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  „Die kastalische Quelle” von   Se'la   und   Lyra   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Entstehungsjahr: 2005
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Zo'or fühlt sich an Weihnachten genötigt sein literarisches Talent auf der Erde zu entdecken.
Zeitpunkt:  unbestimmt
Charaktere:  Zo'or, Sarah Everglen, Do'ren
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2005 geschrieben.
 

 

DIE KASTALISCHE QUELLE

 

Kühle Augen blicken in deine
werfen dich innerlich zu Boden
du spürst die Veränderung kommen
und blaue Dunkelheit umfängt dich
schleichend
Eine Krankheit macht sich breit in deinem Geist
zerstört deinen Willen zur Unkenntlichkeit
frisst dein Wesen und führt dich
zu Pfaden, die dir unbekannt waren
Das Weiß und die Kälte begleiten deine Schritte
Staub wirbelt auf
und legt sich um dich
verdeckt das Blut, das dich verfolgt
dämpft die Schreie, die deine Augen noch immer sehen
Deine Ohren wurden taub,
ein Aufblitzen
ihre Stimmen.

 

Gemütlich saß Zo'or in seinem Stuhl hoch oben auf dem Mutterschiff und betrachtete zufrieden seinen Herrschaftsbereich. Alle Freiwilligen hatte er fort geschickt, wer brauchte die denn schon wenn sie, egal was man ihnen sagte, mit einem Lächeln durch die Gegend liefen? Man konnte ihm gerne erzählen, dass Weihnachten ein Fest war, welches die Geburt eines Kindes feierte, aber ihm schien es eher ein harmloses Wort für eine gefährliche Krankheit zu sein. Und kranke Freiwillige wollte er gerade einfach absolut nicht in seiner Nähe haben. Er hatte zu arbeiten, wichtige Gedankengänge fanden in seinem Kopf statt, niemand konnte von ihm erwarten, dass er sich da stören ließ, sie würden sonst einfach zu schleppend laufen. Manchmal verliefen sie sich aber auch, das war ihm immer sehr unangenehm.
Nur das Gemeinwesen durfte ihn unterbrechen, aber dieses verhielt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt verhältnismäßig ruhig.
So konnte er auch distanziert die Texte, die vor ihm auf den Datenstrom erschienen, lesen. Während er so versunken war, analysierte er Funktion und Struktur der Texte. Dabei hoffte er, dass niemals jemand heraus fand, was er da gerade tat. Was auf der Brücke natürlich unglaublich unwahrscheinlich war, wie er sich selbst einsehen musste.
Mit einer Handbewegung öffnete er einen neuen Datenstrom und ließ sich durch diesen Bilder von der Erde zeigen, vorzugsweise jene, die besonders gut mit Weihnachten korrelierten, solche die Schneelandschaften zeigten und Menschen, die in dieser Zeit den unterschiedlichsten Aktivitäten nachgingen. Dann wanderte sein Blick wieder zurück zu dem Datenstrom neben dem Neuen, las sich noch einmal durch was er dort fand, öffnete dann wieder einen neuen, sodass er nunmehr drei aktiv hatte und fing langsam an, die Schrift dieser unterentwickelten Rasse zu benutzen. Er musste ja irgendeine Vergleichsmöglichkeit haben. Schon nach kurzer Zeit stockte er ratlos.

Was reimte sich eigentlich auf „Schnee”? Eventuell war es etwas ungünstig gewesen gerade dieses Wort ans Ende der Zeile zu setzen, vielleicht wäre es auch besser, kein Gedicht über das Wetter zu schreiben, auch wenn er Blitze sehr mochte. Zo'or löschte die wenigen Zeilen wieder, betrachtete die anfänglichen Datenströme und seufzte innerlich.
Die Regeln hatte er verstanden, warum war es ihm dann nicht möglich etwas so zu schreiben, wie es diese Menschen dauernd taten?
Wenn er ehrlich zu sich war, dann wollte er gar nicht wie die Menschen schreiben, es interessierte ihn auch eigentlich gar nicht. Gedichte waren ihm völlig egal, alles Lyrische dieser unterentwickelten Rasse wollte er eigentlich noch nicht einmal lesen und dennoch hatte er keine andere Wahl! Er musste schnell herausfinden wie man solche Sätze zustande brachte bevor er wieder so sprachlos im Gang stand wie erst vor wenigen Minuten, dies wollte er nicht noch einmal erleben. Als Synodenführer sollte er jeden überlegen sein, egal wem, und wenn er noch nicht einmal in der Lage war zu antworten...
Klar hatte er darüber nachgedacht, Da'an um Hilfe zu bitten, er wäre auch sicherlich in der Lage dazu gewesen, aber dieser Möglichkeit war er nur einen kurzen Augenblick in Gedanken gefolgt bevor er sich von ihr losgesagt hatte. Doch alleine eine Lösung zu finden stellte ihn vor Probleme, die er vorher nicht bedacht hatte.
„Der Schnee fällt auf die Erde
alle Menschen sind eine Herde.
Ich kann sie alle orten...”
Er unterbrach sich, da das irgendwie nicht ganz stimmig war. Er konnte eben nicht alle Menschen orten und leider stimmte auch das mit der Herde nicht ganz, wenn er sich denn als ihr Schäfer betrachten wollte. Unter diesen Umständen schienen sie doch zumindest sehr eigensinnig zu sein. Einige hätten demnach selbstzerstörerische Absichten und dann versteckten sie sich auch noch einfach, was Zo'or völlig überflüssig fand. Sein Werk würde allerdings dann stimmen, wenn er alle Menschen implantiert hätte, aber dann brauchte er sie nicht mehr zu orten, sondern nur noch in den Krieg zu schicken und da interessierte es ihn nicht mehr wo sie waren oder ob sie überhaupt noch da waren. Sie sollten ja nur möglichst viele Jaridians aus dem Weg räumen.
Vielleicht, so überlegte er, wäre es also doch leichter über das Wetter zu schreiben und über Weihnachten, nur wusste er auch nicht was sich auf dieses Fest reimte!
Irritiert hielt er inne als er im Internet auf eine Seite geriet, die ihn über alle Maße verwirrte. Nicht nur, dass dort Lyrik vertreten war, die noch nicht einmal einen Reim hatte, sie handelte offenbar auch noch von den Taelons. In den höchsten Tönen wurden sie dort gelobt und während er erfreut leuchtend auf der Brücke saß, kam er zu einer weiteren Erkenntnis. Man konnte völlig andere Wörter benutzen als sonst, so wurden „blaue Augen” auch mal zu „tiefe Seen”, was er ebenso wenig passend fand wie das, was er über Menschen geschrieben hatte. Was hatte denn ein See mit Augen zu tun, das waren grundverschiedene Dinge! Die Texte waren wirklich schlecht!
Seinen eigenen löschte er wieder, starrte daraufhin hinaus auf die Sterne, wanderte zum Fenster und wartete einfach. Er war sich sicher, dass ein derart intelligentes Wesen wie er doch irgendwann einmal einen Einfall haben musste.
Es dauerte natürlich nur seine Zeit, da es ja eben auch noch andere, wichtigere Dinge gab, über die er sich Sorgen machen musste.

 
* * *
 

Sarah Everglen ging zügigen Schrittes durch die Gänge des Mutterschiffs. Mit einer leichten, fast schon ungeduldig wirkenden Bewegung ihrer feingliedrigen Hand strich sie sich eine feuerrote Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Haare waren schon früher schwer zu bändigen gewesen und das hatte sich im Laufe der Jahre nicht im Mindesten verändert. Helle blaue Augen wanderten über die Muster der Wände die sie umgaben, während sie einmal mehr Freude verspürte für das Glück, das sie gehabt hatte, zum Dienst auf dem Mutterschiff versetzt worden zu sein. Ein leises Lächeln spiegelte sich einen Moment in ihren Augen wider, bevor diese ernst wurden, da sie sich schließlich auf ihre Arbeit konzentrieren musste.
Sie hatte noch nie verstanden, dass einige Leute gegen Taelons sein konnten, erst Recht nicht nachdem diese Lichtwesen ihre Mutter vor dem sicheren Tod bewahrt hatten. Sarah erinnerte sich noch gut an dem Tag, als ihre Mutter nach Hause kam, aus den Krankenhaus, mit bebenden Lippen und eine Erkenntnis in sich verbergend, die keiner erwartet hatte: Krebs. Sie hatte sich an diesen Wochenende frei genommen um ihre Eltern zu besuchen wozu sie bei ihren Beruf keine Zeit mehr fand. Sie blieb wochenlang bei ihren Eltern und verlor so auch beinahe ihren Job, doch es stand sehr schlecht um ihre Mutter. Schließlich hatte sie unzählige Chemotherapien und teure Maßnahmen hinter sich, sowohl Sarahs Geld als das auch ihres Vaters waren fast aufgebraucht. Und dann kamen die Taelons.
Mit ihrer hoch entwickelten Technologie schafften sie es, ihre Mutter zu heilen, das, was keinen der menschlichen Ärzte vorher gelungen war.
Dies war auch einer der Gründe, warum Sarah sie noch immer über alle Maßen verehrte und niemals vergessen würde, was die Taelons für sie getan hatten. Schon beim ersten Tag hatte sie es gefühlt, als sie auf dieses Schiff gekommen war und sich staunend und ein wenig ängstlich die blauen und violetten Muster an den Wänden angesehen hatte, schon da hatte sie gewusst, dass ihre Entscheidung richtig gewesen war.
Plötzlich hörte sie ein gemurmeltes „Hallo”, was sie aus ihren Gedanken riss. Als sie erkannte, dass nur ein anderer Freiwilliger vor ihr stand, lächelte sie leicht und begrüßte ihn mit einen knappen Kopfnicken. So plötzlich zurück in die Gegenwart geholt, erinnerte sie sich an die Aufgabe, die sie zugeteilt bekommen hatte und konzentrierte sich wieder vollkommen darauf, zu den Räumen zu gelangen, wo einer der anderen Freiwilligen stand, den sie abzulösen hatte. Beinahe hätte sie diese Aufgabe schon vergessen, doch sie wusste, dass ihr Implantat sie schon daran erinnert hätte.
Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie nicht merkte, dass sie auf der Brücke angekommen war, dort wo sie eigentlich gar nicht hatte hingehen wollen. Langsam ließ sie ihren Blick über die Brücke schweifen- und zuckte verwundert zurück, als sie eine Gestalt am Fenster stehen sah. Vorsichtig trat sie einen Schritt näher und betrachtete die Datenströme. Sie war sich nicht sicher ob Zo'or, der Führer der Synode, begeistert sein würde wenn er sie hier sehen würde, da es offensichtlich war, dass er nicht gestört werden wollte. Deswegen wandte sie sich langsam wieder zum gehen.

„Der Himmel ist blau, die Wolken so grau...” dachte er angestrengt und merkte, dass es schon wieder etwas anderes wurde, als er eigentlich wollte, fallende Sterne waren etwas worüber man zu Festen dichten konnte, nur war es eher so, dass er diese Kometen nennen würde, oder in gewissen Situationen auch Sternschnuppen. Offenbar musste er das wohl aber ebenfalls so handhaben, wenn er Erfolg mit seinem Vorhaben haben wollte.
So sehr er auch abgelenkt war, den Menschen, der da in sein Refugium eintrat bemerkte er sofort, gab diesem aber etwas Zeit zu verschwinden, dann drehte er sich langsam um.
Eine Freiwillige. So etwas konnte er nun ganz und gar nicht gebrauchen, erst Recht nicht mit seinen Datenströmen, die er nun mit einer nachlässigen Bewegung schloss.
„Gibt es Probleme, Freiwillige?” fragte er in einem kalten, abweisenden Ton, der fast schon typisch für ihn war, auch wenn er zugeben musste, dass es ihm gar nicht so ungelegen kam, dass sie nun da war. Vielleicht konnte sie ja... nein, vorerst würde er wachsam sein, ob sie vielleicht auch schon angesteckt war.

Durch den Klang seiner Stimme aufgeschreckt, wandte sich Sarah langsam wieder zu ihm um. Etwas nervös meinte sie: „Nein, Zo'or. Es tut mir Leid für diese Störung, ich werde mich sofort auf den Weg zur Ablösung machen!”
Mit diesen Worten schickte sie sich an Zo'or wieder zu verlassen, warf ihm jedoch noch einen letzten absichernden Blick zu, den der Taelon nicht übersah. Aber erst als sie schon einige Schritte gegangen war, hielt er sie mit einem kurzen Ruf zurück. „Warten Sie einen Moment, Freiwillige!”
Wieder stockte Sarah mitten im Schritt. „Ja, Zo'or?” antwortete sie mit einem fragenden Blick und überlegte, was er von ihr verlangen konnte, wo er doch offensichtlich hatte allein sein wollen.
Einen Moment zögerte er noch, dann endlich rang er sich zu einer Entscheidung durch.
„Haben Sie Wissen über die Poesie ihrer Kultur und die Vorgehensweise Ihrer... Dichter, wenn sie Ideen brauchen?”
Obwohl verwundert über diese Frage antwortet Sarah zögernd: „Nun ja...also ein wenig kenne ich mich schon damit aus.”
„Gut. Sie sind hiermit von ihren Dienst entbunden,” beschloss Zo'or, brachte einen entsprechenden Hinweis in den Systemen an und fragte weiter. „Wissen Sie wie diese Dichter zu ihren Themen kamen... ihrer Muse?”
Verwirrt, dass er sie einfach so ihren Pflichten entbunden hatte, meinte sie: „Nun ja...” begann sie und musste einen Moment über diese schwerwiegende und für einen Taelon offenbar sehr wichtige Frage nachdenken. Schließlich meinte sie: „In Griechenland gibt es eine heilige Quelle, die kastalische Quelle. Sie soll ein Sinnbild für dichterische Begeisterung sein, da sie den Musen geheiligt wurde, die griechische Schutzgöttinnen der Musik und Dichtung sind. Deswegen kann man dort wohl sehr viel dichterische Inspiration ausschöpfen”
Fast schon misstrauisch sah er sie an. Das konnte kaum die einzige Möglichkeit sein, aber sie gefiel ihm gut und er wusste auch schon, wer ihn dort hinfliegen sollte.
„Sie werden mich dorthin fliegen! Sofort!” befahl er entschlossen und trat bereits auf sie zu, ging an ihr vorbei und schlug die Richtung zum Shuttlehangar ein. Seinen Beschützer würde er nicht brauchen, wenn er sich recht entsann war es auf der Erde Nacht, zumindest dort, wo er hin wollte und er hatte wenig Lust darauf Sandoval dauernd neben sich zu haben, er würde die Inspirationskraft der Quelle mindern! Die Freiwillige musste genügen für das, was er vorhatte.
Gerade dann erinnerte er sich an etwas, ging zu seinem Stuhl zurück und holte eine Speichereinheit hervor, irgendwie musste er ja seine Gedanken aufzeichnen können. Danach sah er auffordernd die Freiwillige an. „Wie ist Ihr Name?” wollte er einer Eingebung folgend wissen, so hatte er jemanden den er zur Verantwortung ziehen konnte, sollte etwas schief laufen.
Überrascht über die plötzliche Entschlossenheit Zo'ors brauchte sie einen Moment lang, um überhaupt zu registrieren, dass er ihr eine Frage gestellt hatte. „Mein Name ist Sarah. Sarah Everglen” Sie war verblüfft über seinen plötzlichen Befehl, ihn dorthin zu fliegen, wusste jedoch, dass es wohl keinen Sinn machte, ihn zu widersprechen oder ihm diese Idee gar auszureden. Eigentlich verspürte sie nicht den Drang, wieder auf die Erde zurückzukehren, wenn auch nur für kurze Zeit, da sie schon lange nicht mehr außerhalb des Mutterschiffes gewesen war. Doch andererseits war es eine Ehre, den Führer der Synode auf diese Reise begleiten zu dürfen. So ging sie dem Taelon hinterher, der kaum ihre Antwort abgewartet hatte und von einer ungewöhnlichen Hektik ergriffen zu sein schien.

Schon kurze Zeit später waren sie auf der Erde angekommen, Sarah hatte es auf den Flug noch geschafft, einige Vorkehrungen zu treffen, die für die Sicherheit ihres taelonischen Schützlings sorgen sollten und führte ihn nun über die beleuchtete Ausgrabungsstätte. Die „Betreiber” waren schon informiert worden, dennoch sah sie sich nervös um, in dem Wissen dass alle Schuld auf sie fallen würde, wenn Zo'or etwas in ihrer Gegenwart passierte.
Dieser wusste währenddessen nichts von ihren Bedenken, schritt langsam über die Anlage, erkannte dabei diese Säulen, welche aussahen, als hätten sie einmal einen Kreis gebildet, als das Orakel von Delphi. Doch nun suchte er nach völlig anderen Dingen, irgendwo dort musste diese Quelle sein. Diese wollte er aber alleine finden!
„Sie bleiben hier, Freiwillige. Ich möchte nicht mehr gestört werden!” befahl er knapp. Es war nämlich seine Quelle, und Sarah durfte ihn diese nicht vorher wegnehmen. Ohne eine Erwiderung abzuwarten wanderte er weiter, immer nach seiner Muse Ausschau haltend. Er fragte sich, wie diese wohl aussehen würde und freute sich auf den Moment, in dem sie ihm gegenüber stehen und einen Text geben würde, der eines Synodenführers würdig war.

Verblüfft blieb Sarah stehen. Sollte sie wirklich hier auf ihn warten? Sie wagte es nicht, Zo'or zu widersprechen, blieb deswegen stehen und sah sich um, immer wachsam darauf bedacht, Zo'or nicht aus den Augen zu verlieren. Kühles, blasses Mondlicht beleuchtete die Ruinen und tauchte die ganze Landschaft in ein verträumtes Licht. Zo'or war nun mehr nur noch als Schemen erkennbar, was nicht gerade zu Sarahs Beruhigung beitrug.
Sie beobachtete, wie er nun beinahe am Orakel angelangt war, dessen dunkle Schemen sich vor dem Horizont abhoben, jedoch ab und zu im Lauf stockte, wie als wäre er nicht sicher, ob er wirklich weiter auf die Quelle zutreten sollte. Sein Verhalten kam Sarah eh merkwürdig vor, vor allem die Tatsache, dass er ganz ohne Beschützer hierher gereist war. Ungeduldig ließ sie ihren Blick über die Landschaft schweifen und hoffte, das Zo'or endlich zur Vernunft kommen und mit ihr zurück reisen würde.
Erst nach einer Weile fiel diesem auf, wie unsinnig sein Verhalten war, er bewegte sich alleine auf der Erde, ohne einen Beschützer in den Ruinen einer unterentwickelten Rasse, die zur Zeit der Erbauung der nunmehr zerfallenen Gebäude noch viel tiefer standen, als sie es jetzt schon waren! Und er versuchte von dort aus einen Weg zu finden primitive Texte zu schreiben! Im gleichen Moment fiel ihm allerdings auch ein, warum er es tat und seufzte einmal mehr innerlich. So lange es niemand erfahren konnte... er musste nur dafür sorgen, dass die Freiwillige schwieg, aber das traute er sich trotz dieser wahnsinnigen Aktion noch zu.

Es dauerte noch etwas bis er zu einer Felswand kam, in der ein Abschnitt leicht rötlich gefärbt war und zwei Löcher, wie Durchgänge, zu erkennen waren. Die Umgebung hatte sonst die normale graue Farbe, wie er es auch sonst von Felsen gewohnt war und er konnte einige grüne Büsche erkennen, welche der Umgebung etwas freundlicheres gaben, als man auf den ersten Blick denken könnte. Dennoch fühlte er sich dort nicht wohl, die Umgebung war ihm fremd, auch wenn er sich sicher war, am richtigen Ort angekommen zu sein.
Leise trat er näher auf die Wand zu, sah sich absichernd um, dass niemand in der Nähe war, bis er wenige Treppenstufen erreichte, die ihn auch zu den Durchgängen führten. Doch ging er nicht dort hin, sondern setzte sich statt dessen auf die Stufen und schaute hinauf zu den Sternen, hörte sehr nahe das Wasser leise rauschen und holte seine Speichereinheit hervor um erste Gedanken in Worte fassen zu können, die einem Gedicht gleichkamen.
Eine Weile saß er dort und wartete, doch es kam nichts. Keine spektakulären Gedanken, die er hätte aufschreiben können und doch ließ er sich im Geiste fallen. Er achtete weniger auf seine Verbindung zum Gemeinwesen, bekam dadurch viel mehr mit als unter anderen Umständen, erinnerte sich letztendlich an dieses unsägliche Fest der Menschen und dass er darüber etwas hatte schreiben wollen. Diesen Gedanken verfolgte er, ohne schon nach Wörtern zu suchen und verwob ihn mit der Vergangenheit seines Volkes. Die Geburt dieses Kindes hatte in der Geschichte der Menschheit für Kriege gesorgt und wenn es auch nicht mit dem ihrem zu vergleichen war, so erinnerte es ihn doch daran. Doch viel mehr tauchten Bilder des Planeten auf, der seine Heimat war und er wusste, was er schreiben musste.
Nun schrieb er nicht mehr in der menschlichen Schrift, sondern in jener, welcher seiner Rasse eigen war und für die er sich nun nach langer Zeit völlig öffnen konnte. Alles schien ihm klar, während ein Symbol dem nächsten folgte, vielfältige Bedeutungen entstanden und er seine Heimat beschrieb wie sie nun war und damit den Verlust für alle überdeutlich darstellte, ohne auch nur eine Wendung zu benutzen, die auf seine Absichten schließen ließ, nicht nur einen Ort beschreiben zu wollen. Zum ersten Mal in seinen Leben befand er sich in einem Fluss, aus dem er keine Veranlassung sah, wieder auszusteigen und dem er nur zu gerne folgte, egal wohin er ihn letztendlich führen sollte. Er hatte sich noch niemals derart frei gefühlt wie in diesen Momenten.

 
* * *
 

Es war am anderen Tag, als er wieder auf dem Mutterschiff ankam, doch hatte das für ihn keine Bedeutung. Zo'or wusste, dass er auf ihn wartete, so wie er es immer getan hatte, jedes Mal, wenn sie sich wieder trafen.
In der Hand hielt er fest umschlossen einen Datenkristall und nervös beeilte er sich zu seinem Ziel zu kommen, bevor ihn dann doch seine Entschlossenheit verließ.
Vor dem geschlossenen Durchgang blieb er zögernd stehen. Ob das alles wirklich so eine gute Idee gewesen war? An diesen Tag war Weihnachten, in gewisser Weise war sein Kommen und der Datenkristall durchaus passend, selbst wenn kein Taelon dieses Fest feierte. Zudem heute der Tag war, an dem er es ihm endlich heimzahlen konnte, ein weiteres Mal würde er nicht sprachlos sein, keine entsprechende Erwiderung haben, er würde genauso viel verstehen wie er! Nein, nicht nur wie er, er würde ihm überlegen sein.
Der Durchgang vor ihm öffnete sich und er trat ein. An einem Fenster stand ein verhältnismäßig kleiner Taelon, der sich zu Zo'or umdrehte, kaum dass dieser eingetreten war.
„Zo'or, ich freue mich dich wiederzusehen!” begrüßte er ihn mit entsprechenden Handbewegungen und in seinen Augen funkelte es.
„Do'ren,” antwortete Zo'or nur und begrüßte ihn mit knappen Bewegungen. Dann schwieg er wieder, tatsächlich leicht unsicher, wie er es immer in seiner Gegenwart war. Do'ren war nicht normal, dies zeigte allein schon seine besondere Begabung im Umgang mit Wörtern und Zo'or wollte ihm beweisen, dass er ebenso gut war, das versuchte er schon seit mehreren Jahrhunderten, seit er ihn damals als sehr junger Taelon kennen gelernt hatte.
Gerade aus diesem Grund reichte er ihm nun mit einer schnellen Bewegung den Datenkristall und sah ihn triumphierend an, während der andere nur einen leicht verwirrten Eindruck machte, dann beim Abrufen der Daten leicht lächelnd einen Blick in Richtung Zo'or warf. Er hatte tatsächlich die Welten gewechselt.

 

Sie sind Sterne unseres Lebens
blitzen auf unseren Wegen
wandern in der Zeit
bringen uns das Heil
Ihr Kommen weckte uns
sie holten uns
zurück in unsere Welt
Alles Leid verschwand
und deine Augen spiegeln ihr Wesen
Sie sind gleich unseren Göttern
wir sind ihre Kinder-
Du wartest
sehnsüchtig
nur ein Wort zu hören
von ihrem Gesang
deinen Namen aus ihrem Mund
sie sind dein Leben
zeigen dir Wege
die zur Erfüllung führen
wir sind eins.

 

ENDE

 

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