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  „Rückkehr” von Kelara/Anastasia   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Alle hier vorkommenden Personen gehören den Eigentümern von Mission Erde/Earth: Final Conflict. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Da'an entscheidet, Liam aus seiner Position als Beschützer zu entlassen, doch bevor er ihn endgültig aus seinem Leben verschwinden lässt, hat er noch etwas Bedeutsames mit ihm vor.
Zeitpunkt:  Mitte der dritten Staffel, vor „Die Agentin”.
Charaktere:  Da'an, Liam, [La'ir, Augur, Zo'or]
 
Anmerkungen:  Text in * ist gedankliche Kommunikation, Text in ~ ist Kimera, Text in § ist die alte Ursprache von Taelons und Jaridians und Text in $ ist Eunoia.
 

 

RÜCKKEHR

 

Zo'or hatte recht, ich bin schwach geworden. Du hast mich schwach gemacht und jetzt, wo ich deine Ablehnung, ja Verachtung spüre, merke ich, dass meine alte Stärke zu mir zurückkehrt. Es war eine schöne Zeit und du hast mich oft gerettet, aber eigentlich hast du mich gefesselt. Ich habe mich zu sehr auf dich verlassen. Und jetzt, jetzt kommt mir diese Zeit verschwendet vor. Ich habe nichts geschafft und du warst nicht da. Ich muss mich auf mein Selbst zurückbesinnen. Ich kann nicht so sein, wie ich jetzt bin. Ich brauche meine Macht und Stärke, die, die du von mir nicht erwartest. Bald wirst du sie spüren und dann wird deine Verachtung endlich berechtigt sein.

 
* * *
 

Wütend stieg Liam aus dem Shuttle und rannte zur Brücke. Zo'or drehte sich zu ihm und lächelte ihn kalt an. „Was wollen Sie hier, Major?”
Liam versuchte gar nicht erst, seinen Ärger zu verbergen. „Warum komme ich nicht in Da'ans Botschaft? Und wo ist Da'an? Ich kann ihn nicht erreichen!”
Zo'ors Lächeln vertiefte sich. „Ich verstehe Sie nicht, Major. Da'an ist in seiner Botschaft. ...” - „Aber warum ...”. Zo'ors Augen blitzten auf. „Sie unterbrechen mich?”
Liam schluckte und meinte nur, „Entschuldigen Sie, Zo'or.” Zo'or kniff leicht seine Augen zusammen und wartete. Als Liam es nicht erneut wagte, etwas zu sagen, sprach er weiter.
„Da'an wird Sie informieren, wenn er Sie zu sprechen wünscht. Des Weiteren haben Sie von nun an kein Recht mehr, das Mutterschiff zu betreten.”
Liams Augen weiteten sich und noch bevor er etwas sagen konnte, zeigte Zo'or ihm unmissverständlich, dass er zu gehen hatte.

 
* * *
 

Im Shuttle piepte Liams Global. „Ja.”
Da'ans Bild erschien. „Ich wünsche Sie sofort zu sprechen, Major Kincaid.”
Das werden wir doch mal sehen, dachte Liam. „Das geht jetzt nicht. Ich habe zu tun.”
Da'ans Stimme erhielt einen gefährlichen Unterton. Liam hatte ihn noch nie zuvor so gehört. „Sie kommen sofort.”
Dann brach er die Verbindung ab.

 
* * *
 

Zwei Freiwillige brachten Liam in Da'ans Empfangszimmer. Liam ließ Da'an nicht die Chance irgendetwas zu sagen, sondern fuhr ihn sofort an.
„Was soll das? Warum werde ich von Freiwilligen hierher geführt?” Eine Atempause und als Da'an nicht reagierte, „Und was ist überhaupt los? Ich komme nur noch in die Botschaft, wenn Sie mich bestellen und aufs Mutterschiff darf ich auch nicht mehr?!”
Da'an schwieg weiterhin. Etwas Spöttisches war in seinen Augen.
„Sind Sie fertig, Major?” Er drehte sich um und ging zu seinem Stuhl, setzte sich. Er war jetzt auf gleicher Höhe mit Liam.
Liam blieb stehen, die Hände in seine Hosentaschen gesteckt, und unterdrückte seine Ungeduld.
„Ihre Fragen werden sich gleich von selbst klären. Vorerst möchte ich Sie jedoch fragen, wo Sie die letzten zwei Tage gewesen sind.”
„Sie hatten keinen Termin und haben nicht nach mir verlangt. Sie hätten mich jederzeit informieren können, dass ich kommen soll.”
Da'an lächelte leicht. „Wie Sie meinen.”
Liam trat näher an den Stuhl, die Hände noch immer in den Taschen und blickte Da'an ungeduldig an. Da'an erkannte genau die Wut in seinem Blick. Liam hatte ihn schon oft so angesehen. War ihm eigentlich bewusst, wie gut er seine Reaktionen kannte?
„Ich hatte die letzten Tage viel zu tun. Ich musste mich entscheiden.” Er sah Liam eindringlich an, beachtete jede Reaktion des Mannes. „Ich habe mich ... unter vielen Bewerbern für einen ... neuen Beschützer entschieden.”
Das saß. Da'an sah die Explosion in Liams Augen. Er war froh, dass er perfekte Kontrolle über seine menschliche Fassade besaß, sonst hätte er wahrscheinlich gelächelt.
Liam war fassungslos. Trotz allem hatte er nie mit so etwas gerechnet. Trotz allem hatte er doch immer seinen Job als Beschützer gut erfüllt. Er spürte, wie etwas in ihm hochstieg, etwas, das er Da'an zeigen wollte, aber er konnte nicht sprechen. Konnte keinen Ton hervorbringen. Er besaß nur noch seine Körpersprache ... und die wollte er auf keinen Fall einsetzen.
„Ich denke, dass Sie mehr Zeit für Ihren zweiten Job, der Sie in letzter Zeit immer mehr ... eingenommen hat, benötigen. Taelon-Beschützer ist eine Vollzeitbeschäftigung und ich wünsche, dass meinem Beschützer das klar ist.”
„Und warum hat Sie mein „zweiter” Job bisher nicht gestört?” fragte Liam mit leiser, aggressiver Stimme.
Da'an kam mit seinem Gesicht dem von Liam näher.
„Am Anfang war es keine zweite Beschäftigung. Ihre Tätigkeit stimmte mit meinen Ansprüchen an meinen Beschützer überein. Sie waren kritisch und niemand, der alles einfach hingenommen hat. Das mochte ich. Doch im Laufe ... unserer Zusammenarbeit sind Sie immer anmaßender und aggressiver geworden und ihre weitere Beschäftigung hat Sie immer mehr eingenommen. Sie wägen nicht mehr kritisch ab, sondern werden nur noch von ihrer Sichtweise eingenommen. Und DAS lasse ich mir nicht länger gefallen ... Liam.” Pause. „Egal, was Sie davon halten, denn das interessiert mich nicht mehr, da sich „Ihr Horizont eingeengt hat”, wie ein Mensch sagen würde.”
Da'an war zum Ende seiner Erklärung hin immer leidenschaftlicher geworden und Liam wusste, dass es wirklich das war, weswegen er seine Position verlor.
„Und was ist mit meiner Bestimmung? Die, die Sie immer so mysteriös erwähnt haben? Ich als Retter unserer beider Spezies?”
„Ich muss mich geirrt haben.” meinte Da'an trocken.
Liam lachte bitter auf. Er drehte sich weg von dem Taelon, streckte seine Arme zur Seite und rieb sich dann seine Augen. Ihm war schon lange nicht mehr zum Lachen zumute. Irgend etwas war gewaltig schief gelaufen. Schon lange. Und das war ein weiterer Höhepunkt. Er sollte gehen? Gut, dann würde er gehen. Er würde durchkommen. Sie hatten mittlerweile einige Widerständler als Freiwillige aufs Mutterschiff geschleust. Dann würden die jetzt die Zugangscodes für Augur besorgen. Und mit Da'an war schon lange nicht mehr zu reden.
Er drehte sich noch kurz zu Da'an um. „Gut, dann gehe ich jetzt, Da'an.”
Der Taelon nickte. Liam ging und Da'an hielt ihn nicht zurück. Nach allem.
Liam konnte es nicht glauben.

 
* * *
 

Jetzt war er weg. Es war gut. Und doch fiel es einem Teil von ihm noch schwer, das anzunehmen. Er hatte ihn fortgeschickt. Und eigentlich war er doch schon so lange fort gewesen, fern von ihm, wenn auch physisch noch sein Beschützer. Und doch hatte er sich ihren Abschied immer anders vorgestellt. Er hatte immer gewusst, dass sie sich irgendwann verabschieden müssten, spätestens, wenn die Jaridians kämen und er und die Seinen fliehen müssten. ...
Da'an verdrängte derartige Gefühlsregungen. Wichtig war jetzt, dass sein Plan gelang. Trotz dem, was er Liam gesagt hatte, war er noch immer der Ansicht, dass sie Liam und sein Wissen brauchten. Und bevor Liam ganz und gar im Untergrund verschwand, war er ihm noch etwas schuldig.

 
* * *
 

Er hatte nicht viele persönliche Sachen in seinem Büro gehabt. Er hatte schnell packen können und jetzt war er auf dem Weg zum Ausgang, endgültig.
Ein Trupp von Freiwilligen marschierte an ihm vorbei, grüßte ihn. Liam grüßte zurück. Dann waren sie weg.
Liam blieb stehen und strich noch ein letztes Mal über die pulsierenden, violetten Wände. Plötzlich spürte er einen Stich in seinem Nacken und noch bevor er sich umdrehen konnte, um zu sehen, was es war, merkte er, wie er das Bewusstsein verlor. Und er fiel tief in einen weichen, dunklen Traum, tiefer und tiefer.

 
* * *
 

*La'ir, du weißt, dass ich auf deine volle Loyalität zu mir baue.* meinte Da'an sanft zu dem anderen Taelon. Dieser zeigte durch die Bewegungen seiner Hand und Lichtverschiebungen in seiner Energiematrix, dass Da'an ihm vertrauen konnte.
La'ir war gerade erst zur Erde gekommen, ohne das Wissen der Synode, weil Da'an ihn darum gebeten hatte. Noch hatte er kein Wissen über die menschliche Art der Kommunikation und so bewegte er sich in dem geheimen Labor tief unter Da'ans Botschaft in seiner natürlichen Form. Er war Wissenschaftler und Da'an seit Jahrhunderten tief zugeneigt. Was auch immer Da'an verbarg, er hatte sich für die richtige Person zum Aufdecken dieses Geheimnisses entschieden.
Da'an löste seine menschliche Fassade auf, um La'ir auf taelontypische Art und Weise seine Dankbarkeit zu zeigen. La'ir leuchtete auf vor Freude über diese unerwartete Geste. Und eine Weile standen sie da und genossen die ihnen eigene, natürliche Körpersprache.

 
* * *
 

La'ir legte seinen Kopf schief und sah den Menschen an. Der Mensch, nach dem, was er über die Physiologie dieser Rasse wusste, war männlich. Er war auf eine Liege geschnallt, an Armen und Beinen fest. Erstaunt sah La'ir Da'an an. Da'an nickte. Ja, er hatte diesen Mann hier heruntergebracht und gesichert.
Der Mensch bewegte sich nicht. La'ir berührte ihn vorsichtig. Er reagierte nicht. *Bewusstlos?* Da'an bejahte.
*Wie lange noch?*
*Noch wenigstens zehn Stunden, wahrscheinlich länger.*
*Hast du ihn betäubt?*
*Ja, niemand darf sonst noch davon wissen.*
La'ir kreuzte seine Hände. Für einen Menschen hätte es wie zufällig gewirkt, aber für einen Taelon bedeutete diese Geste sehr viel. Zustimmung, Bestätigung, Beruhigung und ein Ich-habe-verstanden.
La'ir stellte sich neben die Liege und sah auf den Mann herab. Da'an stand auf der anderen Seite.
*Wer ist das?*
*Wahrscheinlich unsere Rettung.*
La'ir zweifelte daran. Er war doch nur ein Individuum seiner Spezies, hatte offenbar nichts Besonderes. Da streifte sein Blick etwas. Ein unförmiger Kreis in seiner linken Handfläche. Was war das?
*Wer ist dieser Mensch?* fragte er Da'an noch einmal.
*Mein ehemaliger Beschützer Major Liam Kincaid.*
*(überraschung) Ich habe schon eine Menge von eurer Beziehung zueinander gehört.*
*Eine Beziehung, die schon lange nicht mehr existent ist.* La'ir spürte Da'ans Bedauern.
*Und warum ist er hier?*
*Ich möchte ihn untersuchen. Und ich brauche Informationen von ihm.*
Da'an wanderte zum Kopfende der Liege. *Es wird schwer werden und ich brauche deine Hilfe, La'ir.*
*Bist du bereit?* La'ir bestätigte.
Da'an ging ein paar Schritte zur Seite und streckte seine Arme aus zu einer Apparatur. Sein Zeigefinger berührte die Konsole und schob sich nach unten. Die Energielevel stiegen, erkennbar durch die Anzeige daneben.
La'ir wartete gespannt auf das, was sich gleich zeigen sollte und erstarrte dann. Es war unglaublich. Dieser Mensch besaß ein internes Energiesystem. Die Energiekanäle liefen deutlich sichtbar durch seinen Körper, sogar hin zu seinen Handflächen. Er besaß ein Shaquarava! Aber es war blockiert. Man konnte deutlich erkennen, dass sich die Energie zu einem Block verdichtet hatte. Interessant. Das war auch mit den Kimera passiert, denen sie einen Blocker gegen ihr Shaquarava angelegt hatten, um sich vor ihnen zu schützen. Das hatte zu starker Verzweiflung unter den Kimera geführt. Ohne ihr Shaquarava fühlten sie sich nicht ganzheitlich, sogar minderwertig. Sie wollten lieber sterben, als so weiterleben zu müssen. Und darum hatten sie sie getötet. Einem verbrecherischen Kimera hatten sie diese Gnade nicht zuteil werden lassen. Sein Name war Ha'gel gewesen.
Was war mit diesem Menschen? Infusionen mit Taelonenergie konnten nicht zu einem derartig stark ausgeprägten Kanalsystem geführt haben. Ha'gel?
La'ir rief die Taelonarchive auf. Ha'gel war auf der Erde gefunden und getötet worden. Da'ans Beschützer war dabei verletzt worden und [ist] dann an seinen Verletzungen gestorben. Zeitgleich hatte Da'an seinen neuen Beschützer Major Liam Kincaid in Dienst genommen. Ein Hybrid. Ein Kimera-Mensch-Mischling.
Er sah Da'an an, der tief in die Anzeigen versunken war. Wie lange wusste er wohl schon davon? Zwei Bilder fand er in den Archiven: Da'an durch einen Menschen vor einem jaridischen Replikanten gerettet, Da'an, der zum Gemeinwesen zurückkehrt. Natürlich.
La'ir musste innerlich schmunzeln. Zo'or hatte nichts davon gewusst, obwohl er Da'ans Beschützer doch oft genug getroffen haben musste. Jetzt konnte er ein leichtes Kichern nicht mehr unterdrücken, schirmte es aber, wie alle seine Gedanken, die dieses Thema hier betrafen, von den anderen ab.
Interessant, interessant. Ein Kimera-Mensch-Mischling. Er würde gleich mal eine Genprobe nehmen.

 
* * *
 

Es war unglaublich. Da'an starrte auf das Analyse-Bild von Liam und fuhr mit seinen Fingern Liams abgebildete Energiekanäle nach. Er hatte nicht gedacht, dass Liams Kimera-Teil so stark ausgeprägt war, nachdem er ihm gesagt hatte, dass sein Shaquarava erloschen war. Aber es war nur blockiert. Vielleicht hatte sich Liam deshalb so verändert. Als sein Kimera-Teil behindert war, hat sich sein menschlicher Teil stärker ausgeprägt und damit auch sein Zugehörigkeitsgefühl zu den Menschen.
Da'an wandte sich von den Anzeigen ab und strich über Liams umgedrehte Handinnenfläche. Auch er sah den Kreis, den Austritt des Shaquaravas. Er hielt seine Finger auf die Stelle und spürte die dahinter pulsierende Energie. Ein Gedanke und die Blockade würde aufgelöst sein. Aber würde es etwas nützen? Hier auf der Erde konnte er es nicht häufig genug einsetzten, um eine erneute Verdichtung zu verhindern.
Er löste die Fassade seiner Hand auf und sah auf den Stern in der Mitte seiner Handfläche, das, was übrig geblieben war von dem einstigen Shaquarava seiner Spezies. Sie konnten den Kanal immer noch öffnen, z.B. um einen intensiven Gedankenaustausch herbeizuführen oder um Nachkommen zu zeugen. Sie besaßen nur den verdichteten Energiekanal nicht mehr.
Da'an sah zu La'ir. Dieser war offensichtlich eifrig damit beschäftigt eine Genprobe von Liam zu nehmen. Da'an trat näher. Liam hatte gesagt, dass er eine Dreifachhelix besäße, aber er hatte nie die Möglichkeit gehabt, das einmal selbst zu sehen.
Da'an trat hinter La'ir. Der Taelon schob die Probe in ein Analysegerät und kurze Zeit später starrten beide Taelons gebannt auf die angezeigte Abbildung. Faszinierend, es schien, als wäre die menschliche Helix geschaffen worden, um einen weiteren Strang zu ihrer Komplettierung aufzunehmen. Statt des Kimera Erbmaterials könnte dieser Strang auch von ihnen, den Taelons, stammen.
*Was hast du mit ihm vor?* fragte La'ir.
*Nichts. Ich will nur Informationen.*
*Wann beginnen wir?*
*Wenn du mit deinen Untersuchungen fertig bist.*
*Gut. Ich brauche nicht mehr lange. Ich möchte nur noch die Qualität seiner Energie erforschen.*
*(lächeln) Nimm dir deine Zeit.*

 
* * *
 

Er war nervös. Alles konnte schief gehen. La'ir würde im Notfall seine Rettung sein. Es war beruhigend, dass er da war.
Er würde tief in Liams Geist eindringen müssen, in Teile, die nicht einmal Liam selbst erreichen konnte, zumindest momentan noch nicht. Es war möglich, dass er sich verlor, dort in Liams Unterbewusstsein. La'ir würde sein Licht sein, dass ihm den Weg zurück zeigte.
Oder er konnte Liam wecken, indem er aus Versehen den Teil streifte, in den sich Liam zurückgezogen hatte. Starke Barrieren und mentale Gewalt wären die Folgen.
Er verstand nicht, warum er so unsicher war. Er hatte schon schwierigere mentale Aufgaben erledigt. Vielleicht weil das hier zu wichtig war, für alle.
La'ir spürte seine Sorgen und strich tröstend seinen Arm entlang.
*Ich bin da. Mach dir nicht so viele Gedanken darüber. Du weißt doch, wie geschickt du in deinen geistigen Fähigkeiten bist.*
Da'an nickte ihm zu und stand entschlossen auf, seine Sorgen beiseite schiebend.

 
* * *
 

Dunkel. Anders als Taelons. Taelons waren heller. Liam war dunkel. Ein dunkles Glühen, kein helles Strahlen. Bedrohlich. Mehr Kimera als erwartet. Viel mehr. Menschen waren rot.
Er durfte ihn nicht berühren. Aber da war viel Platz. Noch zu wenig Erfahrungen und eingesetzte Kimera-Funktionen. Gut.
Langsam folgte er einem Licht. Dort war Liams Bewusstsein, zurückgezogen und träumend. Es reizte ihn, diese Träume zu erleben, aber nur kurz. Er hatte eine Aufgabe.
Da'an drehte sich. Unterbewusstes Wissen, wo würde es bei einem Mensch-Kimera-Mischling gespeichert werden? Er musste dort hinten suchen.
Er setzte zur Bewegung an und gefror. Eine lange, weiße Tentakel kam auf ihn zu. Verdammtes Kimera-Sicherheitssystem! Er hatte bei Liam nicht damit gerechnet.
Geschickt wich er aus. Die Tentakel klatschte gegen die Wand, verwuchs und dort, wo Da'an sich vorher befunden hatte, wuchs der nächste Greifarm, kam auf den Taelon zu. Das System wusste, dass er hier war. Merkwürdig, ein reines Kimera-System suchte nur, unbestimmt, ohne eine Ahnung. Menschlicher Instinkt zusammen mit Kimera Präzision.
Noch war es einfach auszuweichen. Bald würde der „Raum” voll weißer Streben sein. Eine Berührung und er war gefangen. Er dankte den komplizierten Übungen seiner Kindheit. Er war noch immer gewandt genug. Langsam wurde der Raum voller, es wurde enger. Das System hatte gelernt, nun waren schon drei Tentakel auf der Jagd.
Da hatten sie ihn. Da'ans blauer, kugelförmiger Geist leuchtete hell auf vor Wut über sich selbst, bevor die weiße Masse ihn verschlang und mit sich riss.
Wohin? Kimera zerstörten nicht. Sie verleibten ein. Wohin brachte es ihn? Es, das Kimera-Wesen in Liam, während Liam schlummerte?
Es spuckte ihn aus.
Da'an sah weite Hügel mit grünem Gras. Am Himmel flogen bunte Papageien. Da'an lächelte kurz, bevor er abgrundtief seufzte. Es hatte ihn also direkt zu seinem Herrn, dem bewusstlosen Liam, gebracht. Und er befand sich jetzt in seinem Traum. Aber nicht als Beobachter, wie er es kurz erwägt hatte, sondern als ein Teil davon. Glücklicherweise würde das auf Liam und seine eigene Aufgabe keine Auswirkungen haben. Liam würde ihn als Traumfigur empfinden und nicht ahnen, dass er in ihm war. Er würde also vorerst nicht geweckt werden. Der Haken war nur eines: Er würde zur Marionette werden, konnte sich nur noch so bewegen, nur noch das sagen, wie Liam es von ihm erwartete ... und zwischen Realität und Traum gab es einen gravierenden Unterschied, besonders bei den Menschen.
Die Papageien umkreisten ihn, ihre farbenprächtigen Flügel aufgeregt schlagend. Er war entdeckt worden. Da war Liam auch schon. Er kam mit großen, wütenden Schritten auf ihn zu.
„Was machst du hier?” schrie er ihm entgegen.
Da'an sah an sich herunter und fand sich in seiner menschlichen Fassade mit dem violetten Overall vor. Er war also Da'an, der böse Vertrauensbrecher.
„Geh von meinem Land runter! Ich darf nicht in deine Botschaft und du nicht auf mein Land.”
Da'an sah kurz zu den Hügeln. „Seit wann wohnst du hier in Irland, Liam?”
„Das geht dich gar nichts an!” gab Liam grob zurück. „Ich bin nicht mehr dein Beschützer. Also haben dich meine Angelegenheiten auch nicht mehr zu interessieren.”
„Schade.” Da'an spürte, wie sein Körper sich drehte und er auf die Spitze des Hügels wanderte.
„Immer ... immer haust du ab, wenn es um eine Aussprache geht.” schrie Liam fast verzweifelt zu ihm herauf.
„Ich habe nicht bemerkt, dass Sie eine Aussprache wünschen, Liam.” hörte Da'an sich herablassend sagen.
Der Wind blies stärker, zauste durch Liams Haare, der ihn anstarrte. Ein Papagei landete auf seiner Schulter und flüsterte etwas in Liams Ohr. Da'an konnte nicht verstehen, was er sagte, aber plötzlich befand er sich auf einem Stuhl, gefesselt an Armen und Beinen durch Energieflüsse. Es war Liams Büro, die Tür verschlossen.
„Gut, reden wir.” Hörte er Liams Stimme hinter sich. „Und damit du nicht einfach wieder verschwinden kannst, musste ich dich leider festbinden.”
Da'an blickte unbehaglich auf die Fesseln. „Mach mich los, Liam.”
Liam lachte auf. „Nein, diesmal wirst du nicht so einfach gehen, Da'an.”
„Das letzte Mal bist du derjenige gewesen, der gegangen ist.”
Da'an fühlte ein schwaches Pochen in seiner Brust. La'ir, der ihm bedeutete, sich zu beeilen.
Wie kam er hier am besten raus? Indem er an Liams Grenzen kam und dann hinausschlüpfte.
Vielleicht aber auch, wenn Liam erneut die Szenerie veränderte. Da'an seufzte. Ein ganzes Stück Arbeit!
„DU hattest mich fortgeschickt.”
„Nicht ohne Grund.”
„Natürlich nicht, ein Da'an tut ja nichts ohne Grund.”
„Hast du überhaupt versucht, mich zu verstehen?”
Liam schwieg.
„Ich habe dir genau erklärt, warum ich die Entscheidung getroffen habe!”
„Es interessiert mich nicht, warum! Es zählt nur, DASS du es getan hast.”
Da'ans Fesseln waren weg. Er stand auf und trat auf Liam zu.
„Und genau das ist das Problem! Ich habe immer versucht, deine Motivationen nachzuvollziehen, während du mich einfach nur noch verurteilt hast. Hast du dich mal gefragt, was mit mir war, als der Ausnahmezustand ausgerufen wurde? Hast du nach allem geglaubt, dass ich sicher in meiner Botschaft saß?”
„Da'an ...”
„Lass mich ausreden!”
Sie sahen sich fest in die Augen, bis Liam eine nachgebende Geste machte.
„Hast du mal daran gedacht, wie viele Jahrhunderte ich gelebt habe? Wer ich bin? Was ich bin? Wieso ich meist anders denke als du und Dinge für mich behalte?” Er trat näher zu Liam.
„Hast du jemals MICH gesehen? Jemals als jemand anderes als einen Taelon, der auf die Erde gekommen ist und dort nun für seine Meinung und seine Rasse kämpft? Oder nicht mal das?”
Da'ans Stimme verhallte. Er stand jetzt kurz vor Liam.
„Bitte versuch es!” flüsterte Da'an.
Die Szenerie veränderte sich und Da'an verfluchte sich innerlich kurz, weil er die Chance nicht genutzt hatte. Obwohl es auch nicht gepasst hätte.
Alles war rot. Liam war nicht mehr bei ihm.
~Zeig dich!~ hörte er eine Stimme auf Kimera sagen.
~Das geht jetzt nicht, Liam. Dafür brauchen wir sehr viel Zeit.~
~Ich habe Zeit.~
~Soviel bestimmt nicht.~
~Besuch mich doch auf meiner Farm in Irland.~
~Liam ...~
~Komm!~
Wieder eine Wiese, der Himmel strahlend blau, die Sonne leuchtend. Ein kleines Kimera-Kind rannte in seiner weißlich-grauen Form in der typischen Art eines Kimera auf ein Haus zu. Es blieb kurz stehen und drehte sich um.
~Komm! Komm, Da'an!~

 
* * *
 

La'ir sah auf seine innere Uhr. Seit er den Kimera zum ersten Mal gesehen hatte, waren etwa zwei Stunden vergangen. Noch acht Stunden.
Da'an war sehr aktiv. La'ir mochte es nur nicht, dass er solange mit diesem Kimera verbunden war.

 
* * *
 

Da'an saß auf einem Holzbett, das Kind saß vor ihm im Schneidersitz.
~Ich möchte dich was fragen!~
~Ja?~
~Warum hast du mich niemals umarmt? Du wusstest doch, dass ein Kind so was braucht.~
~Du sahst aus wie ein erwachsener Mensch, nicht wie ein Kind. Und da fiel es mir schwer. Ich wusste nicht, was du davon halten würdest. Und außerdem meinst du doch eine Kimera-Umarmung?~
Das Kind nickte heftig. ~Natürlich.~
~Und was glaubst du, wie der erwachsene Liam darauf reagiert hätte?~
Der Kleine kicherte. ~Er hätte es sehr komisch gefunden. Aber ich hätte es gemocht.~
Der Kleine sah Da'an an.
~Lös doch auch deine Fassade auf!~
Da'an tat es.
~Gut.~ Er lachte auf. ~Du bist schön, Da'an.~
Da'an lächelte. ~Danke.~
~Ist nur die Wahrheit. Darf ich dich berühren?~
~Wenn du willst.~
Er rückte näher an den Taelon heran und streckte seine leuchtende, kleine, weiße Hand aus. Ganz vorsichtig berührte er Da'ans Gesicht und zuckte gleich wieder zurück. Er wollte dem Taelon ja nicht weh tun. ~Tut dir mein Shaqarava weh?~ Beruhigend antwortete Da'an ~Nein, es ist warm und spendet Energie. Das tut mir nicht weh.~
~Das ist gut.~ Der Kleine streckte seine Hand ein weiteres Mal aus und strich langsam über Da'ans Kopf. Er fing oben an und fuhr dann immer weiter nach unten. Dann starrte er staunend seine Hand an.
~Liam?~
Der kleine Kimera sah auf. ~Nenn mich nicht Liam. Ich bin Ji'ta'al.~
Überrascht blickte Da'an Ji'ta'al an. ~Du heißt eigentlich Ji'ta'al?~
~Ja, aber Liam weiß es noch nicht.~
~Wann willst du ihn davon und von all euren anderen Fähigkeiten informieren?~
~Weiß noch nicht.~ Er sah wieder seine Hand an. ~Manchmal ... manchmal glaube ich, dass er gar nicht davon erfahren möchte, weißt du? Er hat Angst vor dieser Seite von ihm.~
~Vor dir.~ Ji'ta'al nickte.
Er streckte einen Finger aus und drückte ihn vorsichtig auf Da'ans Unterarm. Der Taelon sendete einen feinen Energiestrahl in den Finger des Kleinen. Ji'ta'al lachte. ~Das kitzelt!~ Aber er nahm seinen Finger nicht weg. Wieder ein Strahl. Ji'ta'al unterdrückte ein Lachen. Wieder einer, diesmal war er stärker und lief Ji'ta'als Arm hoch. Bald waren auf Ji'ta'al kleine Energieströme zu sehen und der Kimera konnte sich nicht mehr halten vor lachen. Dann fiel ihm etwas ein. Er lenkte die Strahlen zurück zu Da'an und nach einer Weile hatte er es geschafft, dass auch der selbstbeherrschte Taelon vor sich hin kicherte. Es war schön. Warum verstand Liam das nur nicht?
Er wartete, bis Da'an sich wieder beruhigt hatte, und legte dann seinen Kopf schief. Es war eine deutliche Aufforderung, die Da'an auch verstand. Er zögerte kurz, bevor er seine Arme weit öffnete. Ji'ta'al wartete keinen Moment. Er rückte weiter vor und legte sich an Da'ans Brust. Der Taelon schloss seine Arme um den Kimera und veränderte seine Form. Bald war er nur noch ein blauer Nebel um einer weiß-grauen Figur, die vor Glück um die eigene Achse rotierte. Da'an gab Ji'ta'al in dieser Umarmung eines Kimera alle Wärme und Zuneigung für den Kleinen, die er ihm geben konnte und nach der sich Ji'ta'al schon so lange gesehnt hatte.
Da'an genoss es, den kleinen Kimera so nah bei sich zu haben. Es herrschte eine Harmonie zwischen ihnen, die es zwischen ihm und Liam schon lange nicht mehr gegeben hatte, wenn überhaupt jemals. Langsam zog er sich zurück. Ji'ta'al, noch immer rotierend, stieß einen langen Seufzer aus. Bis er irgendwann austrudelte. ~Das war schön, Da'an! Was war das für ein Lied?~
~Ein altes Kinderlied meiner Rasse.~
~Und wovon handelt es?~
~Von der Schönheit des Lebens und vom Glück, es genießen zu dürfen.~
Ji'ta'al überlegte kurz. ~Ich kenne nur ein Lied vom Krieg. Mein Vater hat es die Taelons singen hören.~
Der Kleine fing an, die Melodie zu summen und begann dann, auch die Worte auf Eunoia hinzuzufügen. Es war ein langes Lied und er bemerkte nicht, dass Da'an trauriger und trauriger wurde.
Poch, poch, poch. La'ir, der Da'an an die Zeit erinnerte.
Ji'ta'al war fertig und sah ihn mit großen, erwartenden Augen an. Da'an wand sich etwas unter seinem Blick. ~Ji'ta'al, ich muss gehen.~
Der kleine Kimera sah ihn betrübt an. ~Ich hätte das Lied nicht singen sollen, stimmt's? Deshalb gehst du jetzt fort.~
Da'an ergriff Ji'ta'als Hände und ließ ihn noch einmal seine Zuneigung spüren. ~Nein, Ji'ta'al. Nicht wirklich. Das Lied hat mich sehr traurig gemacht und an schwierige Zeiten erinnert. Ich muss gehen, weil ich noch etwas erledigen muss.~
~Und was? Vielleicht kann ich dir ja helfen?~
Da'an überlegte kurz. Natürlich, warum war er nicht schon früher darauf gekommen? Er brauchte Liams Kimera-Teil gar nicht mehr suchen. Er hatte ihn ja vor sich. Er lächelte Ji'ta'al an. ~ Ich glaube, du hast recht.~ Ji'ta'al fing an zu strahlen.
Nun wurde Da'an ernst. ~Ji'ta'al, weißt du, wie man mein Volk retten kann? Mit Hilfe der Menschen oder ohne?~
Die Umgebung wechselte. Er und der kleine Kimera saßen auf einem leuchtenden Kreis, sonst war alles dunkel. ~Ich werde versuchen, eine Antwort zu finden, Da'an.~
Um sie herum begannen Felder zu leuchten. Der Kimera wurde zu einer wirbelnden, glühenden Figur und die Farben der Felder veränderten sich rasch. Da'an verstand nun, dass er ganz im Zentrum war, tief drin im Kimera-Wissen, zu dem Liam noch keinen Zugang hatte. Die Lichter erloschen und Ji'ta'al sah Da'an an.
~Ich kann dir helfen, Da'an. Meine Rasse hat schon lange vor ihrer Ausrottung durch euch eine Lösung für euer kommendes Problem besessen.~
Stille. Da'an wagte nicht, sich zu bewegen.
~Du musst dich nun als würdig erweisen, derartiges Wissen zu erlangen. Bist du bereit?~
Da'an bewegte seine rechte Hand bejahend.
~So sei es, Da'an.~

 
* * *
 

Da'an schwebte. Dünne Fäden wie Spinnweben hielten ihn. Er spürte sie kaum.
~Öffne dich.~
Da'an ahnte, was kommen würde. Er musste unbedingt bestimmte Erinnerungen versteckt halten. Er fürchtete, dass Ji'ta'al ihm die dringend notwendigen Informationen sonst nicht geben würde. Aber der Kimera ließ ihm kaum eine Chance. Da'ans Vergangenheit und Wissen wurden bloß gelegt und von Ji'ta'al gnadenlos bewertet. Da'an spürte, in welchen Konflikt der junge Kimera geriet, denn er mochte ihn und wollte ihm helfen, aber die Ermittlung sprach gegen ihn. Ji'ta'al ging tiefer und tiefer, fast schon verzweifelt nach etwas Befürwortendem suchen. Aber er war zu jung, zu jung, um zu entscheiden und so gab er seinen Vorfahren Raum für eine Entscheidung. Ji'ta'al zog sich zurück und Da'an spürte eine neue Präsenz. Er kannte diese Präsenz, war ihr schon einmal begegnet. Und mit Schrecken erkannte er, was passiert war. Und seine Hoffnung auf Erfolg schwand dahin.

 
* * *
 

~Da'an, alter Freund.~ Der Kimera grinste ihn an. ~Nett, dass du dich um meinen Jungen kümmerst. Ich hätte es nach all den Ereignissen nicht von dir erwartet.~
Der Taelon hielt es nicht für nötig, darauf etwas zu erwidern.
~Verrate mir doch, was dich dazu bewogen hat.~
Die leuchtende Figur trat näher zu dem blauen Energiewesen. Da'an war nicht gefesselt und es schien, als könnte er sich bewegen wie er wollte. Doch das Kimerasystem wusste, wo er war, und Ha'gel konnte ihn leicht am Fortgehen hindern. Er war gefangen.
~Ein Kind ist nicht sein Elternteil.~
~Kurz und bündig. Du scheinst nicht sehr gut gelaunt zu sein, es gab Zeiten, da hast du mehr geredet. Du erinnerst dich? ~
Keine Reaktion. Der Kimera seufzte theatralisch. ~Du bist einfach noch zu angespannt. Aber das kann sich ja noch ändern, schließlich haben wir viel Zeit.~
Da'an war ungeduldig, ließ sich aber nichts anmerken. ER hatte nicht viel Zeit und wenn es nicht wegen den wichtigen Informationen gewesen wäre, hätte er die Sache am liebsten abgebrochen. Doch jetzt war er schon so weit. Liam besaß eine Antwort auf das Problem, das sein Volk nun schon so lange zu lösen versuchte, zu lange. Und schwer würde er noch einmal in eine derartige Position gelangen. Er musste also durchhalten.
~Was also erweist dich als würdig, eine derartig bedeutende Information zu erlangen?~
~Da du die Bewertungskriterien kennst, wirst du das besser wissen als ich.~
~Ach Da'an! Ich will dir ja nur eine Chance geben. Oder soll ich gleich sagen, dass du nicht bestehst?~
Da'an sah ihn beunruhigt an. ~Also, Da'an. Sag etwas!~
~Ich habe ...~
~Na?~ Ha'gel wirkte gespannt.
Da'an nahm eine stolze Haltung ein und begann dann.
~Ich bin zu einer Zeit geboren, als sich der Konflikt mit den Jaridans anbahnte und das Problem der zunehmenden Unfruchtbarkeit meines Volkes Formen annahm. Ich habe mein gesamtes Leben der Lösung dieser Probleme gewidmet, egal wieviel ich dafür opfern musste. Ich weiß, dass wir noch immer Krieg gegen die Jaridians führen und dass meine Artgenossen keine lebensfähigen Kinder gebären können, aber ich habe alles getan, was in meiner Macht stand. Dieses Suchen nach einer Lösung war es auch, das mich hierher zu dir gebracht hat, Ha'gel. Ich suche immer noch und hoffe, eine Antwort zu finden.~
~Eine schöne Ansprache, Da'an~, meinte der Kimera ohne Spott in seiner Stimme, ~stolz und stark, so wie du schon immer warst, seit ich dich kannte.~ Er schwieg kurz.
~Ich hätte dich in meiner kurzen Zeit auf der Erde gerne wiedergetroffen, aber du verstehst wohl, warum das nicht möglich war.~
Da'an schwenkte amüsiert seine Hand. ~Natürlich. Ich hätte dich gefangennehmen lassen.~
~Und persönlich gefoltert, um genau das zu erfahren, worum du mich jetzt bittest. Danke übrigens, dass du so freundlich zu meinem Jungen bist und ihn träumen lässt. Obwohl mir natürlich bewusst ist, dass dies der einfachere Weg für dich ist.~
~Er braucht davon nichts zu wissen.~
~Oh, keine Sorge. Er schlummert tief und wird von dem, was sich hier gerade abspielt, nichts wissen. Es sei denn, du machst nach oder bei seinem Aufwachen einen Fehler. Wovon ich bei dir aber nicht ausgehe.~

~Beantworte mir eine Frage, Da'an.~ fing Ha'gel an.
~Die wäre?~
~Wie macht der Junge sich? Ich weiß nicht viel über ihn, wenig, aber ihr beide scheint euch gut zu kennen.~
Da'an lächelte leicht. ~Nun, Liam ...~
~Liam?~ unterbrach der Kimera ihn entsetzt. ~Was für ein schrecklicher Name! Hat ihm Ji'ta'al nicht gefallen?~
~Scheinbar weiß er bewusst nichts von seinem Kimera-Namen. Aber ... wie ist eigentlich sein vollständiger Name?~ fragte Da'an unschuldig.
Ha'gel sah den Taelon missmutig an. ~Du willst ja nur erfahren, welcher Abstammung er oder besser ich bin.~
Da'ans Lächeln vertiefte sich.
~Ji'ta'al Hm'e'ta'rr Swa'taq Be'lo'cha.~
Da'an leuchtete auf. ~Ach? Du gehörst dem Hause Be'lo'cha an? Und den Hm'e'ta'rr? Interessant zu wissen ... welche Abstammung Ji'ta'al besitzt.~ Das zufriedene Lächeln wich nicht aus Da'ans Zügen, und Ha'gel war genervt davon. ~Nun beantworte schon meine Frage.~
~Liam~ Kurze Pause. ~wuchs innerhalb eines Tages zu einem ausgewachsenen, männlichen Menschen heran und eines der ersten Dinge, die er tat, war es, mein Leben vor einem Replikanten zu retten. Dabei erfuhr ich von seiner Kimera-Abstammung und machte ihn zu meinem neuen Beschützer, da du meinen früheren schwer verletzt hattest. Ich war sehr zufrieden mit ihm. Er hatte viele Fragen und ich versuchte, sie ihm so gut es ging zu beantworten. Kurze Zeit später stand ich erneut in seiner Schuld und sollte es noch oft, so oft, wie er mir das Leben gerettet hat. Später fingen wir an, uns zu streiten. Er war nicht einverstanden mit den Handlungen meines Volkes auf der Erde und war außerdem Mitglied im Widerstand, was ich anfänglich nicht als störend empfand. Du kannst dir aber denken, dass ich nicht begeistert war, als ich erfuhr, dass er zum neuen Führer der Widerstandsbewegung gegen die Taelons geworden war.~
~Ich bin beeindruckt. Mein Sohn, das letzte Wesen mit direkter Kimera-Abstammung im Universum, ist der Führer des Widerstandes gegen die Taelons! Wunderbar!~
Da'an sah ihn giftig an, hatte von Ha'gel aber auch nichts anderes erwartet.
~Was ist mit seinem Shaquarava?~
~Am Anfang erschien es häufig, doch mit der Zeit verschwand es. Ich konnte feststellen, dass es blockiert ist.~
~Der Arme! Aber du, Da'an, hast ihn untersucht?~
~Warum nicht?~ gab der Taelon abweisend zurück. Ha'gel lächelte halb amüsiert, halb überlegend. ~War da jemals was? Von deiner Seite?~
Da'an war verärgert. ~Natürlich nicht! Er ist ein Kind.~
Der Kimera grinste. ~Das will ich auch gehofft haben. Und wo wir gerade bei dem Kind sind: Was meinst du, würde es wollen, dass du Antwort auf deine Frage erhältst oder dass ich sie dir verweigere?~
Da'ans Finger tanzten nachdenklich durch die Luft. ~Ji'ta'al würde es wollen, glaube ich.~
~Und Liam?~
~Liam? Ich weiß es nicht. Es käme auf die mögliche Lösung an. Er vertritt das Leben im Allgemeinen und die Menschen im Speziellen und bisher hat er sich immer dafür eingesetzt, das Leben von gefährdeten Taelons zu retten, trotz seiner ablehnenden Einstellung. Wenn es also eine Lösung wäre, die Menschen zu irgend etwas veranlassen könnte, was sie nicht wollen,~ Da'an klang leicht genervt, ~wäre er strengstens dagegen und wenn nicht, dafür.~
~Hmm, interessant. Ich habe die Frau gut gewählt, und ich hatte gehofft, dass er möglichst wenig von diesem Mann erhält.~
~Du hast nicht gewählt. Sie hat nur überlebt, weil sie ein Implantat hatte, sonst wäre sie gestorben wie die anderen Frauen.~
Ha'gel ließ kurz farbige Fasern über seine Brustmitte laufen, um ~Egal!~ zu sagen und wandte sich von Da'an ab. Er überlegte. Einem Taelon derartige Informationen zu geben, das konnte er nicht tun. Er musste doch Rache wollen, nachdem sie ihn jahrhundertelang in eine Kapsel gesperrt und seine Art ausgerottet hatten. Aber er war nur eine Art Erinnerung, Wissen, das Ji'ta'al helfen sollte zu entscheiden. Wissen konnte nicht eigenständig Rache wollen, es konnte nur Rachdurst hervorrufen. Und Ji'ta'al mochte Da'an und wollte keine Rache.
Wie hart waren sie für ihren Fehler, ihren tödlichen Fehler bestraft worden. Wie dumm von ihnen, ihre Grundmaxime zu brechen und sich in die Entwicklung dieser Rasse einzumischen. Aber wer hatte ahnen können, dass ein paar Verrückte sich abspalten und nach Perfektion streben würden. Taelons, Tae'lo'on, die Den-Reinen-Weg-Gehenden. Jaridians, Ja'rid'an, die An-Wildem-Festhaltenden. Ob beiden Völkern noch bewusst war, was die Namen ihrer Rassen in ihrer ursprünglichen, gemeinsamen Sprache bedeutet hatten?
§Tae'lo'on m Ja'rid'an§ sprach er die Worte laut aus und er erkannte, dass Da'an durchaus noch bewusst war, was sie hießen. §Le'sot'o al ra'va'mar§ [Übersetzung: Ich kenne diese Ausdrücke noch.]
Ha'gel glitzerte kurz. ~Gut. Das ist gut.~
Warum sollte er es ihm nicht sagen? Es war nur eine Information, sie umzusetzen würde nahezu unmöglich sein.
Ha'gel grüßte Da'an mit der typischen Taelongeste und verbeugte sich, dabei auf perfektem Eunoia sagend: $Ich habe mich entschieden. Ji'ta'al wird dir deine ersehnte Antwort geben. Lebe wohl, Da'an.$
Da'an erwiderte die Geste erleichtert und glücklich. $Ich danke dir, Ha'gel.$

Ha'gels Bild verschwand und Da'an befand sich wieder im Dunklen auf dem leuchtenden Kreis. Er war allein und es herrschte absolute Stille. Nachdenken. Er sollte und wollte nachdenken, konnte aber nicht. Er war zu gespannt, was jetzt kommen würde. Licht erschien, als Ji'ta'als Körper den Raum um sich erhellte. Er sah ihn ernst an und setzte sich ihm gegenüber.
~Ich werde dir nun eine Antwort auf deine Frage geben, Da'an.~
Der Taelon neigte seinen Kopf respektvoll und wartete. Und aus Ji'ta'al sprachen die Kimera:
$Die Antworte ist einfach. Es muss zusammen, was zusammen gehört. Aus einem wurden zwei. Zwei Teile, unvollständig, die zu einem Ganzen werden müssen, um vollständig zu werden. So lautet die Formel, um dein Volk zu retten, Da'an. Ihr habt euch abgespalten, die Tae'lo'on von den Ja'rid'an und es entstanden Defizite, genetische und intellektuell-emotionale. Und doch seid ihr euch trotz aller Unterschiede noch sehr ähnlich. Was für euch Stolz und Anerkennung sind, ist für eure andere Hälfte die Ehre. Was für euch der Zusammenhalt des Gemeinwesens ist, bedeutet für die Jaridians die Liebe und Freundschaft untereinander. Erkennt diese Gemeinsamkeiten, und es sollte euch möglich sein, über eure körperlichen und kulturellen Unterschiede hinwegzusehen und euch zu vereinigen. Nur durch eine Einheit können sowohl die Ja'rid'an als auch die Tae'lo'on überleben.$
Eine kurze Pause. $Zudem habt ihr gegenseitigen Beistand bitter nötig, wenn die durch euren Krieg betroffenen Spezies stärker werden und eure beiden Völker zur Verantwortung ziehen wollen$, fügte der Kimera leicht ironisch hinzu und zerstörte damit den für Da'an geheiligten Moment.
Da'an sagte nichts mehr. Es war Zeit für ihn zu gehen. Er hatte die Antwort, die er gesucht hatte, aber es war nicht die, die er gewollt hatte. Er fühlte sich plötzlich leer. Alles Streben nach Erkenntnis hatte in dem Punkt der Zeit geendet, als er sein Ziel erreichte. Er war leer, seine Energie war verbraucht, für dieses Ziel. Jetzt musste er sich zurückziehen, Kraft sammeln, um weiterhin für das Überleben seines Volkes kämpfen zu können, um die Antwort umzusetzen. Aber Frieden mit den Jaridians? Frieden mit denen, die ihre Heimatwelt verwüstet hatten? Die sie gejagt und getötet und gefoltert hatten? Es war unvorstellbar. Unvorstellbar, doch es gab keine ewig gültigen Prinzipien, er selbst hatte es zu Liam gesagt und nun, in dem Moment, in dem er sich von einer seiner grundlegenden Vorstellungen verabschieden sollte, wollte auch er eine absolute Weisheit vor sich schieben. Es kann keinen Frieden zwischen Taelons und Jaridians geben. Das war einfach. Und es war schwer, so schwer zu verzeihen, zu verzeihen, was nicht mehr ungeschehen zu machen war. Sie hatten ja Respekt vor der Zeit. Das war generell auch gut so, auch wenn die Missachtung Vorteile brachte, könnten diese die Nachteile aufwiegen? Wenn die Jaridians oder einer ihrer anderen wesentlich schwächeren Gegner ebenfalls diesen Stand der Wissenschaft erreichten, würden sie so handeln wie die Taelons? Oder würden sie es wagen, den Lauf der Geschichte nach ihren Wünschen zu formen?
Verzeihen. Waren sie überhaupt fähig zu verzeihen? Frieden würde bedeuten, dass jeder einzelne Taelon und Jaridian die Vergangenheit ruhen und die Gegenwart akzeptieren musste. Und Vereinigung, sie würde ein Verzeihen aller voraussetzen. Es war unmöglich. Schon er konnte nicht verzeihen. Und auch die Zeit, ja wirklich die Zeit, verrann gegen sie. Ein Frieden oder zumindest ein Waffenstillstand müsste geschlossen werden und vielleicht wäre es dann irgendwann möglich, die gegenseitige Angst und Wut zu vergessen und sich zu vereinigen. Irgendwann, aber ihnen war zu wenig Zeit geblieben. Und nicht nur das. Was hieß vereinigen? Es würde bedeuten, gemeinsame Nachfahren zu zeugen, was genetisch nicht mehr möglich war. Also würden sie die Menschheit brauchen. Das hieß, die Menschheit dazu zu bringen ... obwohl eine kleine Gruppen von Menschen ausreichen würde, was genetisch wiederum nicht sinnvoll war. Verwirrungen, Schwierigkeiten, Hindernisse. Wie sollte er sein Volk in so kurzer Zeit auf diese Art und Weise retten?
Da'an war aufgebracht und unruhig. Er spürte La'irs fragende aber beruhigende Präsenz und bemerkte erst jetzt, dass Ji'ta'al ihn zurück in den großen „Raum” gebracht hatte. Die Streben waren jetzt fort und kein Verteidigungssystem griff ihn an. Es war ein Abschied, freundlich und ungewiss. Ji'ta'al schwebte vor Da'an, jetzt wieder das Kind und nicht mehr die Gemeinschaft der Kimera. Er sah etwas traurig aus und zugleich schien er sich zu freuen. Da'an fragte nicht. Er wusste, dass Ji'ta'al froh darüber war, dass er seine Antworte erhalten hatte. Sanft berührte Da'an den Kimera.
~Mach dir keine Sorgen, Da'an. Ich bin in Liam und sehe vieles anders als er.~
~Ich hoffe auf ein Wiedersehen, Ji'ta'al.~
Ein Aufleuchten der beiden Geister und Da'an verließ Liam und trennte die bestehende Verbindung.

 
* * *
 

La'ir fragte nicht. Er war nur froh, dass Da'an scheinbar unbeschadet zurückgekehrt war. Und sie hatten auch noch genug Zeit, um den Mischling zurück in die Botschaft zu bringen, ohne dass er erwachte.
Da'an wirkte bedrückt. Was für Informationen hatte er wohl gewollt? Was hatte er erfahren? Doch La'ir kannte Da'an lange genug, um zu wissen, dass man Da'an nicht fragt, wenn er nicht selbst davon erzählt. Oder man erhielt ausweichende, irreführende Antworten. Und Da'an hatte ihm schon die Ehre dieses Geheimnisses gewährt, auch wenn diese Ehre zu einem Risiko der Mitwisserschaft werden konnte. Da'an war es wert.
Da'an war erschöpft. Wollte er seine Nähe und Unterstützung oder schottete er sich ab? Langsam streckte La'ir seine blau leuchtenden Finger vor, so, dass Da'an ihn bemerken musste. Als Da'an keine Geste der Ablehnung zeigte, legte La'ir seine Hand auf Da'ans und verstärkte ihre mentale Verbindung. Da'an war verwirrt und hoffnungslos, aber was ihm wirklich fehlte, war Kraft. Ruhe und Zeit um wieder stark zu werden. La'ir hatte Da'an noch nie so erlebt und war dankbar, dass er ihm diese Seite von sich zeigte und ihm die Möglichkeit gab, ihm zu helfen. Er bot Da'an die Ruhe an, die er jetzt brauchte und merkte glücklich, dass Da'an sich in die angebotenen Kissen des Friedens legte und sich von ihm umschließen ließ.

 
* * *
 

Liam wankte leicht durch den Ausgang von Da'ans Botschaft. Ihm war etwas schwindelig gewesen, aber er hatte die angebotene Hilfe einer Freiwilligen nicht angenommen. Er wollte nur noch weg von hier. Die Erinnerung an den vorerst letzten Streit mit Da'an war noch sehr frisch. Und er hatte genug davon. Einfach nur genug.
Endlich in seiner Wohnung angekommen schlief er sofort erschöpft ein.

 
* * *
 

Missmutig starrte Liam auf den Bildschirm. Er wollte es sich nicht ansehen, aber etwas in seinem Inneren zwang ihn dazu. Da'an, auf Pressekonferenzen, bei Benefizveranstaltungen und anderen Ereignissen. Da'an.
Augur trat von hinten neben ihn. „Na, bist du mal wieder dabei, deinen Liebling zu betrachten?” Augur grinste.
„Er ist nicht mein Liebling!” gab Liam grob zurück.
„Das hätte ich früher auch nicht vermutet, aber ...” Augur beugte sich zu dem Mischling herunter, so dass er ihm direkt ins Gesicht sah, „ich sehe da Eifersucht in deinem Blick und zwar jedes Mal, wenn du Da'an mit diesem Robert Henson zusammen siehst.” Der Hacker grinste breit und machte sich dann an einem seiner Computer zu schaffen. „Außerdem solltest du dir endlich einen neuen Job suchen. Du hängst nur noch bei mir rum und hältst mich vom Arbeiten ab.”
„Bald.” Liam stützte seinen Kopf auf seine Hände und starrte auf den grauen Boden.
„Das sagst du schon seit Wochen!”
„Na und! Habe ich nicht ein Recht auf ein bisschen Urlaub?”
Augur schüttelte nur den Kopf und ignorierte Liam dann.
Und Liam wusste, dass Augur recht hatte. Außer bei seiner Arbeit beim Widerstand hing er in letzter Zeit nur noch lustlos herum. Ihm fehlte eine sinnvolle Arbeit. Er hatte genug Angebote mit reichlich Lohn erhalten, seit alle Welt wusste, dass er nicht mehr Da'ans Beschützer war. Aber keine der Tätigkeiten reizte ihn. Sie erschienen ihm so sinnlos zu sein, wenn er daran dachte, was dort oben auf dem Muterschiff vor sich ging und was die Taelons mit der Menschheit planten. Es musste soviel getan werden und er war jetzt in seiner Handlungsfreiheit erheblich eingeschränkt. Und ja, es störte ihn, Robert Henson neben Da'an zu sehen und nicht sich. Der Mann war doch sicherlich vollkommen inkompetent! Wie sollte er Da'an da zuverlässig beschützen?
Augur stieß ihn an. „Hey Liam, hör dir das an!”
Liam sah zum Bildschirm. „... das neue Projekt des nordamerikanischen Companion. Es soll dazu beitragen, dass Taelons und Menschen auf einer höheren Ebene zusammenfinden und dass so ein neues Level des Mensch-Taelon-Austausches erreicht wird. Immer mehr Menschen nehmen an dem Projekt teil und die Zahl der kritischen Stimmen an den Handlungen der Taelons ist in den letzten Wochen stark zurückgegangen. Wir schalten nun zu einer Live-Ansage von unserem Companion Da'an.”
Da'ans Bild erschien und sein Blick fiel sanft auf die große Menschenmenge unter sich. Neben ihm war Robert Henson. Liam ballte seine Hände und wollte gerade etwas Abfälliges sagen, als Da'an anfing zu sprechen.
„Ich danke Ihnen, dass Sie hier erschienen sind, um Ihr Interesse und Ihre Unterstützung für „Alee” auszudrücken. Dieses Projekt soll eine tiefere Verständigung zwischen unseren beiden Völkern ermöglichen, als es bisher der Fall war. Bisher war der direkte Kontakt mit meiner Spezies nur den Menschen möglich, die an besonderen Projekten teilnahmen. „Alee” richtet sich an ALLE Menschen, die eine friedliche Zusammenarbeit mit den Taelons wünschen. Sie befinden sich weiterhin in ihrem normalen Umfeld, mit ihrer Familie, ihrer Arbeit und ihren Freunden, so dass alles, was sie mitbringen müssen, Offenheit und ein wenig Zeit sind. Ich lade Sie”, er blickte einige Personen direkt an, „ein zu einer neuen Erfahrung, zu einem Abenteuer.” Dann verabschiedete er sich mit dem Taelongruß und verließ das Podest und ein neuer Redner erschien.
Liam drehte den Ton leiser. Er wusste schon immer, wie man Menschen manipuliert!” Augur nickte nachdenklich. „Hast du irgendetwas über „Alee” gefunden?” - „'Ne ganze Menge, aber nur Positives und absolut nichts Verdächtiges oder Auffälliges.”
Liam stand auf. „Es gibt etwas ... und ich werde es finden.” Und schon hatte er Augurs Wohnung verlassen.

 
* * *
 

„Ich verstehe nicht, wie die Synode deinen Vorschlag annehmen konnte, Da'an.”
Zo'ors Blick zeigte deutlich seine Verärgerung. Da'an schien sich über diesen Ärger nur zu amüsieren. Er hatte seine Pläne, und den ersten Schritt hatte er schon verwirklicht. Eine Kolonie. Eine Kolonie mit Mensch-Taelon-Mischlingen. Der erste notwendige Schritt, um sein Volk zu retten. Ob Zo'or es eines Tages als das anerkennen würde? Nein, wahrscheinlich nicht. Derartige Hoffnungen hatte Da'an schon lange aufgegeben.
„Da'an?” Zo'ors Stimme war hart und fordernd, er verlangte seine Aufmerksamkeit.
Da'an wendete sich zu ihm um. „Nur weil du den Sinn des Projektes nicht verstehen willst, muss das nicht bedeuten, dass die Synode es nicht kann.”
„Erspar dir deine diplomatischen Floskeln! Was bezweckst du damit, Mensch-Taelon-Mischlinge zu schaffen und sie zudem auch noch von ihren menschlichen Eltern aufziehen zu lassen?”
„Wenn sie bei ihren menschlichen Eltern aufwachsen, erhalten sie die emotionale Grundierung, die menschliche Kinder benötigen, um ihre Fähigkeiten voll entfalten zu können. Zudem ist die Gefahr geringer, dass die Mischlinge ihre Arbeit bei uns abbrechen, um ihre menschlichen Wurzeln zu erleben.”
„Das hast du bereits vor der Synode gesagt! Warum, lautet meine Frage!”
Da'an schwieg kurz. Niemandem konnte er die Wahrheit sagen. Er musste alles erst langsam in die Wege leiten.
„Wie ich der Synode schon dargelegt habe, sehe ich es als eine Möglichkeit, unser genetisches Erbe in fortpflanzungsfähigen Nachkommen zu erhalten. Das Letzte, was wir tun können, bevor wir sterben. Auch wenn du diesen Fakt anscheinend verdrängst: Unsere Rasse steht vor dem Aussterben!”
„Und warum hast du dann La'ir für dieses Projekt extra von der Heimatwelt hierher beordert? Er ist nicht vertraut mit der menschlichen Physiologie und ihren Eigenarten.”
„La'ir ist ein sehr guter Wissenschaftler. Er hat sich in kürzester Zeit mit den Menschen bekannt gemacht und sich mit unseren erfahrenen, auf der Erde stationierten Wissenschaftlern ausgetauscht. Er ist durchaus fähig die Aufgaben, die ich ihm übertragen habe, zu erfüllen. Und Zo'or: Dies ist mein Projekt. Wage es nicht, es für deine Zwecke zu missbrauchen!” Schweigen. „Glücklicherweise ist La'ir nicht so leicht einzuschüchtern wie Mit'gai.”
Damit war das Gespräch für Da'an beendet. Zo'ors eisernes Gesicht schien unbeweglich zu sein. Und doch verriet es Da'an soviel über ihn. Er wendete sich ab, hin zum Blick auf die Erde, diesem Planeten, der so voller Leben war und eine einzigartige Rasse hervorgebracht hatte, die sich selbst Menschheit nannte. Da'an lächelte leicht. Er war wieder zurück, der Da'an, der seinen Weg kannte und wusste, was er tun musste, der Da'an, der sein Selbst über Jahrhunderte geformt hatte. Und es war gut so. Es fühlte sich gut an. Seinen Einfluss im Echo des Gemeinwesens zu spüren, ihren wispernden Stimmen zu lauschen, ihre Anerkennung zu empfangen.
Ein letzter kurzer Blick zu Zo'or, der weiterhin auf dem Kommandostuhl der Brücke saß, und Da'an befand sich in den Gängen des Mutterschiffs. Er wollte sich in der Kolonie umsehen.

 

ENDE

 

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