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  „Aveenas Lied” von AlienVibe   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Tests und ihre Ergebnisse
Zeitpunkt:  weit vor Beginn der ersten Staffel
Charaktere:  Der Sprecher, der Navigator und der Heiler der Jaridians, die Gesangshüterin des Erdvolkes, der Hüter der Gesänge der Tiefen, der Sprecher derer auf dem Weg, Aveena (Mitglieder der Besatzung des Kreuzers, Angehörige der vier Völker)
 

 

AVEENAS LIED

Kapitel 9

 

Die aufsteigende Szene war im Kreis und löste Staunen, Skepsis und Verwunderung aus. Der Sprecher der Jaridians schaute mich ebenso überrascht an wie ich ihn. Aus den Augenwinkeln sah ich den Gesangshüter der Wasser die Zwischenlider schließen und mit einem Lächeln in seinem Behältnis untertauchen.
„Das könnte gehen ...” meinte die Gesangshüterin derer, die das Dunkle birgt, sehr nachdenklich. „Wenn die Unseren mit den Euren teilen, so wie es uns hier miteinander gelingt ...” „Ihr kennt unsere Kommandierenden nicht,” antwortete der Sprecher, „sie von dem zu überzeugen, was wir hier gefunden haben, wäre eine langwierige Aufgabe ... aber die einzige Möglichkeit, herauszufinden, ob das überhaupt irgendwo hinführt, wäre tatsächlich, Euch mit ihnen in Kontakt zu bringen. Wenn wir es dabei belassen, von alldem hier nur zu berichten, halten sie das wohl nur für die idealistischen Phantasien einer hoffnungslos untertechnisierten Welt, aber wenn sie es selbst im Kontakt mit Euch erleben ... Ihr seid schließlich außerstande, zu lügen ...” Er schaute mich an. „Das hier eröffnet so viele neue Möglichkeiten für uns ...”
Der gesamte Kreis hielt den Atem an. In diesem Moment war der Gedanke an ein Ende des Krieges mit den Taelons zum ersten Mal wirklich glaubhaft geworden ... und schlagartig hatten wir begriffen, was wir zu tun hatten, um daran mit zu weben - nämlich einfach das, was wir immer getan hatten, seit wir begonnen hatten zu existieren: teilen. Mit den Jaridians, mit ihrem Hauptkommando, vielleicht auch mit anderen ihrer Verbündeten ... vielleicht mit ganz anderen Völkern, die die Jaridians erst noch kennenlernen würden ... und vielleicht irgendwann mit ihnen und den Taelons ...
„Nein.” Das war der Gesangshüter der Wasser, mit weit offenen, ungeschützten Augen und einer so fremden Stimme, daß ich ihn daran nicht erkannt hätte, hätte ich ihn nicht singen sehen. „Wir werden den Jaridians Vermittelnde sein, Vermittelnde zu vielen Völkern - aber nicht wir werden teilen mit ihnen und den Taelons ...” Das Bild, das er in den Kreis gab, füllte die gesamte Höhle und ließ alle anderen Eindrücke verblassen.
Ein Bild des Alls, aber nicht unserer Region hier, sondern weit entfernt von uns ... ein Planet wurde sichtbar, der in sanften Blau- und Grüntönen, teilweise von Weiß bedeckt, leuchtete, begleitet von einem einzelnen Mond.
„Uns bringt das Vierte Volk die Veränderung - für sie birgt das Vierte Mal die Lösung ...”
Die, die in strömenden Tiefen zuhause sind, reisen so leicht durch die Zeiten und Dimensionen, wie wir, die der Wind trägt, in den Wolken tanzen ...
Eine silbrige Linie erschien aus den Tiefen des Alls, berührte den Planeten und zog durch ihn hindurch weiter in die Schwärze. „Dies ist die Zeit ...” Auf der Linie erschienen vier weit voneinander entfernte ph'taalblattförmige Zeichen, das letzte deutete auf den Planeten. „Das Erste Mal - das Vorzeichen, der gefallene Stern ... das Zweite Mal - das Zeichen, das Dritte Volk ... das Dritte Mal - die Begegnung der Taelons mit uns, die uns das Vierte Volk brachte ... und das Vierte Mal ...” Das Bild mit dem Planeten und seinem Mond verschwand, und in dem Ausschnitt, den es in der Dunkelheit hinterließ, tauchte eine Landschaft auf, so wie die, die ich auf dem Heimatplaneten des ursprünglichen Atavus-Volkes erlebt hatte.
Und dort saßen im Gras - um ein sehr helles, heißes Feuer, das in einen stillen blauen Abendhimmel loderte, vier Wesen im Kreis, die ein wenig an die Atavus-Geschöpfe erinnerten, aber kleiner, schlanker und feingliedriger waren - mit ganz glatter Haut ohne jedes Muster, auf der nur an wenigen Stellen ein erkennbares Fell wuchs. Das meiste Fell hatten diese Wesen oben auf dem Kopf, und das Auffälligste an ihnen war, daß jedes eine andere Hautfarbe hatte, obwohl sie sich von ihrer Körperstruktur her viel weniger unterschieden als unsere Völker hier ... Die Haut des ersten Wesens war tiefschwarz, und der Pelz auf seinem Kopf erschien kurz, fest und gekräuselt. Das zweite Geschöpf, etwas kleiner und graziler als die anderen, hatte eine gelbliche Hautfarbe, beinahe so wie jemand der helleren Stämme vom Windvolk, und der Pelz auf seinem Kopf war dunkelbraun. Die Farbe des dritten Wesens war ein Rotton, und sein schwarzes Kopffell fiel ihm bis über die Schultern. Das vierte Wesen war so bleich wie die kleinen flinken blinden Geschöpfe, die die stehenden Wasser in den Höhlen der Erdstämme bevölkern. Das Fell auf seinem Kopf hatte die Farbe in der Sonne vertrocknenden Ph'taal-Laubes und stand in Büscheln ab. „Vier Völker leben auf dieser Welt, so wie auf der unseren ... und wenn das Teilen gelingt, wird diese vierte Begegnung, das Vierte Mal, denen, die einst Atavus waren, Lösung sein ...”
Das riesige Gedankenbild begann zu flimmern und löste sich auf. Der Gesangshüter derer, die in strömenden Tiefen zuhause sind, gab einen Laut von sich, den auf unserer Welt nie zuvor jemand gehört hatte und der alle schaudern ließ.
Der Navigator löste sich aus dem Kontakt mit mir und stützte den Wasser-Gesangshüter, der sonst vornüber gesackt wäre, die Zwischenlider immer noch weit offen. Zusammen mit dem Angehörigen derer auf dem Weg, der zur Rechten des Meeresbehältnisses gesessen hatte, streckte er ihn vorsichtig darin aus, ließ ihn ganz untertauchen und hielt Kontakt mit ihm, während wir den Kreis wieder schlossen. Alle begannen, zuerst leise, dann mit zunehmender Tragkraft, die Frequenzen des Wasservolks zu singen und ihm Energie zufließen zu lassen.
Nur von den Jaridians ging nichts anderes aus als grenzenlose Verwunderung. Ihr Sprecher gab den Eindruck der vier Geschöpfe um das Feuer erneut in die Berührung, die Darstellung dieser Wesen war in seinem Bild noch wesentlich plastischer und mit mehr Feinheiten versehen. „Er meint dieses Volk?” fragte er uns im Kreis. „Er meint dieses Volk,” antworteten alle aus den Wassern. „Wie kann er davon wissen? Wir beobachten diese Welt und diese Wesen schon lange ...” „Beobachten?” fragte ich. „Mit den Tiefraum-Sonden, die wir überall in diese Galaxis und weit darüber hinaus geschickt haben ...” Seine Antwort war mit dem Gedankeneindruck eines sehr seltsamen Gerätes verbunden, das offenbar vor allem dazu diente, durch das Weltall zu fliegen oder auf Planeten, Monden und Sternenbruchstücken - „Asteroiden” nannten die Jaridians sie - zu landen, aufzuzeichnen, was dort geschah, und diese Informationen an die Jaridians zu senden. „Auf diese Weise behalten wir auch die Taelons ständig im Auge, können meist ihre nächsten Kampfhandlungen vorausberechnen und gleichen unter anderem damit den Nachteil aus, nicht über deren Interdimensionstechnologie zu verfügen ...” Er konzentrierte sich wieder auf die um das Feuer hockenden Wesen. „Sie nennen sich selbst Menschen,” gab er in die Berührung, „und wir waren überrascht, wie viel diese Spezies und wir gemeinsam haben ... wir haben sogar schon versucht, sie vor den Taelons zu warnen, aber was aus unserer Botschaft geworden ist, wissen wir nicht - sie sind technisch zwar weiter als Ihr es seid, aber ...” Er betrachtete nachdenklich das Gedankenbild. „Dieses Volk soll für uns und die Taelons Lösung bedeuten?” Er blickte zu dem Gesangshüter der Wasser hinüber, der sich inzwischen wieder aufgerichtet hatte, die Augen geschützt, und die Frequenzen seines Volkes mitsang. „Ihr habt es gesehen,” meinte dieser, „Ihr habt es gesehen, und Ihr wißt, es ist wahr ...” Er gab beide Eindrücke zusammen in den Kontakt, das vielfarbige Gewebe, in dem blaue Stränge und Shaqarava einander berührten, und das in den Himmel lodernde Feuer, um das jetzt die vier Menschen saßen. Seine Zwischenlider hoben sich erneut.
„Das Starre muß sich öffnen ... Wärme muß Kälte berühren ... die Verletzlichen werden helfen, wenn ihre Freiheit geachtet bleibt ...” Ein anderes Bild: ein Jaridian, ein Taelon und ein Mensch, beisammen stehend und einander anschauend ... dann der Eindruck eines Atavus, der einem Menschen gegenüber stand und beide blickten einander in die Augen ...
„Die Freiheit der Verletzlichen muß geachtet bleiben, sonst kann Lösung nicht gelingen ...”
Der Wasser-Gesangshüter schloß die Zwischenlider und tauchte unter. Wir sangen weiter für ihn, und diesmal stimmten auch die Jaridians ein. Nach und nach flochten sich auch die Frequenzen von Erde, Wind und Feuer in das Klanggewebe des Kreises, und irgendwann sangen auch die Jaridians wieder mit der Stimme ihres Volkes ...
Ein Ende des äonenlangen Krieges zwischen ihnen und den Taelons war möglich und vielleicht sogar absehbar ... und ein Volk namens Menschen würde daran beteiligt sein ... wie weit in der Zukunft das lag, war nicht deutlich geworden. Vielleicht würden Angehörige unserer Völker eines Tages mit den Menschen zu tun bekommen; vielleicht wäre eine unserer Aufgaben, ihnen irgendwann von den Taelons, den Jaridians und all dem, was wir davon wußten, zu singen und im Kontakt klar aufzuzeigen, um was es hier ging ...
Für das Volk der Taelons und das der Jaridians gab es eine wirkliche Chance, lebendige Anteile des großen Ganzen zu bleiben.
Und unser Platz, unsere Aufgaben für das große Ganze waren ins Leben gesungen: als Vermittelnde würden wir - um des Ganzen willen - die Jaridians unterstützen, und wir würden klingenden Fels zur Verfügung stellen, so viel, wie unsere Welt es gestattete. Das vierte Lied dieses Rathaltens war gesungen - und diese Zeit des Rathaltens war zuende. Die vier Völker dieser Welt hatten ihren Platz im neuen Ganzen gefunden.

Als die Erd-Gesangshüterin diesmal das Zeichen zum Öffnen des Kontaktkreises gab, waren es nur die Angehörigen der Wasser-Stämme und die Jaridians, die aufbrachen und die Höhle verließen. Die Wasser-Leute halfen ihrem Gesangshüter aus dem Behältnis und nahmen ihn mit sich. Die Jaridians wollten dringend zu ihrem Schiff zurück, um den Ihren Bericht zu erstatten und mit ihren Vorbereitungen für den Schild zu beginnen ... Alle übrigen betteten sich dort, wo sie waren, ins Laub und überließen sich ihrer Erschöpfung.
In der kommenden Zeit gab es so viel zu planen und zu tun ...wir würden unsere Welt fragen müssen, wo und wie der klingende Fels abgebaut werden durfte, der gebraucht wurde ... wir mußten von den Jaridians lernen, wie diese winzigen Kristalle zu singen waren ... wie sollten die Nano-Kristalle in eine so große Höhe kommen, in das „Magnetfeld” um unsere Welt? Was brauchte das Feuer-Volk, um an den Polen leben zu können? Wie lange würden die auf dem Weg dort bleiben müssen? Und was Angehörige unserer Stämme als Vermittelnde für die Jaridians anging - wie würden wir mit anderen Völkern, unvorstellbar weit fort von uns, zusammenkommen?
Über all diesen Fragen war ich irgendwann eingeschlafen.
Als ich wieder wach wurde, war es dunkel und still in der Höhle der Gesänge. Nur gelegentlich raschelte Laub, wenn sich jemand im Schlaf umdrehte - offenbar war niemand wach außer mir ... Das Fragen in mir hatte nicht aufgehört, aber ich hatte weder Antworten noch einen klaren Kopf, also beschloß ich, den heiligen Ort hier aufzusuchen, und das, was mich beschäftigte, wie schon so oft im Kontakt mit unserer Welt neu anzuschauen. Vorsichtig stieg ich über schlafende Erd-, Wind- und Feuerleute hinweg, hatte schließlich den Gang erreicht, der in die kleine Höhle führte und folgte ihm. In der Nähe des heiligen Ortes spürte ich bereits das Vibrieren des Gesteins in der Frequenz des Gesangs der Konzentration - ich war wohl doch nicht die Einzige, die das, was wir gefunden hatten, nicht mehr ruhen ließ ... Ich summte den Gesang mit, um mit gleicher Schwingung in die Höhle einzutreten und die, die sich schon darin befanden, nicht zu stören.
Nur eine Gestalt saß dort - am Platz der Feuer des Inneren, in der gleichen aufrechten Haltung, wie wir sie zuvor in der Vision gesehen hatten. Ich erkannte den Sprecher des Volkes auf dem Weg. Er hatte die Augen geschlossen. In den Händen hielt er einen geraden, kräftigen toten Ph'taal-Ast, der offenbar von innen hohl war und in dessen oberes Ende er hinein blies - und damit den Gesang der Konzentration erklingen ließ, mit der Tiefe und Intensität, wie ihn Angehörige des Erdvolks singen ... Ich schaute ihn an und empfand etwas wie Ehrfurcht - vor ihm, seinem Volk und vor dem, was sie werden konnten ...
Leise hockte ich mich an den Platz der Windvolk-Gesangshüterin und ließ meinen eigenes Lied lauter, dichter und schließlich mit dem des Feuer-Sprechers eins werden, bis ich mit unserer Welt selbst in Berührung war.
Wieder das Gefühl, angesichts ihres Leuchtens in der Tiefe all meine Fragen gar nicht mehr stellen zu müssen ... Ich tat es dennoch, und die Welt, die uns trägt, antwortete mir:

„Die aus dem Dunklen werde ich weisen
die aus den Wassern wissen bereits
die an meinen Feuern sitzen,
lernen zu teilen wie Ihr
Euch werden die Jaridians Lehrende sein
so wie sie lernen von Euch.”

Nach einiger Zeit tauchte ich wieder auf aus diesem Kontakt, innerlich ganz ruhig geworden. Verstanden hatte ich die Antwort noch nicht, aber ich fühlte Stärke und Zuversicht. Ich verließ den heiligen Ort leise. Der Sprecher des Volkes auf dem Weg war noch in tiefer Berührung mit dem Innersten des Planeten, der den Seinen Zuhause geworden war.

Als die Hellphase anbrach, waren alle wach, bereit, erneut den Kreis zu schließen, um die vor uns liegende Arbeit zu planen. Auch die Gesangshüterin des Erdvolkes hatte sich inzwischen mit unserer Welt beraten. Der Gesangshüter der Wasser war wieder anwesend, und alle, die die Dunkelphase außerhalb der Höhle der Gesänge verbracht hatten, strömten zusammen, um ihre Plätze wieder einzunehmen. Sie brachten die Jaridians mit, die ihre Shuttles wie immer bei der ehemaligen Taelon-Behausung gelassen hatten.
Die Jaridians drängten zur Eile. Die Front Taelons/Jaridians war an mehreren Stellen gleichzeitig in Bewegung gekommen, selbst geringere strategische Vorteile gewannen plötzlich wieder an Bedeutung, und sie hielten einen Angriff auf uns für wahrscheinlich ... Sie bestanden darauf, in jedem Falle den Schild um unsere Welt zu legen, der in der Lage war, die Waffenenergie potentieller Angreifer eine Zeit lang zu absorbieren,und wir waren einverstanden.
Die Pläne und die Arbeitsverteilung für den Bau des neuen Schildes in der äußeren Kraftfeld-Schicht um unseren Planeten waren schnell gesungen. Die Angehörigen des Erdvolkes hatten von unserer Welt Anweisung bekommen, die Höhle der Gesänge weiter zu vergrößern. Der dabei aus den Wänden zu singende Fels würde zusammen mit den Nano-Kristallen, die die Jaridians aus ihren Vorräten zur Verfügung stellten, ausreichen, um den Schild zu erstellen. Erd- und Windleute zusammen würden den Fels zum Strand transportieren, Wasser- und Windvolk-Angehörige würden ihn dort zu Nano-Kristallen singen; die Wasser-Leute übernähmen die grobe Zerkleinerung durch Gesang in den mittleren Lagen, das Windvolk das endgültige Formsingen mittels hoher und ultrahoher Frequenzen. Wir vom Windvolk wären auch dafür zuständig, die Nano-Kristalle in die Behältnisse, die die Jaridian bereitstellten, zu füllen und sie auf den Platz vor der Taelon-Behausung zu transportieren, von wo aus die Jaridians sie hinauf zu ihrem Schiff fliegen würden. Währenddessen würde das Feuervolk in Bau und Funktionsweise der Resonatoren eingewiesen, mit der erforderlichen Ausrüstung für seinen Aufenthalt an den Polen versehen und schließlich dort hingebracht, um gemeinsam mit den Jaridians die Resonatoren aufzustellen. Zwei Angehörige des Volkes auf dem Weg würden danach an jedem Pol zurückbleiben müssen, eingewiesen in die Aktivierungs- und Deaktivierungsprozedur des Schildes und in die Bedienung der Kommunikationsgeräte. Sie würden regelmäßig von Ihresgleichen abgelöst werden, und wir würden Wege finden, daß das Feuervolk diese Aufgabe nicht allein zu tragen hätte.

Kurze Zeit später waren alle bei der Arbeit. Am Strand bauten wir riesige Plattformen aus toten Zweigen und sonstigen abgestorbenen Pflanzenteilen auf und umgaben diese mit geflochtenen Wänden aus den gleichen Materialien, die den gleichzeitigen Gesang vieler Stimmen nach außen hin zerstreuen und brechen würden - wir hatten den abgebauten Fels zu unvorstellbar feinem Staub zu zersingen, nicht aber unsere Umgebung ...
Es wurde Hell- und Dunkelphasen hindurch gearbeitet, ohne Unterbrechung. Wir wechselten einander in Gruppen ab und sorgten dafür, daß jeder nach seinen Fähigkeiten immer wieder unterschiedliche Aufgaben übernahm. Wer außer der eigenen eine zweite Sprache sang, wurde wechselweise bei beiden Völkern, deren Gesänge er beherrschte, eingeteilt. Ich war ebenso beim Vergrößern der Höhle und dem exakten Heraussingen von Fels in vorgegebener Größe und Form beteiligt wie beim Nanokristallsingen und dem Transport der Behältnisse. Jeder arbeitete, bis er zu müde wurde, um es noch richtig zu machen, und ruhte aus, bis die Kraft wieder da war. Da wir so viele waren, war es gut zu schaffen. Alle, die während des Rathaltens hier Gastbehausungen bewohnt hatten, waren geblieben, und während jeder Hellphase kamen noch Unsrige dazu, um zu helfen ... Die Jaridians hatten inzwischen provisorisch den energieabsorbierenden Schild um den Planeten gelegt, der zum ursprünglichen PDS gehörte.
Und schließlich hatten wir die erforderliche Menge an winzigen Kristallen produziert, die den neuen Schild darstellte, eingewoben in das Kraftfeld um unsere Welt ... die Jaridians installierten ihn, die Resonatoren waren betriebsbereit, und der entscheidende Augenblick war da: der Schutz für unser Ganzes würde aktiviert und seine Funktion und Belastbarkeit geprüft werden ...
Die Jaridians hatten als Test, wie sie es nannten, vorgeschlagen, von ihrem Kreuzer aus über der Zentralwüste eine umfangreiche Ladung irreparabel beschädigter oder sonstwie unbrauchbar gewordener Gegenstände auf den Schild auftreffen zu lassen. Sollte dieser nicht halten, wäre nicht mehr passiert, als daß wir eine Menge merkwürdigen Abfalls in der Wüste liegen hätten ... Wäre der Test jedoch erfolgreich, wären keine weiteren Probeläufe mehr erforderlich - entweder das Prinzip der Zerstörung durch Resonanz funktionierte oder es funktionierte nicht.
Zu Beginn des Tests hielten sich von den Jaridians je zwei an den Polen bei den dort verbliebenen Feuervolk-Angehörigen auf, zwei waren mit einem Shuttle über der Zentralwüste unterwegs und ihr Sprecher war bei uns; alle übrigen befanden sich auf dem Kreuzer. Sie hielten Verbindung über ihre Kommunikationsgeräte. Wir hatten uns um den Sprecher zu einem großen Kontaktkreis zusammengefunden. Von dem, was hier in Kürze geschehen würde, hing so viel ab ...

Der Sprecher der Jaridians gab denen, die die Resonatoren bedienten, die Anweisung, den Schild zu aktivieren. Es kam die Rückmeldung, der Schild sei aktiviert. Für eine kurze Zeit geschah gar nichts.
Und dann wurde es dunkel über unserer Welt.
Erschrecken im Kreis, aber der Sprecher blieb ruhig. „Wenn der Schild aktiv ist, läßt er nichts mehr durch, auch kein Licht,” gab er in die Berührung. Der Navigator teilte vom Kreuzer aus mit, daß das große Schiff sich in der vereinbarten Position über der Wüstenregion unseres Planeten befand. Der Sprecher gab Anweisung, die vorbereitete Ladung abzuwerfen.
Nichts veränderte sich. Es blieb dunkel. Um irgend etwas am Himmel mitverfolgen zu können, waren wir allerdings von der Wüste zu weit weg ... Die erste Rückmeldung kam vom Kreuzer: „Es ist genau so gelaufen wie in den holographischen Simulationen ... in einer Höhe von zweiunddreißigtausend metrischen Einheiten über der Planetenoberfläche war bereits keine zusammenhängende Masse mehr nachzuweisen ...” Unmittelbar darauf meldete sich die Shuttle-Besatzung. „Wir haben die kurzfristig im Schild entstandenen Farberscheinungen aufgezeichnet und analysiert - sie entsprechen exakt den photometrischen Daten der in der Ladung enthaltenen Materialien. Nicht ein Partikel davon hat auch nur die Hälfte des Schildes durchquert. Die gesamte Ladung ist zerstört.”
Einen Augenblick später lag unsere Welt wieder im Licht.
Unendliche Erleichterung im gesamten Kreis - der Schild hatte den Test bestanden.
Unser Ganzes war geschützt, und niemandem wurde dadurch geschadet.

Trotzdem war die Arbeit nicht beendet. Die Jaridians verfolgten beunruhigt das Kriegsgeschehen über die Kommunikationssysteme ihres Schiffes. Wir produzierten noch einmal die gleiche Menge an Nanokristallen, die wir bereits hergestellt hatten. Niemand wußte, wie der Schild nach einem überstandenen Angriff aussehen würde. Eigentlich müßte er unversehrt bleiben, aber für den gegenteiligen Fall mußte ausreichendes Ersatzmaterial zur Verfügung stehen ... Die Jaridians schafften den Vorrat auf den Kreuzer.
Einige Hellphasen später waren die Kampfhandlungen offenbar vorübergehend zum Stillstand gekommen. Wir beschlossen trotzdem, die aufgebauten Arbeitsplattformen und Schutzwände nicht nur stehen zu lassen, sondern sie so umzugestalten, daß sie Wind und Regen auf Dauer standhalten würden. Wir würden sie spätestens dann wieder brauchen, wenn die Jaridians irgendwann klingenden Fels für die eigene Nutzung benötigten, und bis dahin wollten die auf dem Weg sie als Behausungen nutzen und wir als Gastunterkünfte. Wir waren mit dieser Arbeit beschäftigt, als ein Shuttle in unserer Nähe landete und drei Jaridians ausstiegen, die zielstrebig auf mich zukamen, ihr Sprecher, ihr Navigator und jemand, den ich noch nicht kannte. Ich legte das Stück Regenschutz in den Sand, an dem ich geflochten hatte, und wandte mich ihnen zu. Der Sprecher legte mir eine Hand auf die Schulter. „Ich hoffe, wir stören Dich nicht ... wir brauchen Deine Hilfe.” Ich schaute mich nach den anderen um, die mit Weben, Flechten und Befestigen beschäftigt waren, zur Zeit drei Stämme von uns, zwei vom Erdvolk und fast alle Angehörigen derer auf dem Weg - genug, um die Arbeit leicht zu tun ... „Was kann ich tun?”
„Ihr habt uns angeboten, Vermittelnde zu sein ... durch Eure Fähigkeit, zu teilen, unsere Verständigung untereinander und mit anderen Völkern zu erleichtern ... ” sagte der Sprecher, „wir haben Euer Angebot wirklich gern angenommen, aber es gibt dabei ein Problem.” Mit dem Bild, das er dazu in den Kontakt gab, wußte ich nichts anzufangen - ich sah mich selbst mit verkrampften Brustmuskeln, weit aufgerissenen Augen und ängstlichem Gesichtsausdruck auf einem seltsamen Gebilde hocken und mir einen durchsichtigen Gegenstand vor den halb offenen Schnabel drücken. „Niemand von Euch ist je in einem Shuttle geflogen, geschweige denn in einem Raumschiff ...” In seinem Geist war der Eindruck ihres riesigen Kreuzers. „Es wäre möglich, daß Ihr uns nicht Vermittelnde sein könnt. Vielleicht ist keines Eurer Völker in der Lage, Raumflüge zu verkraften. Es könnte sein, daß Ihr krank werdet davon oder sogar daran sterbt ...” Ich schaute ihn ratlos an. An diese Möglichkeit hatte niemand von uns gedacht.
„Wir wissen, daß das, worum wir Dich jetzt bitten, einiges von Dir verlangen wird. Du kannst es ablehnen, dann fragen wir jemand anderen aus Deinem Volk.” Im Kontakt waren schon die Eindrücke zu dem, was er als nächstes sagte: „Du bist eine ausdauernde Fliegerin, und über Dich haben wir die meisten Daten gesammelt, weil Du und ich so viel Zeit miteinander verbracht haben. Deshalb bist Du auch diejenige, der wir am ehesten zutrauen, es als erste zu versuchen - im Shuttle mit uns zu unserem Schiff zu fliegen und dort eine Weile zu bleiben, um herauszufinden, ob Euer Angebot in Tatsachen umsetzbar ist.”
Ich hatte das Gefühl, mir würde eine Art Ehre zuteil, die mir gar nicht zustand ... sie könnten jeden von uns fragen, und jeder würde dieser Bitte sofort entsprechen, da es zu dem gehörte, was unser Platz im großen Ganzen war ...Ich legte beide Flügelhände auf die Schultern des Sprechers. „Ich tue es gern,” bedeutete ich ihm, „so, wie es jeder von uns täte ...” Er sah mich prüfend an. „Ist Dir klar, daß Du ein Risiko eingehst?” Wieder erschien das seltsame Bild von mir mit dem durchsichtigen Gegenstand. „Wir haben alle denkbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen, aber wir wissen nicht mit letzter Gewißheit, wie Du reagieren wirst ...” Ich fühlte zu den Eindrücken hin, die er zu dem Begriff „Sicherheitsvorkehrungen” in die Berührung gab. Es gab wirklich ein Risiko, aber kein größeres als das, welches ich einging, wenn ich an einem windigen, wolkigen Tag zu einem langen Flug aufstieg. Mit den Jaridians zu fliegen, hieße, dem, was wir für das Ganze zu tun hatten, wieder einen Strang hinzuzuweben, eine Strophe mehr davon ins Leben zu singen ... Ich blickte dem Sprecher in die Augen. „Ich tue es, und ich tue es gern.”
Er und die Seinen waren sichtlich erleichtert. „Wir würden Dich gerne jetzt gleich mitnehmen ...” Ich wollte vorsichtig den Kontakt lösen, bereit, aufzubrechen. „Nein, warte bitte ... es gibt da noch einige Vorbereitungen ...” Er gab dem an seiner Seite, den ich noch nicht kannte, ein Zeichen. „Erkläre Du es ihr ...” Der dritte Jaridian wandte sich mir zu und legte mir eine warme Hand auf die Schulter - er fühlte sich genau so an wie der Navigator. Über den Kontakt ließ er mich wissen, daß er für die Seinen die Funktion eines Heilers ausübte - das erinnerte mich an den Taelon Mit'gai, der für seinen Stamm Ähnliches tat ...
„Wir werden hiermit ...” der Heiler hielt einen kleinen, flachen runden Gegenstand hoch, „während des gesamten Tests Deine Vitalwerte überwachen - Deine Gesundheit. Anhand der Daten, die wir dabei gewinnen, wissen wir jederzeit, wie es Dir geht, und können sofort etwas tun, wenn Du Anzeichen von Krankheit zeigst.” Das verstand ich nicht. „Dafür würde es doch reichen, wenn ich Euch sage, wie ich mich fühle - oder wenn wir in Kontakt gehen ...” „Es geht ja nicht nur um die aktuelle Überwachung. Wir zeichnen jedes Ereignis in Deinem Körper auf, um die Daten nachher auszuwerten, um sie für spätere Tests als Vergleichsmaterial zu haben und daraus ein Konzept maximaler Sicherheit für Euch zu entwickeln - falls der heutige Test überhaupt erfolgreich verläuft ...”
Ich hatte mich vor allem auf die Gedankenbilder konzentriert, die seine Ausführungen in stetigem Strom begleiteten. Der kleine runde Gegenstand - die Bezeichnung dafür war „Vitalscanner” - würde irgendwie an mir befestigt werden und nicht nur während meines gesamten Aufenthaltes bei den Jaridians Auskunft darüber geben, ob es mir gut ginge, sondern auch alles, was er wahrgenommen hatte, in sich aufnehmen und später den Jaridians davon singen ... Ihnen lag daran, daß wir uns ohne Gefahr bei ihnen aufhalten konnten. Würden ihre Tests mit mir gelingen, würden sie auch Angehörige der anderen Völker auf unserer Welt auf Raumtauglichkeit prüfen - an uns als Vermittelnde hatten sie wirklich Hoffnung geknüpft ...
„Es ist in Ordnung,” bedeutete ich dem Heiler und spreizte den rechten Flügel. „Du kannst Euer Gerät hier befestigen ...” Er betrachtete ihn. „Nein. Da würde es stören während der Schwerelosigkeitstests ...” Er schaute mich von oben bis unten an und deutete schließlich auf meinen Brustkasten. „Hier, über dem vierten Hauptenergiezentrum ... da bekämen wir die genauesten Aufzeichnungen, aber ...” Ich nahm über die Berührung wahr, wie er versuchte, das, was er als nächstes zu sagen hatte, in eine möglichst höfliche Form zu bringen. „Ich möchte Dir auf keinen Fall schaden ...” In seinen Gedanken sah ich mich mit einem runden Loch im Brustfell, kahle Haut auf einer Fläche, auf die genau der Vitalscanner paßte. „Ich müßte Dir etwas von Deinem Fell wegnehmen ...”
Er sorgte sich wegen eines Büschels Haare? „Es macht mir nichts aus ...” Er gab mir den Vitalscanner in die Flügelhand, nahm einen anderen Gegenstand aus einer seiner Taschen und drückte darauf. Das kleine Gerät gab einen leisen, aber durchdringenden hohen Ton von sich, der mich sofort meine Ohren verschließen ließ. Der Jaridian berührte damit die Mitte meiner Brust und drückte dann erneut darauf. Der hohe Ton war verschwunden, mein Fell an der Stelle auch. Er ließ das Gerät verschwinden, nahm den Vitalscanner wieder an sich und löste von dessen Unterseite eine durchsichtige Schicht von irgend etwas ab, bevor er ihn mir auf die kahle Stelle drückte, wo er fest haften blieb. Der Scanner gab eine feine, kaum spürbare Vibration von sich und war überraschend leicht. „Ab jetzt werden Deine sämtlichen Körperfunktionen auf die medizinische Station des Kreuzers gesendet,” erklärte der Sprecher, „außerdem überwacht er ...” er deutete auf den Heiler, „Dich ebenfalls für die gesamte Dauer des Tests.” Er blickte mich an, dann die Seinen. „Ich denke, wir können beginnen ...”

 

Ende von Kapitel 9

 

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