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  „Dreamwalk” von Ma'ri   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Da'an versucht herauszufinden, warum sich Liam so abweisend verhält
Zeitpunkt:  vierte Staffel, nach der Folge „Dark Matter”
Charaktere:  Da'an, Liam, [Ha'gel, ein Jaridian]
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2001 geschrieben. Hier finden Sie eine Beschreibung der Aufgabe
 

 

DREAMWALK

 

Liam wandte sich zum Gehen, während Da'an stehen blieb.
„Ich weiß nicht, wie Sie es schaffen konnten, das Schiff wieder zu befreien, aber meine Spezies schuldet Ihnen... mehr als ich es je in Worte fassen kann. Wenn ich irgendetwas tun kann, um diese Schuld abzutragen...”
Der Beschützer sah ihn einen Augenblick an. „Handeln Sie!”, sagte er dann eindringlich.
Der Taelon erwiderte seinen Blick verwundert, doch bevor er etwas erwidern konnte, war der Major schon gegangen.
Ein fast trauriges Lächeln glitt über seine Züge. *Sie haben nichts verstanden... leider*, dachte er, wandte sich um und folgte den Gängen des Mutterschiffs zu seinem Quartier.
Warum wollte Liam, dass er Zo'or stürzte und sich seiner Position bemächtigte? Warum vertraute er ihm in diesem Punkt und in anderen wieder nicht? Warum erwartete er so viel von seinem ehemaligen Mentor? Er hasste es, den jungen Mann zu enttäuschen. Es gab Dinge, die konnte er einfach nicht tun aus Gründen, die der Mensch nicht einmal ansatzweise begreifen konnte. Er verlangte von ihm, sein Kind zu verraten!
Da'an hatte geschworen, seine Spezies niemals zu verraten... und hatte es doch getan. Für einen Menschen. Doch nun verlangte dieser Mensch weitere Opfer von ihm, die er einfach noch nicht bereit war zu bringen.
Seltsam, sein eigenes Leben erschien ihm ein geringeres Opfer... Hätte man ihn gefragt, hätte er vieles nennen können, für das er sein Leben geopfert hätte. Doch auf die Frage hin, wofür es sich seiner Meinung nach zu leben lohnte, hätte er schweigen müssen.
Doch die Frage blieb: Warum war Liam bereit, ihm zur Macht zu verhelfen, wenn er ihm nicht mehr vertraute?

 
* * *
 


Mit den Fingerspitzen strich er vorsichtig über das glatte, glänzende Material des Geräts. Vielleicht war es falsch, das zu tun. Vielleicht würde es das letzte Bisschen Vertrauen, das Liam in ihn hatte, zerstören. Doch er wollte es nun endlich wissen. Wollte sehen, was in dem Kopf des Mannes vorging, den er vor einiger Zeit noch hatte „Freund” nennen dürfen. Wollte herausfinden, was schief gegangen war.
Vorsichtig ließ er sich auf den Stuhl sinken, setzte das Gerät auf die Stirn und lehnte sich zurück. Sein Geist machte sich auf die Reise...

 
* * *
 


Dunkelheit... Nein, vollkommene Schwärze... Dann ein Licht. Erst war es nur ein hauchdünner Lichtstrahl, der von oben herabfiel. Langsam wurde er größer, bis schließlich ein breiter Lichtkegel einen runden Tisch beleuchtete. An diesem Tisch saß Liam und bewegte etwas in seinen Händen. Um den Tisch herum standen drei weitere Stühle, die jedoch unbesetzt waren.
Da'an beobachtete den jungen Mann eine Weile, doch als nichts weiter geschah, ging er vorsichtig näher.
„Ich habe auf Sie gewartet, Da'an.” Seine Stimme durchbrach die eigentümliche Stille des Traumes und ließ den Taelon zusammenzucken. „Nehmen Sie doch Platz.”
Der Companion folgte der Aufforderung und ließ sich auf den Stuhl sinken, der Liam gegenüber stand. Nun sah er auch, was sein Beschützer in den Händen hielt: Einen Stapel Spielkarten. Sobald Da'an sich gesetzt hatte, fing er an, sie reihum in vier kleine Haufen aufzuteilen. Zuletzt legte er die restlichen Karten auf einen Stapel in die Mitte.
Der Taelon sah verwundert auf die beiden unbesetzten Stühle und die Karten.
„Erwarten wir noch jemanden”, fragte er unsicher.
Als wäre dies das Stichwort gewesen, trat aus der Dunkelheit eine Gestalt in den Lichtkreis. Beinahe wäre Da'an aufgesprungen, als er erkannte, wer da zu ihnen stieß.
Der Jaridian ließ sich ohne ein Wort auf einem der Stühle nieder und nahm das Blatt in die Hand. Bevor jedoch Da'an etwas sagen oder eine Frage stellen konnte, lenkte ein Lichtschein außerhalb des Lichtkegels seine Aufmerksamkeit ab.
Weit... weit entfernt in der Dunkelheit war eine weitere Gestalt erschienen. Sie bestand aus purem Licht und warf einen goldenen Schein ihren Schritten voraus. Die Schwärze machte es unmöglich, Entfernungen abzuschätzen, doch die Gestalt schien unverhältnismäßig schnell näher zu kommen.
Kurz darauf trat er mit einem gewinnenden Lächeln in das Licht und sein eigenes schien zu verblassen. Er nickte den Anwesenden zu, ließ seinen Blick dann einen Moment auf dem Taelon ruhen.
„Da'an”, begrüßte er ihn mit einem Nicken.
„Ha'gel”, erwiderte Da'an bemüht, sein Staunen zu verbergen. Was verwunderte ihn an der Anwesenheit des Kimera? Immerhin war er Liams Vater. Er hatte wohl mehr Recht hier zu sein als Da'an. Vielleicht war es aber auch die Zusammensetzung dieser Runde... Ein Kimera, ein Jaridian, ein Taelon und... dem Muster folgend hätte der vierte Platz von einem Menschen besetzt werden müssen. Nun, hatte Liam nicht einmal gesagt, er sei in erster Linie ein Mensch?
Der Kimera ließ sich auf dem letzten freien Stuhl nieder und nahm ebenfalls seine Karten in die Hand. Liam legte eine seiner Karten in die Mitte und zog eine Neue. „Ich eröffne mit 10 Dollar”, sagte er mit ausdruckslosem Gesicht.
Ha'gel warf seinem Sohn einen Blick zu, in dem unverhohlener Stolz zu lesen war. „Ich gehe mit.”
Es war einen Moment still, dann richteten sich alle Augen auf Da'an, der seine Karten nicht einmal berührt hatte. Der Taelon sah von einem zum anderen. „Es tut mir leid, ich kenne dieses Spiel nicht.”
Der Jaridian stieß einen abfälligen Laut aus. „Völlig unfähig, wie alle von seiner Spezies.”
Ha'gel ließ ein heiseres Lachen vernehmen. „Das stimmt. Dennoch haben sie es geschafft, die meine auszurotten.”
Der Jaridian schnaubte. „Wahrscheinlich weil die Kimera noch viel unfähiger in Dingen der Kriegsstrategie sind als die Taelons. Oh pardon, ‚waren’.”
„Das Spiel nennt sich Poker”, erklärte Liam mit ruhiger Stimme in die kurze Stille hinein, die zwischen Ha'gel und dem Jaridian entstanden war. „Es geht darum -”
„Lassen Sie es besser, er würde eh nichts verstehen. Er versteht nie etwas!”, unterbrach ihn der Jaridian.
Ha'gel hob die Hand und schüttelte den Kopf. „Nun tust du ihm aber Unrecht, mein Freund. Er versteht es sehr gut, sich in Geheimnisse zu hüllen. Sag uns, Da'an, gab es einen Moment, in dem du meinem Sohn die reine Wahrheit gesagt hast? Unverfälscht und völlig ehrlich?”
Da'ans Blick traf Liams. „Ich habe ihm so viel der Wahrheit gesagt, wie ich durfte oder wie er verkraften konnte.”
„Eine nette Entschuldigung. Und woher willst du wissen, wie viel er verkraften kann?”
Der Companion zögerte. „Ich glaubte ihn zu kennen.”
„Du redest in der Vergangenheit. Kennst du ihn nun nicht mehr?” Ha'gel beugte sich zu ihm herüber.
„Wir sind verschiedene Wege gegangen.”
„Warum?”, fragte der Kimera eindringlich.
„Ich weiß es nicht!”
„Ich sagte doch, Taelons sind unfähig”, schaltete sich der Jaridian ein. Liam saß schweigend auf seinem Stuhl und sah Da'an an.
„Warum hast du meinen Sohn nicht auf seinem Weg begleitet, hast ihn geführt, wie ein Mentor es tun sollte.”
„Ich habe getan, was ich konnte.”
„Nein, das hast du nicht. Du hast nur deinen eigenen Vorteil gesehen. Du hattest nur Angst um deine Position in der Synode!”
„Durch meine Position kann ich ihm bessere Hilfe gewähren als ohne sie.”
„Welche Art von Hilfe? Die Hilfe, die er gebraucht hätte, als er ganz allein war? Als er hin- und hergerissen zwischen seiner Loyalität seiner Spezies und der Loyalität dir gegenüber war? Die Hilfe, die ein Freund gewähren würde?”
Da'an erhob sich von seinem Stuhl und hielt Liams Blick fest, während Ha'gel auf ihn einredete. „Hat er mir denn diese Hilfe gewährt?”, fragte er kalt.
Und plötzlich... zerbrach das Traumbild.

 
* * *
 

Wieder umgab ihn Schwärze, doch diesmal war sie nicht vollkommen. Irgendwo vor ihm schien ein blasses Licht. Langsam bewegte er sich darauf zu und als er näher kam, konnte er die Silhouette eines Mannes ausmachen, der mit dem Rücken zu ihm stand.
In einigem Abstand umrundete er ihn und erkannte schließlich Liams Gesicht in dem Licht, das von seinen Handflächen ausging. Der junge Mann starrte auf seine Hände und schien ihn nicht zu bemerken, selbst als der Taelon direkt vor ihm stehen blieb.
„Liam?”, fragte er sanft.
Erst glaubte er, der Beschützer hätte ihn nicht gehört. Doch dann sagte er leise: „Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Da'an?”
Der Companion machte eine auffordernde Geste.
„Dies ist ein Traum, nicht wahr?”
„Ja.”
Ein kleines Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. „Dachte ich mir. Was Sie da gesagt haben... es passt nicht zum echten Da'an.”
Der Companion schwieg. Liam hielt ihn also für eine Traumgestalt...
„Der echte Da'an”, fuhr der Mensch fort, „hätte sich Ha'gels Vorwürfe angehört, hätte auf die Fragen ausweichend geantwortet, aber er hätte sich nicht gewehrt.”
Der Taelon sah zu Boden. Hatte er einen so schwachen Eindruck auf Liam gemacht? So hilflos?
„Ich frage mich immer, warum er sich nicht wehrt...”, meinte Liam leise. „Ich weiß, dass er es könnte.”
Da'an sah ihn mit leicht geneigtem Kopf an. „Vielleicht... weil er denkt, es sei der Mühe nicht wert?”
„Wie gering muss er sich dann selbst achten, wenn er es nicht für wert hält?”
Der Companion sah ihn erstaunt an. „Was meinen Sie?”
Der Major schüttelte fast unmerklich den Kopf. „Als ich Da'an kennen lernte, da erschien er mir wie ein weiser König... doch im Laufe der Zeit schien er seine Macht zu verlieren und ordnete sich anderen unter. Ich habe ihn für seine Stärke bewundert, doch er hat sie verloren. Und er will sie nicht zurück.”
„Woher wissen Sie das?”
„Ich habe ihm angeboten, ihm zu helfen, Synodenführer zu werden. Er hat abgelehnt.”
„Vielleicht hat er seine Gründe...”
„Warum erklärt er es mir dann nicht?” Endlich hob Liam den Blick und sah dem Taelon in die Augen. „Warum redet er nicht mit mir? Ich habe ihn fallen sehen und ich hätte ihm gerne geholfen! Aber er schweigt. Wahrhaftig ein König, zu stolz um Hilfe zu bitten. Er tötet sich eher selbst, als meine Hilfe anzunehmen. Er vergiftet sich, ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden, was es für andere bedeuten würde, wenn er...” Der junge Mann brach ab und machte eine hilflose Geste.
Da'an erwiderte seinen Blick ruhig. „Vielleicht... fällt es ihm leichter etwas zu finden, für das es sich zu sterben lohnt, als etwas, für das er leben würde, auch wenn es schmerzhaft ist.”
Etwas erschien in den Augen des Mannes, doch der Taelon konnte es nicht identifizieren. War es Wut? Oder aufkeimendes Verständnis? Schrecken oder Furcht?
„Er hat so viel, für das es sich zu leben lohnt.” Seine Stimme verriet seine Unsicherheit.
„Was, Liam? Was hat er, für das er weiterleben sollte?”
„Die Menschheit braucht ihn.”
„Die Menschen, die er kannte, haben ihm den Rücken zugekehrt oder sind gestorben.”
„Aber das Leben einer Spezies hängt von ihm ab.”
Da'an lächelte traurig. „Und das Leben seiner Spezies hängt von den Menschen ab. Besonders von Ihnen. Seine Rolle war nur die des Mentors, doch nun ist sie ausgespielt. Seine Aufgabe ist erfüllt.”
„Das ist sie nicht! Ich brauche ihn noch!”
Einen Moment schwieg der Taelon ehrlich überrascht. „Sie sagten, er sei schwach geworden. Wofür brauchen Sie ihn dann noch?”
„Er war ein Freund für mich.”
„War?”
„Wie gesagt, er redet nicht mit mir. Ich weiß nicht, was in ihm vorgeht. Ich sehe ihn und weiß nicht, wer er ist. Ich verstehe nicht, warum er aufgegeben hat... ohne zu kämpfen, ohne es zumindest zu versuchen.”
„Warum reden Sie nicht mit ihm?”
„Was?”
„Sie sagten, er redet nicht mit Ihnen. Warum reden Sie nicht mit ihm?”
Liam sah ihn zweifelnd an. „Ich weiß nicht, ob er das will. Es scheint als hielte er mich lieber auf Distanz.”
„Versuchen Sie es doch einfach. Ich bin sicher, er wird Ihnen antworten.”
Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des jungen Menschen aus. „Danke.”
Damit verblasste der Traum und Da'an fand sich wieder in seinem Quartier.

 
* * *
 


Der Companion stand am Fenster seines Audienzzimmers und sah hinaus. Er wirkte so abwesend, so gedankenverloren...
‚Gedankenverloren’... eigentlich ein seltsames Wort, dachte Liam. ‚In Gedanken verloren’... Was für eine eigenartige Vorstellung, sich selbst in einem Gedanken zu verlieren.
Schweigend trat er neben den Taelon und sah ebenfalls aus dem Fenster. Die Morgensonne warf ihr Licht auf das Washington Monument und das weiße Haus in der Ferne.
„Darf ich Ihnen eine Frage stellen?”, fragte er, ohne den Außerirdischen anzusehen.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass Da'an leicht zusammenzuckte, dann jedoch eine Geste des Akzeptierens vollführte.
„Warum wollen Sie nicht Synodenführer werden? Nein”, fügte er schnell hinzu, bevor Da'an etwas erwidern konnte, und wandte sich ihm zu, „den wahren Grund, bitte. Nicht die Entschuldigung, es sei nicht der rechte Zeitpunkt.”
Ein blaues Leuchten glitt über Da'ans Körper. Vermutlich das Äquivalent eines schweren Seufzens. „Würden Sie ihre Familie verraten, Liam?”, fragte der Companion ernst.
„Hören Sie, Da'an, ich weiß ja, dass sich alle Taelons durch das Gemeinwesen nahe stehen, aber...”
„Zo'or... ist mein Kind.”
Liam blieb der Mund offen stehen.
„Er ist das einzige meiner Kinder, das aufwachsen durfte. Ich könnte ihm nicht schaden, selbst wenn mein Leben davon abhinge.”
Es dauerte einen Augenblick, bis Liam seine Sprache wiederfand. „Warum haben Sie mir das nie gesagt?”
„Ich fürchtete, Ihr Vertrauen zu verlieren.”
„Und warum sagen Sie es mir jetzt?”
Nun wandte sich auch Da'an zu ihm um. „Weil ich Ihr Vertrauen längst verloren habe.”
Eine Weile sahen sie sich einfach schweigend an. Dann meinte Liam leise: „Darf ich noch eine Frage stellen?”
Da'an neigte den Kopf.
„Gibt es etwas in Ihrem Leben, wofür es sich wirklich zu leben lohnt?”
Bei dieser Frage wich der Taelon seinem Blick aus. „Früher einmal...”
„Was war es?”
Der Taelon sah wieder aus dem Fenster und lächelte traurig.

 

ENDE

 

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