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  „Eine unendliche Geschichte von Liebe und Krieg” von   Hydra
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autoren.
 
Handlung:  Augur und Julia versuchen, Renée zu retten; Boone und Liam kehren zur Erde zurück
Zeitpunkt:  dritte Staffel
Charaktere:  Da'an, Zo'or, T'than, Boone, Sandoval, Liam, Renée, Augur, Matyr, Nyan, Wayos, Ro'an, Christoph Dennisson, Julia
 

 

EINE UNENDLICHE GESCHICHTE VON LIEBE UND KRIEG

Kapitel 4

 

Renées Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, seit T'than fort war. Sie kämpfte gegen dieses leere Gefühl an, aber es kam immer wieder zurück. *Verdammte Taelons!* ärgerte sie sich über die Nähe, die der Kriegsminister ihr angeboten hatte und die ihr jetzt fehlte.
„Renée?” hörte sie plötzlich eine Stimme flüstern. Nein, sie war nicht in ihrem Kopf, sie hörte sie mit ihren Ohren. Sie öffnete ihre Augen und wischte sich schnell die Tränen aus dem Gesicht. Dann setzte sie sich auf und sah einen Freiwilligen vor sich und noch eine weitere an der Tür. Sie sah genauer hin und erkannte plötzlich Augur und Julia.
„Was macht ihr hier?” flüsterte sie verwundert zurück.
„Was wohl, dich retten!” erwiderte Augur. „Und jetzt zieh endlich diesen Freiwilligenanzug an, lange werden wir nicht mehr unentdeckt bleiben.”
Renée sah zu, wie Julia ihre Fesseln löste und richtete sich zögernd auf. Sie war sich nicht sicher, ob sie mitkommen wollte. Genaugenommen war sie sich über gar nichts mehr sicher. Benommen nahm sie den Anzug, den Augur ihr reichte und begann ihn sich - da das wohl von ihr verlangt wurde - langsam anzuziehen, völlig unberührt von der hektischen Aufgeregtheit ihrer beiden Retter.
Ihr entging auch, wie Julia und Augur einen Blick wechselten. „Um Gottes Willen, was haben sie nur mit ihr gemacht?” Obwohl Julia nur flüsterte, hörte Augur das Entsetzen in ihrer Stimme heraus. Er schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß nicht, ob ich das wirklich wissen will.”
Julia kam auf sie zu und half ihr beim Anziehen, während nun Augur an der Tür Wache schob. Endlich war Renée im Anzug drin, aber sie stand einfach nur da und wunderte sich, warum Julia und Augur sie schon wieder fassungslos anstarrten. Dann begannen die beiden Widerständler mit ihr zu reden, als würde sie unter Drogen stehen. „Komm, Renée! Wir bringen dich jetzt wieder in Sicherheit. Du musst dich nur ein bisschen beeilen.” Dann zerrten sie sie aus dem Raum hinaus auf den Gang. Sie versuchten, ruhig zu bleiben und so zu tun, als wäre alles normal, aber eine apathisch wirkende Renée, die mit langsamen Schritten vorwärts ging, hatten sie einfach nicht erwartet.

Augur rannte vor, um schon mal ein Shuttle zu ergattern, und Julia quälte sich nun mit Renée ab.
„Warum drängen Sie sie, schneller zu gehen, als sie will?” fragte auf einmal eine Stimme hinter den beiden Frauen.
Julia fuhr herum. Ein Taelon, den sie noch nie gesehen hatte, stand hinter ihnen.
„T'than...” murmelte Renée scheinbar immer noch völlig weggetreten. *Aha, das ist also der Kriegsminister der Taelon,* dachte Julia und zog ihre Waffe. *Sie werden gleich einen Neuen brauchen!*
Aber plötzlich war Renée wieder hellwach, sie schlug Julia die Waffe aus der Hand, ließ sich zu Boden fallen und nahm sie an sich. Sie hielt die Waffe fest in den Händen und richtete sie immer noch kniend auf T'than. Dieser lächelte zu ihr runter.
„Nein! Fass mich nie wieder an!” Schrie sie. Renée drehte ihren Kopf weg. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen.
„Renée? Ich glaube nicht, dass du das willst, oder? Kämpfe doch nicht dagegen an, wozu auch? Möchtest du dich nicht viel lieber fallen lassen?”
Augur sah verwirrt zuerst zu Renée, die immer schwächer zu werden schien, und dann zu dem Taelon.
Renée wandte den Kopf wieder dem Taelon zu und begegnete seinem Blick. Langsam ließ sie die Waffe sinken, bis sie ihr schließlich aus der Hand glitt. Tränen, von denen sie nicht merkte, dass sie sie weinte, liefen ihr über die Wangen.
„Warum hast du das getan? Warum hast du mich nicht einfach gefoltert. Das wäre nicht so effektiv gewesen, stimmt's? Aber es wäre weniger grausam gewesen, als mir erst Nähe zu geben und mich dann wieder einsam zurückzulassen. Ich werde nie...” Renée versagte die Stimme, sie schlug die Hände vors Gesicht. Bevor Augur oder Julia reagieren konnten, war T'than an ihrer Seite und kniete - sorgsam darauf achtend, dass die Waffe unter seinen Beinen und außer Reichweite der Menschen lag - neben der verzweifelt weinenden Frau nieder. Die verhinderten Retter sahen vor Erstaunen wie eingefroren zu, wie der Taelon sie an sich zog und in einer ihnen unbekannten Sprache tröstend auf sie einredete.

Was sollten sie jetzt machen? Sie waren hergekommen, um Renée zu retten, die jetzt aber in den Armen eines Taelons lag und vielleicht gar nicht gerettet werden wollte? Sollten sie jetzt einfach wieder fliehen? Wenn sie warteten, würden auch sie festgenommen werden.
Augur hatte das Shuttle ja schon vorbereitet und nun rannten er und Julia in die Shuttle-Bay und wollten wieder zur Erde aufbrechen. Sie hatten allerdings nicht damit gerechnet, dass T'than einen anderen Taelon über das Gemeinwesen informiert hatte und nun ein Trupp von Freiwilligen vor ihrem Shuttle stand und ihnen den Weg zurück zur Erde versperrten.
Was sollten sie tun?
Erst einmal rannten sie um die Ecke in einen anderen Gang. Sie mussten irgendein Versteck auf dem Mutterschiff (!) finden.
„Du und Deine Pläne!” - „Sei still und renn!” erwiderte Augur schon leicht atemlos. Die Freiwilligen schrien hinter ihnen her und einige Schüsse zischten ungezielt an ihnen vorbei. Bald hatten sie einen kleinen Vorsprung gewonnen und flitzten nur so um die Ecken. Plötzlich sah Augur, der vorweg lief, etwas Dunkles, Glitzerndes vor sich aus einem Gang biegen. Er versuchte auszuweichen, doch er konnte einen Frontalzusammenstoß mit Zo'or nicht mehr verhindert.
Mit voller Wucht traf er den Synodenführer und spürte für einen kurzen Moment dessen Wut über dieses Ereignis. „Was sollte das, Freiwilliger?” fragte er Augur verärgert. Er hatte diesen Mann doch schon einmal gesehen, er war Teilnehmer eines Experimentes gewesen.
„Was denn?” war alles, was dem armen Computergenie einfiel.
„Dass Sie durch das Mutterschiff laufen, als würden Sie verfolgt werden. Wie ist Ihr Name, Freiwilliger?”
Augur versuchte zu lächeln und antwortete schnell. „Arne Buckster”, diesen Namen hatte er mal in den Personallisten des Mutterschiffs gelesen. Indessen waren die Freiwilligen um die Ecke gebogen und versuchten nun, nicht zu lachen, als sie die Flüchtigen vor Zo'or stehen sahen. Einige mussten trotzdem kichern. Der Truppenführer trat vor. „Zo'or, darf ich Sie...”
Zo'ors Augen blitzten ihn an. „Sie wagen es, mich in einem Gespräch zu unterbrechen?”
Schnell stand der Volunteer still und gab ein „Natürlich nicht, Sir!” von sich.
„Wohin wollten Sie denn so eilig, Mister Buckster?”
Augur warf Julia einen hilfesuchenden Blick zu. Sie trat vor und salutierte. „Sir, wir befanden uns auf dem Weg zu den ärztlichen Einrichtungen.” Zo'or sah sie geringschätzig an. „Dann ist klar, dass Sie sich so beeilt haben, die Krankenstationen liegen nämlich in die entgegengesetzte Richtung auf dem Mutterschiff.”
Er wendete sich an den Freiwilligen. „Was wollten Sie mir mitteilen?”
Die Freiwilligen warfen sich ängstliche Blicke zu und jeder hoffte, ein anderer würde das Wort ergreifen. Schließlich kratzte einer seinen ganzen Mut zusammen. „Sir, das sind die flüchtigen Widerstandskämpfer!”
Das war für Augur und Julia, die sich hinter Zo'ors Rücken leise Schritt für Schritt weg geschlichen hatten, das Startsignal. Sie drehten sich um und begannen wieder zu rennen.
„Haltet Sie!” schrie einer der Freiwilligen und ein paar Übereifrige begannen auch schon loszuballern, ohne darauf zu achten, dass der Führer der Taelonsynode zwischen ihnen und ihren Zielen stand.
Blitzschnell rannte Zo'or hinter den Widerständler her und stellte sich vor sie, um sie zu stoppen. Er rief einen Kommunikationskanal auf und orderte Sandoval an, die betreffenden Freiwilligen sofort zu exekutieren. Wie konnten sie es nur wagen, auf ihn zu schießen! Er war sauer, stinksauer, und Augur und Julia war gar nicht wohl unter seinem Blick. Plötzlich erinnerte sich Augur an die Waffe, die er noch hatte. Eine Energiefeuerwaffe von Liam. Mit einer schnellen Bewegung holte er sie hervor und hielt sie Zo'or direkt an die Stirn. Die Augen des Synodenführers wurden groß vor Schreck. Die Freiwilligen brachen ihren Angriff ab und schauten einander ratlos an.
„So, dann lasst mal alle hübsch eure Waffen fallen, schiebt sie zu mir rüber und legt euch mit dem Gesicht nach unten auf den Boden!” befahl das Technik-Genie in bedrohlichem Tonfall.
Die Freiwilligen zögerten.
„Lasst endlich die Waffen fallen, ihr Idioten!” schnauzte Zo'or sie an, doch seine Stimme hatte einen ängstlichen Unterton.
Diesmal gehorchten die Freiwilligen sofort, ließen ihre Waffen wie heiße Kartoffeln fallen, gaben ihnen einen Fußtritt, so dass sie zu den beiden Widerständlern hinüber rutschten, und legten sich flach auf die Erde.
Julia kam vorsichtig in ihre Richtung und sammelte die Waffen ein. Sie würden eine ganze Widerstandszelle damit ausrüsten können!
„Sehr schön,” meinte Augur zufrieden grinsend. „Und jetzt, Zo'or, möchte ich die Daten.”
„Welche Daten?” fragte der Taelon, gut sein Wissen überspielend.
„Welche Daten? Das wissen Sie doch ganz genau, oder hat Da'an Sie wieder mal nicht eingeweiht,” provozierte Augur ihn. Zo'or schwieg. „Na gut, ich sage es Ihnen. Die Daten, die Ro'an dem Widerstand gegeben hat, und jetzt beeilen Sie sich, oder diese kleine Waffe hier in meinen Händen wird etwas unruhig werden.” Er drückte die Mündung fester an Zo'ors Kopf.
Widerwillig öffnete Zo'or einen Datenstrom und begann, seine Codes einzugeben, als plötzlich ein leises Lachen zu hören war. „Was bist du doch für ein erbärmlicher Feigling, Zo'or!”
Alle Anwesenden fuhren herum und starrten T'than an.
„Wie kannst du es wagen, mich einen Feigling zu nennen?” Zo'or verlor für einen Moment die Kontrolle über sein menschliches Aussehen. Der andere Taelon ging ungerührt auf ihn zu, bis er direkt vor ihm stand.
„Hey, Moment, was soll das? Hört auf zu streiten. Ich will sofort die Daten oder ich drücke ab!” Augur versuchte vergeblich, die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu richten.
„Feigling!” zischte T'than und gab Zo'or einen heftigen Stoß, so dass dieser nach hinten taumelte und beinahe zu Boden fiel. Sein Kriegsminister folgte ihm drohend.
Augur und Julia wechselten einen hilflosen Blick. Julia fing sich als erstes wieder und wollte auf die beiden Streithähne zugehen. Da machte Zo'or eine elegante Handbewegung und zwischen ihr und den beiden Taelons flimmerte etwas auf. Ein Kraftfeld, die moderne Version des guten alten Fangnetzes. Das Ganze war nur eine einzige Falle gewesen. Aber noch viel bemerkenswerter war der Anblick von T'than und Zo'or, die beiden lachten zusammen, und zwar so bösartig, dass Augur nicht mal mehr nachdenken musste, was er als nächstes zu tun hatte. Er rannte wieder mal los.
Doch nach etwa fünf Metern war wieder dieses Kraftfeld. Und als er sich umsah, erkannte er, dass Julia und er darin eingeschlossen waren. Die beiden Taelons grinsten selbstzufrieden, und dann begann sich das Kraftfeld zu bewegen, zerrte dabei die beiden Menschen mit und nach kurzer Zeit merkten die Widerstandskämpfer, dass sie gar nicht laufen brauchten, sondern dass das „Netz” sie trug. Gleichzeitig bewachte ein Trupp von Freiwilligen sie.
Hinter sich hörten sie Schüsse. Sandovals Leute waren angekommen und exekutierten die Freiwilligen, die im Übereifer Zo'or gefährdet hatten.

 
* * *
 

Währenddessen hatten die Geryn angefangen zu feiern, und ihre Feier war fröhlich und ausgelassen und würde mehrere Zyklen gehen. Seine alten Freunde hatten Matyr getröstet, so dass auch er das Fest genießen konnte, aber irgendwie nur fast. Nyan hopste auf ihn zu und umarmte ihn herzlich. „Hallo Matyr! Schön, dass du gekommen bist!!!” und er knuddelte ihn noch stärker. „Wie geht es dir, mein geschätzter Matyr?”
„Ach, weißt du, ich fürchte, Freundschaften mit Aliens sind gar nicht so einfach, wie ich zuerst dachte!” meinte Matyr und schaute immer noch ziemlich bedrückt.
„Mach mir keine Angst! Ich werde gleich mit den beiden Menschen zur Erde starten, soll ich jetzt hoffen, dass ich mich mit ihnen nicht verstehen werde?” Nyans Ausdruck verriet, dass er die Bedenken seines Freundes nicht richtig ernst nahm. Er freute sich viel zu sehr auf dieses neue Abenteuer.
Matyr erschrak. „Du fliegt mit ihnen zur Erde? Oh, ich werde schreckliche Angst um dich haben!” Er formte blitzschnell Dutzende dünner Tentakeln und klammerte sich mit ihnen an Nyan fest.
Nyan verstand ihn nicht. „Wieso denn? Wir sind doch bald mit dem Shuttle da und ich bringe sie ja nur zurück.”
Matyr glaubte ihm nicht. „Bestimmt willst du dann noch länger bei ihnen bleiben.” Fröhlich hüpfte Nyan auf und ab. „Aber nur vielleicht!”
„Wollt ihr nicht lieber mit mir zurückkommen? In einem Taelonshuttle? Die sind sicherer und schneller! Und ich müsste dann nicht solche Angst um dich haben, Nyan!”
Nyan lächelte. Er mochte Matyr zu gerne, aber dafür konnte er Taelon-Shuttles nicht im geringsten ausstehen. Er hat nicht sehr oft in welchen gesessen, aber das letzte Mal war es beinahe abgestürzt. „Nein, nein Matyr! Ich vertraue zwar den Taelons, aber nicht ihrer Technik!”
Das erinnerte Matyr an T'than und seine Farbe wurde wieder trübe. Nyan tat das furchtbar leid und er umschlang seinen Freund und versuchte ihn zu trösten und wieder aufzubauen.

 
* * *
 

„Will, Liam, wie geht es euch?” fragte der Formwandler die beiden Menschen fürsorglich, sie hatten das lange Feiern irgendwie nicht so gut überstanden und lagen jetzt schwach und von Übelkeit geplagt auf ihren Liegen im Shuttle. Boone hob seinen Kopf und rang sich ein Lächeln ab. „Danke der Nachfrage, Nyan. Es wird uns bald besser gehen, mach dir bitte keine Sorgen.”
Nyan strich seinem Lieblingsmenschen durch seine schönen, schon etwas länger gewordenen Haare. „Aber ich möchte euch helfen, Will.” Jetzt konnte Boone richtig lächeln. „Das tust du doch schon.”
Der Geryn erwiderte das Lächeln herzlich, strich Will noch einmal sanft über die Wange und wandte sich dann den Shuttle-Kontrollen zu. Bald würden sie den Interdimensionsraum verlassen und der blaue Planet würde vor ihnen im unendlichen Weltraum schweben.
Nyan seufzte. Wie gerne hätte er diesen Anblick mit den beiden Menschen gemeinsam genossen, doch dies war in ihrem jetzigen Zustand kaum möglich. Sie konnten ja nicht einmal ohne Hilfe aufstehen.
Doch womit Nyan niemals gerechnet hatte, geschah. Die beiden Menschen erholten sich schneller als erwartet. Als das Shuttle den Interdimensionsraum verließ, gesellten sich beide, zwar noch recht blass im Gesicht, zu Nyan. So standen sie nun zu dritt und genossen gemeinsam den wunderschönen Anblick. Nyan lächelte glücklich. Boone und Liam sahen sich an und beide sprachen gleichzeitig das aus, was sie dachten: „Endlich wieder zu Hause!”
Das verletzte den Geryn. „Hat es euch bei uns etwa nicht gefallen?” fragte er verstört. Schließlich hatte er sich doch wirklich alle Mühe mit ihnen gegeben. Er hatte alles mögliche getan, damit die beiden Menschen sich wohl fühlten. Die beiden Männer beruhigten ihn. Aber die Heimat, das Zuhause sei nun mal etwas anderes. Man könne sich woanders noch so wohl fühlen, man freut sich wieder auf das Zuhause (meistens zumindest). Das war etwas merkwürdig, denn für einen Formwandler war das Zuhause dort, wo diejenigen waren, die er liebte. Jetzt verstand er, was Wayos Matyr erklärt hatte: man kann Außergerynische nicht mit den eigenen Maßstäben messen.
Nyan seufzte abgrundtief auf und sackte in sich zusammen, wobei sich die menschliche Gestalt, die er zuvor gebildet hatte, grotesk verformte. Liam konnte ob dieses sonderbaren Anblicks ein Lachen nicht ganz unterdrücken, tarnte es aber - nachdem Boone ihm einen zurechtweisenden Blick zugeworfen hatte - geschickt als ein Hustenanfall. Boone hingegen schien Nyans Traurigkeit zu spüren. Er trat zu ihn und legte ihm eine Hand auf die Stelle, an der eben noch eine Schulter gewesen war. Nyan wand sich zu ihm und sah ihn mit tief traurigen Augen an. Betroffen und ohne darüber nachzudenken, dass er einen wildfremden Alien vor sich hatte, nahm Boone ihn einfach in die Arme und drückte ihn tröstend an sich. Nyan kuschelte sich eng an ihn und war schon ein bisschen getröstet, und wenn Boone ihn noch ein bisschen weiter so halten würde, schließlich hieß es ja, dass er ihn mochte, sonst würde Will ihn nicht so an sich drücken. Schön war das! Nyan würde ihn erstmals eine Weile nicht loslassen.
Nun war es Boone, der erkennen musste, wie schwierig der Umgang mit fremden Spezies sein konnte. Der Geryn hatte, wie er es gewohnt war, Tentakel gebildet und sich an Boone festgeklammert, wobei er das, was momentan seinen Kopf bildete, fest an die Brust des Mannes drückte. Diesem blieb nichts anderes übrig, als in dieser Position zu verharren und zu hoffen, dass Nyan ihn wieder loslassen würde, bevor ihm die Füße ernsthaft weh taten. Liam verzog sich schnell in den hinteren Teil des Shuttles, denn er war sich nicht sicher, wie lange er seinen Lachkrampf noch als Hustenanfall tarnen konnte.
Doch langsam aber sicher fand Liam das ganze nicht mehr so komisch, es ekelte ihn grade zu an. Wie konnte man sich nur so gehen lassen?! Diese Tentakel! Bah, er drehte sich weg. Wie lange würden sie wohl noch brauchen, um zur Erde zurück zu kommen?
Nyan spürte Liams Ablehnung und sah ihn halb verwundert, halb verärgert an. Was erlaubte sich dieser Mensch eigentlich? Er ließ mit seinen Tentakeln von Boone ab und veränderte sich zu einer großen braunen Kugel. Liam war ganz sicher nicht mehr sein Freund, also konnte er auch eklig zu ihm sein. Nyan rollte auf Liam zu, der starr stehengeblieben war und das Wesen vor ihm anstarrte. Als Nyan immer näher und näher kam, wich er zurück in eine hintere Ecke. Nyan folgte ihm, wollte ihm Angst machen.
„Halt! Nyan, nicht!” hörte er plötzlich Boone rufen.
Wütend kugelte der Geryn herum. „Du willst ihn auch noch schützen? Er ist...” er suchte hilflos nach einem passenden Wort.
„Er ist noch sehr jung!” beendete Boone mit ruhiger Stimme seinen Satz. „Verzeih ihm, denn er weiß es einfach nicht besser. Der Umgang mit Aliens ist schon für reife Individuen wie uns nicht einfach. Wie viel schwieriger muss es da für jemanden sein, der noch ein halbes Baby ist? Ganz zu schweigen davon, dass er als Hybrid keiner Rasse richtig angehört.”
Nyan drehte sich wieder zu Liam herum und sein Braun wurde misstrauisch dunkel. „Welchen Rassen gehörst du denn an, Kind?”
Liam schwieg trotzig. Warum hatte Boone diesem Formwandler von seiner Herkunft erzählt? „Er ist ein Mensch-Kimera-Mischling”, antwortete Boone dem Geryn. Dieser nahm wieder eine menschenähnliche Form an und sah Liam skeptisch an. „Für ein Kind sieht er aber sehr erwachsen aus. Und außerdem... es gibt keine Kimera mehr. Und das ist auch gut so!” Boone sah ihn erstaunt an. „Wieso? Was hast du gegen die Kimera?”
Nyan beachtete Will nicht, sondern überlegte, wie er Liam töten konnte. Am besten verschlang er ihn einfach und brachte ihn dann zu den Taelons. Die würden sich schon gebührend um ihn kümmern. Er beobachte Liam, der nichts zu ahnen schien, ihn aber trotzdem wütend, oder war es bockig, ansah. Mit einer blitzschnellen Bewegung bewegte sich Nyan nach vorne und verleibte sich Liam ein. Jetzt konnte der Kimera erst mal niemandem mehr etwas anhaben. Er drehte sich zu Boone, der ihn entgeistert anstarrte.
„Nyan, das kannst doch nicht wirklich getan haben! WARUM??”
Der Geryn strich dem Menschen sanft über die Wange. „Er war eine Bedrohung für alle, mit denen er in Kontakt kam. Ich habe unser Problem jetzt beseitigt. Es ist alles gut.”
Boone sah Nyan völlig entgeistert zu, wie er sich wieder den Kontrollen des Shuttles widmete und offensichtlich alles für die Landung vorbereitete. Schließlich drehte der Geryn sich wieder zu ihm um.
„Nun, mein Freund, wo willst du hin? Soll ich dich an einer bestimmten Stelle auf deinem Heimatplaneten absetzen oder willst du mit auf das Mutterschiff der Taelons?” Nyans Blick trieb gedankenverloren zu dem großen schillernden Gebilde, das hinter dem Mond vorlugte. „Nicht, dass ich dort hin wollte, aber jetzt muss ich wohl...”
Boone reagierte nicht auf Nyans Frage, denn er überlegte gerade, wie er ihm die ganze Sache erklären sollte. „Nyan, mein Freund, gib bitte Liam wieder frei. Du würdest, indem du ihn den Taelon übergibst, nur Da'an schaden. Liam gehört der Widerstandsbewegung an und Da'an weiß über alles, was Liam betrifft, Bescheid. Er hat geschwiegen und es der Synode gegenüber verheimlicht. Kein anderer Taelon weiß um dieses Geheimnis. Kannst du dir vorstellen, was passieren wird, von die Synode und Zo'or davon erfahren. Überlege es dir bitte noch einmal, er ist wirklich keine Gefahr.”
„Will, das kann ich nicht glauben! Nach allem, was die Kimera getan haben! Und auch wenn er jetzt noch harmlos erscheint: seine Kimera-Gene werden stärker sein als seine menschlichen! Bitte glaube mir! Wir haben Erfahrung mit Kimera-Mischlingen! Die Kimera haben sich, kurz bevor wir sie endgültig zerstört haben, noch rasend vermehrt, um ja dominant zu bleiben. Will, er wird alle gefährden. Auch dich! Gerade dich, denn du scheinst ehrlich um die Taelons und die Menschen besorgt, während er im Moment nur ein Kind ist, das bald erwachsen werden wird und dann seine volle Kraft entfalten wird ... und seine Bösartigkeit.”
„Was für eine Bösartigkeit?” Boone wollte verstehen.
„Die Kimera... sie verleiben sich alles ein, jedes Leben, jeden Gedanken wollen sie in sich spüren, ursprünglich um zu verstehen. Doch dann gewann die Lust nach Macht immer mehr die Oberhand.”
William war geschockt, er dachte an seine kurze Begegnung mit Ha'gel zurück. Wenn Ha'gel überlebt hätte... was wäre wohl geschehen? Zum ersten Mal dankte er dem Schicksal für Ha'gels Tod. Aber er verstand sich selbst nicht mehr, er vertraute diesem Wesen, ohne es wirklich zu kennen.
„Und du bist dir sicher, dass das nötig war? Du kennst doch keinen anderen Mensch-Kimera-Hybriden, er ist der einzige. Vielleicht ist er anders, willst du ihm nicht noch eine Chance geben?”
„Nein, Will, ich denke nicht. Ich habe dir ja noch nicht alles über die Kimera gesagt. Aber ich denke, das sollte ich dir ersparen.” Der Geryn war auf einmal ganz merkwürdig in sich gekehrt, ganz entgegen seiner sonstigen Art und Will ahnte, dass es schrecklich sein musste, was er ihm nicht erzählen wollte. „Ich fürchte, du kannst mich nicht verstehen, Will, aber bitte akzeptiere meine Entscheidung.” Nyan sah ihn bittend an.
Boone schluckte und starrte auf den Boden. Dann nickte er leicht. „Okay, aber es wäre schön, mehr darüber zu erfahren, wenn es dir möglich ist.”
Nyan lächelte. „Ich kann mir gut vorstellen, dass die Zeit kommt. Eines interessiert mich noch: Du meintest, dass ich Da'an schaden würde. Warum?”
„Wie schon gesagt, Nyan, Da'an wusste von Anfang an, wer Liam ist. Nur ihr hat er sein Geheimnis anvertraut und Da'an hat dieses für sich behalten und es der Synode verschwiegen. Er ist der Meinung, dass Liam wichtig für das Überleben der Taelons ist. Darum hat er auch immer schützend seine Hand über Liam gehalten. Wenn Zo'or dies erfährt, hätte er endlich einen Grund, Da'an aus der Synode entfernen zu lassen. Da'an ist der einzige Taelon, der auch anderen Spezies mit Respekt begegnet, was man von Zo'or nicht gerade behaupten kann. Überlege es dir noch einmal und wenn ich dich nicht umstimmen kann, Nyan, dann versuche wenigstens mit Da'an Kontakt aufzunehmen, bevor wir auf dem Mutterschiff landen.
Nyan versuchte zu lächeln. „Du machst dir wirklich Sorgen um ihn, nicht wahr? Ist er dir denn so wichtig? Wichtiger als ich?”
„Nein, Nyan, aber für mich ist jedes Leben wichtig. Egal ob gut oder böse. Ich halte nichts von Rache und man soll Böses nicht mit Bösem vergelten, denn dann ist man nämlich nicht besser als derjenige, der all dies getan hat.”
„Na gut, soll Da'an entscheiden. Es ist ihre Sache, aber ich habe zumindest meine Pflicht getan. Aber sie soll es nicht wagen, Liam frei zu lassen!” Auf einmal verfärbte sich Nyans Gesicht.
Besorgt sah Boone ihn abwartend ab. Dann fing Nyan an zu schreien.
„Wie kann er es nur wagen!” brachte er endlich hinaus. „Will, ich habe gerade eine Erinnerung von Liam erlebt. Geryn können das, wenn jemand in ihnen ist. Und... er hat Da'an mit seinem Shaqarava bedroht!”
Nyan war außer sich. Niemals wieder durfte so etwas wieder passieren, wie das... was die Kimera getan hatten. Niemals! Da'an war unvernünftig gewesen, als sie Liam am Leben gelassen hatte. Was hatte sie sich nur gedacht?
„Gut,” meinte er dann. „Ich werde dich jetzt an deinen Zielort bringen und dann im Privaten mit Da'an reden.”
Danach schwieg Boone, weil er nicht wollte, dass Nyan sich noch mehr aufregte. Ganz konnte er jedoch Nyans Ausbruch nicht nachvollziehen. Er kannte zwar Liam noch nicht sehr lange, aber sein Gefühl sagte ihm, dass der Major nicht ohne Grund Da'an bedroht hatte. Irgend etwas musste zwischen den beiden vorgefallen sein, dass Liam sich zu so einem Gewaltakt hinreißen ließ. Nur was? Die nächste Frage, die sich ihm stellte, war: Was verschwieg Nyan wirklich? Wieso konnte er ihm nicht sagen, was die Kimera angeblich getan hatten. Er musste so schnell wie möglich mit Da'an Kontakt aufnehmen. Er aktivierte sein Global.
„Da'an, wir werden in Kürze auf dem Mutterschiff landen, ich würde Sie dann gerne alleine sprechen. Es ist sehr dringend und wichtig.”
„In Ordnung Commander, ich erwarte Sie.”
„Boone,” fragend schaute Nyan ihn an, doch der Commander schwieg. Er tat so, als müsste er sich voll aufs Landemanöver konzentrieren. Erst musste er Klarheit haben, um über diese Angelegenheit urteilen zu können.

Da'an begrüßte die beiden in seinen Räumen. Er bemerkte sofort, dass der Geryn jemanden in sich gefangen haben musste.
„Sinaui Euhura, Da'an,” begrüßte Nyan Da'an. „Schön, dich wieder zu sehen.”
„Das finde ich auch, Nyan,” antwortete Da'an. „Aber wen hast du da in dir?”
Nyan sah Boone an, der anfing zu sprechen. „Deswegen sind wir hier, Da'an. Nyan weiß von Liams Herkunft und hat ihn gefangen genommen, um ihn den Taelons zu übergeben.”
Da'an legte seinen Kopf zur Seite und forderte Boone auf, weiter zu reden.
„Meine Frage ist jetzt: Was haben die Kimera getan? Nyan wollte es mir nicht sagen.”
„Das verstehe ich.”
Boone wartete.
„Die Kimera haben ab einem gewissen Punkt andere Völker nicht nur beobachtet, sondern sie haben, entgegen ihrem Prinzip sich nicht einzumischen, angefangen, andere Rassen als Versuchsobjekte anzusehen. Sie haben mit ihnen experimentiert und meinten, mit ihnen machen zu können, was sie wollten. Es kam zu schmerzvollen Operationen und Experimenten und auch zu Vergewaltigungen und Folterungen. Sie haben in unserem Bereich niemanden ausgelassen: Taelons, Jaridians, Geryn und noch viele andere Rassen, von denen die Menschen noch nichts wissen. Irgendwann haben wir Taelons angefangen, uns zu wehren, und wir bekämpften sie, bis wir sicher waren, dass ihre Rasse ausgelöscht war. Wir kamen in Kontakt mit anderen Völkern auf und erfuhren, dass sie mit ihnen das gleiche gemacht hatten.”
Boone war fassungslos. Er konnte sich das nicht vorstellen. Es war... es war schrecklich. Konnte er dem glauben? Er sah, dass Nyan es ganz sicher glaubte. Er war in sich zusammengesunken und schien sich offensichtlich mit Erinnerungen zu quälen.
„Wart ihr beide dabei?” fragte er schließlich. Da'an nickte nur. Etwas schnürte Boone die Kehle zu. Er schloss einen Moment lang die Augen, und versuchte, die Bilder, die sich ihm aufdrängten, zu unterdrücken. Das wollte er sich einfach nicht vorstellen! Da'an wandte sich von ihm ab und sah aus dem Fenster. Seine Hände bewegten sich langsam. Nyan dagegen wirkte nicht so gelassen, er stieß leise, wimmernde Geräusche aus und seine Oberfläche schlug Wellen. Der Taelon drehte sich um und begann, Nyan zu trösten. Durch die Formlosigkeit der Geryn schienen sie fast zu verschmelzen, eine leuchtend blau-braune Masse.
Lange Zeit veränderte sich nichts. Jetzt starrte Boone aus dem Fenster runter zur Erde. Und Da'an und Nyan waren immer noch verschmolzen. Dann löste der Formwandler sich von Da'an.
„Lass ihn uns in eine Zelle bringen, Da'an.”
Das brachte Boone zurück. „Wartet! Wieso soll Liam nun so werden wie die Kimera? Er hat doch nie derartige Anzeichen gezeigt, oder irre ich mich!?” Da'an sah zu Boden. Aber Nyan sah Will direkt an. „Hast du nicht bemerkt, wie herablassend und distanziert er sich den Geryn gegenüber verhalten hat? Wahrscheinlich wird er vorerst niemanden foltern oder vergewaltigen, aber er hat durch den Geist seines Elternteils auch die Einstellung gegenüber anderen Rassen in sich. Die menschliche, seine eigene, Rasse zählt für ihn über alles und sein Kimera-Teil gibt ihm eine Arroganz, die sich in Zukunft nur noch verstärken wird.”
„Das ist doch kein Argument!”, schüttelte Boone den Kopf.
„Nyan, Will hat recht,” mischte sich Da'an ein. „Er hat nicht nur keinerlei Feindseligkeit gegenüber anderen Spezies gezeigt, er hat mir auch mehrmals das Leben gerettet. Es muss einen Grund geben, warum er sich so plötzlich verändert hat.”
Nyan starrte den Taelon ungläubig an. „Du verteidigst ihn, obwohl er dich bedroht hat?”
Da'an senkte leicht den Kopf, um ein Nicken anzudeuten. „Du weißt nicht, wie er früher war. Lass es mich dir zeigen!” Damit streckte er die Hände aus und sie ergriffen beide Da'ans Hand. Er ließ sie an seinen Erinnerungen teilhaben. Er zeigte ihnen Liam auf Boones Beerdigung. Wie ein Replikant ihn, Zo'or und Quo'on bedrohte. Ohne an die eigene Sicherheit zu denken, rettete er Da'ans Leben und offenbarte im dadurch auch sein Geheimnis. Immer wieder konnte sie sehen, wie Kincaid sein eigenes Leben riskierte, um ein anderes zu retten. Nach einiger Zeit löste Da'an die Verbindung. Boone sah Da'an fragend an. Doch der senkte den Blick und sagte dann leise:
„Ich glaube, ich bin nicht ganz unschuldig an Liams Veränderung. Ich habe sein Vertrauen missbraucht, als ich in seinem Namen ein Treffen Widerstandsbewegung angeordnet habe. Die Hälfte der Leute wurde getötet. Ich tat dies, um Zo'ors Vertrauen zurück zu gewinnen und zum Wohle aller Taelons. Diese Vorgangsweise hat Liam mir nie verziehen. Seit dieser Zeit ist unser Verhältnis nicht mehr so, wie es einst war, aber dass Liam jetzt eine Gefahr darstellen soll, will und kann ich nicht glauben, Nyan. Du kennst ihn nicht so wie ich.”
Der Geryn machte sich wieder rund und rollte als rosa Ball durch Da'ans Räume. Er überlegte und überlegte.
„Warum hat er dich bedroht?” fragte er schließlich den Taelon. Da'an war die Sache unangenehm. „Er... Zo'or und ich waren gefangen genommen worden, aber wir konnten durch T'than und Matyr fliehen. Ich habe Will und Liam vor T'thans Truppen gewarnt. Dann wollten sie mich wieder gefangen nehmen. Ich konnte mich verstecken, aber Liam kam zurück und hat mich mit seinem Shaqarava bedroht.” Traurig sah Da'an aus dem Fenster. Nyan kullerte weiter. „Was hattet ihr vor, Will?” fragte er jetzt den Widerständler.
„Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen,” antwortete ihm Boone.
Da'an sah ihn erstaunt an, erkannte aber bald darauf die Wahrheit. Boone wollte über die Ereignisse der letzten Zeit mit ihm sprechen, aber nicht in der Gegenwart des Geryn. Nyan bemerkte die Veränderung in der Stimmung im Raum und sah Boone traurig an: „Du vertraust mir nicht!”
Boone kniete sich neben den Geryn nieder. „Ich vertraue dir bis zu einem gewissen Punkt. Vertrauen ist wie eine zarte Blume. Sie muss gehegt und gepflegt werden, bevor sie erblühen kann. Und sie braucht Zeit zum wachsen.”
„Und Da'an hat sich dein Vertrauen verdient?” fragte ihn Nyan nachdenklich.
Boone sah zu Da'an hinüber. „Ja, das hat er.”
Der Geryn konnte dies nicht verstehen. In seinem Volk vertraute jeder jedem und das entgegengebrachte Vertrauen wurde nie enttäuscht. Aber er war einsichtig genug, um zu erkennen, dass Da'an und Boone sich aussprechen mussten. „Dann gehe ich jetzt besser und lasse euch allein,” lenkte er ein.
Nun mischte sich Da'an in das Gespräch ein. „Das ist nicht nötig. Es gibt noch eine andere Möglichkeit.” Bei diesen Worten suchte er Blickkontakt zu Boone und sah ihm tief in die Augen. Dann bot er Boone die Hand zum Sharing. „Vorausgesetzt, du möchtest diese Nähe zu mir.”
Boone konnte diesen Augen nicht widerstehen. Er trat auf Da'an zu und ihre Hände berührten sich.

Beiden schoss kurz wieder ihr Kuss im Wald und ihre intime Nähe ein, bevor Da'an davon ablenkte und ihn noch einmal fragte: *Was hattet ihr vor, Will?*
*Das ist schwer zu sagen, Da'an.*
*Hier brauchst du nichts sagen, nur denken und fühlen.*
Sie kam ein kleines bisschen dichter. *Zeige mir, was war, Will.*
*Ich weiß es selbst nicht so genau. Der Widerstand hat von Ro'an Informationen erhalten. Liam wollte diese erst genau prüfen, bevor er etwas unternahm. Doch in der Zwischenzeit überschlugen sich in Washington die Ereignisse. Einige der Mitglieder des Widerstandes handelten eigenmächtig und entführten Zo'or. Sie waren nur zur falschen Zeit am falschen Ort und wurden dadurch in die Sache hinein gezogen. Liam war über diese Aktion sehr wütend. Er wollte Ihnen nicht schaden, er hätte Ihnen nie wirklich etwas getan. Die ganze Situation hatte Kincaid wohl etwas überfordert. Da'an, Verrat ist schwer zu verkraften. Ihre Vorgangsweise hat Liam schwer getroffen. Ich bin mir nicht sicher, wie ich reagieren würde, wenn ich plötzlich vor Ro'an stehen würde.*
Er konnte fühlen, wie Boone bei diesem Gedanken an seinen Skrill dachte und auch in Erwägung zog, diesen bei Ro'an einzusetzen.
*Er hat mich verraten, Da'an.*
Da'an war überrascht. Er hatte geglaubt, Boone zu verstehen. Doch jetzt... Konnten Menschen Verrat wirklich nicht so leicht verzeihen? Er spürte, wie aufgeregt Boone war, und sendete beruhigende Impulse. *Schon gut, Will, es kommt alles in Ordnung.*

 
* * *
 

Sandoval hatte in Erfahrung gebracht, wer die Informationen über Bonne und eine gewissen Diskette an Da'an und T'than weitergegeben hatte. Dieser angebliche Freiwillige mit dem Namen „Christoph Dennisson” war Sandoval nicht ganz unbekannt. Denission hatte auch für ihn gearbeitet und konnte ihm gefährlich werden, denn er verfügte dadurch über Informationen, von denen die Taelons nichts erfahren durften. Dieser Mann wusste einfach zuviel. Er war ein Sicherheitsrisiko und musste verschwinden.

 
* * *
 

T'than sah noch einmal zu der nun schlafenden Renée. Sie lag bequem und würde erst in einigen Stunden wieder aufwachen. Solange musste er sich um andere Dinge kümmern. Zum Beispiel um diesen Wurm Sandoval. Dieser Typ schien ständig irgendwelche Komplotte zu schmieden und er wollte wissen, was er jetzt schon wieder vorhatte. Oder sollte er sich lieber Ro'an vornehmen? Er wollte ihm gerne eine Abreibung verpassen, zumal Da'an stark beschäftigt zu sein schien und Zo'or zurück in seinen Alltagsaufgaben war. Aber nein, da waren ja noch diese beiden Widerständler, die versucht hatten, Renée zu befreien. Das würde vergnüglich werden. Er machte sich auf den Weg.
Er kam gerade an den Quartieren der Freiwilligen vorbei, als er noch den dunklen Schatten seines geliebten Agents vorbeihuschen sah. Er hatte seine Beschäftigung wohl gefunden, lächelte T'than vergnügt. Die folgende Zeit würde ihm sicherlich eine Menge Spaß bereiten.
T'than verschwand in den Schatten. Sandoval konnte ihn nicht mehr bemerken. Jetzt drehte sich der Agent noch einmal nach allen Seiten um, bevor er schnell in ein Zimmer verschwand.
Lächerlich, dass er dachte, er sei dort ungestört. T'than berührte die Wand des Mutterschiffs und nahm Kontakt zu dem Wesen auf. Deutlich konnte er die verantwortlichen Schiffsingenieure spüren, die mit dem Schiff verbunden waren und sämtliche Handlungen in ihr mit ihr absprachen. Sein Wunsch, das Innere dieser Abteilung zu erleben, wurde nahezu sofort erfüllt.
Er sah Sandoval kalt lächeln. „Hallo, Mister Dennisson.”
Der Mann zog sich leicht in eine Ecke des Raumes zurück. „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich keine weiteren Aufträge annehme. Also, was wollen Sie von mir?”
In Sandovals Stimme war nicht der Hauch einer Emotion zu erkennen. „Nichts, Dennisson. Gar nichts, kein Auftrag. Sondern das hier.” Er hob seinen rechten Arm, um mit seinen Skrill auf den Mann zu feuern, doch Taelongedanken waren schneller, so dass der Schuss gegen eine Wand prallte, die sich von oben und unten gebildet hatte und nun das Zimmer teilte.
T'than kam zur Tür herein. „Agent Sandoval, wussten Sie nichts von den Strukturveränderungen, die in den Freiwilligenquartieren vorgenommen werden sollen?”
Er besah sich die Wand genauer. „Und warum schießen Sie mit ihrem Skrill gegen die Wand des Mutterschiffs?”
„Das hat sich schon erledigt, Sir,” meinte Zo'ors Beschützer steif und verließ das Zimmer.

*Sehr gut,* dachte T'than. *Und jetzt wollen wir doch mal herausfinden, was es mit diesem Freiwilligen auf sich hat.*

Dennisson stand völlig regungslos da. Er konnte es nicht fassen, dass Agent Sandoval mit seinem Skrill auf ihn geschossen hatte. Er war sich keiner Schuld bewusst, er hatte doch immer alles zu Sandovals Zufriedenheit ausgeführt. Wovor fürchtete sich Sandoval so?

T'than musste den Menschen dreimal anreden, bevor Dennisson überhaupt reagierte.
„T'than, tut mir leid, ich habe... ich war...” stotterte er.
T'than sah ihn forschend an. „Schon gut, sagen Sie mir nur eines, was haben Sie mit Agent Sandoval zu tun?”

 

Ende von Kapitel 4

 

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