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  „Hope” von Ma'hal   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Alle hier vorkommenden Personen gehören den Eigentümern von Mission Erde/Earth: Final Conflict. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Ein Streit um Liams Schicksal entbrennt
Zeitpunkt:  spielt nach „Phantom Companion” [Achtung, Spoiler für die vierte Staffel!!!]
Charaktere:  Zo'or, Mit'gai, Liam, Da'an, Renee, [So'tel, Sandoval]
 

 

HOPE

Kapitel 3

 

„Der Zustand des Kimera zeigt noch immer keine Anzeichen eines Fortschrittes”, bemerkte Mit'gai und warf Zo'or einen Seitenblick zu. Als er keine Reaktion vernahm, fuhr er fort. „Trotz seines Zustandes sollten wir nicht mehr länger warten.”

Nun erhielt er eine Reaktion. Zo'or wandte sich ihm zu und sah ihn streng an. „Es obliegt alleine mir darüber zu entscheiden, wann du mit den Experimenten beginnen darfst.” Seine Stimme implizierte, dass er keinen Widerspruch dulden würde.

Doch Mit'gai ließ sich nicht einschüchtern, sondern erwiderte trocken: „Ich führe nun seit fast einer Woche Untersuchungen an ihm durch, doch mit diesen oberflächigen Analysen komme ich nicht weiter. Wir können nicht warten bis er sich vollkommen erholt hat - er ist zu wichtig und unsere Situation zu kritisch, um den Zeitpunkt unnötig herauszuzögern.” Er machte eine kurze Pause, bevor er in einem härteren Tonfall hinzufügte: „Wenn du nicht in der Lage bist, eine Entscheidung zum Wohle des Gemeinwesens zu treffen, dann lässt du mir keine andere Wahl als dieses Anliegen vor die Synode zu bringen.”

Die Augen der beiden trafen sich und Zo'ors Blick spiegelte deutlich Hass und auch einen Funken von Panik wieder. Sie starrten sich einen Moment wortlos an, bis Zo'or wieder sein gewohntes Selbstbewusstsein gefunden zu haben schien und mit einem hochmütigem Gesichtsausdruck auf Mit'gai hinabsah. „Tu was du nicht lassen kannst. Aber denke nicht, dass die Synode sich auf die Seite eines einfachen Heilers - und gegen mich - stellen wird.”

Mit'gai entgegnete dem Blick mit ebensoviel Selbstbewusstsein. „Nein - aber die Synode wird bald erkennen, welche Entscheidung zu treffen ist, um das Allgemeinwohl sicherzustellen.”

„Du sagst es, Mit'gai.” Zo'or warf dem Taelon-Heiler ein kaltes Lächeln zu und verließ stolz die Krankenstation. Doch kaum war er außer Sichtweite übernahm ein sorgenvoller Ausdruck seine Mimik.

Zo'or saß auf seinem thronähnlichen Kommandosessel auf der Brücke des Mutterschiffes, den Blick auf die Sterne gerichtet, als er von einer sanften, aber besorgten Stimme aus seinen Gedanken gerissen wurde. „Zo'or?” Langsam rotierte er seinen Stuhl in die Richtung des sich nähernden Taelons. „Ich habe soeben erfahren, dass eine Synodensitzung einberufen wurde - auf Mit'gais Antrag hin. - Was hat das zu bedeuten?”

Der Synodenführer konnte seine Anspannung nicht verbergen. „Mit'gai und ich hatten eine... Meinungsverschiedenheit, die Behandlung des Kimeras betreffend.” Da'ans Augen verrieten deutlich die Neugier des älteren Taelons, doch er wartete geduldig darauf, dass sein Kind fortfuhr. „Mit'gai möchte mit den Experimenten beginnen... ich allerdings bin der Meinung, dass der Kimera zu wertvoll für uns ist, als dass wir ihn durch vorschnelle Entscheidungen gefährden sollten.” Seine Augen bohrten sich in Da'ans und ohne Worte zu wechseln, erkannten beide die doppelte Bedeutung seiner Worte. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl entspannt zurück und fügte er mit einem Lächeln hinzu: „Allerdings bin ich davon überzeugt, dass sich die Synode zu meinen Gunsten entscheiden wird.”

Da'ans sah sein Kind mit einem Gesichtsausdruck an, als sei er mit seinen Gedanken an einem anderen Ort „Wir werden bald erfahren, wie sie sich entscheiden wird.”

Die Entscheidung der Synode war so ausgefallen, wie Da'an es erwartet, jedoch keineswegs erhofft hatte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie sein Kind den Raum verließ. Den Kopf stolz erhoben und mit einem Gesichtsausdruck, den man dem Gewinner dieses Disputs zugeordnet hätte. Die Emotionen waren wie so oft von denen der anderen im Gemeinwesen abgeschottet und er würdigte sie keines weiteren Blickes, als er in Richtung Brücke an ihnen vorbeischritt. Doch trotz dieser Äußerlichkeiten kannte Da'an den jungen Taelon zu gut, um nicht zu wissen, was in ihm vorging. Die Synode hatte sich bei ihrer Entscheidung gegen ihn, den Synodenführer, gestellt - auf die Seite eines einfachen Taelon-Heilers, der noch nicht einmal Mitglied selbiger war. Zo'or musste sich tief gekränkt, ja sogar entwürdigt fühlen. Als Mit'gai mit ernster Miene an Da'an vorbei ging, trafen ihre Blicke sich für einen Moment und Da'an wusste, dass auch Mit'gai sich bewusst war, welchen Gegner er sich soeben gemacht hatte. Das Gemeinwohl hatte für den Heiler ohne Zweifel einen höheren Stellenwert als sein eigenes - ein Charakterzug, den Da'an bewunderte.
Dann wanderten seine Gedanken wieder zu Zo'or. Wie würde dieser auf die Demütigung reagieren? Ohne Zweifel war es eine Demütigung mit zweifacher Intensität gewesen, denn man hatte sich nicht nur gegen ihn gestellt, sondern ihm zudem untersagt ohne Mit'gais Anwesenheit, zu dem Kimera in die Zelle zu gehen. Dieses Verbot traf auch Da'an tief, denn es bedeutete So'tels Ende. Ohne weitere Energie von dem Kimera würde er auf lange Zeit gesehen nicht überleben können. Bald müsste Da'an sein Kind erneut in die Stasiskammer begleiten und sich erneut von ihm verabschieden - ein Abschied, der ihm noch schwerer fallen würde als beim ersten Mal. Wieder würde So'tel sich zu den Anderen begeben, die dort mit wager Hoffnung auf ihre Rettung warteten, die vielleicht niemals eintreffen würde. Da'an musste sich anstrengen, um bei diesem Gedanken nicht die Kontrolle über seine Fassade zu verlieren.

Der nordamerikanische Companion saß schon seit beinahe einer Stunde regungslos in seinem Stuhl.
„Da'an?”

Die Stimme riss ihn aus seiner Starre und er drehte seinen Kopf in die Richtung seines Beschützers, der ihm von seinem Schreibtisch aus besorgt entgegen sah.
„Geht es Ihnen nicht gut?”

„Ich bin ein wenig erschöpft, aber es besteht kein Grund zur Besorgnis.” Da'an war überrascht über diese fürsorgliche Nachfrage, lächelte jedoch dem Menschen zu, um seine Aussage zu bekräftigen.

Der Mensch gab sich damit zufrieden und machte sich wieder an seine Arbeit. Da'an wandte ebenfalls seinen Blick wieder ab und sah traurig aus dem Fenster. Sein Beschützer war ohne Zweifel hochqualifiziert und erfüllte seine Arbeit sehr gewissenhaft - doch es bestand immer noch eine große Distanz zwischen ihnen. Es gab keine wirklichen Gespräche. Jedes Wort, das gewechselt wurde bezog sich auf geplante Veranstaltungen, die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen et cetera.

„Da'an?”

Der Taelon erhob seinen Kopf augenblicklich wieder. „Ja, Mr. Roberts?”

„Soeben ist für Sie ein Bericht von Mit'gai eingetroffen.”

„Ich werde ihn auf meinem Datenstrom lesen.” Nach einer kurzen Armbewegung erschien das holographische Abbild des Berichtes vor Da'ans Augen.

Sein Beschützer bemerkte schnell, wie Da'ans Gesicht einen besorgten Ausdruck annahm, je weiter er den Bericht las. Schließlich starrte er nur noch regungslos auf die Schriftzeichen vor ihm. Doch sein Blick schien eher an ihnen vorbei zum Fenster hinaus gerichtet zu sein. Vorsichtig erhob der Mensch seine Stimme. „Ist etwas nicht in Ordnung, Da'an?” Als er den stechenden Blick des Taelons auf sich spürte, bereute er augenblicklich, dass er ihn angesprochen hatte. Doch nun war es zu spät, diese Frage zurückzuziehen.

Anstelle einer Antwort ließ Da'an den Bericht mit einer weiteren Bewegung seines Armes wieder verschwinden. Erst jetzt schien er die Frage seines Beschützers bemerkt zu haben und sah ihn nachdenklich an.
„Machen Sie sich keine Sorgen.” Seine Stimme klang abwesend und auch seine Augen wirkten leer. Der Mensch sah ihn ungläubig an, fragte aber nicht weiter nach. Er hatte sich schon wieder schweigend seiner Arbeit zugewandt, als er unerwartet die Stimme des Companions vernahm.
„Mister Roberts, ich werde mich zum Mutterschiff begeben. Ich bin in weniger als einer Stunde zurück.”
Ohne eine Antwort abzuwarten, erhob er sich und schritt auf das Portal zu.

Die zarte Hand des Taelons strich sanft über das kleine Wesen vor ihm, das auf seine Anwesenheit mit einer leichten Änderung seiner Energieform reagierte, als genieße es die Berührung und freue sich über den Besuch des vertrauten Taelons. Mit'gai betrat die Krankenstation und stellte sich schweigend neben die beiden, seinen Blick auf die streichelnde Hand gerichtet.

„Bist du hier, weil du meinen Bericht erhalten hast?”, fragte Mit'gai leise, als wolle er die Idylle nur ungern zerstören. Die ausbleibende Antwort war für ihn die Bestätigung für seine Vermutung. „Es ist besser, dass du damit aufgehört hast.”

Da'ans Hand stoppte in der Bewegung und sein Gesicht nahm einen traurigen Ausdruck an. „Wie viel Zeit bleibt ihm noch - ohne meine Energie?”

„Höchstens einen Monat.”

„Ich verstehe.”

„Du hast die richtige Entscheidung getroffen.”

Da'an schloss die Augen und blieb einen Moment so stehen. Dann trat er einen Schritt zurück und drehte sich zu Mit'gai um und sah ihm direkt ins Gesicht. „Ich bin, wie du bereits richtig vermutet hast, auf Grund deines Berichtes hier. Hat sich der Zustand des Kimeras... verbessert?”

Mit'gai schüttelte den Kopf. „Nein.”

„Ich würde ihn gerne sehen.”
„Er wird vermutlich nicht ansprechbar sein.” Mit'gai sah dem anderen Taelon zu wie dieser langsam auf die Arrestzelle zuschritt. Mit einer Armbewegung ließ er das Kraftfeld verschwinden und trat ein. Mit'gai verschloss die Zelle wieder hinter ihm und blieb am Eingang stehen, von wo aus er den ganzen Raum überblicken konnte.
Liam hockte auf der Bahre, seine Arme umschlangen die an den Körper herangezogenen Beine. Mit dem Rücken lehnte er gegen die Wand. Als ein Taelon die Zelle betrat versteifte er sich sofort und verfolgte jeden Schritt des Eindringlings mit den Augen, die merkwürdig zusammengekniffen waren, als habe er Probleme etwas zu erkennen. Wenige Schritte vor der Bahre blieb Da'an stehen.

„Liam?”, fragte er vorsichtig. Mit einem Mal zuckte dieser zusammen und rutschte ein Stück von ihm weg.

„Verräter!”, presste Liam zwischen seinen Zähnen hervor.

„Liam, ich habe nicht...” Da'an warf einen Blick zum Ausgang der Arrestzelle, wo immer noch Mit'gai stand. „Ich konnte nicht anders handeln. - Es tut mir leid.”
Er streckte die Hand nach seinem ehemaligen Beschützer aus, doch dieser starrte sie nur angewidert an. Resigniert ließ Da'an sie wieder sinken. Eine Weile schaute er ihn schweigend an. „Es wäre besser, wenn Sie die Nahrung nicht länger verweigern würden.”

Liam sah ihn wütend an. „Um Ihnen die Arbeit noch leichter zu machen?”

„Um es Ihnen leichter zu machen.”

Der junge Mann antwortete nicht, sondern starrte einen Moment auf seine Hände. Dann richtete er seinen Blick wieder auf Da'an. „Sind Sie deswegen hier? Um mich davon zu überzeugen, dass ich mich beugen soll? - Und wenn ich es täte... wie sähe dann meine Zukunft aus?” Er erhielt als Antwort nur einen langen traurigen Blick von Da'an. Flüsternd fügte er hinzu. „Ich habe Ihnen vertraut, Da'an...”

„Da'an?”, erklang aus Richtung der Tür Mit'gais Stimme. „Ich muss jetzt mit meiner Arbeit weitermachen.”

Schweigend warf Da'an Liam einen letzten Blick zu und wandte sich dann zum Gehen. Die Augen des jungen Kimera verfolgten ihn, bis er die Zelle verlassen hatte.
Draußen wandte Da'an sich an Mit'gai und sah auf das Instrument, dass Mit'gai in der Hand hielt. „Ist das wirklich notwendig?”

Er erntete einen überraschten Blick von Mit'gai. „Du hast den Bericht gelesen.”

„Du hast selbst gesagt, dass du bisher keinen Weg gefunden hast, um ihm die Energie gegen seinen Willen zu entziehen... Er muss es wollen.”

„Du sagst es. Unglückerweise ist die Implantierung fehlgeschlagen und ich sehe mich gezwungen zu anderen Mitteln zu greifen, um seine Kooperation zu erlangen.”

„Ich verstehe”, sagte Da'an leise und sah kurz zu Liam, der mit einer Mischung aus Furcht und Wut in den Augen das Gespräch der beiden Taelons beobachtete.

„Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest”, mit diesen Worten aktivierte Mit'gai ein Kraftfeld um Liam, welches den Kimera so dicht umschloss, dass dieser sich nicht mehr bewegen konnte. Er wartete ab bis Da'an gegangen war, bevor er die Zelle betrat und zu Liams Bahre hinüber ging.

 
* * *
 

„Zo'or, schön Sie wiederzusehen.” Renee Palmer stand mit einem ihrer zuckersüßesten Grinsen dem Synodenführer gegenüber. Doch das war genauso eine Fassade wie die falsche menschliche Haut der Taelons. In Wirklichkeit fühlte sie sich schrecklich und es kostete sie viel Kraft, nicht ihre wahren Emotionen zu zeigen. Bei ihren früheren Treffen hatte sie nur ihre tiefe Abneigung gegen Zo'or verstecken müssen. Eine Fähigkeit, die sie während ihrer Karriere perfektioniert hatte. Doch nun war da noch mehr. Das Mutterschiff weckte Erinnerungen in ihr. Erinnerungen an Liam. Erinnerungen an das letzte Treffen mit Liam bevor er starb, und wie sie im Streit auseinander gegangen waren. Der Anblick der Wände des Mutterschiffes, das Pulsieren, ja sogar die Luft und der Geruch schien sie daran zu erinnern. Gerne hätte sie diesen Termin abgesagt. Doch Doors International war auf die Unterstützung der Taelons angewiesen. Ohne ihre gemeinsamen Projekte wurde die Firma sich nicht lange über Wasser halten können. Das Treffen mit Zo'or hatte sich nicht vermeiden lassen.

Ein leichtes Grinsen erschien auf dem Gesicht des Synodenführers. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Miss Palmer”, antwortete er ebenso zuckersüß.

Renee behielt ihre Maske auf und streckte Zo'or eine kleine Disk entgegen. Der Taelon veranlasste mit einer Handbewegung einen der Freiwilligen dazu, die Disk zu nehmen und in ein Terminal zu stecken. Sofort erschien ein Bild auf dem Datenstrom. Renee trat einen Schritt an den Datenstrom heran. „Was Sie hier sehen, sind die Pläne für unser neusten Projekt. Ich bin davon überzeugt, es wird Ihnen zusagen, denn...”

Das erklingen des Alarm-Signals veranlasste Renee dazu ihren Satz abzubrechen. Zo'or starrte zu dem Freiwilligen neben ihm. „Bericht!”, wies er ihn schroff an.

Die Hände des jungen Mannes flogen regelrecht über die Konsolen. „In Sektor 27 wurden die Sicherheitssperre außer Kraft gesetzt. Ich erreiche die dorthin abgestellten Freiwilligen nicht.”

„Schicken Sie sofort alle verfügbaren Freiwilligen dorthin!”

„Ja, Sir.”

Der Freiwillige gab einen Befehl und kurze Zeit später meldete sich eine dunkelhäutige Freiwillige über den Datenstrom. Sie war noch außer Atem, schaffte es aber dennoch klar zu sprechen. „Die Wachen sind von jemandem angeschossen wurden. Ihre Wunden sind... ich weiß nicht, was das war.” Sie warf einen Seitenblick auf den Boden, wo offensichtlich die Wachen lagen.

„Was ist mit dem Gefangenen?”

„Hier ist niemand, Sir. Die Zelle ist leer.”

Mit einem ärgerlichen Gesichtsausdruck fuhr Zo'or mit dem Arm durch die Luft, woraufhin das Gesicht der Freiwilligen verschwand und der allgemeine Kanal des Schiffes geöffnet wurde. „An alle Freiwilligen! Wir haben einen flüchtigen Gefangenen an Bord. Es ist oberste Priorität, dass Sie ihn finden. Überprüfen Sie jeden an Bord, der keine Freiwilligen-Uniform trägt. Auch wenn Sie ihn kennen sollten.”
Zo'or beendete die Transmission und wandte sich wieder an den Freiwilligen neben sich. „Sperren Sie sofort jegliche Shuttleflüge und schalten Sie die Portale aus.”
Dann drehte er sich wieder zu Renee. „Ich fürchte unsere Unterhaltung wird warten müssen.”

Da'an stand unbeweglich an dem virtuellen Glas der Washingtoner Taelon Botschaft und starrte auf den prachtvollen Garten hinab, den er schon so lange nicht mehr besucht hatte. Früher hatte er es geliebt, dort zwischen den exotischen irdischen Blumen spazieren zu gehen. Es hatte ihn an seine eigene Heimat erinnert. Doch nun nahm er die bunte Farbenpracht nicht war. Er war in seine Gedanken versunken. Seit er vor einer Stunde vom Mutterschiff zurückgekehrt war, hatte er nicht mehr als nötig gesagt. Seinem Beschützer hatte er eine Erklärung für sein plötzliches Verschwinden vorenthalten und der Mensch hatte es nicht gewagt nachzufragen. Liam hätte sich sicher nicht damit zufrieden gegeben. Liam. Der Gedanke an den Verzweiflung, die sich in den Augen dieses jungen Mannes wiedergespiegelt hatte, bereitete Da'an Schmerzen. Aber er konnte ihm nicht helfen. Genauso wenig wie er So'tel helfen konnte. Bei diesem Gedanken verlor Da'an für einen kurzen Moment seine Fassade. Aus dem Augenwinkel vergewisserte er sich, dass sein Beschützer diesen Gefühlsausbruch nicht bemerkt hatte. Und tatsächlich schien dieser tief in seine Unterlagen vertieft zu sein. Vermutlich Sicherheitspläne für eine der Veranstaltungen, die Da'an in der nächsten Woche besuchen sollte. Doch plötzlich schreckte er auf, als der Datenstrom sich aktivierte und Zo'ors Gesicht darauf erschien. Der Synodenführer erschien sehr verärgert.

„Der Kimera ist entkommen!”, sagte er in einem harten Tonfall.

Da'ans Augen wurden groß vor Verwunderung. „Entkommen?”

„Ja. Und er hatte einen Komplizen. Ich wünsche, dass du dich unverzüglich hierher begibst!”

Ohne eine Antwort abzuwarten, schloss Zo'or mit einer energischen Armbewegung den Datenstrom.

 
* * *
 

„Du willst damit doch nicht etwa andeuten, dass ich etwas mit seiner Flucht zu tun hatte?” Da'an blickte sein Kind voller Überraschung an.

„Du hast Gründe”, gab Zo'or trocken zurück. „Wir wissen mittlerweile, dass jemand die Sicherheitssperren außer Kraft gesetzt hat, so dass der Kimera entkommen konnte. Mit seinem Shaquarava hat er die Wachen überwältigt und ist dann durch das nächste Portal geflüchtet. Natürlich lässt sich seine Reiseroute nicht nachvollziehen. Dafür hat sein Komplize gesorgt.” Er setzte sich in seinem Stuhl etwas vor und sah Da'an kalt an. „Du wirst solange unter Beaufsichtigung bleiben, bis wir den Schuldigen ausfindig gemacht haben. Es sei denn, du willst es sofort zugeben.” Als Da'an nicht antwortete, lehnte Zo'or sich in seinem Stuhl wieder zurück. „Das dachte ich mir.”

Liam befand sich alleine in einem nur schwach erleuchteten Raum. Er wusste nicht, wo er war, oder wer ihm geholfen hatte, hierher zu gelangen. Der Raum war relativ kahl eingerichtet. In einer Ecke stand eine kleine Bahre und in der Mitte des Raumes befand sich ein kleiner Tisch mit einem Stuhl. Auf dem Tisch stand ein Korb in dem sich einige Nahrungsmittel befanden. Brot, Obst, eine Flasche Wasser. An der anderen Seite des Raumes befand sich eine Tür, die zu einem Bad führte. Doch mehr gab es nicht. Keine Fenster. Die einzige andere Tür war sorgfältig verschlossen worden. Das Portal, dass ihn hierher gebracht hatte, hatte Liam schon sorgfältig untersucht und war zu dem Ergebnis gekommen, dass man es scheinbar nur mit Hilfe eines Codes oder einer anderen Vorrichtung bedienen konnte. Er hatte über einen Stunde alles versucht, um es zu aktivieren, sich dann aber schließlich erschöpft auf das Bett gelegt. Nun lag er mit dem Rücken auf dem Bett und starrte an die Decke über sich.
Wer könnte sein Retter gewesen sein? Wer hatte Interesse daran, ihm zu helfen? Sicher kein Taelon. Doch wer wusste außer ihnen, dass er sich in der Gefangenschaft der Taelons befunden hatte? Vielleicht hatte der Widerstand davon erfahren und ihn hierher gebracht. Wer auch immer es gewesen war, er schuldete ihm tiefen Dank. Er hätte die Experimente der Taelons nicht mehr länger ausgehalten. Er war schon kurz davor gewesen ihnen alles zu geben, nur damit er endlich Frieden hatte.
Er spürte wie seine Glieder langsam schwerer wurden. In der Gefangenschaft hatte er kaum geschlafen und nun schien die ganze Müdigkeit auf einmal auf ihn einzubrechen.

Zo'or ging langsam auf Da'ans Arrestzelle zu. Dieser sah ihn mit einer Spur von Neugier an, als Zo'or die Konsole bediente und das Kraftfeld verschwand. „Wir haben den Täter gefunden”, sagte er in einem neutralen Tonfall.

„Dann nehme ich an, dass ich nicht selbiger bin?”, entgegnete Da'an ironisch. Elegant trat er aus der Zelle und stand nun neben Zo'or. „Wer ist der Täter?”

„Renee Palmer.”

Da'an warf ihm einen überraschten Blick zu. „Miss Palmer? Bist du dir sicher?”

„Selbstverständlich, es wurden eindeutige Beweise vorgelegt.”

„Und hat sie bereits Major Kincaids Standort preisgegeben?”

„Was hast du erwartet, Da'an? Sie wird in diesem Augenblick von Agent Sandoval verhört.”

„Ich verstehe.” Er sah einen Moment gedankenverloren an Zo'or vorbei. „Wenn meine Anwesenheit nicht länger erforderlich ist, werde ich mich nun zur Botschaft begeben.”

Zo'or nickte ihm zu und sah dann Da'an mit einem leichten Lächeln auf den Lippen hinterher als dieser sich auf den Weg zum nächsten Portal machte.

Der junge Kimera lag auf der kleinen Bahre und hatte die Augen geschlossen. Sein Gesicht sah friedlich aus. Wie das eines unschuldigen Kindes. Die ‚Experimente’ hatten sehr an seiner Kraft gezerrt und nun schien er all diesen Schlaf nachzuholen. Plötzlich wurde er von einem lauten Geräusch aufgeweckt. Als er die Augen öffnete wurde er einen Moment von dem grellen Licht des Portals geblendet, auf das seine Augen nicht eingestellt waren. Er setzte sich augenblicklich in dem Bett auf und versuchte angestrengt die Person zu erkennen, die sich nun ebenfalls mit ihm in diesem Raum befand. Doch das einzige was er sah waren kleine weiße Flecken. Er blinzelte in der Hoffnung, dass die Flecken dann verschwinden würden, doch sie verschwanden nicht. Die Person kam etwas näher und blieb dann stehen. Sie schien bemerkt zu haben, dass er sie nicht erkennen konnte und abzuwarten, dass seine Augenirritation nachließ. Und nach einer Weile waren die Flecken zwar nicht verschwunden, aber kleiner und er konnte die Gestalt vor sich erkennen. Erschrocken wich er ein bisschen zurück. „Sie?”

Sein Gegenüber antwortete nicht auf seine Frage, sondern sah forschend auf ihn hinab. „Wie fühlen Sie sich?”

Liams Augen verengten sich. „Was wollen Sie von mir?”, zischte er misstrauisch.

„Wieso denken Sie, dass ich Hintergedanken habe?”, fragte die andere Person, als habe Liam ihn mit dieser Frage zutiefst gekränkt.

Die Frage erschien Liam so vollkommen irrsinnig, dass er nicht wusste, was er darauf antworten sollte. Stattdessen entschied er sich für eine weitere Frage. „Wo sind wir hier?”

„An einem sicheren Ort. Sie müssen vorerst hier bleiben bis sich die Aufregung gelegt hat und ich Sie an einen anderen Ort bringen kann.”

„Warum tun Sie das?”, fragte Liam verwirrt.

„Vertrauen Sie mir.”

„Wieso sollte ich das?”

„Ich muss jetzt gehen. Soll ich Ihnen etwas mitbringen?”

„Was? Ehm, ich... nein... danke.”

„Gut. Ich werde so bald es die Umstände erlauben zurückkehren.”

Liam nickte nur und sah dem Besucher nach, wie dieser durch das Portal verschwand.

 

Ende von Kapitel 3

 

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