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  „Eine unendliche Geschichte von Liebe und Krieg” von   Hydra
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autoren.
 
Handlung:  Augur und Renee kommen zu Dr. Parks, doch dort läuft nicht alles so, wie sie es sich gewünscht hatten. Zo'or und Fe'lun führen eine für beide Seiten unerfreuliche Unterhaltung. Augur stattet Lili im Krankenhaus einen Besuch ab, bei dem er eine interessante Bekanntschaft macht. Nyan und Liam machen sich besorgt auf die Suche auf den verschwundenen Boone
Zeitpunkt:  dritte Staffel
Charaktere:  Nyan, Liam, Lili, Augur, Renee, Melissa Parks, Zo'or, Fe'lun, Sanyn
 

 

EINE UNENDLICHE GESCHICHTE VON LIEBE UND KRIEG

Kapitel 7

 

Er hatte Hunger, ganz einfach Hunger. Als er daran dachte, erhielt er sofort einen beruhigenden Impuls von Nyan, der ihm versicherte, dass er bald Nahrung erhalten würde.
Dieser gedankliche Kontakt war etwas, was Liam faszinierte. Nachdem er aufgehört hatte, zu versuchen, sich aus dieser Situation zu befreien, da er eingesehen hatte, dass er es nicht schaffen konnte, hatte er begonnen, es gar nicht mal so unangenehm in diesem Körper zu finden. Es war warm, aber nicht zu warm. Er war in einer merkwürdigen Position, die aber nicht unangenehm war, nur ungewohnt. Und er erlebte alles mit, was Nyan erlebte. Seine Wut und seine Fröhlichkeit. Er hatte angefangen das schätzen zu lernen, wovon Boone während ihres gesamten Aufenthaltes bei den Geryns geschwärmt hatte: Ihre natürliche Freundlichkeit und Fröhlichkeit. Nyan umsorgte ihn. Er wusste, dass der Geryn ihn als Gefahr betrachtete, aber trotzdem behandelte er ihn gut und sorgte dafür, dass er sich so wohl wie möglich fühlte. Und diese Fröhlichkeit, eine innere Fröhlichkeit, die unentwegt von Nyan auf ihn einströmte. Es war unglaublich und er mochte es. Das Schlimme war nur, dass Nyan immer dann andere Gefühle entwickelte, wenn er oder die Kimera im Allgemeinen ins Spiel kam. Und leider, leider musste er Nyan verstehen. Er hatte die Bilder gesehen, die Nyan gesehen hatte, als er Boone von den Taten der Kimera erzählt hatte. Und es war schrecklich. Nur seine Wut darüber, hier gefangen zu sein, ließ ihn die Scham nicht spüren, die er empfand. Und Angst. Was würden sie mit ihm machen? Er konnte doch nichts dafür, und er hatte bisher niemandem geschadet, wollte es auch nicht. Er versuchte, mit Nyan zu verhandeln und der Geryn reagierte jeweils wie sein Spiegelbild: Argumentierte er bittend und freundlich, so antworte Nyan mit einem freundlichen „Nein, Liam.”, war er wütend und verzweifelt, wurde auch Nyan wütend, da er ihn so behandelte und da er ihm seine Aggressionen zeigte, und dann erhielt er ein „Vergiss es, Kimera!”
Liam seufzte. Lili hatte für ihn gekämpft. Er dankte ihr dafür und jetzt wusste er endlich, was in naher Zukunft mit ihm geschehen würde: Zurück zu den Geryn und dann würde entschieden werden. Verdammt! Sein Hunger war erst mal verschwunden.

 
* * *
 

Renee sah Augur fragend an. „Meinst Du wirklich nicht, dass sie uns hier finden werden? In den hinteren Räumen einer Arztpraxis?”
Augur stellte sich mit verschränkten Armen vor die blonde Frau. „Was ist wohl wichtiger? Dass Julia erst mal medizinisch versorgt wird oder dass wir hier zweihundertprozentig sicher sind?”
Seufzend legte sich Renee auf den Untersuchungstisch. „Einhundertprozentig würde mir auch erst mal reichen.”
Dr. Parks lächelte sie an. „Ich bin bald fertig, Ms. Palmer. Ich muss jetzt nur noch Sie durchchecken und dann können Sie erst mal gehen. Für Julia hat Augur schon einen sicheren Ort gefunden, im Krankenhaus, so dass sie unter medizinischer Aufsicht bleiben kann bis sie genesen ist. Und Sie ...” Die Ärztin stockte. Sie hatte da etwas in Renees Körper entdeckt, was ihr gar nicht gefiel.
„Was ist los?”, fragte Renee besorgt.
„Ich muss es mir erst noch genauer ansehen.”
Augur zog seine Augenbrauen leicht zusammen und stellte sich hinter die Ärztin. „Scheiße! Wenn es das ist, wonach es aussieht, dann haben wir ein riesiges Problem.”
Dr. Parks reagierte nicht, denn sie würde die größten Probleme kriegen. Bisher war sie den Taelons noch nicht aufgefallen und sie hatte auch keine Lust ein Leben im Untergrund zu führen. Sie war gerne Ärztin. Aber noch weniger Lust hatte sie auf die Behandlungsmethoden der Taelons. „Leider ist es das, Augur. Ich muss sie jetzt aber noch zu Ende untersuchen, nicht dass sie ihr noch mehr implantiert haben.” Renees Augen vergrößerten sich vor Schreck. „Was haben sie mir eingepflanzt?”
„Eine Wanze und wahrscheinlich auch einen Peilsender. Und jetzt wissen sie auch, dass wir das wissen.”
In diesem Moment schüttelte Parks den Kopf. „Mal von den CVI-Vorläufern, die sie schon länger im Gehirn haben, abgesehen, habe ich nichts Weiteres gefunden. Leider brauche ich etwas, um die Operation vorzubereiten. Aber ich beeile mich so schnell ich kann. Währenddessen fing Augur an, ihre Abreise vorzubereiten. Er verließ den Raum, in dem Glauben hier nicht gebraucht zu werden.

Unterdessen lag Renee wie betäubt auf dem Untersuchungstisch. Was hatte Dr. Park eben gesagt? Vorläufer eines CVIs? In ihrem Gehirn? Die Fragen stürmten nur so auf sie ein. Nur mühsam bekam sie die aufsteigende Panik in den Griff und drehte den Kopf zu der an den Apparaten hantierenden Ärztin.
„Dr. Park?”
„Ja.” Parks Ton war schroff.
„Was ist mit diesen CVIs? Sie sagten etwas von Vorläufern? Wie...”
„Ich hab keine Ahnung, wann es Ihnen implantiert wurde”, unterbrach die Ärztin sie gestresst.
„Dann finden Sie es gefälligst heraus! Wozu sind sie Ärztin!” Renee merkte, wie sie wütend wurde.
„So einfach wie Sie sich das vorstellen ist es nicht!”, giftete die andere Frau zurück.
„Von einfach hab ich nichts gesagt.” Renee richtete sich auf und starrte ihr Gegenüber angriffslustig an. „Sie haben vor, in meinem Gehirn ist herumgestochert worden und ich will gefälligst wissen, was genau los ist!”
„Als medizinischer Laie verstehen Sie das nicht so ohne weiteres!”, genervt drehte sich Park wieder zu ihren Apparaten.
Mit einem Satz war Renee von dem Untersuchungstisch gesprungen und packte Dr. Park am Kittel. „Ich will jetzt SOFORT wissen, was sich genau in meinem Gehirn befindet!”
„Legen Sie sich gefälligst wieder hin! Sie vergessen wohl, dass ich die einzige bin, die Ihnen helfen kann!”, gab die Ärztin nicht weniger erbost zurück und stieß Renee von sich. Mit einem Aufschrei wollte sich Renee auf die Frau stürzen, als Augur in die Szene platzte.
„Mädchen, Mädchen, was soll dieses Gezänk?”, meinte er spöttisch.
Renee stoppte in ihrer Bewegung und fuhr herum.
„Halt dich gefälligst raus! Was verstehst du schon, du hast ja kein CVI in deinem Kopf.”
„Wozu auch? Ich bin so schon intelligent genug!”, gab Augur mit einem breiten Grinsen zurück.
„Du...” wütend stürzte Renee auf Augur zu, der abwehrende die Arme hob. Doch auf halben Weg hob Renee plötzlich die Hände an die Schläfen. Mit einem Stöhnen brach sie zusammen und krümmte sich vor Schmerzen auf dem Boden. Während Augur nur erschrocken zusah, stürzte Dr. Park zu ihr.
„Was ist los?”, fragte Augur verdattert.
„Das CVI! Diese außerirdischen Bestien müssen irgendwie die Entfaltung des CVIs in Gang gesetzt haben.”
„Verdammt!” Augur drehte sich um und packte seine Jacke.
„Was wollen Sie tun?”
„Ich verschwinde!”
„WAS???”
„Wenn die Taelons das tatsächlich getan haben, dann sind sicher bald ein Haufen Freiwilliger da. Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich will denen nicht begegnen.”
„Ja, aber Renee...”
„Der kann ich im Moment wohl kaum helfen. Tun Sie es, wenn Sie es nicht lassen können. Ich werde wo anders als in einer Zelle auf dem Mutterschiff gebraucht!”
Ohne sich noch einmal umzusehen rannte Augur aus dem Raum.

 
* * *
 

Augur wusste nicht recht, wo er hin sollte. Seine Wohnung war bekannt und ansonsten? Er dachte da an einen alten Freund. Vielleicht konnte er den mal anrufen? Nach so langer Zeit? Er musste noch einmal in seine Wohnung zurück. So viele Sachen, die noch dort waren, Daten. Und eigentlich kannte auch nur Da'an dieses Versteck. Die anderen Taelons nicht und es würde für Da'an bestimmt Schwierigkeiten bedeuten, wenn sie wüssten, dass ihm der Ort des ehemaligen Hauptquartiers des Widerstands bekannt war. Der Hacker lächelte.
Ein paar Ablenkungsmanöver für die Freiwilligen, die ihm hoffentlich nicht folgten, aber er musste auf Nummer sicher gehen, und dann würde er erst einmal sein Widersehen mit Lili genießen.

 
* * *
 

Dr. Parks blieb keine Zeit mehr. Augur war vor fünf Minuten gegangen. Sie wollte zumindest noch die Wanze aus Renee Palmer entfernen, sonst würden sie, Sie und die Verstecke des Widerstandes immer wieder aufspüren können.
Parks arbeitete starr und kalt, professionell. Jetzt wussten die Taelons es. Sie würde fliehen müssen. Wohin sollte sie gehen? Der Widerstand war schwach geworden, so schwach, dass er ihr keine neue Identität mehr geben konnte. Ob Joshua Doors ihr helfen würde?
Sie konzentrierte sich auf die Operation. Palmer, sie war doch CEO von Doors. Könnte sie ihr helfen?
Parks wendete sich ab. Dies alles war verrückt, so verrückt. Sie hätte nie gedacht, dass sie mal in einer derartigen Situation stecken würde. Und in dieser gefährlichen Situation saß sie da und schrieb einen Zettel, einen Vertrag.
„Unterschreiben Sie das!”, meinte sie zu Palmer und drückte ihr einen Stift in die Hand.
„Wir sollen Ihnen...?” Gerade noch rechtzeitig dachte Renee an die Wanze. Dann nickte sie und unterschrieb.
Dr. Parks faltete den Zettel schnell und steckte ihn in ihre Tasche. Sie war erleichtert, sie hatte wieder eine Zukunft.
Die Wanze war entfernt. Renee zog ihre Schuhe wieder an, Parks zog ihren Kittel aus und machte ihre Tasche fertig.

Und dann waren sie da. Sie hatten keine Chance. Was konnten sie schon tun? Parks schüttete einem Freiwilligen Medizin ins Gesicht, verteilte Spritzen gegen die undurchlässigen Uniformen. Man konnte nicht sagen, dass sie nicht alles getan hätte. Und Renee war noch schwach von der Operation. Ihre Waffe verletzte mit jeder Kugel einen Freiwilligen, aber es waren zu viele.
Sie nahmen sie mit. Hochbewaffnet. Ohne eine Möglichkeit zur Flucht. Und Parks war froh, dass sie gerade eine kleine Ampulle in ihre Hosentasche gesteckt hatte, bevor sie überrascht wurden.

 
* * *
 

Verärgert saß Zo'or auf dem Mutterschiff. Diese verdammte Ärztin hatte das Implantat zu früh entdeckt. Jetzt hatten sie nur sie aufgedeckt, keine Verstecke oder wichtige Personen des Widerstandes. Und so nervös wie sie geworden war, als sie von der Wanze erfahren hatte, konnte sie kein wichtiges Mitglied des Widerstandes sein. Aber als Ärztin wusste sie sicherlich eine ganze Menge. Er würde ihr schon bald einen Besuch abstatten. Und wenn T'than mit seinem Spielzeug beschäftigt war, hatte er auch Ruhe vor ihm.

Zo'or machte sich auf den Weg. Fe'lun kam ihm in den Sinn. Er hatte versagt, er hatte nicht erfahren, welche Person noch von den Daten wusste. Das gefiel Zo'or gar nicht. Aber die Daten waren nicht gefährlich. Zo'or musste Ro'ans Kunst, Daten so zu manipulieren, dass sie bedeutend wirkten, anerkennen, trotz seines Verrates. Was Da'an mit ihm gemacht hatte, hatte Zo'or noch immer nicht erfahren. Aber zumindest würde die Synode in wenigen Stunden zusammentreten, um zu entscheiden, was mit Ro'an geschah. Dass er Feinden wichtige Informationen zugespielt und sie so in Gefahr gebracht hatte, konnte ihm jedenfalls nicht vorgeworfen werden. Aber andere Dinge.

Fe'lun war unter der Energiedusche. Er wirkte erschöpft. Verächtlich schaltete Zo'or den Energiefluss ab und wartete darauf, dass Fe'lun in diese Dimension zurück gelangte. Er würde ihm zeigen, wie man Informationen erhielt.
Der andere Taelon richtete sich überrascht auf. „Zo'or!?”
„Komm mit mir!” Verdutzt schritt Fe'lun Zo'or hinterher. Zo'or war der Führer der Synode, was sollte er machen? Jeder andere Taelon hätte ihn nicht ohne weiteres in seiner Regenerationsphase stören dürfen.
Er nahm seine menschliche Gestalt an und trat auf den Gang, wo Zo'or schon wartete. Und Zo'or mochte es nicht zu warten...

„Also, was willst du, Zo'or?”, fragte Fe'lun ergeben und trottete müde und missmutig neben dem Synodenführer durch die Gänge. Wenn Zo'or schon so unverschämt war, dann konnte er nicht auch noch erwarten, dass man besonders freundlich zu ihm war.
Zo'or blieb stehen und starrte ihn mit funkelnden Augen an. „Was ich will? Ich will, dass du mir bei der Vernichtung des menschlichen Widerstandes hilfst! Schließlich hast du bei dem Verhör versagt, du nichtsnutziger Trottel!”
Fe'lun blieb ebenfalls stehen und sah Zo'or gelangweilt an. „'Nichtsnutziger Trottel'? Deine Beschimpfungen waren auch schon mal origineller!”
Aus dem Konzept gebracht starrte Zo'or sein Gegenüber einen Moment irritiert an und zuckte dann gleichgültig mit den Schultern. „Was soll ich machen? Ich hab nicht mehr so viel Zeit wie früher, um die Talkshows zu verfolgen und Thompsons Beobachtungsprotokolle geben diesbezüglich einfach nichts Besseres her. - Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du versagt hast!”
„Wieso versagt? Wer behauptet, dass ich versagt hätte?”
Verdattert sah Zo'or Fe'lun an, welcher sich gleich ein wenig besser fühlte. Dieser Anblick entschädigte einen für viele Stunden unter dem Energiestrom. Er genoss ihn noch etwas, bis er sich zu einer Erklärung bequemte. „Du wolltest den Aufenthaltsort der Person, die die Daten hat. Gut, ich hab ihn herausbekommen. Du musst deine Leute nur noch zu den Koordinaten schicken, die ich dir jederzeit mitteilen kann.”
„WIE??? Du hast diese Daten und legst dich erst mal unter den Energiestrom? Bist du wahnsinnig??? Was wenn sie gewarnt wurde und jetzt geflohen ist?”
Verunsichert sah Fe'lun zu Boden. Es dämmerte ihm, dass das keine so gute Idee gewesen war, aber er war so müde gewesen von diesem unsäglichen Verhör mit diesem unmöglichen Menschen und außerdem hatte er gedacht, dass Zo'or ruhig einmal ein wenig warten könnte. „Warum sollte sie gewarnt werden?”, stammelte er zu seiner Verteidigung. „Es weiß doch kein Mensch etwas außer diesem Augur...”
Überrascht beobachtet Fe'lun aus den Augenwinkeln, wie nun Zo'or ebenfalls begann, verlegen den Boden zu mustern. „Der ist mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Ich hab ihn befreien lassen, damit er mich zu dieser Person führt. Leider hat nicht alles so gut geklappt...”
Eine Weile lang betrachteten sie beide eingehend den Boden zu ihren Füßen. Schließlich räusperte sich Fe'lun. „Ich bedauere sehr, dass mir dieser Augur nie Näheres über diese dritte Person gesagt hat, sondern sich in der Folter als ungewöhnlich hart im Nehmen erwies. Folglich hattest du keine andere Wahl, als den Mann laufen zu lassen...”
Zo'or nickte bedächtig. „Ja, und bedauerlicherweise sind die Verhörprotokolle ja aus Versehen gelöscht worden. - Vielleicht solltest du jetzt noch mal die Satellitendaten überprüfen.”
„Gute Idee, vielleicht finde ich ja durch Zufall die Adresse, an die die Daten geschickt wurden.”
„Ich wünsch dir viel Erfolg dabei, Fe'lun.”
„Danke, Zo'or.”
Die beiden Taelons tauschten noch einmal einen vielsagenden Blick und gingen dann in verschiedene Richtungen davon.

 
* * *
 

Parks lehnte sich an die Wand aus bioorganischem Material. Sie hatte Angst, verdammt Angst. Ihre Hand umklammerte die kleine Ampulle. Ein Schluck und sie wäre von ihrer Angst befreit. Und doch traute sie sich noch nicht, so weit zu gehen, ihr Leben zu beenden. Noch nicht. Vielleicht würde sie noch gerettet werden? Vielleicht würden sie, sie nicht quälen, wenn sie ihnen sagte, was sie wusste? Sie wusste, sie würde alles sagen, nur um nicht gefoltert zu werden. Der Alptraum, ein schrecklicher Alptraum, der zu ihrer Realität geworden war. Dabei hatte sie doch lange genug Zeit gehabt, sich an diese Möglichkeit zu gewöhnen. Seit sie bei der Widerstandsbewegung begonnen hatte. Sie hatte es immer verdrängt. Wer denkt schon gern an die Möglichkeit, gefoltert zu werden?
„Parks”, hatte dieser Sandoval sie genannt, „Parks”, mit einem leichten, sadistischen Lächeln auf den Lippen. Sie hatte sich vorgestellt, wie er sich schon darauf freute, sie zu verhören. Aber sie war nicht Parks. Sie war Melissa. Das war ihr hier so wichtig, das einzige Vertraute und Persönliche, ihr Name. Melissa. Ob ihre Mutter je gedacht hatte, dass sie mal so enden könnte? Melissa seufzte auf, das Gift in den Händen. Die Ampulle war so klein, so klein, dass sie in ihre Mundhöhle passte, ohne sie am Sprechen zu hindern, mit einem hochwirksamen Gift, das nur eine kleine Dosis benötigte. Daran hatte sie gedacht. Seit sie bei der Widerstandsbewegung angefangen hatte.
Sie würden ihre Arme fesseln. Sie musste sich vorbereiten.

 
* * *
 

Augur lächelte zufrieden. Er würde ein paar Tage bei David bleiben können. Seine Klamotten, sowie ein leistungsfähiger Rechner waren schon in dessen Wohnung. Alle wichtigen Daten auf zwei Disketten in seiner durch einen Knopf verschlossenen Brusttasche. Seine Wohnung war also leer. Nur die Bilder waren noch da, und sein Hologramm. Es war ihm schwer gefallen sich von seinem Zuhause zu verabschieden, sehr schwer. Er hatte es versiegelt, irgendwann würde er zurückkommen können. Er wusste es.
Jetzt war er erst einmal auf dem Weg zu Lili. Er freute sich wahnsinnig auf sie.
Er überprüfte auf einer Toilette im Krankenhaus noch einmal sein Aussehen und ging dann direkt zu ihrem Zimmer.

Gerade als er die Türklinke herunter drücken wollte, sah er aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Irritiert blickte er sich um. Da, es spiegelte sich etwas auf einem Metalltisch. Augur schlich zum Fenster und lugte vorsichtig in die Richtung, aus der die Spiegelung zu kommen schien. Nichts. Schnell tippte er an seiner Brille um den Brechungsgrad der Gläser zu verändern und... da! Auf dem gegenüberliegenden Dach stand, gut versteckt, ein bewaffneter Mann!
Augur dachte nicht zweimal nach. So schnell er konnte, rannte er zu Lilis Zimmer, stieß die Türe auf und stürmte hinein. Lili, die gerade dabei war ihre Sachen aufzuräumen, fuhr erschrocken herum.
„Aug...” Sie kam nicht dazu ihren erfreuten Ausruf zu beenden, da wurde sie schon bei der Hand gepackt.
„Weg hier! Freiwillige!”, zischte ihr Augur zu und zog sie aus dem Zimmer, bevor sie auch nur nach Luft schnappen konnte.
Doch sie besann sich schnell.
„Nicht da entlang, Augur!”
Trotz ihrer momentanen Schwäche schaffte sie es Augurs Schwung zu bremsen und ihn in die andere Richtung zu bugsieren.
„Aber der Personalaufgang ist doch da hinten...”
„Ja, meinst du die Freiwilligen stürmen die Haupttreppe, wo sie gleich jeder sieht?”, gab Lili zurück, während sie besagte Treppe hinunterrannten.
„Äh, ja, eigentlich dachte ich das.”
„Das wäre doch viel zu auffällig!”
„Und was ist das?” Augur zeigte zwischen dem Geländer nach unten, wo schwarze Handschuhe und die Spitzen von Maschinengewehren zu sehen waren. Und jetzt hörten sie auch das Getrampel von schweren Stiefeln.
Sie brauchten beide keine weitere Aufforderung, um den Rest der Treppe bis zum nächsten Stockwerk in einem Satz hinunterzuspringen und in den nächsten Gang abzubiegen - nur knapp bevor die ersten Freiwilligen das Stockwerk erreichten.
„Die hat jemand gewarnt!”, verteidigte sich Lili lautstark und übertönte dabei sogar die mit lautem Geschrei hinter ihnen herpolternden Freiwilligen.
„Von wegen, wir sind direkt in die Fall...”
Augur kam nicht dazu seinen Satz zu beenden. Sie waren eben um eine weitere Ecke gebogen, als es ihnen beiden plötzlich die Füße unter den Beinen wegzog und sie gleich neben einem geöffneten Schrank das Gleichgewicht verloren. Noch bevor sie in ihrem Sturz den Boden erreichten, wurden sie buchstäblich von tausend Armen gepackt und in den Schrank gezogen, dessen Türen sich ebenso schnell schlossen.
Augur hatte keine Ahnung wie ihm geschah, aber eins war ihm sofort klar: Wie das Innere eines Schrankes fühlte sich das nicht an!

 
* * *
 

Nachdem Nyan, Lili verlassen hatte schlenderte sie etwas durch die Straßen. Es hatte begonnen zu dämmern und langsam wurde es kühl, aber das machte der Geryn nichts aus. Sie passte sich den außen herrschenden Temperaturen an.
Plötzlich hörte Nyan ein eigenartiges Piepen, es dauerte einen kleinen Augenblick, bis sie begriff das es Liams Global war, welches begonnen hatte zu piepen. Sie spürte das Liam danach greifen wollte, nahm es ihm aber weg und es kam in ihrer Hand wieder zu Vorschein.
„Nyan, ich hatte gehofft, dass du auf Liams Global reagierst!” Da'ans Gesicht war auf dem kleinen Schirm erschienen und sein Ausdruck verriet nichts Gutes. Dennoch war die Geryn innerlich erfreut Da'an zu sehen, aber sie kam direkt auf seine Bemerkung zurück.
„Was ist passiert?”
„Es geht um Boone, er ist verschwunden!”
„Verschwunden!”, wiederholte Nyan skeptisch.
„Ja, es muss passiert sein, während ich mit Ro'an gesprochen habe. Ich wollte Boone nach dem Gespräch kontaktieren, um ihm meine Erkenntnisse mitzuteilen, aber ich kann ihn seit Stunden nicht erreichen!”
Besorgnis stieg in Nyan auf, sie mochte Boone sehr und wollte nicht, dass ihm etwas zustieß.
„Was war sein letzter Standpunkt, ich werde mich auf die Suche nach ihm machen!”
Da'an nickte und gab ihr die gewünschten Informationen, anschließend verdunkelte sich das Bild. Ohne zu zögern lief Nyan los, besorgt um ihren Freund und zum ersten Mal spürte sie etwas Ungewöhnliches: Liam war ebenso besorgt wie sie und wollte ihr unbedingt helfen.
Als sie ihm nach dem Grund dafür fragte, gab er zur Antwort, dass er für jemanden wie Boone, sein Leben opfern würde. Überrascht blieb Nyan stehen, für einen Moment hatte es dieses Kind wirklich geschafft, sie zu beeindrucken. Vielleicht würde sie auf seine Hilfe zurückgreifen, aber nur vielleicht.
Als sie weiterlief spürte sie, dass Liam diese Überlegung zur Kenntnis genommen und sich nun wieder etwas beruhigt hatte. Langsam gewöhnte sie sich an diesen Kimera!

 
* * *
 

Augur tastete verwirrt um sich. Das worin er sich befand, war weich, warm und umgab ihn völlig. Dennoch konnte er sich bewegen. Irgendwie fand er, dass es schleimig sein müsste, doch das war nicht der Fall. Vermutlich hatte er zu viele schlechte Horrorfilme gesehen. Nach der ersten Schrecksekunde, fiel er sofort in die nächste. Lili! Wo war...
*Ich bin hier, Augur. Keine Panik, es ist alles in Ordnung - nehme ich an...*
Verwundert fragte sich Augur, was mit seinen Sinnen nicht stimmte. Hatte er geredet? Hatte er etwas gehört? Er konnte schwören, dass dies nicht der Fall gewesen war, doch wie konnte er dann Lili verstehen? Sein Gedankengang wurde unterbrochen.
*Nyan?*, hörte er Lili fragen. Nein, nicht hörte... argh, war das kompliziert! Er zwang sich diesen Aspekt seiner Situation vorerst zu ignorieren und wartete gespannt auf eine Antwort. Doch irgendein ungehorsamer Teil seines Verstandes fragte sich dennoch irritiert, wer oder was „Nyan” war und woher Lili dieses Etwas kannte. Auf jeden Fall war sie nicht im Mindesten verängstigt, ihre Gefühlslage ließ sich eher als leicht irritiert beschreiben. Moment, woher wusste er so genau, wie sich Lili fühlte??
*Nyan? Nein, du kannst nicht Nyan sein, sonst wäre doch Liam hier.*
Liam? Warum zum Teufel sollte Liam hier sein??? Augur fragte sich mittlerweile leicht panisch, wie er seinen Verstand abschalten konnte, bevor er ihn verlor. Doch plötzlich fühlte er sich auf eine sonderbare Weise sehr beruhigt.
Doch Lili anscheinend nicht. Sie machte auf ihn mittlerweile sogar einen leicht ungehaltenen Eindruck, so als hätte sich jemand eine grobe Unhöflichkeit mit ihr erlaubt. Und wenn er es nüchtern betrachtete - was ihm jetzt in diesem beruhigten Zustand auch gelang - fand er es auch nicht unbedingt besonders höflich, einen erst zu verschlingen und sich dann nicht vorzustellen. Andererseits kannte er sich mit den Etiketten für derartige Situationen auch nicht wirklich aus. Lili hingegen anscheinend schon.
*Hey!*, rief sie und Augur fühlte einen Knuff in seiner Seite. Au!
*Entschuldige Augur. - Los, du geheimnisvoller, unbekannter Geryn, antworte gefälligst endlich!*
Geryn?
*Ha...hallo Lili...*, vernahm er plötzlich und es klang etwas verschüchtert. Irgendwie ertappt...
*Na schön, damit wären wir ja schon einen Schritt weiter. Du kennst meinen Namen. Und wer bist du?*
Die Antwort ließ auf sich warten.
*Ich bin's, Sanyn...*, kam sie schließlich zögerlich.
*Sanyn? Das glaub ich einfach nicht!* Lili war nun wirklich aufgebracht. *Wie um alles in der Welt bis du zur Erde gekommen? Wayos hat es dir ausdrücklich verboten! Das ist viel zu gefährlich! Gehe ich recht in der Annahme, dass niemand weiß, dass du hier bist? Hast du dir mal überlegt, wer dann auf dich aufpassen soll?*
Verblüfft stellte Augur fest, dass Lili anscheinend nicht nur wusste, was hier gespielt wurde, sondern mittlerweile auch noch das Gezetere einer Erziehungsperson erlernt hatte.
*Ich kann selbst auf mich aufpassen...*, kam es trotzig, aber gleichzeitig auch ziemlich kleinlaut zurück.
*Ach, tatsächlich? Du... *, wollte Lili schon wieder beginnen, doch Augur sah sich bemüßigt einzuschreiten.
*Also, ich finde Sanyn hat da nicht ganz unrecht.*
*Ach, was weißt du schon..*, fauchte Lili.
*Naja, wer von uns drei wurde denn von Freiwilligen durchs Krankenhaus gehetzt?*, konnte er nicht umhin zu bemerken, auch wenn er wusste, dass Lili im Grunde nur besorgt und nicht wirklich wütend war.
*Eben!* Augur spürte wie ihm eine wohltuende Wärme zufloss.
*Ja, schon aber...* Für einen Moment fiel Lili zu dieser Logik keine Erwiderung ein. Sanyn nützte die Gelegenheit.
*Sie sind übrigens weg.*
*Wer?* Lili war nun wirklich aus dem Konzept gebracht.
*Na, die Freiwilligen!*, half ihr Augur auf die Sprünge.
*Bist du ganz sicher, Sanyn?*
*Nun, eigentlich ja... andererseits...* Augur spürte ein ängstliches Frösteln. *Diese Männer sahen irgendwie ziemlich unfreundlich aus...*
„Hey, dann warten wir doch lieber noch ein bisschen. Ist doch eigentlich ganz nett so*, meinte Augur so fröhlich wie möglich und - wie er hoffte - aufmunternd genug. *Wie wäre es, wenn wir die Zeit nützen würden, indem ihr mir erzählt, was hier eigentlich gespielt wird. Ich fühle mich etwas schlecht informiert und in meiner Profession gibt es eigentlich nicht schlimmeres als so einen Zustand.* Augur merkte erleichtert, wie sich Sanyn entspannte und auch Lili schien sich beruhigt zu haben. *Übrigens, Lili, schön dich wiederzusehen!*

 

Ende von Kapitel 7

 

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