Startseite Aktuelles Update Geschichten Kategorien Bilder Forum - Der Baum Links Hilfe Kontakt
  „Oh, du fröhliche...” von Emma   (Emailadresse siehe Autorenseite),   November 2002
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Ein kleiner Blick auf die „angenehmen” Seiten des Weihnachtsfestes.
Zeitpunkt:  dritte Staffel
Charaktere:  Sandoval, Zo'or, Da'an, T'than
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2002 geschrieben.
 

 

OH, DU FRÖHLICHE...

 

Sandovals Laune war tiefer unter den Gefrierpunkt gesunken als die Temperatur. Die Hände in die Taschen seines Mantels vergraben, den Kragen aufgestellt und den Blick stur auf den Boden gerichtet, eilte er durch die Straßen.
Er hatte sich mit einem Informanten getroffen und wollte nun nur noch nach Hause, die Läden dicht machen und nichts mehr wissen, von all dem...
„Hey!”
Wütend drehte er sich nach der Person um, die ihn so schnöde angerempelt hatte. Es war eine hübsche Frau, nicht mehr ganz jung und mit momentan deutlich sichtbaren Lachfältchen um die Augen.
„Entschuldigen Sie vielmals!”, rief sie ihm freundlich zu und las die zwei Päckchen auf, die sie bei dem Zusammenstoß hatte fallen lassen. „Immer diese Weihnachtseinkäufe! Könnten Sie vielleicht...”
Doch Ron hatte sich bereits umgedreht und stapfte weiter. Er konnte sich beherrschen - zumal es jetzt auch noch kräftig zu schneien begann. Er erhöhte sein Tempo und wich geschickt einem von Kindern umringten Weihnachtsmann aus. Gerade hatte er eine Lücke in der aus und in das zugehörige Kaufhaus strömenden Menge entdeckt, da klingelte sein Global. Die damit verbundene Irritation ließ ihn leicht zögern, so dass er von einem der Ströme in den Konsumpalast mitgerissen wurde. Das warme Gebläse des Eingangs hatte ihn schon erfasst, da erspähte er abermals eine Lücke und gelangte wieder in einen auswärts gerichteten Sog. Nach einigen Zickzacksprüngen gelang es ihm - vom unaufhörlichen Gepiepe seines Globals und dem Weihnachtsgedudel aus den Kaufhauslautsprechern begleitet - auf die andere Seite des Eingangs zu gelangen.
Wütend riss er das Global aus seiner Tasche.
„Was ist?”, fuhr er den Anrufer an.
Es war - natürlich - Zo'or, der ihn etwas konsterniert ansah. Doch das hielt nur einen kurzen Moment an.
„Agent Sandoval, ich benötige Ihre Anwesenheit auf dem Mutterschiff heute Abend...”
„Ich bin ja schon unterwegs!” Genervt knallte Ron den Schieber des Globals in seine Verankerung und steuerte nun in noch schnellerem Tempo auf das nächste Portal zu.

 
* * *
 

„... nicht mehr”, beendete Da'an seinen Satz und schloss für ihn den Datenstrom.
Zo'or hasste es, wenn er das tat, doch im Moment war er viel zu erstaunt über das Verhalten seines Attachés und so drehte er sich nur fragend zu seinem Erzeuger um.
„Was um aller Energie willen sollte denn das?”
Ihm kam der besorgniserregende Gedanke, das CVI des Implantanten könnte zusammenbrechen. Doch Da'an antwortete nur mit dem Taelonäquivalent eines Schulterzuckens und einem seiner wissenden Lächeln, die Zo'or hasste wie Pesh'tal.
„Es ist Weihnachten”, bemerkte er, so als würde das alles erklären.
„Ja? Und?”, fauchte Zo'or und beschloss Da'an von der Brücke zu werfen, sobald er eine vernünftige Erklärung erhalten hatte.
„Sandoval hasst Weihnachten”, lautete die lapidare Antwort, mit der sich Da'an umwandte und ihn um ein Vergnügen brachte, indem er die Brücke von sich aus verließ.

 
* * *
 

Das helle Licht des Interdimensionstransports erfasste ihn und lud ihn einen Augenblick später auf dem Mutterschiff wieder ab. Sandoval trat aus dem Portal und machte sich auf den Weg auf die Brücke. Seine Schritte hallten hohl durch die Gänge und nur hier und da kam ihm ein Freiwilliger mit kaltem Blick entgegen. Keine Musik, kein Weihnachtsduft und keine aufgeregt umherspringenden Kinder.
Es war herrlich!

 
* * *
 

Sandovals Blick war überraschend gelassen, als er durch den Eingang auf die Brücke trat und Zo'or aus seinen Gedanken riss. Doch immerhin hatte die Zeit gereicht, um einen Plan zu entwickeln, mit dem Zo'or einerseits vertuschen konnte, dass er Sandoval gar nicht hatte aufs Mutterschiff bestellen wollen und andererseits mit etwas Glück herausfand, was diesen an Weihnachten so störte.
„Womit kann ich dienen, Zo'or?”
Der Synodenführer bemühte sich um einen eisigen, arroganten Blick und richtete diesen auf den Mann vor seinem Thron. „Ich wollte Ihnen mitteilen, dass ich von der Ökumenischen Gesellschaft zu einem Weihnachtskonzert in New York eingeladen wurde. Ich fürchte, dass ich dies kaum abschlagen kann. Was meinen Sie als mein Attaché und Beschützer?”
„Das geht nicht!”, platzte Sandoval heraus, während sich seine Miene dramatisch verdüsterte. Sogar sein Skrill fing leise an zu zischen, was Zo'or einen leichten Schauer durch die Energiebahnen trieb.
Äußerlich jedoch ungerührt, hob er eine imaginäre Augenbraue. „Ist es Ihnen vielleicht möglich, diese Aussage zu begründen?”
Der Mann sah ihn für einen Moment irritiert an, so als wundere er sich, dass es hierzu überhaupt eine Erklärung brauche. „Dort sind viel zu viele Menschen,” meinte er schließlich mit Nachdruck, „ich kann unmöglich für Ihre Sicherheit garantieren. Für einen wichtigen Kongress würde es sich vielleicht lohnen, ein Risiko einzugehen, aber für ein unwichtiges Weihnachtskonzert...” Sandoval schnaubte bei dem letzten Wort verächtlich und ließ es effektvoll im Raum hängen.
„Was ist gegen Weihnachten einzuwenden?”, fragte Zo'or unschuldig.
„Was gegen Weihnachten einzuwenden ist?” Der Implantant verschluckte sich beinahe vor Empörung an dieser Frage. Erzürnt und wild gestikulierend begann der sonst so stoische Companionbeschützer vor seinem Thron auf und ab zu gehen. „Nichts, außer dass man schon ab September im Supermarkt über Weihnachtssüßigkeiten stolpert. Ab Oktober hören Sie dann die ersten unschuldigen Fragen: ‚Ach, was sollen wir eigentlich dieses Jahr zu Weihnachten essen?’ und im November bekommen Sie dann von den lieben Tanten die ersten Weihnachtsplätzchen zugeschickt - wahlweise so bröselig, dass sie auseinanderfallen, bevor man sie in den Mund bringt, oder so bockelhart, dass Sie am besten bereits vor dem Probieren einen Termin beim Zahnarzt ausmachen. Bedanken müssen Sie sich aber trotzdem bei allen mit herzigen Weihnachtsmotiv-Kärtchen. Die kaufen Sie wieder im Supermarkt - wenn Sie sich jetzt noch durch die Weihnachtsüßigkeiten und die Backutensilien soweit durchkämpfen können.
Damit kann man ja noch leben, aber Anfang Dezember gibt es dann kein Halten mehr: Wo Sie hinschauen, wird alles dekoriert. Kein Fenster, an dem kein Kunstschneeschaum klebt, kein harmloses Tannenbäumchen, das keine Lichterkette verpasst bekäme. Ganz zu schweigen von tonnenschweren Verzierungen, die über den Straßen hängen, voller überlebensgroßer Weihnachtsmänner samt Schlitten und Rentieren mit blinkenden roten Nasen. Jetzt fängt auch die Zeit an, in denen Sie kein Radio mehr einschalten und kein Geschäft mehr besuchen können, ohne die Lieder zu hören, von denen Sie schon vor dreißig Jahren genug hatten.
Dem auszuweichen ist völlig unmöglich, denn man muss den lieben Verwandten und Freunden ja etwas schenken. Wohl dem, der keine hat, könnte man denken - doch weit gefehlt! Denn da gibt es ja noch Mitarbeiter, Geschäftspartner und Informanten, die einem umgehend jegliche Kooperation aufkündigen würden, wenn man sie alle zusammen genommen nicht mit einer Kleinigkeit im Wert von einem mittleren Einfamilienhaus bedenken würde. Für jeden von ihnen müssen Sie sich etwas einfallen lassen - und zwar etwas anderes als in den Jahren zuvor! Doch auch der einzige, von dem Sie sicher wüssten, worüber er sich freuen würde, bleibt nicht unbedacht - denn auch Sie bekommen natürlich für all den Plunder, den Sie verschenken, etwas zurück - nur eben garantiert nicht das, was Sie gerne hätten.
Kurz vor Weihnachten hören Sie dann, wo Sie auch hinkommen, die immer gleichen Diskussionen: Schneit es an Weihnachten? - Also, der im Wetterbericht hat ja gesagt, es gäbe eine dreißigprozentige Wahrscheinlichkeit. - Blödsinn, es scheint nie an Weihnachten! - Letztes Jahr hatten wir aber in der Nacht vom 25. auf den 26. zwei Zentimeter. - Nein, das stimmt nicht, das war das Jahr davor. - Unsinn, ich erinnere mich genau ... Und schon haben Sie den ersten handfesten Weihnachtsstreit.
Dem folgen dann weitere: Darum, wer denn diesen Krüppel von Weihnachtsbaum gekauft habe, oder ob der nun schief stehe oder nicht. Oder ob er dieses Jahr mal mit gelb-lila karierten Bändchen und ebensolchen Kugeln behängt werden solle, weil das gerade Mode sei, oder doch wieder mit goldenem Lametta unkenntlich zu machen sei. Am Ende des Festes können Sie dann hoffen, sich mit allen Ihren Verwandten so restlos verstritten zu haben, dass sie sich nie wieder bei Ihnen melden - eine Hoffnung, die Sie dann spätestens im November mit den ersten Weihnachtsgebäck-Paketen begraben können ...”
Erschöpft, aber immer noch aufgebracht blieb Sandoval stehen und Zo'or bekam gerade noch den Mund zu, bevor er ihn mit seinem finsteren Blick zu durchbohren begann. „War das Erklärung genug?”
„Durchaus ...”, antwortete Zo'or zögernd. Für einen Moment spielte er mit dem verlockenden Gedanken, Sandoval allein zu dem Konzert zu schicken und ihm obendrein zu befehlen, eine Weihnachtsfeier für alle Feiwilligen zu organisieren, doch was sein Attaché über den Erhalt der Kooperationsbereitschaft von Mitarbeitern gesagt hatte, hielt ihn zurück. Zudem hatte er eine andere Idee.
„Ihre Sorge um meine Sicherheit kann ich nicht unberücksichtigt lassen. Ich werde also Da'an und T'than dorthin schicken. Sie können dann im Anschluss auch gleich noch der Einladung der Wohltätigkeitsverbände zu ihrem Weihnachtsempfang Folge leisten. Für ihre Sicherheit kann Major Kincaid sorgen. Würden Sie bitte für die beiden zusagen?”
Ein kaltes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht seines Untergebenen aus. „Selbstverständlich. Da'an und besonders T'than werden entzückt sein.”
Zo'or erwiderte das Lächeln. „Das denke ich auch.”

 
* * *
 

Da'an sah seinem Beschützer nach, der wütend davon stapfte - was er ihm nicht verdenken konnte. Mit einer anmutigen Handbewegung öffnete er den Datenstrom, über den T'than ihn bereits seit geraumer Zeit zu kontaktieren versuchte.
„Da'an, warum um alles im Universum soll ich dich auf eine, nein, gleich zwei Veranstaltungen dieser unterbemittelten Spezies begleiten? Was denkt sich Zo'or? Ich bin Kriegsminister ...”
„Eben deshalb,” unterbrach ihn der nordamerikanische Companion mit sanfter Stimme. „Weihnachten ist das Fest des Friedens, und wie könnten wir die Menschen besser in Sicherheit wiegen, als indem wir unseren Kriegsminister zu solchen Anlässen auftreten und besinnliche Reden halten lassen?”
„Ich kann keine besinnlichen Reden halten! Ich weiß nicht einmal, was dieses Wort bedeutet! Und außerdem sind solche Veranstaltungen fürchterlich, egal bei welcher Spezies.”
„Mach dir keine Gedanken, ich werde die Reden für dich verfassen. Und du brauchst dich nicht dafür zu bedanken, denn als Ausgleich wirst du mich bei der Autogrammstunde für die Kinder vertreten.”
„Ich werde was???”
Da'an lächelte den kurz vor der Explosion stehenden Kriegsminister freundlich an und wechselte noch in dessen Schrecksekunde das Thema.
„Da wir uns gerade sprechen - ich dachte mir, wir könnten das Weihnachtsfest der Menschen zum Anlass nehmen, wieder einmal By'thar zu feiern.”
„Bitte?” Wie erwartet irritierte der abrupte Themenwechsel T'than hinreichend.
„Ja, du könntest die Führenden der Kolonien benachrichtigen und das notwendige Material herbeischaffen lassen, während ich die Mitglieder der Synode und die anderen hier stationierten Taelons informiere. Wenn wir uns beeilen, haben wir noch genügend Zeit, um die entsprechend festliche Stimmung aufkommen zu lassen.”
„Ja, aber...” T'than sah ihn ziemlich verwirrt an. „Wir haben doch schon seit achthundert Jahren kein By'thar mehr gefeiert!”
„Na, und? Um so mehr ein Grund, es dieses Jahr wieder einmal zu tun!”
T'than vollführte eine fassungslose Geste und sah ihn nun beinahe besorgt an. „Aber Da'an, By'thar ist ein Fest für Kinder. Ich weiß, es schmerzt dich sehr, aber: Wir haben keine Kinder!”
„Doch, haben wir. Zumindest haben wir einen, der unser Jüngster ist - und zudem unser Synodenführer!”, beharrte er trotzig.
T'than verlor die Geduld und seine Hand zuckte ärgerlich durch die Luft. „Ja, aber Zo'or hasst By'thar und deshalb ist es völlig unsinnig ...” Er stutzte, als er Da'an mit einem Mal eines seiner hintergründigen Lächeln lächeln sah. „Nun, ja, andererseits... Was sollte ich noch mal tun?”

 

Zurück / Back

 

Zum Seitenanfang