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  „Im Grasland” von Alraune   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Da'an denkt über sich und ihre Vergangenheit nach
Zeitpunkt:  Sequel zu „Freie Träume” und „Another Day in Paradise”
Charaktere:  Da'an
 

 

IM GRASLAND

 

Die junge Frau saß am Rande eines sanft geschwungenen Abhanges, fast verborgen vom hohen Gras. Ihre grünen Augen schweiften gedankenverloren über die fernen Silhouetten der Berge, ohne sich länger an einem Punkt aufzuhalten. Der Wind spielte mit ihrem langen Haar, brachte die dunklen Strähnen durcheinander. Das zartblaue Gras schwankte leicht in der sanften Brise.
Eine schlanke Hand glitt sanft durch die rauen Stengel und die zarten Blätter. Die Frau genoss das Gefühl welches sie auf ihrer Haut erzeugten.
Mit einem leichten Seufzer erinnerte sie sich an früher, als sie die ersten Male hierher gekommen war.
Viel Zeit war seitdem vergangen und sie hatte sich sehr verändert.
Damals war sie fast noch ein Kind gewesen. Eines der letzten lebensfähigen Kinder ihrer Spezies. So viele Erwartungen, so viel Hoffnungen hatten auf ihren schmalen Schultern geruht, waren eine unsäglich schwere Last gewesen.
Sie hatte keine Wahl gehabt. War geworden, was man von ihr erwartete zu sein. Ein Taelon. Der Druck, den man auf sie ausgeübt hatte, war immens gewesen, keinerlei Freiraum für ihre eigenen Gedanken, stets nur im Interesse ihres Volkes handeln. Und sie hatte Schreckliches getan. Dinge, die sie in ihrem Inneren aufschreien ließen vor Pein. Sie hatte das nicht tun wollen und doch war ihr keine andere Wahl geblieben, sie konnte sich den Interessen ihres Volkes nicht widersetzen. Nach außen hin war sie kalt geworden und bekannt für ihre Skrupellosigkeit. Niemand hatte es ernsthaft gewagt, sich ihr in den Weg zu stellen. Sie hatte Erfolg, bekam Anerkennung und Respekt, der allzu oft bloßer Furcht entsprang. Sie war einer der schrecklichsten Kriegsherren ihres Volkes geworden.
Doch in ihren Träumen kam sie hierher, um zu vergessen, wer und was sie in der Realität war, um einfach nur sie selbst zu sein. Ihren Gedanken und Sehsüchten nachzuhängen und nur sich selbst verantwortlich zu sein.
Ihr erster Besuch hier war eine Überraschung für sie gewesen, doch Angst hatte sie keine gehabt. Mit seltsamer Euphorie hatte sie sich daran gemacht, jenen neuen Ort zu erkunden und sehr bald die Antworten gefunden, die sie suchte. Sie hatte viele Freunde gefunden an diesem Ort und manche auch wieder verloren. Entweder weil ihre eigentliche Lebensspanne so kurz war oder weil sie irgendeinem Zwischenfall in ihrer Welt zum Opfer gefallen waren. Viele waren durch den Krieg zwischen Taelons und Jaridians umgekommen. Doch gab es hier keinen Hass gegen Angehörige jener Spezies, nicht hier. Hier gab es nur die Trauer um die Verlorenen und die Hoffnung auf ein besseres Morgen.

Sie lächelte leicht, ein wenig sehnsüchtig vielleicht. Diese Welt hatte viele Besonderheiten, beruhigte nicht nur Zorn und Hass, schuf nicht nur Frieden. Eine der Überraschungen, die sie an diesem Ort erlebt hatte, war der sonderbare Zeitablauf. Die Zeit verging hier offenbar wie sie wollte, mal schneller, mal langsamer als in der realen Welt. So kam sie oft zu verschiedenen Zeitpunkten und manchmal sogar in einer anderen Jahreszeit an.
Nie würde sie vergessen, wie sie eines Tages bei ihrer Ankunft in einem halben Meter Schnee versunken war. Glücklicherweise stellten solche Dinge wie warme Kleidung hier kein Problem dar, man trug gewöhnlich das Passende, wenn man eintraf. Doch waren solche Ereignisse eher selten, meistens herrschten die warmen Jahreszeiten vor. Ein Zustand, den sie genoss.

Sie liebte die Wärme der Sonne auf ihrer Haut, wenn sie um die Mittagszeit ihren höchsten Stand erreichte. Die Schatten waren dann so klein, dass es schien, als wollten sie sich verbergen. Gewöhnlich suchten die Meisten dann Schutz in der Kühle des Waldes, was sie selber früher oder später auch tat, aber einen Moment lang staunte sie immer über dieses Gefühl.

Dieses Gefühl, das ihr lange Zeit fremd gewesen war. Auch wenn sie nun selbst in der Vergangenheit von sich als weiblich und, im weitesten Sinne, als menschlich dachte, war es nicht immer so gewesen. Und es war bei weitem nicht so leicht gewesen, wie sie Liam gegenüber behauptet hatte.

Sie hatte die Veränderung nicht bewusst registriert, nicht bevor sie hierher kam. Der Schock hatte sie tief getroffen. Jetzt konnte sie darüber lachen, doch damals in jenem ersten Moment hätte sie sich am liebsten getötet, solches Entsetzen hatte sie ergriffen. Ihre verändertes Äußeres, unvertraute Gefühle und Sinneseindrücke, die sie zu überwältigen schienen, das alles hatte ihr unglaubliche Furcht eingeflößt. Zum Glück war Aerie da gewesen und hatte sie beruhigt. Die bloße Anwesenheit des Kindes hatte ihr mehr geholfen, als tagelange Gespräche mit anderen es getan hätten. Aerie hatte sie auch zu den anderen begleitet und mit ihr gemeinsam über deren Reaktion gelacht. Die Lebensfreude des Kindes hatte ihr Mut gegeben, und bald hatte sie die Veränderung akzeptiert und kam schließlich dahin, es zu genießen.

Doch Aerie selbst stellte ein Rätsel dar, dass Da'an nicht zu lösen vermochte. So lange sie sich erinnern konnte, war das Kind immer da gewesen. An sich war es nichts Ungewöhnliches hier Menschen anzutreffen, doch diese lebten gewöhnlich nicht mehrere Jahrtausende. Aerie war anders, sie alterte nicht, doch schien sie manchmal so alt wie die Zeit zu sein. Nun wer oder was sie auch war, sie schien jedenfalls nichts Böses im Sinne zu haben. Sie war einfach nur da wenn man sie brauchte oder auch nicht brauchte. Aerie hatte eine Menge Dummheiten im Kopf und einen ausgeprägten Sinn für Streiche, ohne dabei irgendjemandem zu schaden. Die Kleine kannte die Grenze zwischen Spaß und Gemeinheit. Die meiste Zeit war sie so jung wie sie zu sein schien.
Das Kind selber gab vor, den Grund für ihre sonderbare Existenz nicht zu wissen, doch Da'an bezweifelte dies ernstlich. Aerie war vieles, aber gewiss nicht unwissend.

Der ferne Schrei eines Raubvogels riss sie aus ihrer Versunkenheit. Es wurde Zeit zu gehen, die anderen erwarteten sie sicher schon. Heute Nacht würden am Lagerfeuer Geschichten erzählt werden. Diese Art der Zusammenkunft war eine Idee der Menschen und bei allen sehr beliebt. Zo'or hatte sich ebenfalls bereit gefunden, etwas beizutragen. Das würde sicher interessant werden, da Liam stets irgendwelche Kommentare einzuwerfen pflegte.

Da'an erhob sich ruhig, fing mit ein paar inzwischen geübten Handbewegungen die tanzenden Haarsträhnen ein und bändigte sie in einem Pferdeschwanz. Dann machte sie sich auf den Weg, ließ die Grashügel und den unendlichen Himmel fürs erste hinter sich und verschwand im abendlichen Zwielicht des Waldes.

 

ENDE

 

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