, trieb ihn schon beinahe in den Wahnsinn.
Also machte er sich zu dem Küchenbereich des Mutterschiffes auf, der eigens für die Freiwilligen und die restliche menschliche Besatzung an Bord eingerichtet worden war, in der Hoffnung, dort das Objekt seiner neuerwachten Begierde zu finden - etwas Schokolade.

Zu seinem Glück befand sich keiner außer ihm in dem Küchenareal - er wäre ja vor lauter Schande auch in den Boden versunken, hätte man ihn so gesehen - und er kramte eine Lagereinheit nach der anderen auf der Suche nach der von ihm so heißbegehrten Süßigkeit durch.
Nichts und wieder nichts.
Er fing schon an zu verzweifeln, als sein Blick auf eine leicht durchscheinende Wand fiel, hinter der sich, wie er wohl wußte, der Kühlraum befand. Hoffnung keimte in ihm auf. Dort hatte er noch nicht gesucht, vielleicht würde er ja da drinnen fündig!
Mit einer eleganten Handbewegung öffnete er den Eingang.
Das Glück schien diesmal mit ihm zu sein, denn er fand eine ganze Kiste mit Schokoriegeln.
Er nahm gleich mehrere an sich und kehrte so beladen mit seiner ‚Beute’ in den Speiseraum zurück.

Kaum daß er sich an einen der herumstehenden Tische gesetzt hatte, stürzte er sich auf seinen ersten Riegel wie jemand, der am Verhungern war. Als er gerade dabei war, den letzten Bissen vom Riegel hinunterzuschlingen, bemerkte er ein halb volles Einmachglas mit Essiggurken, das jemand offensichtlich draußen vergessen hatte.
Irgendwie hatte er das Gefühl, daß etwas Saures genau das war, was er zu der Schokolade brauchte, also schlich er sich an das Glas ran, als ob er befürchten würde, daß es wegläuft, wenn es ihn bemerkte. Nachdem er das Glas sicher zwischen seinen Fingern wußte, kehrte er glücklich zu seinem Tisch zurück, um sein ‚Festmahl’ fortzusetzen.

Zwei Minuten, fünf Schokoriegel und etliche saure Gurken später fing es langsam an, ihm bewußt zu werden, was er da machte, und er starrte im Horror auf die Schokolade in der einen und die Gurke in der anderen Hand.
Was machte er da nur?! So etwas derart Entwürdigendes, etwas so Un-taelonisches wie menschliche Speisen zu verzehren! Er schüttelte sich mit Ekel an den bloßen Gedanken. Und es hat ihm auch noch geschmeckt!
Es war wirklich höchste Zeit, daß er einen Heiler aufsuchte, auch wenn es ausgerechnet Mit'gai war.

Sicherheitshalber nahm er aber ein paar Schokoriegel und einige Gurken mit.

 
* * *
 

„Ich bin WAS?!!!”
Zo'or starrte vom Untersuchungstisch, auf dem er lag, zu Mit'gai hinauf, als hätte dieser den Verstand verloren.
Er mußte sich sicherlich verhört haben. Das konnte doch nicht möglich sein.

„Schwanger. Mit Zwillingen”, antwortete Mit'gai mit all der Begeisterung, die er sonst vielleicht bei der Erörterung des lokalen Wetters aufbringen würde. „Diesen Untersuchungsergebnissen zufolge sind sie teils menschlich, und auch ihr Erscheinungsbild ist offensichtlich mehr menschlich als Taelon, also hauptsächlich stofflicher Natur.” Er machte keinen Hehl aus seiner Verachtung für derartige Hybriden, obwohl er es vermied, Zo'or offen zu sagen, was er von dem jüngeren Taelon hielt. Er war schließlich nicht lebensmüde!
Also, wirklich! Schwanger von einem Menschen! Ihm würde so etwas NIE passieren.
Er schauderte bei der bloßen Vorstellung daran, wie diese Kinder zustande gekommen sein mußten. Kein respektabler Taelon, der etwas auf sich hielt, hätte sich dazu hinabgelassen, sich mit Menschen zu paaren. Ekelhaft!
Er hatte diesen jungen Emporkömmling von einem Taelon ja noch nie gemocht, aber bisher hatte Zo'or wenigstens noch genug Verstand gehabt, sich nicht mit diesen Primitiven abzugeben. Wie tief mußte er gesunken sein!
„Da gibt es allerdings einige Unregelmäßigkeiten”, setzte Mit'gai seinen Vortrag fort. „Die Föten scheinen sich ungewöhnlich schnell zu entwickeln, selbst für rein taelonische Kinder” - *was sie ja nicht sind*, fügte er für sich bissig hinzu, „und schon besonders im Vergleich zu menschlichen. Sie haben bereits ungefähr 30,478% ihrer pränatalen Entwicklung hinter sich gebracht, obwohl die Empfängnis” - er spuckte das Wort förmlich aus - „offensichtlich erst innerhalb des letzten planetaren Zyklus stattgefunden hat.”

Was? Nicht genug, daß er angeblich in anderen Umständen sein sollte, es soll auch noch in den letzten 24 Stunden geschehen sein?! Und das, obwohl er mit keinem Taelon, und schon gar nicht mit einem Menschen zusammen gewesen war! Und überhaupt, wie konnte sich dieser Möchtegernheiler anmaßen, ihm auch nur ansatzweise zu unterstellen, daß er sich soweit erniedrigen würde, sich den animalischen Kopulationsriten dieser zweibeinigen Tiere hinzugeben! Als ob er sie auch nur anziehend finden würde!
Auch wenn er fand, daß Liam - ähm, Major Kincaid - für einen Menschen eigentlich ganz gut aussah, und es war ja an sich ganz angenehm gewesen, in seinen Armen zu sich zu kommen nach dem Pesh'tal-Zwischenfall, aber... Nein! Er dürfte sich nicht erlauben, so zu denken!
Aber wie konnte er bloß schwanger geworden sein? Er überlegte fieberhaft.
Nun, dieser Jesus, dessen Geburt die Menschen mit diesem unsinnigen ‚Weihnachten’ feierten, soll ja von einer Jungfrau namens Maria auf die Welt gebracht worden sein. Aber er war wohl kaum die Jungfrau Maria. Nun, genaugenommen war er ja noch Jungfrau - er war ja schließlich kaum erst 1000 Jahre alt, und sein Ka'ath'am hat ja auch gerade erst angefangen, aber trotzdem...
Da traf es ihm wie ein Blitz. Ma'els Relikt! Er fühlte sich ja erst so seltsam, seitdem er diese Energieentladung beim Versuch, die nächste Schicht des Dokuments zu lesen, durch ihn hindurchfahren gespürt hatte.
Langsam fielen die Puzzleteile an ihrem Platz.
Er erinnerte sich jetzt wieder, wie Liam seine Hände fast schon mißtrauisch betrachtet hatte und sich die Handflächen rieb. Er muß der Vater sein! Aber wie? Nun, egal, er würde sich mit dem jungen Major später darüber auseinandersetzen.
Aber es blieb immer noch eine Frage offen. Er war doch steril! Das haben ihm doch die Heiler - Mit'gai eingeschlossen - seit er ein Kleinkind war, wiederholt eingebläut.

Konfrontiert mit dieser Frage, deutete Mit'gai jedoch lediglich mit seinen Händen das Taelon-Äquivalent eines Schulterzuckens an, schien aber nicht besonders interessiert. Er wußte die Antwort zwar auch nicht, aber wenn es etwas mit der außergewöhnlichen Abstammung von Zo'ors Zwillingen, also mit ihrer menschlichen Herkunft zu tun hatte, wollte er es auch nicht wissen.

Nachdem er aber Zo'ors Erkundigung nach der weiteren Entwicklung seiner Kinder und der ungewöhnlichen - weil so menschenähnlichen - Schwangerschaft mit einem verachtungsvollen „Ich bin ein Taelon-Heiler. Es kümmert mich nicht, was mit Menschen geschieht” beantwortet hatte, bestand der Synodenführer entschieden darauf, wenigstens einen menschlichen Doktor hinzuzuziehen, der ihm in dieser Zeit mit seinem Fachwissen über menschliche Schwangerschaften zu Seite stehen könne, am liebsten jemand, der auch etwas von Taelon-Physiologie verstand.
Seine Wahl fiel letztlich auf Dr. Julianne Belman, die immerhin ein rudimentäres Wissen aufweisen konnte, wenn es um Taelon-Gesundheitsfragen ging.

 

Etwas später

Zo'or schaute vom Schwangerschaftsbuch in seinen Händen auf die anderen hinüber, die in seinen persönlichen Kammern verstreut herumlagen.
Er hatte zwar gleich nach dem Ende der Untersuchung den Befehl erlassen, Dr. Belman auf das Mutterschiff zu bringen, und einige Freiwilligen mit diesem Zweck sofort losgeschickt, jedoch hatte sich diese, als die Freiwilligen mit ihrem üblichen Taktgefühl zu ihr in den OP platzten, geweigert, ohne Verzug mitzukommen. Sie hatte etwas von „die Operation noch beenden müssen und solange nicht kommen können” gesagt und dann die Freiwilligen mit so manchen recht farbenfrohen Ausdrücken wieder hinausgeschickt, wie es ihm dann später von einem der deutlich eingeschüchterten Jugendlichen mitgeteilt wurde.
Unverständlich, daß diese Ärztin so etwas Unwichtiges wie das Leben eines ihrer - menschlichen! - Patienten ihm, dem Taelon-Synodenführer, vorziehen würde!
Nun, wie dem auch sei, bis sie hier eintraf, blieb Zo'or nichts weiter übrig, als sich in der Zwischenzeit mit Büchern über das Thema zu begnügen.

Er schaute an sich hinunter.
Nur gut, daß er als Taelon so schnell lesen konnte. In dem Tempo, mit dem die beiden Kinder in ihm wuchsen, würde er nicht sehr viel Zeit haben, sein Wissen über Schwangerschaften auf den neuesten Stand zu bringen. Schon besonders, da er - wie er zugeben mußte - nicht die geringste Ahnung darüber hatte, wie so etwas wie ein Kind auszutragen wohl für die Menschen war.

 

In der Nacht

KIMERA!
Liam war also ein Kimera! - dachte sich Zo'or, während er sich halbwegs über eben diesem drapiert entspannte.
Er grinste vor sich hin. Nach dem, was die beiden in den letzten Stunden getrieben hatten, wäre er aller Wahrscheinlichkeit nach inzwischen auf jeden Fall mit Kind, auch wenn er nicht schon bereits die Zwillinge in sich tragen würde. Er mußte sich zugeben, diese menschlichen Paarungsrituale waren gar nicht mal so unangenehm, sogar ganz ‚interessant', besonders wenn man sie gleichzeitig mit Taelon- und Kimera-Praktiken kombinierte. Ja, sie waren es wert, durchgehend erforscht zu werden - am besten immer und immer wieder.

Seine Gedanken drehten sich zu den Ereignissen des Vorabends zurück.

Nachdem er über Liams Herkunft von dem ob seiner bevorstehenden Vaterschaft schockierten Kimera-Mischling erfahren hatte, war er sehr aufgebracht und wollte ihn sofort hinrichten lassen, überlegte es sich dann anders.
So ein Kimera in der Familie konnte doch überaus handlich sein.
Und was die Mitglieder der Synode anging... *Sollen sie sich doch ihren eigenen Kimera besorgen!*

 

25. Dezember auf der Brücke

Zo'or mampfte genüßlich an einem Schokoriegel herum, während er das aufgeregte Treiben auf der Brücke beobachtete. Von Zeit zu Zeit huschten Freiwillige an ihm vorbei, die ihm und seinem augenscheinlich dicker werdenden Bauch unsichere und verstörte Blicke zuwarfen, doch diesmal ließ er sich dadurch nicht stören.
Er fühlte sich schon viel besser, und nicht zuletzt deswegen war er in selten guter Laune.
Er hatte sogar befohlen, den Weihnachtsbaum auf die Brücke zurückzuschaffen, zur größten Überraschung aller Anwesenden.
Vielleicht war ja wirklich was an diesem seltsamen menschlichen Glauben. Immerhin konnte man die Tatsache, daß er nun in diesem Zustand war, auch als eine Art Wunder betrachten. Und daß es ausgerechnet jetzt passierte, sorgte auch reichlich für Stoff zum Nachdenken. Er nahm sich vor, sich mit diesem Brauch eingehender zu beschäftigen und über diese Feier und deren Hintergründe Nachforschungen anzustellen.
Den Riegel vertilgt, langte Zo'or hinunter, um eine weitere Leckerei aus seiner persönlichen ‚Vorratskammer’ - einer Kiste voll menschlicher Lebensmitteln, die er auf die Brücke hatte bringen und neben seinem Kommandosessel hatte abstellen lassen - herauszufischen. Das war eins der wenigen Dinge, die ihn an der ganzen Situation gestört hatten, dachte er sich, während er in einen herrlich roten Apfel hineinbiß - daß er andauernd hungrig war und deswegen ständig was essen mußte. Das, und die Rückenschmerzen, die er in den letzten Stunden verspürt hatte. Nur gut, daß er dahintergekommen war, daß sich die Rückenlehne des Sessels nach hinten verstellen ließ. So zu sitzen war doch viel angenehmer.

 

Am Abend

Zo'or erhob sich graziös von seinem Sessel - oder vielmehr, er versuchte es, fiel aber zurück, als er vergaß, seinen inzwischen wesentlich größer gewordenen Taillenumfang zu kompensieren.
Er starrte auf seinen runden Bauch hinunter und seufzte. Er konnte gar nicht glauben, daß er seit dem Morgen so viel größer geworden war. Und er konnte auch schon deutlich spüren, wie die Babys in ihm strampelten. Bis er sich daran gewöhnte, daß er sich nun wegen seines zunehmenden Leibesumfanges und seines deswegen nach vorne verlagerten Gewichtspunktes anders zu bewegen hatte, würde er, bei der Geschwindigkeit, mit der sich seine Schwangerschaft entwickelte, seine Kinder vermutlich schon zu Welt gebracht haben.
Er versuchte wieder sich zu erheben, diesmal viel vorsichtiger.

 

26. Dezember

Zo'or betrachtete kritisch seine Reflexion im Spiegel.
Er trug einen von Ma'els zeremoniellen Roben, den dieser damals, bei seiner Abreise zur Erde, vergessen hatte. Nun, es mag ja seit beinahe 2000 Jahren aus der Mode gegangen sein, aber es bot wenigstens genug Platz für seinen stets wachsenden Bauch. Sein eigener Overall war ihm inzwischen etwas zu eng geworden, um die Mitte herum. Und da ihm seine geschwollenen Füße in den Plateauschuhen weh taten, hatte er sie kurzerhand gegen ein Paar flauschige königsblaue Schlüpfer umgetauscht.
Nun, es mochte ja nicht unbedingt die passende Aufmachung für den Führer der Taelon-Synode sein, aber was konnte er tun. Es war immer noch besser, als in einem dieser bunten Umstandskleidern herumzulaufen, die er mal an einigen schwangeren Frauen auf der Erde gesehen hatte.
Dieser Schnitt! Und diese Farbkombinationen! Schrecklich!
So etwas Abstoßendes würde er sich sicher nicht antun. Er hatte doch noch sein Stilgefühl!
Im Vergleich dazu sah er doch ... ganz passabel aus.
So beruhigt, drehte er sich langsam um und watschelte in Richtung Brücke.

 

Am Nachmittag

Zo'or konnte sich nicht erinnern, Liam jemals so gesehen zu haben.
Der junge Kimera stand sprungbereit an seiner Seite und seine Augen klebten an Zo'or fest. Er schien mit jeder verstreichenden Minute nervöser und nervöser zu werden.

Zo'or unterdrückte ein Stöhnen.
Vielleicht hätte er die letzte Tafel Schokolade doch nicht essen sollen - dachte er zerknirscht, als er sich sein schmerzendes Abdomen rieb. Nun hatte er Bauchkrämpfe.
Entschlossen, etwas gegen diese Unannehmlichkeit zu unternehmen, rappelte er sich mit einigen Schwierigkeiten und einer helfenden Hand von Liam - der ihn in letzter Zeit auf Händen trug, seit seine Angewohnheit, die Sachen in die eigene Hand zu nehmen, in Zo'ors gegenwärtigen äh... Umständen resultiert hatte - auf.

 

Fünf Stunden später

Zo'or saß bis zum Hals eingetaucht in einer Wanne voll warmen Wassers.
Er hatte mal irgendwo gelesen, daß ein warmes Bad Krämpfe lindern soll, und es schien tatsächlich zu wirken - die Schmerzen waren jetzt leichter zu ertragen, allerdings kamen sie wesentlich öfter - alle drei Minuten.
Er stöhnte laut auf, als eine neue Welle von Schmerz über ihn hinwegrollte.

Eine besorgte Stimme kam von der anderen Seite der Badezimmertür - Liams.
„Ist mit dir alles in Ordnung?”
„Mir geht es gut, Li... Aaaah! ...Liam”, brachte Zo'or heraus.
Sein Kimera-Gemahl schien dies aus irgendeinem Grund nicht zu glauben, und fiel buchstäblich mit der Tür ins Badezimmer hinein.

„Oh mein Gott!”, rief er erschrocken aus, während er reflexartig den Notfallknopf auf seinem Global betätigte, um die medizinische Abteilung zu verständigen, als er Zo'or, der offensichtlich in den Wehen lag, im Wasser herumtreiben sah ... dann kippte er bewußtlos um.

 

Eine Stunde später im MedBay

Zo'or starrte mit einem verzückten Lächeln auf die winzigen Gesichter seines Sohnes und seiner Tochter hinab, als er sie sanft in den Armen wog.
No'el und Chris'tie - so hatte er die beiden benannt, zu Ehren des Festes, dem er seiner Meinung nach dieses Wunder verdanken konnte.
Er beschloß, Weihnachten, da für ihm persönlich diese Tage nun von größter Bedeutung und Wichtigkeit waren, zu offiziellen Taelon-Feiertagen zu ernennen, und schlief mit diesem Gedanken zufrieden ein.

 

ENDE

 

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