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  „Eine unendliche Geschichte von Liebe und Krieg” von   Hydra
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autoren.
 
Handlung:  Renée wird verhört; Ro'an bezieht Stellung
Zeitpunkt:  dritte Staffel
Charaktere:  Da'an, Zo'or, T'than, Boone, Sandoval, Liam, Renée, Augur, Matyr, Nyan, Wayos, Ro'an, Christoph Dennisson, Julia
 

 

EINE UNENDLICHE GESCHICHTE VON LIEBE UND KRIEG

Kapitel 3

 

Nyan schob die beiden Menschen in einen grünlich-gelb gefärbten Raum.
„Ihr müsst euch ausruhen!” beharrte er. „Ihr könnt an einem Tag nicht soviel aufnehmen und müsst eure neuen Erlebnisse erst einmal verarbeiten.”
Doch die Menschen waren misstrauisch. Was war das für ein Raum? Sollten Sie hier drin eingesperrt werden? Bestimmt waren diese Wesen bisher nur so freundlich gewesen, um sie zu beruhigen. Wayos stand in der Tür und schüttelte verärgert seinen Körper. Es war unglaublich, wie sich diese Menschen sträubten. Nyan drückte Liam auf ein Bett, das extra schön für ihn hergerichtet worden war.
„In einiger Zeit werden wir euch wieder holen, damit ihr euch nähren könnt. Ich wünsche euch eine angenehme Ruhephase.” Damit drehte er sich um und schloss die Tür hinter sich. Und ja, er verschloss sie. Schließlich sollten die Fremden nicht unbeaufsichtigt durch ihre Welt rennen.
Sie waren schon ein Stück von der Tür fort, als Nyan seinen Freund drängelte, ihm endlich die Neuigkeiten zu erzählen. Wayos stellte sich feierlich vor ihn und verkündete fröhlich und stolz: „Die Taelons haben unser Angebot angenommen! Wir sind jetzt Alliierte!”
Nyan umhüllte Wayos vor Freude. „Das müssen wir feiern!”
„Natürlich, die Vorbereitungen sind schon in vollem Gange.”
„Kommen denn auch Taelons?” frage Nyan ein wenig verunsichert.
„Mhm, hoffentlich nicht. Eingeladen wurden sie jeden Fall nicht,” antwortete Wayos und fügte mit leicht angeekelter Stimme hinzu: „Taelons haben kein Talent fürs Feiern!”
Nyan streckte sich in die Länge, so dass er seinen Artgenossen um gut einen Meter überragte und sagte von oben herab mit strenger Stimme: „Wayos, du bist ein schrecklicher Chauvinist! Das ist ein altes Vorurteil und die Taelons sind mit Sicherheit ganz anders. Man schiebt Fremden nur zu gerne die schrecklichsten Eigenschaften unter.”
#132;Na gut, ich versuch's ja.”
Nyan wurde wieder kleiner.
„Wusstest du eigentlich schon, dass Matyr T'than immer lieber und lieber gewinnt? Es ist wirklich unglaublich! Er überlegt sogar schon, ob er nicht zur Feier kommt, weil T'than seine Anwesenheit brauchen könnte, beim Klären bestimmter Probleme!”
Nyan war entsetzt. „Was? Das ist doch nicht möglich!!” Dann seufzte er. „Und ich höre das bestimmt als einer der letzten. Ich habe wohl zuviel Zeit mit diesen Menschen verbracht, so dass ich gar nicht auf dem neuesten Stand bin.”
Wayos drückte ihn kurz an sich, um ihn zu trösten. Dann meinte er: „Apropos diese Menschen: die Taelons suchen sie, da sie Widerständler sind. Was machen wir jetzt mit ihnen?”
„Das ist ein Problem. Soweit ich weiß, sind die Taelons nicht sehr nett zu Widerständlern. Vielleicht sollten wir sie so schnell wie möglich wieder zurück schicken, bevor hier noch jemand Freundschaft mit ihnen schließt.”
„Also, ich fand sie eigentlich ganz süß. Vor allem den Großen mit dem roten Zeugs auf dem Kopf.”
„Haare, das sind Haare, die sind schön flauschig...” antwortete Nyan ein wenig verträumt.
„Woher weißt du das denn?” Wayos sah seinen Artgenossen mit gespieltem Entsetzen an und freute sich, als der wie erwartet dunkelgrün wurde.
„Wir könnten sie ja mal fragen, wie sie die ganze Sache sehen!”
Wayos nickte. „Ja, aber pass bloß auf, dass du die Menschen und besonders den einen nicht zu sehr in deine Liebe schließt. Ich möchte nicht, dass es dir dann schlecht geht, Nyan.” Er sah seinen Freund besorgt an. Dieser sah traurig drein. Er hatte diesen Will schon zu sehr lieb gewonnen, als dass er ihn an die Taelons ausliefern wollte. Interessanterweise mochten alle Geryn Boone lieber. Der andere hatte irgend etwas Unheimliches an sich und außerdem war er nicht so freundlich.
„Wir müssen bloß entscheiden, ob wir die Taelons zumindest darüber informieren, dass die beiden hier sind. Sie werden bestimmt schon gesucht. Es ist wirklich eine schwere Entscheidung. Das Dumme ist, dass ich noch nicht einmal mit Matyr beraten kann. Ich fürchte, dass er im Moment so sehr von T'than begeistert ist, dass er ihm von den beiden erzählen würde.”
Er seufzte abgrundtief. „Was machen wir?”
Nach kurzer Überlegung sagte Nyan: „Wie wär's, wenn wir die beiden in ihr Shuttle setzen würden und sie zur Erde zurückfliegen ließen. Sollen doch die Taelons zusehen, wie sie mit der Angelegenheit fertig werden. Matyr könnten wir ja später davon informieren.”
Fragend sah er dann Wayos an...
Dieser überlegte angestrengt. „Möglich wäre das schon, aber ihr Shuttle ist ja kaputt.”
„Wir können ihnen eins von unseren geben.” Nyan sah flehend zu Wayos auf, nachdem er sich zu einer kleinen runden Kugel geformt hatte, um liebenswerter auszusehen. Wayos durchschaute den Trick sofort, war aber dennoch gerührt von Nyans flehendem Blick.
„Naja, das wäre auch möglich, aber sie können es nicht steuern...” Er stockte, als er den Ausdruck in Nyans Augen sah. „Nein, nein, das geht auf keinen Fall. Ich lasse dich nicht schon wieder auf die Erde! Das ist viel zu gefährlich!” Doch er wusste ganz genau, dass er nachgeben würde.

 
* * *
 

Renée lag auf einer Bahre. Sie hatte Angst, schreckliche Angst. Würde sie jetzt die berühmt-berüchtigten grausamen Foltermethoden der Taelons kennenlernen? Hektisch sah sie sich nach einer möglichen Waffe um. Nichts. Und ihre Arme und Beine waren ja eh festgeschnallt.
Dann betrat T'than den Raum. Er sah sie abschätzend an und versuchte sich auf das Kommende zu konzentrieren. Aber noch immer geisterte Matyr durch seinen Kopf. Nein, er hatte unmöglich zulassen können, dass der Geryn jetzt hier dabei war. Er fürchtete, dass er in seiner Achtung sinken würde, wenn er jetzt sah, wie er aus Miss Palmers ihre netten, kleinen Geheimnisse herauskitzeln würde...
„Renée Palmer, nein, ich denke, Formalitäten sind hier fehl am Platz, denn schon bald werde ich dich sehr gut kennen, Renée.” Er stellte sich an den Kopf der Bahre, so dass sie ihn nicht sehen konnte und strich ihr eine Strähne ihres blonden Haares aus dem Gesicht. „Es war eine sehr dumme Idee von dir, in die Botschaft zu kommen und eine noch viel dümmere, mit einer Waffe auf Da'an und mich zu zielen.”
Renée wurde noch mulmiger, als ihr bei T'thans Anblick schon geworden war. Aber sie versuchte, das nicht zu zeigen. „Nennen Sie mich nicht Renée! Ich bin Miss Palmer für Sie!” fauchte sie ihn an.
T'than lächelte. „Du brauchst nicht so tun, als wärest du noch immer stark, kleine Renée. Schon bald wirst du eine starke Schulter zu schätzen wissen.” Er ließ offen, wer sie ihr geben sollte. „Sag mir nun, warum du so dumm gehandelt hast?” fragte er ganz sanft.
*Augur!* schrie es in Renée. *Er hat mir die ganze Sache eingebrockt.* Aber wie konnten sie denn ahnen, dass Da'an nicht alleine war, so wie sonst auch immer?
„Also?” fragte er immer noch in dem gleichen Tonfall, während er dabei unauffällig die Temperatur um sie herum erhöhte, damit sie nicht fror und sich etwas wohler fühlte. Er wollte es auf die nette Tour machen, wenn er auch ahnte, dass Renée diese ablehnen würde. Aber vielleicht wäre eine Kombination das Richtige. Er lächelte. Ja, das würde es sein. Zuckerbrot und Peitsche. Sie würden eine Menge Spaß miteinander haben...
Sanft, fast zärtlich legte T'than seine Hände an die Seiten ihres Kopfes. Renée erschauerte, als sie bemerkte, dass er ein Sharing initiierte. Sofort verschloss sie ihre Gedanken vor ihm, baute eine geistige Barriere zwischen ihnen auf, um das Wissen, das sie besaß, vor ihm zu verbergen. Aber die eigentlichen Informationen waren nicht sein primäres Ziel, wie sie bald feststellen musste. Er tauchte in ihr Unterbewusstsein ab und begann, eine ihrer Erinnerungen an die Oberfläche zu zerren. Eine Erinnerung, die sie aus gutem Grund verdrängt hatte! Sie musste gegen die Tränen ankämpfen, die in ihren Augen aufstiegen, als sie sah, wie der Freiwillige von einem Schuss aus ihrer Waffe tödlich getroffen in sich zusammensank. Schuldgefühle wallten in ihr auf. Was hatte sie nur getan? Er war noch so jung gewesen, man konnte ihn nicht dafür verantwortlich machen, dass er auf die Lügen der Taelons hereingefallen war.
T'than zwang sie, es noch einmal zu erleben. Sie war auf einem ihrer Streifzüge gewesen, von denen niemand wusste. Sie hatte sich auf ein Taelon-internes Gelände geschlichen, um mehr Informationen über ein gewisses Projekt der Taelons zu erfahren. Sie war schon CEO bei Doors gewesen und dann hatte dieser Freiwillige sie plötzlich erwischt. Und er hatte gewusst, wer sie war. „Miss Palmer, was machen Sie hier?” hatte er gefragt und da hatte sie ihre Waffe auf ihn gehalten und bevor er noch reagieren konnte, hatte sie geschossen. Einfach so. Erst hinterher, nachdem sie wieder in ihrem Auto saß und auf dem Weg in ihre Wohnung war, wurde ihr bewusst, was sie getan hatte. Sie hatte einen Menschen getötet. Sie hatte einen Finger bewegt und deshalb war jemand gestorben. Sie hätte es nicht tun müssen. Sie hätte eine Ausrede finden können. Später in der Nacht hatte sie noch so viele gute gefunden. Tränen liefen ihr über die Wangen. Verdammt noch mal, es war nicht in Ordnung gewesen, diesen Teenager einfach so abzuknallen!
Sie spürte, wie T'than ihr im Geiste Trost gab. Sie hatte so etwas noch nie erlebt. Mental umarmt und getröstet zu werden. Wie auch? Und sie bekämpfte die Taelons ja, mit Menschen war das nicht möglich.
Während er ihr Trost gab, schickte er die gewonnenen Informationen ins Gemeinwesen. Sie hatte nicht bemerkt, wie er kurzzeitig in einen anderen Speicherplatz ihres Gedächtnisses gedrungen war und das widerstandsinterne Wissen erfahren hatte. Es war einfacher gewesen, als er gedacht hatte. Es war doch auf die weiche Tour gegangen. Sie war schön. Er wollte sie weiter entdecken. Und sie hatten unendlich viel Zeit. T'than spürte, wie Renée sich an ihn kuschelte, nicht körperlich, das würde sie nie machen, aber ihre geistigen Reaktionen waren zum Großteil unbewusst und so bemerkte sie nicht, in was für eine vertraute Lage sie sich gebracht hatte.
*Renée?* fragte er sie leise, damit sie sich nicht erschreckte, plötzlich eine Stimme im Kopf zu hören. „Denk an die anderen Opfer, die du in Kauf genommen hast, in dem Versuch, deine Rasse zu retten.” In schneller Folge sah sie ähnliche Szenen ablaufen, nur bruchstückhaft und daher nicht so schmerzhaft. Eine im Stich gelassene Widerstandszelle, deren Tarnung aufgefallen war, sehr junge Widerstandsmitglieder, die sich in ihrer Begeisterung freiwillig als Versuchskaninchen für Experimente zur Erforschung von Taelontechnologie bereiterklärt hatten, eine Mitarbeiterin, die zufällig von ihrer Mitgliedschaft in der Widerstandsbewegung erfahren hatte und dann noch ein Freiwilliger, den sie erschossen hatte, um zwei andere zu retten. Renée hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können.
„Es war notwendig!” schrie sie. „Ich musste so handeln!”
*Das verstehe ich,* sagte T'thans ruhige, fast zärtliche Stimme in ihrem Kopf. *Glaub mir, ich verstehe es besser, als mir lieb ist.*
Seltsamerweise ernüchterte sie das. *Wollen Sie mir weismachen, der Tod all derjenigen, die Sie getötet haben, sei ebenfalls notwendig gewesen?*
*Du hast getötet, um dich und andere zu retten. Ich töte aus demselben Grund und nur, wenn es keine Alternativen gibt. Ich muss meine Spezies beschützen, Renée, genauso, wie du kämpfst, um die deine vor Unheil zu bewahren.*
Sie wollte diese verdammte Taelons nicht verstehen! Es konnte nicht das gleiche sein!
T'than merkte ihren Widerwillen und musste lächeln. Sture, kleine Renée. Irgendwoher kannte er das doch.
*Sag mir, warum es nicht das gleiche sein sollte?*
Da brauchte sie nicht lange überlegen. *Ich habe nur kleine Opfer begangen und nicht ganze Völker zerstört, weil ich meinte, dass ich das Recht dazu hätte!*
*Aber du hattest das Recht, andere zu erschießen, um dich selbst zu retten?* Wieder ließ er sie an ihre Mitarbeiterin denken, die sie eigentlich gerne gemocht hatte.
*Sie... sie war...*
*Nicht wichtig genug?* ergänzte T'than.
Ja, dachte Renée und sie hoffte, dass T'than es nicht gehört hatte. Doch er hatte.
Sanft strich er über ihre Wange. Es war ein seltsames Gefühl, plötzlich ihren Körper wieder zu spüren und gleichzeitig mit T'than geistig verbunden zu sein.
*Sag mir, was hast du dir gewünscht, als du an diesem Strand saßt und auf das Meer gesehen hast?*
Wieder eine Erinnerung. Es war nach dem Abschlussball der Highschool gewesen. Der Abend war lustig gewesen, es wurde viel getanzt und getrunken. Und dann hatte sie plötzlich allein sein wollen und war rausgegangen. Irgendwann war sie am Strand angekommen, die Sonne sollte bald aufgehen. Und ihr schwarzes Samtkleid war ihr egal gewesen, sie wollte den Sand spüren und das Meer rauschen hören. Und dann hatte sie angefangen zu weinen und wusste nicht warum. Einsamkeit schien ihr ganzes Wesen zu durchdringen, sie zu umspülen, wie die Wellen des Meeres, an dessen Ufer sie saß. Sie war eines der beliebtesten Mädchen an ihrer Schule gewesen und nicht nur ein Junge war ihr hinterher gelaufen. Aber irgendwie hatte sie nie jemanden gefunden, mit dem sie wirklich reden konnte, dem es gelang, hinter das hübsche Gesicht zu sehen. Die Jungs hatten sich nie lange allein mit ihr unterhalten können, ohne aufdringlich zu werden. Und die anderen Mädchen hatten sie entweder mit übertriebener Bewunderung oder mit Neid betrachtet. Sie war nie wirklich allein, aber sie war immer einsam gewesen. Und sie war es im Grunde heute noch. Man gewöhnte sich an die Einsamkeit, lernte, mit ihr zu leben, sie als ständigen Begleiter ebenso zu ignorieren, wie den eigenen Schatten.
*Sage mir,* wiederholte T'than leise in ihrem Kopf, *was hast du dir gewünscht?*
*Ich habe mir gewünscht... * dachte Renée zögernd *... einen Freund zu haben, der oder die mich wirklich versteht, die weiß, wie ich mich fühle und nicht nur mein Äußeres sieht.*
Jetzt war es raus. Und T'than, ein Taelon, wusste nun etwas, das sie noch keinem Menschen anvertraut hatte. Leichte Panik ergriff sie. Aber T'than hielt sie beruhigend fest. Er sagte nichts, ließ sie einfach nur dahinschweben mit ihren Gedanken, und doch war er da und Renée fand seine Gegenwart plötzlich gar nicht mehr so unangenehm. Eigentlich... jetzt konnte sie so sein, wie sie wollte. Eigentlich... sie wollte nicht mehr denken. Sie kuschelte sich tief in die warme Decke, die ihr T'than im Geiste anbot, und fühlte sich geborgen... Das erste Mal in ihrem Leben fühlte sie sich vollkommen sicher und geborgen, obwohl sie sich vielleicht nie in einer gefährlicheren Situation befunden hatte. Irgendwo in ihrem Hinterkopf trieb noch immer der Gedanke, dass sie hier begann, eine Nähe zu einem Feind aufzubauen, die alles andere als sicher war. T'than spürte ihre Zweifel und wollte sie beseitigen. Er genoss diesen Moment sehr. Mehr, als er es eigentlich wollte. Also sprach er es direkt an.
*Ich genieße diesen Moment sehr, Renée. Ich hätte das nicht gedacht,* flüsterte er zärtlich.
Er dachte dasselbe wie sie. *Mir geht es genauso,* gestand sie ihm ein. T'than unterdrückte ein Lächeln. Noch immer verstand sie ihre Verbindung wie ein Gespräch, nur im Kopf. Dabei war es mehr. Eigentlich bräuchten sie sich nicht mal mehr zu unterhalten. Aber wenn sie es so sehen wollte. Er umschloss sie noch mehr. Und Renée war, als würde sie sich in seinen beschützenden Tiefen verlieren. Ein Freund, der sie verstand, der sie annahm, wie sie war. Er hatte ihren Wunsch erfüllt. Wenn es auch nur für diesen Moment sein würde, das wusste sie. Und desto länger wollte sie das hier hinauszögern. Damit es nie aufhörte, wollte sie so lange hier bei ihm sein und sich schützen lassen. Für diesen Moment ließ sie sich einmal fallen. Fiel heraus aus ihrer Rolle als CEO und starke Kämpferin, war sie, tief in sich. *T'than?* fragte sie. Ihr war plötzlich etwas eingefallen, was wäre, wenn sie diese Verbindung nutzen könnte, um herauszufinden, welcher Art die geheimen Informationen waren, die Ro'an der Widerstandsbewegung hatte zukommen lassen wollen. Doch in dem Moment, wo sie dies dachte, lächelte T'than auch schon auf sie herab und verschloss sein Ich vor ihr.
*Schade, dass du diesen besonderen Moment schon so früh beenden wolltest, Renée. Soll ich dich jetzt wieder Miss Palmer nennen?*
Was? Renée erschrak irgendwie, als er Miss Palmer sagte. Sie hatte irgendwie vergessen, dass sie so hieß.
*Nein! Nein, bitte nicht... T'than!* Indem sie ihn beim Namen nannte, machte sie sich wieder bewusst, wer dort bei ihr war. Sie hatte sich selbst aus ihrem Traum verdrängt. T'than spürte ihr Bedauern und umarmte sie, dabei sein Wissen allerdings sorgfältig verschlossen haltend. Renée war so froh, dass er ihr diese Chance noch einmal gab und lächelte ihn dankbar an.
Er wollte es gar nicht zugeben, aber er genoss ihre Präsenz so sehr. Er hielt sie gerne so.
Aber jetzt war es Zeit. Ihr Moment war vorüber. Ob sich ein weiterer einmal ergeben würde, war ungewiss, aber er hoffte es. Renée fühlte seine Gedanken und reagierte ebenfalls etwas bedrückt, was eine große Freude in dem Taelon auslöste. Dann strich T'than noch einmal über ihre Wangen, ihre Lippen und Nase und berührte sanft ihre geschlossenen Augen. Danach löste er die Verbindung, als er über ihre Stirn strich. Und Renée fühlte sich wieder allein, einsam.

In Gedanken versunken verließ T'than den Raum und folgte dem Korridor. Er starrte vor sich hin, ohne wirklich etwas zu sehen, und so wäre er beinahe in Matyr hinein gelaufen. Der Geryn nutzte die Gelegenheit und umhüllte den Taelon mit einem quietschenden Ton. Als er jedoch T'thans gedrückte Stimmung bemerkte, zog er sich schnell zurück und sah ihn an.
„Was war da drin los?” fragte er den Taelon, doch dieser warf ihm nur einen kurzen Blick zu und ging dann schweigend weiter. Doch ein Geryn gibt nicht so schnell auf, also folgte er ihm, glitt an ihm vorbei und versperrte ihm den Weg.

 
* * *
 

Währenddessen gab Augur den Versuch auf, Liam und Boone zu finden, die Rettung von Renée und die Sicherung der Daten von Ro'an hatte erst einmal Vorrang.
Ohne größere Schwierigkeiten fand er den Ort, an dem Renée gefangen gehalten wurde. Jetzt stellte sich nur die Frage, wie könnte man sie befreien.
„Also, ich schlage vor, ich schnappte mir ein paar Widerstandskämpfer und hole sie da raus. Liam hat es schließlich auch geschafft, Leute vom Mutterschiff runter zu bekommen. Und du versuchst solange, die Daten zu dechiffrieren.”
Augur musterte Julia interessiert.
„Was ist?”
„Dein jugendlicher Leichtsinn ist betörend, aber ich fürchte, du hast heute vergessen, Dein Gehirn einzuschalten.”
„Glaubst du, ich könnte nicht, was Liam kann?” giftete Julia, „ich bin tausendmal geschickter und cleverer als dieses Weichei!”
Augur hob besänftigend die Hände.
„Da will ich dir ja gar nicht widersprechen, nur leider bist du im Gegensatz zu ihm kein Companionbeschützer und ganz sicher nicht so vom Glück verfolgt wie er. Ich würde mich in diesem Zusammenhang sogar zu der Aussage hinreißen lassen, dass Liam mehr Glück als Verstand hat.”
Julia schnaubt verächtlich. „Der Kerl hat nur Glück und überhaupt keinen Verstand! - Was schlägst du denn dann vor?”
„Ganz einfach: Wir vergessen die Widerstandskämpfer und gehen zu zweit aufs Mutterschiff.”
„Ach? Super Plan! Und dann geht es aus wie in der Botschaft und du bist mit Renée wieder auf der Erde und ich vermutlich in einer Zelle auf dem Mond. Schon mal darüber nachgedacht?”
„Klar, ich hab sogar schon überlegt, welche meiner weiblichen Bekanntschaften ich dann mit auf den Mond nehme, um dich zu retten,” meinte Augur mit einem Grinsen und schnappte sich zum zweiten mal in dieser Nacht seine Jacke.
„Und die Daten?” startete Julia noch einen Versuch.
„Mit denen können wir ohne Boone sowieso nichts anfangen."

 
* * *
 

„T'than! Hallo! Bist du noch da? Du wirkst so abwesend.”
Wenigstens musste T'than jetzt stehen bleiben. Aber nein, er drehte sich zur Seite und starrte runter zur Erde.
„Gib mir einen Tipp!” verlangte der Geryn bittend. Doch T'than nervte Matyr im Moment nur, er wollte allein sein.
„Matyr, ich möchte jetzt zu meinen Räumen... allein.”
Matyr bemühte sich, nicht seine Form zu verlieren, aber traurig sah er trotzdem aus. Geryn verschlossen sich nicht vor Freunden. Oder hatte er sich nur eingebildet, dass T'than ihn mochte?
T'than sah Matyrs unglücklichen Ausdruck. Dabei war er doch schon so nett wie möglich gewesen!
„Gut. Dann geh.” Die Stimme des Formwandlers war matt, obwohl er tapfer versuchte, sich nicht allzu viel anmerken zu lassen. Er trat einen Schritt zur Seite und ging dann an T'than vorbei zur Shuttlebucht. Er bestieg sein Shuttle und dort konnte er endlich seine Form auflösen und seine Trauer zeigen. Er öffnete einen Kanal zu Wayos. „Ich werde zur Feier da sein.”
Wayos sah besorgt aus. „Was ist denn passiert, mein Freund?”
Als Matyr das Startsignal für sein Shuttle erhalten hatte, konnte er endlich erzählen, was ihm auf der Seele lag.
„Es ist so schrecklich. Mit T'than ist irgendwas und er sagt mir nicht was. Er schien traurig. Oder nur nachdenklich. Oder vielleicht ist er böse auf mich. Mag mich nicht mehr. Er hat nicht mit mir reden wollen. Hat mich zurückgewiesen. Allein wollte er sein? Allein! (Um die korrekte Übersetzung zu verwenden: Matyr sagte Nicht-mit-anderen-sein, denn die Geryn haben kein eigenes Wort für allein oder einsam, sondern nur diese Umschreibung) Ich versteh das alles nicht. Ich wollte ihn fragen, ob er mit zum Feiern kommen will. Aber jetzt weiß ich nicht mehr, ob er mich noch gern hat...”
Matyr redete in seiner Verwirrung noch gut eine Viertelstunde so weiter, ohne inhaltlich noch etwas Neues hinzuzufügen. Wayos hatte nicht die geringste Chance, etwas dazu zu sagen. Nicht, dass er es nicht versucht hätte. Zunächst wurde er ganz sumpfgrün vor Ärger, doch während der Wortstrom weiter auf ihn einprasselte, hellte sich mit der Zeit seine Farbe auf, bis er schließlich ein gelangweiltes Blassgrün annahm. Er formte einen Tentakel, an dem er einen Ball wie ein Jojo auf und ab rollen ließ, und folgte ihm genervt mit den Augen. *Diese jungen Leute! Da erklärt man ihnen immer und immer wieder, dass sie Aliens mit anderen Maßstäben messen müssen, und was nützt es? Rein gar nichts. Hört jemand auf uns Alten? Nein! Die Jugend weiß immer alles besser...*

 
* * *
 

Da'an und Zo'or waren auf dem Weg zu Ro'ans Zelle.
„Dieser Verräter!” grummelte Zo'or. „Wenn ich mit ihm fertig bin, dann...” Plötzlich fiel ihm ein, dass Da'an ja auch ein Verräter war und er schwieg. Da war ja noch eine Zelle neben Ro'an frei. Sehr schön. Er grinste zufrieden. Zo'or ließ sich nichts anmerken, aber als sie den Raum mit Ro'ans Zelle aus virtuellem Glas betraten, gab er Da'an einen kräftigen Stoß. Da'an stolperte und stürzte dann zu Boden. Als er entsetzt den Blick hob, sah er gerade noch, wie Zo'or eine Wand aus virtuellem Glas erschuf und ihn so einschloss.
„Verräter!”, zischte sein Kind ihn mit hasserfülltem Blick an. „Denk nicht, ich hätte vergessen, dass du wusstest, dass Boone, Liam und Renée Palmer für den Widerstand arbeiten.”
„Aber Zo'or...”
„Ich will nichts hören!” schrie ihn sein Nachwuchs an.
„Das wirst du aber!” antwortete Da'an mit ungewöhnlicher Härte in der Stimme. „Ich habe unsere Spezies nicht verraten!”
„Da bin ich anderer Ansicht.”
Er seufzte. Warum war Zo'or nur so stur? Warum konnte er nicht hinter die Dinge sehen, statt bei ihrem äußeren Anschein zu verweilen?
„Diesmal kommst du nicht davon, das verspreche ich dir!”
Zo'or machte auf den Absätzen kehrt und stürmte aus dem Raum. Da'an konnte ihm nur hinterher schauen.
„Sieht so aus, als hättet ihr kleinere familiäre Probleme,” meinte Ro'an mit gehässiger Stimme. Als Da'an nur kühl seinen Blick erwiderte, fuhr er fort: „Was für eine Ironie, dass nun gleich zwei Mitglieder der Synode wegen des gleichen Vergehens inhaftiert wurden?”
„Weil ich dem Widerstand nie Informationen in die Hände gegeben habe, die unsere Rasse gefährden!”
Ro'an lächelte sie nur spöttisch an. Da'an sah ihm in die Augen, lange und fest, bis der andere Taelon wegsehen musste. Da'an war einfach der Stärkere von ihnen beiden, das wusste auch Ro'an.
„Willst du nicht wenigstens meine Motive hören? Oder willst du stur wie unser Jüngster reagieren?”
Sie hatte es nicht nötig, sich die Entschuldigung eines Verräters anzuhören, aber Ro'an hatte auch recht. Also sah sie an dem anderen Taelon vorbei zur Wand.
„Okay, nett, dass du mir zuhören möchtest. Wie du weißt, war ich wie du einmal ein Companion bei den Geryn. Damals, als wir erst anfingen, fremde Spezies für unsere Zwecke zu nutzen. Wir waren unerfahren und noch sehr zurückhaltend und die Mission war ein kompletter Fehlschlag. Er hat uns beiden einen jahrhundertelangen Karriereknick beschert. Dir weit länger als mir, denn du hast ja darauf bestanden, die Synode immer und immer wieder auf das Potential hinzuweisen, dass du in den Geryn gesehen hast.”
„Ja, das habe ich!” unterbrach ihn Da'an wütend, „Und es wäre mir auch gelungen, sie zu überzeugen, wenn du mir als zweiter Experte für die Geryn nicht so vehement widersprochen hättest!”
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Es hätte auf jeden Fall sehr lange gedauert, bis wir sie gemeinsam davon überzeugt hätten, und ich war nicht bereit, so lange das Leben eines politisch Geächteten zu führen.”
„Du hast deinen persönlichen Ehrgeiz über das Wohl der Taelons gestellt?! Du bist in der Tat ein Verräter!”
„Sei nicht so voreilig mit deinen Anschuldigungen, Da'an. Es stimmt, ich bin ehrgeizig, aber das Wohl meiner Spezies hat dennoch oberste Priorität für mich! Weder habe ich - entgegen meiner damaligen Reden - die Geryn unterschätzt, noch habe ich jemals das Ziel aus den Augen gelassen, die Geryn für uns zu nutzen. Das einzige Ziel meiner Handlungen war es, die Geryn auf unsere Seite zu ziehen. Und es ist gelungen, zwar auf eine andere Weise, als ich es geplant habe, aber dennoch: ich habe mein Ziel erreicht. Nun sage mir, Da'an,” Ro'an trat mit blitzenden Augen nahe an das virtuelle Glas, das sie beide trennte, heran, „sage mir: Hast du einen ähnlichen Erfolg vorzuweisen?”
Da'an erwiderte seinen Blick. „Das soll ich dir glauben? Dass du dem Widerstand Daten gegeben hast, mit denen sie uns hätten gefährden können, nur um die Geryn für uns interessant zu machen? DAS glaube ich dir nicht. Es ist nur eine billige Ausrede!”
„You want to share?” fragte Ro'an sie auf gerynia.
Da'an betrachtete ihn abfällig. „Mit dir? Du standest ja nicht einmal zu deiner Meinung, nur um deiner politischen Stellung wegen!” Auf der anderen Seite war es die einzige Möglichkeit zu erfahren, ob er sie anlog oder nicht. „Und selbst wenn ich ein Sharing erwägen würde, wäre immer noch das Kraftfeld zwischen uns.”
Ro'an lächelte herausfordernd. „Und du weißt genau, dass es dich nicht halten würde, zu mir zu kommen, wenn du es wolltest, Da'an. Du hattest schon immer die Fähigkeiten der Künstler, deine Energiefrequenz so zu verändern, dass du in anderen Farben leuchtest oder eben durch Energiefelder treten kannst.”
Da'an sah ihn lange und eindringlich an. Dann schloss er die Augen. Die menschliche Fassade verschwand und seine Energiemuster flackerten eine Weile in den unterschiedlichsten Frequenzen, bis er so nahe an Zo'ors Muster war, dass er das virtuelle Glas passieren konnte. Vorsichtig und konzentriert, um das Muster nicht wieder zu verlieren, schritt er durch die Barriere.
„Ich muss sagen, ich bin beeindruckt!” Ro'ans Stimme hatte trotz seiner Aussage nichts von ihrem spöttischen Ton verloren. „Ich war schon immer der Ansicht, dass du unterschätzt wirst. Mich täuscht du nicht mit deiner hilflosen Masche.”
Da'an antwortete nicht. Mit einem unergründlichen Blick hob er die Hand. Ro'an zögerte nur kurz, dann berührte er sie mit seiner eigenen und öffnete Da'an den Zugang zu seinen Gedanken. Kurze Zeit später zog Da'an seine Hand zurück und wandte sich ab.
„Ich sehe, du hast nicht gelogen.”
Ro'an wollte etwas erwidern, doch Da'an drehte sich ihm wieder zu und schnitt ihm das Wort ab. „Aber das heißt nicht, dass du kein Verräter bist! Dein Vorgehen war verbrecherisch und unangemessen riskant. Es ist nicht akzeptabel und unentschuldbar, ebenso wenig wie dein grenzenloser Ehrgeiz!”
Da'an schritt wieder durch den Energieschild und setzte sich auf die Liege dort drin. Sie wollte überlegen. In diesem Augenblick kamen T'than und Zo'or um die Ecke.
*Gutes Timing, Da'an!* sendete Ro'an ihr. Selbst so klang seine Stimme spöttisch.
*Keine Sorge, ich hole dich da raus,* hörte sie von T'than.
„Da... T'than mich überzeugen konnte, dass das Wissen, dass du über diese Personen hattest,... doch sehr wichtig sein könnte, habe ich mich dazu entschlossen, es dir dieses letzte Mal durchgehen zu lassen. Aber, Da'an, das ist das LETZTE Mal!”
Ro'an drehte sich von den dreien weg. Seine Familie war bereits in die nächste Ebene übergegangen, vielleicht war es ja auch besser so. Alleine war er immer noch am stärksten. Diese drei würden sich früher oder später doch nur gegenseitig zerfleischen. Da'an lächelte spöttisch zu Ro'an herüber. Sie wusste, was dieser jetzt dachte, sie hatten lange genug zusammengearbeitet. Und er hatte Unrecht. Es gab zwar immer eine Menge Streit zwischen ihnen drei, aber letztendlich hielten sie zusammen. Gleichzeitig wurde ihr aber auch bewusst, wie allein sich Ro'an manchmal fühlen musste, seit seine zwei Kinder und La'ree bei einem Angriff der Jaridians erst gefoltert und dann getötet worden waren. Und er hatte ihr Leid gespürt. Es musste schrecklich sein, und sie verdrängte das Wissen, dass es Zo'or, T'than und ihr selbst auch einmal so gehen konnte. Zo'or öffnete das Energiefeld, damit Da'an aus der Zelle heraustreten konnte. Sie hörte Ro'an leise lachen.

 

Ende von Kapitel 3

 

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