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  „Der Botschafter und die Priesterin” von Hagazussa   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Dezember 2004
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Ein Gespräch hoch über der Stadt klärt Fragen und bringt Unerwartetes zu Tage.
Zeitpunkt:  gegen Ende der vierten Staffel
Charaktere:  Tho'rha/Jeanne D'Arc und Liam Kincaid, Ha'gel und Da'an werden erwähnt
 

 

DER BOTSCHAFTER UND DIE PRIESTERIN

Kapitel 4: Enthüllungen

 

Tage vergingen, in denen sie nichts von der Frau hörten.
Dann, eines Abends, kurz nachdem Da'an Liam für heute vom Dienst entbunden hatte, piepste sein Global [1].
Er öffnete das Gerät und sah auf den Bildschirm.
„Liam Kincaid.”
Dann riss er die Augen auf.
„Jeanne, seit wann sind Sie wieder hier?”
Die Frau lächelte.
„Seit ein paar Stunden. Kommen Sie heute Abend zu mir. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.”
Er nickte.
„Soll ich Da'an mitbringen?”
„Nein, ich will allein mit Ihnen sprechen. Seien Sie gegen zehn da, dann sind die meisten Gäste hier und es besteht nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass Sie zufällig gesehen werden.”
„OK! Dann bis heute Abend.”
Sie lächelte ihm noch einmal zu und schloss den Kanal.

 
* * *
 

„Hallo, Liam”, begrüßte Jeanne ihren Gast einige Stunden später. „Kommen Sie herein!”
Gemeinsam betraten sie ihr Büro im Erdgeschoss. Sie winkte ihm, näher zu treten und drehte den Rechner so, dass auch er auf die Tastatur und den Bildschirm sehen konnte.
„Ich denke, dass ich in nächster Zeit nur wenig hier sein werde. Deshalb möchte ich, dass Sie sich um das Apartment und die Tiere kümmern. Es ist sicher angenehmer, hier zu wohnen, als in Ihrem Kellerapartment”, erklärte sie lächelnd und zog eine Disc aus dem Seitenschlitz der Tastatur.
„Hier sind die Codes, die Sie brauchen, um das hiesige Tor zu aktivieren”, erklärte sie ihm. „Sie dürfen sich bei der Eingabe keine Fehler erlauben. Das Tor ist so programmiert, dass es sich bei einem Eingabefehler sofort deaktiviert, und der Weg nach oben ist recht lang.” Dann gab sie den Torcode langsam und für ihn sichtbar ein.
„Die letzte Sequenz gibt die Verzögerung der Aktivierung an”, fuhr sie fort. „Sie können aber auch eines der städtischen Tore anwählen. Dann wird damit sofort bei Ankunft im Zieltor der Ursprung des Transportes gelöscht.”
In der nächsten Sekunde erstrahlten die Wände rechts und links von ihnen und einen Augenblick später standen sie in der Diele ihrer Wohnung. „Diese Option sollten Sie so selten wie möglich anwenden, falls jemand zufällig den Transport anmisst.”
Er nickte nachdenklich und konzentriert. Plötzlich sah er auf und in ihr Gesicht.
„Eine Frage, Tho'rha. Warum gerade ich?”
„Weil du mir näher stehst, als dir bewusst ist, Liam, deshalb”, gab sie Auskunft und wechselte gleichzeitig, zu seiner großen Überraschung, zur persönlichen Anrede.
Er horchte auf, und als er sich nach einigen Sekunden wieder gefangen hatte, sah er in ihre nachtblauen Augen. „Wie nahe?”, fragte er nur.
Sie lächelte geheimnisvoll.
„Eine Gegenfrage”, begann sie. „Wie viel weißt du über Ha'gel, deinen Vater?”
Er schürzte die Lippen und dachte einen Moment nach. „Nicht viel, denke ich. Ihm ist vor zehntausend Jahren die Flucht vom Heimatplaneten der Taelons gelungen. In einer Kapsel eingeschlossen lag er mehrere Jahrtausende hier auf dem Grund des Meeres, bis er vor zehn Jahren geborgen und aus dem Kokon befreit wurde. Nachdem es ihm gelungen war, mich zu zeugen, wurde sein Körper zerstört. Ich bin ihm vor vier Jahren begegnet, als er mich anleitete, die dunkle Materie aus dem Schiff zu entfernen. Ich kenne ihn kaum.”
„Das ist wirklich nicht viel”, stellte sie nachdenklich fest. „Und du weißt nichts über sein Leben, bevor er den Planenten der Taelons verließ?”
„Nein! Warum?”, erkundigte er sich verwundert.
„Ich glaube, es ist an der Zeit, dass du mehr erfährst”, erklärte sie und winkte ihm, ihr zu folgen.
Sie durchquerten den Hauptraum und die Frau öffnete mit einer Handbewegung das Fenster. Dann trat sie ohne zu zögern hinaus auf die Terrasse, ließ sich ins Gras sinken und bedeutete ihm, es ihr gleich zu tun.
„Stört es dich, wenn ich meine natürliche Gestalt annehme?”, fragte sie, als sie in der Wiese saßen.
„Nein, nicht im Geringsten!”, versicherte er nachdrücklich.
Sie nickte, und im nächsten Moment riss er die Augen vor Verwunderung auf. Vor ihm hockte nicht, wie erwartet, ein Taelon im fliederfarbenen Glimmen dieser Rasse, sondern die strahlend lindgrüne Gestalt eines Kimera [2].
„Wie du siehst”, begann sie zu sprechen, „bin ich kein Taelon. Wie alle Hüter bin ich, zum Teil zumindest, kimerischer Abstammung. In meinem Fall ist der Anteil besonders hoch, denn mein Chi'ma'he war halb taelonisch, halb kimerisch, doch sein Partner, Liam, war...”
„Ha'gel, vermute ich”, unterbrach sie der Mann.
„Ja, du vermutest richtig. Ich bin deine Halbschwester.”
Er blinzelte sie an und versuchte sich vorzustellen, wie alt sie wohl sein mochte. Plötzlich erlosch der Glanz und vor ihm saß wieder die menschliche Gestalt in ihrem hellblauen Hosenanzug. „Wie ich sehe, ist meine Aura für deine menschlichen Augen zu intensiv”, stellte sie fest.
Dankbar nickte er. „Darf ich dich etwas fragen?”
„Nur zu!”, ermutigte sie ihn, weiter zu sprechen.
„Wie alt bist du? Ich weiß, dass man eine Dame so etwas nicht fragt, aber...” Seine Stimme verklang.
„Du wüsstest es schon gern”, beendete sie lächelnd.
Er nickte nur und sah dann erwartungsvoll zu ihr herüber.
Tho'rha schloss kurz die Augen und überlegte. „Lass mich mal nachrechnen”, murmelte sie. „Nach der Rechnung auf diesem Planeten bin ich nahezu zwölftausend Jahre alt, also selbst für taelonische Verhältnisse kein junger Hüpfer mehr.”
„Dann bist du ja....”, begann er entgeistert zu sprechen und schwieg mitten im Satz plötzlich verwirrt.
„Wesentlich älter als Da'an glaubt”, beendete sie den angefangenen Satz. „Ja, Liam, das ist richtig. Aber bitte weise ihn nicht darauf hin, ich werde es ihm zu gegebener Zeit selbst sagen. Ja?”
„Ich werde schweigen wie ein Grab”, versicherte der junge Mann. „Schließlich geht das Alter einer Dame niemanden etwas an.”
Schelmisch lächelnd nickte sie. „Wie recht du doch hast, Brüderchen! Doch eines sollten wir immer beachten. In Gesellschaft sollten wir beim „Sie” bleiben, sonst könnten deine Freunde auf dumme Gedanken kommen.”
„Da stimme ich dir voll und ganz zu. Aber eines interessiert mich doch. Wie soll ich dich ansprechen, wenn wir allein sind? Mit deinem Geburtsnamen oder dem menschlichen?”
„Das überlasse ich dir”, gab sie noch immer lächelnd zurück. „Ich sehe mich sowohl als Jeanne D'Arc als auch als Tho'rha.”
„OK! Dann sage ich Jeanne zu dir, das fällt mir leichter als dein taelonischer Name.”, verkündete er.
Die Frau legte den Kopf etwas schräg, zog eine Braue leicht in die Höhe und nickte.
„Nun aber wieder zu etwas Ernsterem”, wechselte sie das Thema und stand auf. „Ich möchte dir noch einiges zeigen. Komm!”
Er folgte ihr in den Raum und sie trat hinter die Bar und winkte ihm, näher zu treten. „Leg deinen Daumen hier drauf”, forderte sie und wies auf eine winzige Scannerfläche an einem Fach.
Liam tat, wie sie gesagt hatte, und spürte das Prickeln eines intensiven Scanns. Dann öffnete sich das Fach und enthüllte mehrere Reihen von Energiekapseln, deren helles Glühen auf volle Ladung hinwies.
Jeanne öffnete ein zweites Fach und entnahm ihm einen röhrenförmigen Behälter. Sie legte zwei der Kapseln hinein und reichte das Behältnis dem Menschen. „Du kannst hier jederzeit neue holen, wenn diese alle sind, aber du solltest immer welche bei dir haben, um Da'an im Notfall helfen zu können. Doch gib sie ihm wirklich nur im Notfall, denn der Vorrat ist begrenzt, und um ihn wieder aufzufüllen, brauchst du mich. Und leg bitte die leeren Kapseln wieder in dieses Fach, damit ich sie füllen kann.”
Liam nickte und verstaute den Behälter in seiner Jacke.
„Ach, übrigens”, fügte sie noch hinzu, „wenn das Röhrchen zu ist, kann der Inhalt nicht gescannt werden. Niemand wird bemerken, dass du Taelon-Grundenergie [3] bei dir hast.”
„Das ist gut”, stellte er erleichtert lächelnd fest.
„Hast du gedacht, ich würde das Risiko eingehen, dass sie dich damit erwischen? Ich weiß, wie sehr Zo'or hinter jedem Quäntchen Grundenergie her ist”, erklärte sie mit beleidigtem Unterton in der Stimme. „Das Röhrchen tut in geschlossenem Zustand so, als wäre es mit Vitaminkapseln gefüllt.”
„Wirklich?!”, fragte er verwundert, zog den Gegenstand hervor und hob ihn vor seine Augen. Tatsächlich sah es jetzt so aus, als bewegten sich eine Hand voll kleinerer Kapseln im Innern.
Anerkennend nickte er.
Sie lächelte und bedeutete ihm, mit ihr zu kommen. Jeanne zeigte ihm noch die übrigen Räume der Wohnung, deren Einrichtung eindeutig den jeweiligen Verwendungszweck demonstrierte. Im Bad wies sie ihn darauf hin, dass die Dusche sowohl eine Wasser- als auch eine Ultraschallfunktion hatte.
Nur eines ließ sie bei ihren Erklärungen aus.
Ihr Bett hatte die Möglichkeiten einer Energiedusche [4], wie sie nur von einem Taelon oder Kimera verwendet werden konnte.

Danach wies sie ihn in Funktionsweise der Futterstellen und Bewässerungssysteme ein.
„So, nun haben wir genug geackert”, stellte sie am Ende des Rundganges fest. „Jetzt sollten wir noch einen Schluck trinken und dann den Tag beenden. Was hältst du von einem Bier?”
„Gute Idee”, lobte er. „Aber wo?”
„Draußen auf der Terrasse”, empfahl sie. „Der Mond ist heute besonders schön.”
Liam nickte, und während sie die Getränke bestellte, ging er bereits hinaus und ließ sich im Gras nieder.
Nach einigen Augenblicken trat sie zu ihm, in ihrer einen Hand ein Glas mit dunklem Bier und in der anderen ein kristallener Pokal mit einem rubinrot glitzernden Wein. Vorsichtig ließ sie sich zu Boden sinken und reichte ihm sein Glas.
„Prost, Liam! Auf das Leben!”, forderte sie ihn zum Trinken auf.
„Zum Wohl, Jeanne! Auf die Liebe!”, gab er lächelnd zurück und berührte leicht ihr Glas. Ein leises glockenhelles Klirren erklang. Dann tranken beide und schwiegen für eine Weile. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, und das Mondlicht übergoss die Gestalten mit seinem silbernen Schein.

 

[1] Global:
abgewandelte, von Taelon-Technologie inspirierte Form eines UMTS-Handys

[2] Kimera:
überwiegend energetische, humanoide, ebenfalls telepatische Rasse. Die Kimera waren Anthropologen und Forscher. Vor Millonen Jahren halfen sie der Ursprungsrasse der Taelons aus einer Krise. Bei dem Versuch so zu werden wie ihre Retter vernichteten die Angehörigen der Ursprungsrasse die Kimera fast vollständig. Der Energiestatus der Kimera ist anders und auch höher als der der Taelons, deshalb strahlen sie heller und in einer lindgrünen Farbe.

[3] Taelon-Grundenergie:
die Energie, die die Taelons zum Leben brauchen, so etwas wie bei uns Nahrung. Ihre Energiekrise ist vergleichbar mit einer Hungersnot, die die gesamte Menschheit betrifft.

[4] Energiedusche, Energiestrom:
eine Art Energiefeld, in das sich die Taelons und ähnliche Rassen begeben, um zu ruhen und neue Energie zu tanken (ungefähr so, wie wenn wir essen und schlafen).

 

Ende von Kapitel 4

 

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