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  „Die größte Gabe” von Alraune   (Emailadresse siehe Autorenseite), 2002
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Eine unerwartete Begegnung und ein Geschenk
Zeitpunkt:  zweite Staffel und Kindheitserinnerungen
Charaktere:  Da'an, Fedra
 

 

DIE GRÖSSTE GABE

 

Es war eine jener Nächte, in denen alles anders zu sein schien. Eine jener Nächte, in denen man beinahe sehen konnte. Eine jener Nächte, in denen man Feen und Elfen hinter jeden Baum erwartete und Einhörner und Drachen in jedem verschwommenen Schemen zu erkennen glaubte. Eine magische Nacht. Eine Nacht, wie sie selten vorkam. Eine Nacht für Träume und Phantasien, eine Nacht, in der Wunder wahr wurden und alte Erinnerungen erneut ihre Magie verströmten.

Da'an saß vor einer kleinen Nische in seiner privaten Kammer. Niemand hatte jemals den Inhalt dieses kleinen Faches gesehen. Nicht einmal Zo'or. Es enthielt Da'ans kostbarsten Schatz.
Ein Schatz, der in diesem Moment in seinen schlanken Händen ruhte. Ein verträumter Ausdruck lag auf seinem Gesicht, während er dieses kleine, so leicht zu zerstörende Ding betrachtete. Es war nichts Besonderes, auf der Erde jedenfalls, nur eine kleine Feder. Man konnte sie überall finden. Doch mit dieser hatte es eine spezielle Bewandtnis.
Da'an erinnerte sich daran, als sei dies alles erst am Vortag geschehen und nicht vor mehreren tausend Jahren.

 
* * *
 


Ein kleines Kind kletterte in den Felsen umher. Es war niemand da, um es daran zu hindern. Seine Eltern waren beschäftigt und hatten nicht bemerkt, wie es nach draußen schlüpfte, um die günstige Gelegenheit zu nutzen und zum ersten Mal in seinem Leben allein und unbewacht umherstreifen zu können. Noch hatte das Kind keinen richtigen Namen, es war noch zu jung, seine Eltern nannten es meist nur Kind oder riefen es mit einem Kosenamen. Es war nicht üblich, dass ein Taelonkind vor einem bestimmten Alter einen eigenen Namen erhielt. Der Ursprung dieser Tradition verlor sich im Nebel der Vergangenheit. Es war immer so gewesen. Der kleine Taelon wusste das und erwartete sehnlich den Tag, an dem er einen richtigen Namen erhalten würde.
Im Moment jedoch kümmerte ihn diese Erwartung wenig, er hatte etwas entdeckt. Ein kleiner See lag versteckt in einer engen Schlucht zwischen den Felsen. Moos und Gräser hatten seine Ränder fast zugewuchert, ein Baum neigte anmutig seine Äste zur Oberfläche des tiefschwarz erscheinenden Wassers. Noch nie hatte er einen solch wilden Ort gesehen. Der größte Teil von Taelons Natur bestand aus riesigen Parklandschaften, die ursprüngliche Wildnis war vor Urzeiten schon gezähmt worden. Nur an diesem kleinen Flecken war die Zeit und die Aufmerksamkeit der Taelons vorübergegangen und hatten ihn unberührt zurück gelassen. Vielleicht war es das, was jene Kreatur angezogen hatte. Das Kind hatte nie ein solches Wesen gesehen. Es gehörte ganz offensichtlich nicht nach Taelon. Ein sanftes warmes Leuchten umgab die schlanke Gestalt, die mit dem Rücken zu ihm im Wasser stand, die Handflächen gerade über der Oberfläche haltend.
Um besser sehen zu können, schob sich das Kind weiter nach vorn. Ein Felssplitter gab plötzlich unter ihm nach, noch ehe es zurückweichen oder nach etwas greifen konnte, fiel es.
Es folgten alptraumhafte Sekunden, in denen das hilflose Kind gnadenlos dem Boden der Schlucht entgegenrutschte, dann wurde es von Wasser umschlungen. Es drang ihm in Mund und Nase, das Kleine konnte nicht atmen, geriet in Panik und schlug wild um sich, um an die Luft zu kommen.
Dann wurde es emporgehoben. Keuchend und hustend hing das Kind in der Luft, während sein Körper sich bemühte, das geschluckte Wasser wieder loszuwerden.
Als es endlich die Augen wieder öffnete, fand es sich einige Zentimeter über dem Wasser hängend wieder. Der unmissverständliche Griff starker Hände machte deutlich, dass es nicht auf magische Weise zu fliegen gelernt hatte. Die fremde Kreatur hatte es aus dem Wasser gezogen und hielt es jetzt fest. Zwillingssterne blickten den kleinen Taelon aus einem kindlich wirkenden Gesicht heraus an. Das Wesen wirkte hatte eine Aura von Freundlichkeit um sich und so fürchtete das Kind sich nicht, sah einfach nur das fremdartige Geschöpf an. Es war anders, ganz anders als ein Taelon. Seine Gestalt war irgendwie ungewöhnlich. Erst sehr, sehr viel später würde das Kind lernen, dass diese Andersartigkeit Weiblichkeit genannt wurde. Doch in diesem Moment nahm es das einfach nur fraglos hin, als Teil einer Welt, die ständig neue Überraschungen bereit hielt.

Eine geschickte Geste beförderte das Kind auf die Hüfte des anderen Wesens, langsam watete es aus dem Wasser. Am Ufer angekommen wurde das Kind abgesetzt. Sie beide waren plötzlich völlig trocken, stellte es fest.
„Mein Name ist Fedra. Und wie heißt du?” Selbst die Stimme Fedras klang anders als die jedes Taelons, den er kannte.
„Ich habe noch keinen Namen.” Der kleine Taelon klang unglücklich über diesen Umstand.
„Keinen Namen? Möchtest du, dass ich dir einen gebe?” Freundlichkeit, Wärme, Geborgenheit, es war überraschend, wie schnell das Kind diese Dinge mit Fedra assoziierte. Es fühlte instinktiv Vertrauen zu ihr.
„Ja.” Die Antwort war fast unhörbar, die junge Stimme voller Schüchternheit.
„Nun lass mich überlegen. Eine solche Wahl sollte nicht leichtfertig getroffen werden.” Während dieser Überlegung wanderte Fedra über die Lichtung. Ein leises Lied flutete plötzlich von ihren Lippen.

Als die letzten Töne verklangen, hatte Fedra die Lichtung mehrmals gekreuzt. Der Gesang schien ihr eher als Konzentrationshilfe gedient zu haben, doch hatte er das Kind unbeabsichtigt in einen Halbschlaf gewiegt. Mit einem Lächeln hob sie das Kind erneut auf und trug es in Richtung seines Heims. Seine Eltern machten sich gewiss schon Sorgen.

Sie fand das Zuhause des Kleinen ohne Probleme, lautlos wie ein Lufthauch durchstreifte sie es, bis sie schließlich das Zimmer des Kindes fand. Behutsam legte sie die kleine Gestalt ab und deckte sie zu. Die klaren, leuchtend blauen Augen öffneten sich und blinzelten verträumt zu ihr auf; und da wusste sie plötzlich seinen Namen. Leise murmelte sie ihn in sein Ohr. Es war eher eine Beschreibung seiner wichtigsten und leuchtendsten Eigenschaft. Nur wenige Taelons besaßen sie noch. Sein neuer Name bedeutete ‚träumend’.
Vorsichtig hob sie eine Hand, etwas wie eine kleine Flamme erschien darin. Behutsam legte sie ihr Geschenk neben dem Gesicht des träumenden Kindes ab, ehe sie sich umwandte und im Schatten verschwand.

 
* * *
 


Als Da'an am nächsten Morgen erwacht war, hatte er das sonderbarste und schönste Ding vorgefunden, das er jemals gesehen hatte. Es war sehr zart und weich, von klarer goldener Farbe. Er hatte dieses zweite Geschenk seines Lebens stets gut gehütet, als Erinnerung an die Person, die ihm das erste und größte gemacht hatte. Niemals würde er diesen Tag vergessen. Als die Zeit gekommen war, zu der er offiziell seinen Namen erhalten sollte, hatte er sich geweigert ihn anzuerkennen und voller Stolz zum ersten Mal den Namen ausgesprochen, den Fedra ihm gegeben hatte.

Wer oder was Fedra gewesen war, hatte er nie herausgefunden. Sie musste wohl von der Erde gekommen sein, die Feder wies darauf hin, ebenso das Lied, welches sie ihm damals vorgesungen hatte. In den Geschichten und Legenden der Erde hatte er jedoch viele Referenzen zu Kreaturen gefunden, die ihrer Beschreibung entsprachen. Wesen, welche die Menschen Engel nannten.


Eine Nacht voller Elfen und Feen.
Eine Nacht, wie sie selten geschehn.
Sterne hören auf, mit dem Sternenlauf
Halten eine Minute besehn.

 

ENDE

 

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