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  „Whatever happened to...” von Cindy Stone   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Alle hier vorkommenden Personen außer Cindy Stone, Kathrin Kincaid, Ma'hal, André und Mrs. Dawson gehören den Eigentümern von Mission Erde/Earth: Final Conflict, nämlich Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Companionagent Cindy Stone hat eine ungewöhnliche Begegnung in Alaska
Zeitpunkt:  dritte Staffel
Charaktere:  [Liam, Zo'or, Sandoval, Kathrin Kincaid,] Cindy Stone etc sowie John Doe alias Chrestien Lambert alias ...
 
Achtung:  Diese Story basiert auf der Fernseh-Science-Fiction-Serie „Mission Erde: Sie sind unter uns” sowie auf dem E-mail-Rollenspiel um die deutsche Taelonbotschaft.
 

 

WHATEVER HAPPENED TO...

 

Auf dem Mutterschiff herrschte der übliche Betrieb, die Freiwilligen liefen von einer Konsole zur anderen, grüßten mich respektvoll im Vorbeigehen, behelligten mich aber nicht. Ich war auf der Suche nach einer freien Konsole, um für die Botschaft einige Dateien herunterzuladen, auf die wir dort keinen direkten Zugriff hatten. Endlich hatte ich eine entdeckt und trat darauf zu, als Major Kincaid um die Ecke gebogen kam und mich beinahe umgerannt hätte. Er machte nur eine kurze beschwichtigende Geste und lief weiter. Ich sah ihm verwirrt nach und dachte für mich ‚dämlicher Kerl!’ grinste aber gleich darauf, weil ich es eigentlich gar nicht so meinte, und trat an meine Konsole. Ich öffnete ein paar Dateien, von denen einige den DNA-Scan erforderten, und kopierte sie per Global in den Computer der deutschen Taelonbotschaft. Gerade als ich diese Aufgabe abgeschlossen hatte, piepste mein Global und ich wurde von Agent Sandoval in die Kommandozentrale gebeten.
‚Woher weiß der Mann denn schon wieder, dass ich gerade an Bord bin?’ Agent Sandoval war manchmal ziemlich mysteriös.
Als ich eintrat, bemerkte ich bei ihm einen boshaften Zug in den Mundwinkeln. „Sandoval, steht Ihre Miene im Zusammenhang mit Major Kincaids Eile?” fragte ich ihn mit einem Schmunzeln, das ich einfach nicht abstellen konnte. Dabei wollte Sandoval doch immer so ernstgenommen werden.
„In der Tat, Agent Stone. Es hat einen Vorfall in Alaska gegeben, den er untersuchen soll. Da Sie im Moment wenig beschäftigt sind und in diesem Fall ein Implantant nötig werden könnte, werden Sie sich ebenfalls nach Alaska zu diesen Koordinaten begeben” - mit diesen Worten hielt er mir ein Global, auf dessen Display die Koordinaten standen, hin - „und Major Kincaid bei der Untersuchung unterstützen!”
Ich nickte. „Wie Sie wünschen. Wurde Ma'hal bereits informiert?”
„Ich werde ihn gleich informieren. Agent Stone, sollten Sie dort unten etwas entdecken, das eine Bedrohung für die Taelons darstellen könnte, ist es von größter Wichtigkeit, dass Sie vorsichtig sind und diese unverzüglich eliminieren!” Zo'or, der die ganze Zeit im hinteren Teil des Raumes im Schatten gestanden hatte, trat mit diesen Worten heran.
„Etwas anderes lässt mein Motivationsimperativ gar nicht zu,” antwortete ich. „Warum kümmern Sie sich eigentlich nicht darum, Sandoval?”
„Momentan bin ich hier an Bord unabkömmlich. Sie werden mir allerdings regelmäßig Bericht erstatten.”
„Ich möchte Sie bitten, Kincaid ein bisschen im Auge zu behalten. Er erscheint mir in letzter Zeit etwas suspekt,” sagte Zo'or noch dazu.
‚Nanu! Zo'or hat Kincaid also auch auf dem Kieker. Das ist ja sehr interessant. Und es kommt mir sehr entgegen.’
„Was immer Sie wünschen, Zo'or. Soll ich auf irgendwelche besonderen Anzeichen achten?”
„Nein, Agent Stone. Nur ganz allgemein ein paar Beobachtungen anstellen.”
‚Er hat also keinen konkreten Anhaltspunkt, nur vage Vermutungen. Frage mich, was Kincaid hat kucken lassen, dass Zo'or wieder mal so misstrauisch ist.’
„Ich packe noch schnell ein paar wärmere Kleidungsstücke zusammen und mache mich dann unverzüglich auf den Weg nach Alaska.” Mit diesen Worten drehte ich mich um und verließ die Kommandozentrale.

 
* * *
 

In Alaska betrat zur selben Zeit ein großgewachsener, gutaussehender Mann ein unterirdisches Tunnelsystem, das nur teilweise mit Metall verkleidet war. Dazwischen sah man Eis- und Gesteinsspuren hervorblitzen. Es herrschte eine erbärmliche Kälte, dort unten noch mehr als an der Oberfläche. Der Mann schritt zielsicher den Gang hinunter und trat in einen Raum. Dieser war beheizt, so dass er sich aus ein paar Lagen seiner Kleidung herausschälen konnte und dadurch etwas mehr Bewegungsfreiheit erlangte.
Der unterirdische Komplex war offensichtlich eine verlassene Forschungsstation. Der Mann hatte versucht herauszufinden, wann sie eingerichtet worden war, und dabei Daten von 1990 bis 1998 gefunden. Man hatte hier ursprünglich Bohrungen durchgeführt, um Aufschluss über die Entwicklung der Erde zu erhalten. Ein paar der Forscher mussten wohl auch gehofft haben, Überreste von ausgestorbenen Organismen zu finden, da in den Unterlagen hin und wieder Kommentare zu lesen waren, die die Enttäuschung darüber ausdrückten, dass wieder keine Fossilien gefunden wurden. Dass die Station 1998 aber nicht verlassen, sondern lediglich zweckentfremdet wurde, zeigte sich daran, dass Materialien und Computersysteme neuerer Zeit vorhanden waren. Einiges hatte der Mann auch als Taelontechnik identifiziert.

Er stammte nicht aus Alaska, nicht einmal aus der Nähe, und konnte sich auch nicht erklären, wie er dahin gekommen war. Er erinnerte sich nur daran, dass er, vor Kälte halbsteif, fast nackt inmitten einer seltsamen Flüssigkeit liegend aufgewacht war und sich unter großen Schmerzen nach draußen geschleppt hatte. Dort war er von einem Fremden mit einem Pick-up gefunden und mit nach Hause genommen worden. Dessen Frau hatte erst den Krankenwagen rufen wollen, ließ es aber auf sein Bitten hin bleiben. Die Frau hatte ihm ein heißes Bad eingelassen und ein paar Kleidungsstücke ihres Mannes gegeben. Dieser war inzwischen in den nächsten Ort gefahren, um den Arzt zu holen. Das heiße Bad hatte ihn endgültig aufgetaut, und als er in die Kleidung geschlüpft war, ging es ihm schon wieder ziemlich gut. Da der Arzt aber etwas anderer Meinung gewesen war, durfte er noch ein paar Tage im Bett verbringen. Er freundete sich mit dem Fremden, der sich Jack nannte und ihn bereitwillig bei sich aufgenommen hatte, und dessen Frau Mary schnell an. Er wohnte jetzt, nach über einem halben Jahr, immer noch bei den beiden. Mary behandelte ihn sehr mütterlich und er machte sich im Haus und Hof recht nützlich. Da er keine Identität mehr hatte, keinen Pass und auch kein Geld, blieben ihm auch keine Möglichkeiten, sich anderweitig zu revanchieren. Er hatte sich einen Job gesucht, um den beiden nicht zusätzlich auf der Tasche zu liegen, aber sparen ließ sich von dem Geld nicht viel.

Nun saß er also wieder einmal in der Station und forschte nach. Mittlerweile tat er das recht halbherzig, da sich keine neuen Informationen fanden. Nichts, was sich verwenden ließ, hatte er in all der Zeit finden können. Man nannte ihn John Doe, ihm war es recht. Er konnte sich zwar sehr gut an seine richtige Identität erinnern, aber so war es einfacher für ihn, niemandem irgendwelche Wahrheiten erzählen zu müssen, die dieser nicht verstand.

 
* * *
 

Liam Kincaid hatte von Sandoval den Befehl erhalten, nach seiner Ankunft in Alaska auf mein Eintreffen zu warten. Natürlich hielt er sich nicht daran und versuchte, schon ein paar Informationen einzuholen. Da ich eine Implantantin bin, traute er mir natürlich nicht und glaubte, ich wäre abkommandiert, irgendwelches belastendes Material gegen die Taelons zu beseitigen. Ich dagegen hatte keinen blassen Schimmer, worum es eigentlich ging.

Nachdem ich die Kommandozentrale des Mutterschiffs verlassen hatte, lief ich zum Shuttle und bat Kathrin, mich zunächst nach Berlin und dann nach Alaska zu bringen. Sie stellte vorerst auch keine Fragen und flog nach Berlin.
„Suchen Sie sich ein paar warme Klamotten, wir starten in 20 min nach Alaska!”
Kathrin fuhr in ihre Wohnung, ich in meine und wir packten Pullover, Winterstiefel und Mantel zusammen und trafen uns nach 15 min wieder in der Botschaft. Von dort starteten wir in Richtung Alaska zu den von Sandoval vorgegebenen Koordinaten.
„Was sollen wir eigentlich in Alaska, Agent?” fragte mich Kathrin plötzlich in die Stille hinein.
„Das weiß ich leider auch noch nicht. Ich denke, Major Kincaid wird uns das nach unserer Ankunft mitteilen.”
Nach einigen Minuten meldete Kathrin „Wir kommen raus!” und verließ die Interdimension.
Wir orteten das Shuttle von Major Kincaid und Kathrin landete das unsere direkt daneben.
Das alles war von John Doe unbemerkt geschehen.
Nachdem wir uns die warme Kleidung übergezogen hatten, machten wir uns auf die Suche nach Liam, der natürlich ohne uns losgegangen war. Ich fragte mich, welche Erklärung er sich dafür wohl wieder einfallen ließ. Ich holte mein Global heraus und rief ihn an:
„Major Kincaid, verraten Sie uns freundlicherweise, wo Sie sich aufhalten? Wir würden gerne ein bisschen mit Ihnen zusammenarbeiten!”
„Agent Stone, Sie sind also angekommen! Ich bin momentan im Büro des Sheriffs.”
„Gut, dann bleiben Sie da, bis wir bei Ihnen sind.”
In einer Kleinstadt war es ein leichtes, das Sheriffbüro zu finden, so dass wir nach nur wenigen Minuten dort waren. Kathrin und Liam begrüßten sich fröhlich.
Ihm blieb nun keine andere Wahl mehr, als mit uns zusammenzuarbeiten, auch wenn ich ihm ansah, dass er das gerne allein geregelt hätte.
Als wir Sheriff Harolds Büro verlassen hatten, gingen wir in ein Café, bestellten uns Donuts und Cappuccino und Liam erklärte uns endlich, worum es überhaupt ging.
„Also, laut Zo'or sind aus einer ehemaligen Forschungsstation, die die Taelons vorübergehend hier genutzt haben, wichtige Informationen, die hier eigentlich für sicher gehalten wurden, da die Station versiegelt worden war, nachdem man sie verlassen hatte, entwendet worden. Zwei Freiwillige haben bei einer Routinekontrolle die gebrochenen Siegel entdeckt und Zo'or informiert. Wir sind jetzt hier, um herauszufinden, wer in die Station eingebrochen ist, und um die gestohlenen Informationen wiederzubeschaffen.”
„Wo befindet sich diese Station?”
„Zwei Meilen weiter Richtung Osten. Es ist eine unterirdische Anlage.”
Wir hatten unseren Cappuccino getrunken und ich winkte die Kellnerin heran.
„Was bekommen Sie?”
„Insgesamt 5 Dollar 20 Cent.”
„Hier haben Sie 6 Dollar. Auf Wiedersehen!”
Ich stand auf, nahm meinen Mantel und verließ das Café. Liam und Kathrin folgten mir.
„Danke für die Einladung!” grinste mich Liam an.
„Keine Ursache.”
Eigentlich hatte ich gleich für alle bezahlt, damit wir die Zeit sparten, die uns das Auseinanderrechnen der Rechnung wieder gekostet hätte. Ich wollte endlich die Forschungs-station sehen.
Wir flogen hin, traten ein und liefen erst 2 Treppen hinab, die in eine Art Vorraum führten. Dort befand sich ein Lift, der jedoch natürlich außer Betrieb war. Es gab noch eine Leiter, die weiter hinunter führte und die wir wohl benutzen mussten. Also stiegen wir daran in den eigentlichen Tunnelkomplex hinab. Unten gingen drei Gänge in verschiedene Richtungen ab und da wir ja zu dritt waren, beschlossen wir, uns aufzuteilen. Kathrin nahm den linken, Liam den mittleren und ich den rechten Gang.
„Saukalt hier unten, kann nicht mal jemand die Heizung anschalten?!” hörte ich Kathrin noch schimpfen, bevor sie verschwunden war. Auch mich fröstelte es noch stärker als draußen.
Ich lief, mit der Taschenlampe die dunklen Winkel ausleuchtend, den Gang hinunter und fand einen Lichtschalter. Ohne wirklich damit zu rechnen, dass er funktionierte, betätigte ich ihn und, Oh Wunder, das Licht ging tatsächlich an. Nur um wenige Augenblicke später wieder zu verlöschen. ‚Mist! Blöde Sicherung!’ Ich ärgerte mich kurz und schaltete die Taschenlampe wieder ein.
Dann fand ich eine Tür und trat in den Raum. Dort standen Schreibtische und ein paar Medikamentenschränke, ein schon antiquiert wirkendes Mikroskop, das wohl keiner für würdig befunden hatte, noch mitzunehmen, und eine Krankenliege. Demnach zu urteilen also die hiesige Krankenstation. Auf dem Boden lagen Splitter von Sicherheitsglas herum und ich spürte, wie ich in einer leicht klebrigen Masse stand, die nur oberflächlich eingetrocknet war.
Ich lief durch das Zimmer auf der Suche nach einem Spatel und fand sogar einen. Vermutlich war er zwar unsteril, aber was sollte es? Aus meinem Mantel zog ich eine Plastiktüte und kratzte etwas von der seltsamen Masse vom Fußboden ab. Sollte sich ein Labor das mal ansehen. Dann verließ ich diesen Raum wieder und lief weiter den Gang hinab.

 
* * *
 

John Doe hörte etwas. Da kam jemand! Schnell packte er die Unterlagen weg, an denen er gerade saß, und löschte das Licht. ‚Scheiße, die Heizung!’ Er drehte sie herunter, aber man würde bemerken, dass es hier drin wärmer war als im übrigen Teil des Komplexes. Er musste irgendwie von hier verschwinden. Vorsichtig, um ja kein Geräusch zu verursachen, zog er sich die dicke Jacke wieder an und verließ das Zimmer. Er schlich durch den Gang und gewahrte den Schein einer Taschenlampe, der sich in seine Richtung bewegte. Schnell schlüpfte er in den Raum, der sich gerade an der Stelle befand. Es war der Generatorraum. Der Generator lief, aber das war schon so gewesen, als er hier drin aufgewacht war. Eindeutig Taelontechnik. Sehr sparsam und fast wartungsfrei. Lief nahezu ewig. Ihm war nur nicht klar, warum er lief. Plötzlich ging das Licht im Flur an. Das passte nun gar nicht in seinen Plan, also trat er zum Sicherungskasten und drehte einige Sicherungen heraus. Er hätte sie mitgenommen, aber das wäre aufgefallen. Es musste so aussehen, als ob sie bloß durchgebrannt wären. Ein paar Minuten hielt er sich noch im Generatorraum auf, dann schlich er sich wieder zurück in den Gang. Im medizinischen Labor bewegte sich der Lichtkegel hin und her und er hoffte, er könne daran vorbeihuschen, ohne gesehen zu werden.
Pustekuchen. In dem Moment trat die Person mit der Taschenlampe wieder auf den Flur und lief in seine Richtung. Eine Frau! Er würde sie leicht überwältigen können, wenn es nötig war. Erst einmal versuchte er aber, sich zu verstecken, und drückte sich in eine kleine Nische in der Wand. Viel zu klein für ihn, außerdem suchte die Frau jeden kleinen Winkel sehr genau ab. Er konnte nicht unentdeckt bleiben! Als sie auf seiner Höhe war und gerade die gegenüberliegende Wand untersuchte, sprang er hervor, schlang den rechten Arm von hinten um ihren Hals, so dass sie ihn nicht sehen konnte und sagte:
„Wenn Sie sich ruhig verhalten, geschieht Ihnen nichts!”
Zum Zeichen, dass sie verstanden hätte, hob sie beide Hände. Dabei blitzte ihr Skrill hervor.
’Verdammt, eine Implantantin!’
„Sie machen es mir wirklich nicht gerade leicht, Miss!”

 
* * *
 

Ich lief weiter und suchte den Sicherungskasten. Vielleicht konnte ich ja eine neue Sicherung finden und einschrauben. Etwas besseres Licht, als meine Taschenlampe abgab, wäre mich sehr recht. Also beleuchtete ich die Wände links und rechts und hoffte, ich fand ihn bald. Plötzlich löste sich ein Schatten aus der Wand hinter mir und ich wurde gepackt. Natürlich hätte ich meinen Skrill einsetzen können, er leuchtete schon auf, wollte den Angreifer jedoch nicht verletzen, bevor ich wusste, was er wollte.
„Wenn Sie sich ruhig verhalten, geschieht Ihnen nichts!” sagte er. Unwillkürlich musste ich grinsen. Dann hob ich meine Hände leicht nach oben, um ihm meine Kooperationsbereitschaft zu signalisieren. Außerdem wollte ich, dass er den Skrill sah. Vielleicht wusste er, was es bedeutete.
Er packte fester zu, als ob er mir die Luft abdrücken wollte. Dabei spürte ich etwas auf seinem Arm. In diesem Moment piepste mein Global.
„Lassen Sie mich los, oder wollen Sie gesehen werden, wie Sie einen Companionagent bedrohen?” fragte ich ihn.
„Sie werden nicht antworten!”
„Ich bin nicht allein hierher gekommen. Meine Kollegen sind nur in den anderen Gängen.
Wenn ich nicht antworte, werden sie mich suchen.”
Er stieß mich von sich weg und richtete seine rechte Hand auf mich. Zunächst verstand ich nicht, was diese Geste zu bedeuten hätte, aber dann sah ich ein Leuchten unter seinem Jackenärmel. ‚Ein Skrill!!’
Ich versuchte zu erkennen, wer er war, aber sein Gesicht lag im Dunkeln.
„Wer sind sie?!”
Statt einer Antwort sagte er nur „Antworten Sie endlich, bevor man Sie sucht!”
Also holte ich mein Global hervor. „Major Kincaid, was ist?”
„Diese Frage wollte ich Ihnen gerade stellen, warum antworten Sie denn erst jetzt auf meinen Ruf?”
„Sorry, ich hatte keine Hand frei. Was wollen Sie denn nun von mir?”
„Sandoval rief mich gerade an und sagte, dass ich mit Kathrin aufs Mutterschiff kommen soll. Möchten Sie noch hier bleiben oder kommen Sie mit? Zumindest in die Stadt?”
„Ich werde noch hier bleiben. Haben Sie schon irgendwas gefunden?”
„Nein, noch nichts. Und Sie wollen wirklich hier bleiben? Wir wissen nicht, wie lange wir dort oben bleiben werden!”
„Ich bleibe hier. Machen Sie sich keine Sorgen, die zwei Meilen bis zur Stadt kann ich zur Not auch laufen. Warum sollen Sie denn eigentlich auf's Schiff kommen?”
Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass der Mann, der mich mit seinem Skrill bedrohte, genervt zu sein schien.
Außerdem misstrauisch.
„Das weiß ich nicht. Wer weiß, was Sandoval wieder hat. Wir sind so bald wie möglich wieder zurück. Passen Sie auf sich auf!”
„Mach ich.”
Ich stecke das Global zurück in meinen Mantel und leuchtete in der nächsten Sekunde meinem Angreifer mit der Taschenlampe ins Gesicht. Taumelnd trat ich drei Schritte zurück, bevor ich mich wieder gefasst hatte.
„Commander Boone!!! Aber das ist unmöglich! Sie sind tot!”
„Offensichtlich nicht.”
„Wie geht das?”
„Hören Sie, Miss...”
„...Stone!”
„Miss Stone, ich weiß wirklich nicht, ob ich Ihnen das sagen sollte, beziehungsweise, kann.
Ich weiß aber, dass vorerst niemand wissen darf, dass ich noch lebe.”
„Ja, aber warum? Sie waren Da'an's Beschützer, er hat Ihnen vertraut! Warum wollen Sie diesen Posten nicht wieder einnehmen?”
„Weil irgend jemand offenbar nicht will, dass ich das tue!”
„Wie kommen Sie denn darauf? Wer sollte das nicht wollen?”
„Der selbe, der mich hierher gebracht hat. Ich habe die Ereignisse soweit interpretiert, dass ich, als ich in dieser Heilflüssigkeit steckte, die man hin und wieder benutzt, um schwere Verletzungen zu heilen, von jemandem hierher gebracht worden bin. Vermutlich hielt man mich hier für sicher, was weiß ich?! Der Tank ist aber aus irgendeinem Grund zerbrochen und ich wachte auf. Damit hat wohl niemand gerechnet.”
„Ich glaube nicht, dass Da'an etwas damit zu tun hat.”
„Ihn verdächtige ich auch nicht.”
„Wen dann?”
„Sandoval und Zo'or stehen ganz oben auf meiner Liste.”
„Nun, zuzutrauen wäre es ihnen. Sie haben jetzt aber ein ziemliches Problem, Commander Boone.”
„Welches?”
„Sie haben keine Identität mehr. Sie wurden für tot erklärt und mit ziemlichem Tamtam, wie es beim Begräbnis von Soldaten üblich ist, beerdigt.”
„Hier nennt man mich John Doe. Ich habe behauptet, nicht zu wissen, wer ich in Wirklichkeit bin, und die Nachrichten, in denen man von mir gesprochen hat, hat scheinbar niemand gesehen. Hier interessiert man sich nicht so für die Ereignisse, die sich in Washington und bei den Taelons abspielen. Das ist mein Glück.”
„Warum gehen Sie nicht zu Da'an und geben sich ihm zu erkennen?”
„Das kann ich nicht. Nicht, bevor ich weiß, warum man mich loswerden wollte, und vor allem WER das wollte. Wer weiß, vielleicht dient es den Taelons am besten, wenn ich tot bin.”
Das hatte er jetzt nur gesagt, weil er glaubte, das ich das hören wollte, da ich als Implantantin durch den Motivationsimperativ gezwungen bin, nur zum Wohle der Taelonsynode zu handeln.
„Wenn das der Fall wäre, hätte man Sie vermutlich richtig getötet.”
„Nicht, wenn es ein Taelon war, der mich loswerden wollte. Die Taelons sagen doch immer, dass sie niemanden töten würden. Für einen von ihnen war es vielleicht die beste Methode, mich in einem Heiltank hier in Alaska, am Ende der Welt, aufzubewahren, bis er entweder kaputtgeht und ich wirklich sterbe oder ich wieder gebraucht werde. Ich weiß nicht, wie ein Taelon wirklich denkt.”
„Zo'or hätte doch Sandoval mit der Tötung beauftragt.”
Boone zuckte mit den Schultern. Dafür hatte er offenbar keine Antwort.
Dann fasste er mich am Arm und bedeutete mir, mitzukommen. Wir liefen den Gang weiter hinunter und betraten einen Raum. Ich sollte mich an die Wand gegenüber der Tür stellen.
Mit einem Handgriff öffnete er einen Kasten an der Wand und tat darin irgend etwas. Da das Türchen des Kastens den Inhalt verdeckte, wusste ich nicht, was. Doch plötzlich brannte das Licht im Flur wieder und ich begriff, dass er die Sicherungen wieder eingeschraubt hatte.
„Sie waren das also, der das Licht vorhin gelöscht hat!”
Boone winkte mich heran, fasste mich wieder am Arm und ging noch weiter den Komplex hinunter. Am Ende des Ganges betraten wir einen Raum, in dem es merklich wärmer war als im übrigen Teil der Station. Er befahl mir, mich hinzusetzen, und drehte die Heizung wieder hoch. Ich zog meinen Mantel aus und sah mich um.
„Hier ist es etwas wärmer als da draußen im Korridor. Außerdem findet man uns hier nicht sofort. Ich möchte nicht, dass Ihre Kameraden auf dem Weg nach draußen noch etwas von mir mitbekommen,” sagte er und setzte sich mir gegenüber an den Tisch.
„Kincaid meinte, Zo'or wäre wegen von hier entwendeten Informationen beunruhigt. Haben Sie etwas damit zu tun?”
„Informationen?! Hier sind keine relevanten Informationen. Ich suche schon fast ein halbes Jahr danach.”
„Der Eingang zu dieser Station war versiegelt. Haben Sie die Siegel aufgebrochen?”
„Ich weiß es nicht. Kann sein. Ich bin hier drin aufgewacht und habe die Tür zum ersten Mal von innen geöffnet, um hier raus zu kommen. Ob die Siegel außen zu der Zeit schon gebrochen waren, kann ich nicht sagen.”
„Sie sind hier drin zu sich gekommen? Dann war das Sicherheitsglas, das überall in der Krankenabteilung herumlag, und diese seltsame Masse, in die ich getreten bin........”
„...... die Überreste des Tanks, in den man mich gesteckt hatte,” vollendete Boone meinen Satz.
„Dann grenzt es an ein Wunder, dass Sie noch am Leben sind. Meistens bedarf es doch einer besonderen Nachbehandlung, bevor man aus einem solchen künstlichen Koma wieder erwacht.”
„Da sehen Sie's! Aber mal was anderes, Miss Stone. Als Sie vorhin angerufen wurden, haben Sie den Anrufer Major Kincaid genannt. Ist das der Major Kincaid, der jetzt Da'ans Beschützer ist?”
„Ja, warum?”
„Nun, weil dieser Mann ein Hochstapler ist. Ich kenne den echten Liam Kincaid. Er hat mit mir im SI-Krieg gedient. Der, den Sie kennen, ist ein Betrüger!”
Das war ja sehr interessant. Ich hielt Kincaid schon immer für suspekt und jetzt das. Das war Wasser auf meiner Mühle.
„Commander Boone. Ihre Geschichte hat mich neugierig gemacht. Ich würde gern in dieser Richtung etwas ermitteln wollen, um herauszufinden, warum man Sie eliminieren wollte. Außerdem möchte ich wissen, wer Liam Kincaid wirklich ist. Ich verspreche Ihnen, in der Zwischenzeit niemanden darüber zu informieren, dass sie noch am Leben sind. Sie werden sich in der Zeit von der Forschungsstation fernhalten und mir vertrauen müssen. Wo wohnen Sie jetzt?”
„Bei einem älteren Ehepaar hier in der Nähe. Sie heißen Jack und Mary Dawson.”
„Gut, was wissen die beiden?”
„Nichts.”
„Haben sie Sie nie wegen Ihres Skrills gefragt?”
„Doch, aber ich habe meine angebliche Amnesie vorgeschützt, um nicht antworten zu müssen.”
„Nun gut. Ich werde versuchen, Sandoval und Zo'or davon zu überzeugen, dass es hier keine Hinweise auf verschwundene Informationen oder gar die Diebe gibt und sie davon abzuhalten, hier weiter zu suchen. Ich werde jetzt wieder gehen müssen. Wenn es etwas Neues gibt, melde ich mich bei Ihnen. Ich hoffe, das ist okay für Sie?!”
„Solange Sie nicht ‚Vertrauen Sie mir!’ sagen.”
Ich lächelte ihn an „Vertrauen Sie mir!”

 
* * *
 

Wir gingen nach draußen und liefen zusammen in die Stadt.
„Wie halten Sie diese Kälte nur aus, Boone?”
„Man gewöhnt sich daran. Ähm... Miss Stone, ich habe Sie vorher noch nie gesehen, auch in keiner Nachrichtensendung. Sie arbeiten nicht in Washington, oder?”
„Nein, ich bin die Beschützerin von Ma'hal, dem deutschen Companion. Ich befand mich gerade auf dem Mutterschiff, als man beschloss, die hiesige Situation zu untersuchen, und so wurde ich mit hierher geschickt. Sandoval meinte, ich hätte grad nichts wichtigeres zu tun.
Und Sie sagen, in der Station waren nie relevante Informationen? Wie kommt dann Zo'or zu einer solchen Behauptung?”
„Vielleicht weiß er, dass ich hier bin und Sie sollten eigentlich nach mir suchen. Er rechnet sicher damit, dass Sie ihm in dem Fall darüber Bericht erstatten.”
„Das würde bedeuten, er hält Sie für eine Bedrohung. Er sagte etwas zu mir, bevor ich aufbrach, das diesen Schluss zulässt. Demnach müsste ich Sie eliminieren.”
„Aber das tun Sie nicht.”
Wieder musste ich lächeln. „Ich wüsste nicht, wie ein Implantant eine Gefahr für die Taelons darstellen sollte.”
Boone grinste zufrieden. Obwohl ihm nicht klar war, warum ich mich von Anfang an so kooperativ verhalten hatte.
Wir waren am Stadtrand angekommen und er deutete auf ein Haus.
„Hier wohne ich zur Zeit. Und vergessen Sie nicht, nach John Doe zu fragen, statt nach Commander Boone, wenn Sie mich sprechen wollen.
Ich gehe jetzt lieber rein, bevor mich noch weitere Taelonmitarbeiter sehen. Auf Wiedersehen, Miss Stone.” Er reicht mir seine Hand, ich ergriff sie und sagte grinsend:
„AGENT Stone. Oder Cindy, wie Sie wollen. Passen Sie auf sich auf, Boone, ähh.... Doe.
Ich melde mich so bald als möglich wieder bei Ihnen.”
Dann drehte ich mich um und lief zum Shuttle. Boone ging in das Haus.
Als ich beim Shuttle war, rief ich Sandoval an.
„Agent Sandoval. Die Untersuchung der Station hat leider kein Ergebnis gebracht. Er gibt keinerlei Fingerabdrücke oder andere Hinweise darauf, wer in die Station eingedrungen ist. Allerdings fielen mir einige Dinge auf, die eindeutig darauf hinweisen, das sie mehrmals besucht worden ist. So läuft zum Beispiel der Stromgenerator und einer der Räume war beheizt. Des weiteren waren einige frische Spuren in den Staubschichten. Soll ich weitere Untersuchungen durchführen?”
„Ja, das sollen Sie! Kümmern Sie sich darum, die Eindringlinge zu finden!”
„Mit Verlaub, Agent Sandoval, aber ich persönlich bin zu der Ansicht gelangt, dass die Widerstandsbewegung diesen Komplex vorübergehend genutzt hat. Die kommen nicht wieder. Meine Anwesenheit hier könnte nur zur Schadensbegrenzung dienen. Ich kann die noch vorhandenen Unterlagen mit aufs Schiff bringen. Viel mehr wird nicht möglich sein.”
Ich hatte gerade gelogen. Die Taelons belogen. War mein CVI defekt? Wie konnte ich lügen? Es war mir völlig unbegreiflich, allerdings, Boone belog ja die Taelons auch, mehr oder weniger.
Sandoval schien zu überlegen.
„Gut, ich schicke die beiden Kincaids sobald wie möglich wieder zu Ihnen. Sie werden alle Unterlagen, die Sie in der Station finden, auf Mutterschiff bringen. So finden wir vielleicht heraus, welche fehlen.”
„In Ordnung, ich werde die beiden erwarten.”
Dann rief ich einen alten Freund an, der jetzt bei der französischen Einwanderungsbehörde arbeitete.
„André, wie geht es Dir?” begrüßte ich ihn überschwänglich freundlich.
„Cindy, ist das schön, mal wieder was von Dir zu ören!” antwortete er ebenso übertrieben.
„Aber Du ruft doch sischer aus einem anderen Grund an, als dass Du wissen willst, wie es mir geht, nischt wahr?”
„Hmm, durchschaut, Du alter Fuchs! Du könntest mir tatsächlich einen großen Gefallen tun.
Kannst Du Geburtsurkunden und Pässe ausstellen? Sagen wir für jemanden, der ca. 40 Jahre alt ist? Eventuell auf den Namen Lambert?”
„Mann oder Frau?”
„Mann.”
„Du weißt, dass isch misch damit strafbar mache?!”
„Das ist mir bewusst, aber es ist wirklich wichtig für mich. Bitte!”
„Nun gut, aber dann schuldest Du mir eine ganze Menge!”
„Du bist ein Schatz, André. Sag Bescheid, wenn ich mich revanchieren kann. Wann kannst Du mit dem Pass fertig sein?”
„Wann brauchst Du ihn denn?”
„Am besten gestern!”
„Non, das geht nischt, aber morgen ist er bestimmt fertisch.”
„Dann hol ich ihn morgen ab. Brauchst Du ein Passbild?”
„Oui!”
„Augenblick...” ich lud kurz ein Foto von Boone herunter und übermittelte es André „... hier, das ist er.”
„Wer ist das?”
„Monsieur Lambert! Gib ihm bitte einen passenden Vornamen, ja?!”
„OK, isch tu, was isch kann.”
„Ich hol den Pass morgen ab. Gib Dir Mühe, das ist vielleicht lebenswichtig!”
Adieu.”
Nach diesem Gespräch lief ich zum Haus der Dawsons und klopfte an. Mrs. Dawson öffnete und sah mich verwirrt an.
„Was kann ich für Sie tun, junge Frau?”
„Ich suche John Doe.”
„Augenblick.” Mrs. Dawson ging in das Haus zurück und ich hörte sie zu Boone sagen:
„John, da draußen wartet eine hübsche junge Frau. Sie sucht nach Dir.”
Ich musste schmunzeln, denn so jung, wie ich aussah, war ich gar nicht mehr. Boone und ich mussten etwa gleich alt sein.
Boone kam raus. „Was ist?”
Ich führte ihn am Arm ein paar Schritte vom Haus weg außer Hörweite.
„Ich habe einen alten Freund gebeten, Ihnen einen Pass auszustellen. Können Sie französisch?”
„Ein wenig, warum?”
„Nun, weil Sie vielleicht schon sehr bald französischer Staatsbürger sind. Ich bringe Sie morgen nach Paris. Dort erhalten Sie neue Papiere. Wohnen können Sie in meiner Wohnung. Jetzt, wo ich Companionagent in Berlin bin, kann ich dort eh nicht mehr oft hin.”
„Das überrumpelt mich jetzt ein bisschen!”
„Kann ich verstehen, allerdings lässt es sich nicht umgehen. Zo'or ist auf die hiesigen Ereignisse aufmerksam geworden, Sie müssen von hier verschwinden, bevor es hier von Freiwilligen nur so wimmelt. Sie wissen doch, wie das läuft”.
Ich sah Boone an, dass er dies als recht einleuchtend empfand.
„Wenn meine Kollegen zurückkommen, werde ich mit ihnen zur Forschungsstation zurückfliegen und alle Unterlagen zum Taelon-Mutterschiff bringen. Um weitere Untersuchungen hier zu verhindern, wird dies unumgänglich sein. Sobald es mir möglich ist, komme ich morgen her und bringe Sie nach Paris. Halten Sie sich also für alle Fälle bereit. Ich habe Sandoval gegenüber behauptet, dass höchstwahrscheinlich die Widerstandsbewegung für die gebrochenen Siegel verantwortlich ist. Haben Sie in der Station viele Fingerabdrücke hinterlassen?”
„Das ist möglich. Hauptsächlich an den Akten könnten sich welche befinden. Allerdings nur an denen, die sich in dem beheizten Raum befanden. Ansonsten habe ich immer Handschuhe getragen.” Boone grinste. „Anfangs wagte ich es nicht, die Heizung anzustellen, weil ich damit gerechnet habe, dass jemand kommen könnte. Erst in der letzten Zeit bin ich etwas unvorsichtiger geworden... und prompt kamen Sie.”
„So was nennt man Schicksal, ...oder Pech.”
Ich streckte Boone meine Hand hin „Verabschieden wir uns also zum zweiten Mal am heutigen Tag voneinander. Bis morgen.”.
„In Ordnung, AGENT Stone, bis morgen also.”
Wir grinsten uns noch mal kurz an und dann lief ich wieder zum Shuttle zurück. Dort suchte ich den Scanner, mit dem man DNA-Spuren und Fingerabdrücke analysieren konnte, und programmierte ihn so, dass er auf Boones Werte ansprach. Was ich mit den Unterlagen machen würde, die solche Spuren aufwiesen, wusste ich zwar selbst noch nicht, aber mir würde schon noch was einfallen.

 
* * *
 

Gerade als ich fertig geworden war, fiel ein Taelon-Shuttle aus dem Interdimensionsflug und landete neben dem, in dem ich gerade saß. Liam und Kathrin stiegen aus und traten zu mir.
„Hat Sandoval Ihnen gesagt, wie es jetzt weitergehen soll?” fragte ich Liam.
„Nun, wir sollen die Unterlagen aus der Station zum Schiff bringen.”
„Das ist richtig. Also, dann fliegen wir mal hin.”
„Warum sind Sie eigentlich wieder in der Stadt, Agent?”
„Nun, ich wusste nicht, wann Sie wiederkommen würden, und mir wurde langsam kalt dort. Außerdem hatte ich das hier vergessen.” Ich winkte mit dem Scanner. „Damit kriegen wir vielleicht ein paar Fingerabdrücke analysiert. Falls welche da sind.”
Kathrin stieg auf dem Pilotensitz unseres Shuttles und Kincaid nahm das seine. Als wir abhoben, sah ich, wie sich eine Gardine im Haus der Dawsons bewegte.
An der Forschungsstation angekommen, beschlossen wir, diesmal zusammenzubleiben und die Gänge der Reihe nach abzusuchen. Im linken befanden sich nur leere Räume. Man hatte absolut alles dort weggeräumt. Also gingen wir zum mittleren Korridor. Dort waren einige Aktenschränke, jedoch leer. Die Staubschichten zeigten, dass das auch schon immer so gewesen sein musste. Die Räume dort mussten wohl die Schlafzimmer der Forscher gewesen sein, es standen Kleiderschränke und Bettgestelle darin. Aber auch in den Kleiderschränken war nichts. Blieb nur noch der rechte Gang. An der Krankenstation lotste ich die beiden mit der Bemerkung, dass ich diese bereits durchsucht hätte, und sich dort ebenfalls nichts relevantes befände, außer, einer von Ihnen möchte ein veraltetes Mikroskop mitnehmen, vorbei. Im Generatorraum hatte ich nichts zu befürchten, da Boone Lederhandschuhe getragen hatte. In den anderen Räumen befanden sich tatsächlich Unterlagen. Sofort trat ich mit meinem Scanner heran. Da diese keine Spuren von Boones DNA aufwiesen, drückte ich meinen Begleitern je einen Stapel in die Hand, die sie zum Shuttle bringen sollten.
„Die anderen können auch raufgebracht werden. Ich gehe inzwischen weiter und suche noch mehr Akten.”
Genau das tat ich auch. Die meisten waren ebenfalls sauber, nur ganz wenige wiesen auf Boone hin. Diese sortierte ich auf einen gesonderten Stapel, den ich mit in die anderen Räume nahm. In dem beheizten legte ich sie ab. Langsam musste mir etwas einfallen. Zunächst wischte ich den Heizkörper ab, besonders gründlich den Regler, um dann meine eigenen Fingerabdrücke richtig schön aufzudrücken. Das zeugte zwar von wenig Professionalität, war aber das Sicherste, um Boones Spuren zu verwischen.
Es gab gegenüber noch einen Raum. Als ich hinein wollte, merkte ich, dass die Tür verschlossen war. Auf den Schildern, die darüber angebracht waren, wurde man gewarnt, dass scharf geschossen würde, wenn man diesen Bereich widerrechtlich betreten würde. Aber da niemand da war, der auf uns schießen würde, beschloss ich, doch hineinzugehen. Von einer Freundin, die eine Zeit lang Diebin gewesen war, bevor sie ihren Lover kennen gelernt hatte und ehrbar geworden war, hatte ich gelernt, wie man Schlösser knackt. Das kam mir jetzt zugute. Ich zog eine Haarnadel aus meiner Frisur und machte mich damit an dem Schloss zu schaffen. Gerade als ich die Tür entriegelt hatte, kam Kincaid dazu.
„Was machen Sie da?!”
„Nun, ich sehe nach, was sich hier drin befindet,” antwortete ich und stieß die Tür auf. Dahinter befanden sich viele elektronische Geräte, Computermonitore und derlei Instrumente. Einige davon waren unverkennbar Taelontechnik. Am Ende des Raumes befand sich eine Art Tresor.
„Können Sie den auch öffnen, Stone?” fragte mich Liam.
„Ich weiß nicht. Lassen Sie mich mal sehen.” Ich trat näher heran und sah mir den Tresor genauer an.
„Nein, das schaffe ich nicht.”
„Dann machen wir es auf die Art,” sagte Kincaid und zückte seine Waffe. Ich trat vorsichtshalber ein paar Schritte zurück. Liam schoss die Tür des Safes auf, doch was dann passierte, hatten wir nicht erwartet. Eine Computerstimme meldete:
„Unautorisiertes Öffnen des Safes. Selbstzerstörung des Korridorbereichs wird eingeleitet. Selbstzerstörung in 45 Sekunden. 44, 43...”
Kincaid und ich machten, dass wir rauskamen, und wir rannten, so schnell wir konnten, zum Ausgang. Unterwegs kam uns Kathrin entgegen, die ich am Ärmel packte und mitriss. Wir waren kaum draußen, als wir die Erschütterung spürten.
„Schei**!” fluchte Liam.
Ich wunderte mich nur, warum der ganze Bereich gesprengt würde, nur weil man einen Safe öffnete.
Nach einer Viertelstunde beschlossen wir, wieder nach unten zu gehen und uns das Ausmaß der Zerstörung anzusehen. Je weiter wir in den Korridor hineinliefen, desto verheerender sah es aus. Von den Unterlagen, die sich noch dort unten befunden hatten, war nichts übrig geblieben, was mich gar nicht so unglücklich machte. Stillvergnügt sah ich die Aschehäufchen an und war froh, dass sich dieses Problem im wahrsten Sinne des Wortes von selbst erledigt hatte.
Wir gingen wieder zurück zu den Shuttles und ich sagte zu den beiden:
„Zo'or wird das ganz und gar nicht gefallen. Ich denke, er wird sogar ziemlich ärgerlich werden, und ehrlich gesagt, eine Glanzleistung war es auch wirklich nicht. Zumal noch zusätzliche Unterlagen vernichtet wurden, und es somit unmöglich wird, herauszufinden, welche vorher entwendet worden sind.”
Irrte ich mich, oder umspielte tatsächlich ein subtiles Grinsen Liams Mundwinkel?
„Wir sollten auf jeden Fall die, die wir haben, zum Mutterschiff bringen.” Mit diesen Worten stieg ich in das Shuttle der deutschen Botschaft und wartete auf Kathrin. Sie setzte sich auf den Pilotensitz und wir starteten. Auch Liam hob ab.

 
* * *
 

Zo'or war in der Tat sehr aufgebracht. Er funkelte uns böse an, was aber nur mir wirklich etwas auszumachen schien. Kincaid gab sich sehr unberührt. Da Kathrin nichts damit zu tun hatte, ließ man sie in Ruhe.
Nachdem wir uns hatten rechtfertigen müssen, was Zo'or aber nicht so recht hatte überzeugen können, wurden wir wieder in unsere jeweiligen Botschaften geschickt.

Am nächsten Morgen war ich früher als alle anderen in der Botschaft. Ohne mich bei Ma'hal zu melden, nahm ich ein Shuttle und flog nach Alaska. Ich wusste, das ich deswegen eventuell noch einmal Probleme bekommen würde, deshalb hatte ich mir eine recht gute Ausrede zurechtformuliert.
Boone erwartete mich schon und stieg sofort ins Shuttle. Ich startete und programmierte den Kurs nach Paris. Dann traten wir in den Interdimensionsraum ein.
„Wie fühlen Sie sich, Commander?”
„Ganz gut. Haben Sie gestern noch etwas in der Forschungsstation gefunden?”
„Oh ja. Eine Selbstzerstörungsanlage. Wir sind gerade noch rausgekommen, sonst wäre uns der ganze Mist um die Ohren geflogen. Die Unterlagen und auch die Hinweise auf Ihre Anwesenheit dort wurden jedenfalls komplett vernichtet.”
„Das ist gut.” Seine Stimme klang so, als ob er mit seinen Gedanken gerade woanders wäre. Ich sah ihn an und bemerkte, dass auch sein Blick mitten ins Nichts ging. Was dachte er wohl gerade?
Nach einer Viertelstunde waren wir in Paris. Auf der Pont St. Louis ließ ich ihn aussteigen und wies auf eine Tür. „Der Türcode lautet 2203. Hier haben Sie den Wohnungsschlüssel. Oberste Etage, da wo Lambert dran steht, das ist meine Wohnung.”
Dann flog ich weiter Richtung Eiffelturm zur französischen Botschaft. Dort landete ich das Shuttle und betrat die Botschaft. Nachdem ich dort meinen Alibibesuch gemacht hatte, ging ich zum Einwohneramt, um Boones neue Papiere von André zu holen. Er hatte sie wie gewünscht schon fertig und überreichte sie mir mit einer Verbeugung. Ich musste grinsen.
„Ich wage es nicht zu fragen, wie Du das so schnell hingekriegt hast.”
„Das ist klug. Isch könnte es Dir auch nischt erklären.”
„Merci beaucoup, mon cher,” ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und ging schnell in meine Wohnung, wo Boone schon auf mich wartete.
„Lambert?” fragte er. „Ich dachte, Sie heißen Stone!?”
Ich zuckte nur mit den Schultern.
„Dafür heißen Sie jetzt Lambert. Achten Sie auf die französische Aussprache. Hier sind Ihre neuen Papiere. Chrestien Lambert. Gewöhnen Sie sich daran. Lernen Sie die Daten auswendig, das ist ja mit dem CVI kein Problem. Werden Sie einfach zu Monsieur Chrestien Lambert.
Wie ich bereits sagte, können Sie bis auf weiteres diese Wohnung benutzen. Bis Sie einen Job gefunden haben, lasse ich sie mietfrei hier wohnen, und auch danach werden sich die Mietpreise weit unter dem Standard, den man in diesem Teil der Stadt bezahlt, bewegen. Machen Sie es sich gemütlich!”
Boone sah sich in der Wohnung um. Es war eigentlich ein einziger großer Raum, das Wohnzimmer wurde nur optisch durch jeweils zwei Stufen von Schlafzimmer (rechts davon), Arbeitszimmer und Esszimmer (links davon) abgetrennt. Vom Esszimmer aus ging es in die Küche und vom Schlafzimmer aus ins Bad und in den begehbaren Kleiderschrank. Dort machte ich Platz für Boones Kleidung und legte ihm nahe, sich weitere zu kaufen. Dazu gab ich ihm ein paar nützliche Tipps, wo er preiswert gute Ware erhalten konnte.
Ich lieh ihm vorerst eintausend Euro mit der Bitte, sich das Geld etwas einzuteilen. Er selbst besaß noch einmal gut 1500 Dollar, würde also ein paar Monate hinkommen.
Als ich mir dessen sicher sein konnte, verabschiedete ich mich wieder von ihm, fuhr zurück zum Shuttle und kehrte nach Berlin an meine gewohnte Arbeit zurück.

 

ENDE

 

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