Zo'or schritt langsam durch die Gänge des Mutterschiffes. Das Pulsieren von „Mutter” klang fremd, verletzlich. Sie würde sich nicht erholen.
Aber er war aus einem anderen Grund hierher zurückgekehrt. Ihm blieb nicht viel Zeit, bis man ihn hier fand. Doch vorher musste er jemanden finden.

Er verharrte einen Moment, als er jemanden auf dem Boden liegen sah, doch dann beschleunigte er augenblicklich seine Schritte. Kurz vor der Gestalt blieb er stehen und kniete sich hin. Der Mensch lag auf dem Rücken. Seine Haare zerzaust und sein Anzug zerrissen. Eine Platzwunde hatte sein Gesicht mit Blut verschmiert. Zo'or streckte seinen rechten Arm aus und berührte Sandoval an der Schulter. Keine Reaktion. Er legte seine Hand an den Hals des Menschen. Er lebte. Vorsichtig schob er seine Hände unter den Oberkörper des Menschen, hob ihn leicht an und ließ ihn auf seinen Schoß sinken. Dann beugte er sich hinunter, um die Verletzung des Menschen genauer zu betrachten. Er strich ihm die Haare aus dem Gesicht und befühlte mit sanften Fingern die Wunde. Sandoval stöhnte leicht auf, doch hielt seine Augen geschlossen. Die Wunde fühlte sich warm, ja beinahe heiß an. Der ganze Körper des Menschen strahlte eine unglaubliche Wärme aus, die dem Taelon bisher nie bewusst gewesen war. Nun lag er in seinen Armen und gab leise, wimmernde Töne von sich. Zo'or betrachtete den Menschen nachdenklich. Er wirkte mit einem Mal so verletzlich, und auch so unschuldig.
Fasziniert strich er seinem ehemaligen Attaché mit der Hand über das Gesicht. Als einer seiner Finger dessen Mund streifte, zuckte Sandoval leicht. Er versuchte seinen Arm anzuheben, doch es schien ihm nicht gelingen zu wollen. Zo'or griff sanft seine Hand und umschloss sie mit seinen zierlichen Fingern. Nun schien der Mensch sich etwas zu entspannen.
Noch immer betrachtete Zo'or den Menschen, der in seinen Armen lag und sich an seine Hand klammerte. Diesen Mann, der ihn so oft verraten hatte. Und doch hatte er ihm immer wieder vergeben. Aus Gründen, die ihm bis vor wenigen Stunden selber nicht klar gewesen waren. Und nun...
Zo'or löste sanft seine Hand aus dem Griff des Mannes und legte sie erneut auf dessen Gesicht. Er berührte erneut dessen Mund und erhielt dieselbe Reaktion wie zuvor. Nur dass die Hand des Menschen diesmal die Kraft hatte ihr Ziel zu erreichen, und so griff sie nach Zo'ors Hand, die dieser gerade hatte wegziehen wollen, und presste sie zurück auf sein Gesicht. Dort hielt er sie fest und schmiegte sich näher an den Taelon.
Zuerst war Zo'or sehr verwirrt, doch dann starrte er auf den Menschen hinab, als wieder diese Gefühle in ihm aufwallten. Diese Gefühle, die so lange in ihm unterschwellig gelebt hatten. Nun waren sie da. Nicht mehr unterdrückt durch das Gemeinwesen.
Langsam beugte er sich zu dem Gesicht des Menschen hinunter, bis sie sich fast berührten und er den heißen Atem des Verletzen auf seiner ‚Haut’ spüren konnte. Er verharrte so, als sich plötzlich die Hand, die noch eben seine eigene festgehalten hatte, löste und nach seinem Gesicht tastete. Dann zog selbige ihn sanft die wenigen Millimeter hinunter, bis ihre Lippen sich berührten. Die Lippen des Menschen waren weich und warm. Sie öffneten sich leicht und umschlossen die des Taelons. Dieser war davon vollkommen überrascht und reagierte zuerst gar nicht darauf. Doch als die Lippen weiter nach seinen tasteten, imitierte er das Verhalten des Menschen.

Er hatte beinahe alles um sich herum vergessen, so fasziniert war er von dieser neuen Erfahrung, als ihn ein leichtes Ruckeln des Schiffes wieder zurück in die Realität holte. Er löste sich vorsichtig von dem Menschen und sah ihn noch einen Moment an, bevor er dessen rechten Arm griff und ihn sich um die Schulter legte. Dann stand er vorsichtig mit dem Menschen zusammen auf, der immer noch benommen war, aber offensichtlich in der Lage war zu gehen. Langsam bewegten sie sich in Richtung des mobilen Portals, mit dem Zo'or hierher gereist war.