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  „Aveenas Lied” von AlienVibe   (Emailadresse siehe Autorenseite),   April 2003
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Leben für die Zukunft
Zeitpunkt:  weit vor Beginn der ersten Staffel
Charaktere:  Der Anführer, die Zweite, Trevak, der Heiler, der Sprecher, die Gesangshütenden des Wasser-, Erd- und Windvolkes, eine besondere Planeten-Erste (der Kommandant eines Frontsektors, sämtliche Führenden des Imperiums und der verschiedenen Frontabschnitte, Wachhabende)
 

 

AVEENAS LIED

Kapitel 52

 

Sie, die Erste, die den Weg der Vereinigung gegangen war, ließ an all dem, was wir gefunden hatten, genau die Facetten aufleuchten, die die Augen der Ihren zum Strahlen brachten ... und als sie zum Schluß dessen, was sie ihnen gesungen hatte, zwei Kontaktnetze hochhielt und fragte, wer sie würde ausprobieren wollen, waren die ersten, die positiv darauf antworteten und somit nach vorn gerufen wurden, die beiden, deren Bewußtseine wir, auf welchem Weg auch immer, berührt hatten - die alte Planeten-Erste und der Sektorenkommandant, der zur Zeit am härtesten zu kämpfen hatte ...
Die Zweite gab dem Heiler und uns ein Zeichen, und wir standen auf und halfen, auf ihre Anweisung hin, den beiden Jaridians beim Anlegen der Netze. In ihnen war im Moment nur brennende Neugier zu spüren, und, in der Weiblichen, irgend etwas, das nicht nur mit ihrer äußeren Gestalt zusammenhing, das an die Zweite erinnerte, als gäbe es etwas wie Resonanz zwischen ihr und der Gefährtin Trevaks ... und darunter war das, wovon diese gesungen hatte, in Bewegung.
Der Heiler wies die beiden an, sich auf dem Boden auszustrecken, und aktivierte die Netze.
Der Sektorenkommandant war außerstande, still zu liegen, ihn durchliefen immer wieder heftige Zuckungen, während die Planeten-Erste zunächst unbewegt blieb, mit sich langsam versteifenden Muskeln, dann irgendwann sehr tief Atem holte und das Gesicht verzog, als habe sie starke Schmerzen - und plötzlich vollkommen entspannt da lag, mit einem stillen, friedvollen Ausdruck auf ihren Zügen ... Der Heiler scannte beide abwechselnd und wirkte sehr zufrieden.
Irgendwann erlosch das Licht, das an den Brustteilen der Netze blinkte. Der Kommandant richtete sich etwas ungeschickt auf, seine Mimik zeigte gleichzeitig Verwirrung und Begeisterung. Der auf dem Weg war bei ihm und stützte ihn, er schaute sich etwas benommen um, und als sein Blick an mir hängen blieb, öffnete er den Mund, als wolle er etwas sagen, tat das aber nicht, sondern starrte mich nur an, blinzelnd und mit leuchtenden Augen ...
Die Planeten-Erste hatte sich gleichfalls aufgerichtet, und ich war bei ihr, um ihr hoch zu helfen, falls sie das wünschte, aber sie beschied mich mit einer ablehnenden Geste. Auch sie ließ ihren Blick wandern und schließlich auf der Zweiten ruhen. Dann kam sie, zittrig und ohne ein Wort, auf die Füße, wies einmal mehr meine ausgestreckten Flügelhände ab und ging auf Trevaks Gefährtin zu.
Jeder und jede Jaridian war auf das Geschehen hier konzentriert, und einmal mehr hörte man nur das Plätschern des Wassers im Quellschacht.
Die Zweite hatte sich der Koloniewelt-Ersten zugewandt, die da stand und ihr in die Augen schaute, sichtlich bewegt von sehr widersprüchlichen Gefühlen, die ungewohnt glatthäutigen Hände zu Fäusten geschlossen, die weiß-violettes Aufflammen nicht wirklich verbargen.
Und dann trat die alte Jaridian einen letzten Schritt auf die weibliche Führende ihres Imperiums zu und schloß sie in die Arme.
Die Zweite erwiderte die Geste, tief aufatmend.
Und leuchtend weiße, goldfunkelnde Energie war um beide ...

Dann ergriff jemand meine linke Flügelhand - der Sektorenerste, und ich wurde in Hitze und Begeisterung gehüllt. „Das war phantastisch ... Das war eine der besten Erfahrungen meines Lebens ...”
Er hatte das Kontaktnetz getragen, das die Erinnerung an meinen ersten Flug über seine Welt vermittelte.
Und dann schien es, als ob die sich ständig steigernde Energie, die von uns hier vorn ausging, plötzlich die ganze Höhle erfaßte, getragen und verstärkt von Jaridia selbst ... und dafür sorgte, daß die Worte, die die Zweite gefunden hatte für das, was wir aus dem Ganzen hatten schöpfen dürfen in der vergangenen Zeit, in jedem einzelnen zu leuchten begannen ...
Sie hatte - die richtigen Worte gefunden ...
Und Zustimmung war die Antwort, begeisterte Zustimmung, der laut Ausdruck verliehen wurde ... Zustimmung für die neuen Wege, weg von Zerstörung und Vernichtung, hinein in eine Zukunft, die erstmals Bestand zu haben versprach ...
Die beiden weiblichen Führenden lösten ihren Kontakt, aber das Gefühl tiefer Verbundenheit zwischen ihnen blieb, so stark, daß es sichtbar war, ein funkelnder Grünton, der sie beide umwob ...
„Niemals hätte ich geduldet, daß mir auch nur jemand von etwas Derartigem spricht”, meinte die alte Jaridian zu der jungen. „Aber Dir nehme ich ab, daß es einst eine Wahrheit sein könnte ... obwohl ich selbst niemals imstande wäre dazu ...”
Die merkwürdig glatte Haut ihrer Hände glänzte in der grellen Beleuchtung der Höhle, als sie sie einmal mehr zu Fäusten schloß. Sie schaute die Zweite noch einmal an, dann wandte sie sich ab und begab sich zurück an ihren Platz.
Der Sektorenkommandant ließ mich los, mich anstrahlend, und tat es ihr gleich.
Dann sorgte die Gefährtin Trevaks einmal mehr für Stille und bedeutete diesem, aufzustehen, und er erhob sich und enthüllte zusammen mit dem Heiler den kleineren der mitgebrachten Gegenstände - den Tachyonkonverter - offenbar, um den Seinen zu zeigen, daß die neu empfundene Hoffnung auf sehr realen Tatsachen beruhte ... Er hatte, wie es schien, im Inneren des Sammelbehältnisses eine Meßvorrichtung angebracht, die die Menge der jeweils gespeicherten Energie anzeigte und mit einem Aufzeichnungsgerät verbunden war - in der Mitte über der Quelle erschien ein holographischer Bildschirm mit Zahlenwerten, die so rasch anstiegen, daß etliche Jaridians alarmiert aufsprangen.
Trevak enthüllte das große Objekt, das ich nicht zu benennen wußte, und verband es über eine Art Schnur mit zwei ungleichen Enden mit dem Sammelbehältnis.
Ein lange nicht gehörtes vertrautes Geräusch erfülle die Höhle - die Trägerwelle und die sich darauf aufbauenden Akkorde eines Schiffsantriebs, allerdings viel leiser und gedämpfter als beim Start eines Kreuzers ...
Die Technologiekundigen hatten einen Weg gefunden, die mächtige, gestaltlose Kraft, die die Tachyonen beim Passieren der Kollektorfläche freisetzten, erstmals in eine Form zu bringen ... Als der nächste angezeigte Meßwert orangefarben zu blinken begann, warf Trevak ein Stück Bekleidungsmaterial seines Urvorfahren über die Kollektorfläche.
Der Strom tanzender Lichtfunken verebbte, aber der merkwürdige Antrieb lief weiter ...
Bis der Gefährte der Zweiten ihn abschaltete.
„Er wäre weitere vierzig Einheiten in Betrieb geblieben”, sagte er. „Die Gesamtzeit des Tachyoneneinstroms betrug genau zwei Untereinheiten.”
Ein Augenblick der Stille, dann wieder begeisterte Zustimmung, aus der heraus ein kraftvoll wirkender Jaridian, ebenfalls Erster einer Kolonie, mit die anderen übertönender Stimme fragte, wie dieses Gerät würde Taelon-Energie herstellen können, woraufhin wieder die Zweite für Ruhe sorgte und einmal mehr die Kooperationsbereitschaft der Komplexschwingung betonte, die in absehbarer Zeit mit dazu führen würde, daß die jaridianischen Technologiekundigen über eine Art materielles Abbild dieser Lebensform, eine Matrix, verfügen würden, um die Energie aus dem Konverter dadurch konfigurieren zu können oder, sollte dies nicht gelingen, die Taelons halt selbst ein Verfahren dazu entwickeln müßten - die Jaridians seien in keiner Weise verpflichtet, ihnen eine fertige Lösung für ihr Problem anzubieten, der Tachyonkonverter selbst, diese unerschöpfliche Energiequelle, sei Angebot genug ...
Weitere Jaridians begannen, Fragen zu stellen, und die Zweite legte schließlich Schritt für Schritt die Pläne dar, die sie und die ihr Untergeordneten aus den Ergebnissen unseres Rathaltens ausgearbeitet hatten ...
Für den aus den Tiefen, die Erdvolk-Gesangshüterin und mich war das aktuelle Rathalten eine vollkommen neue Erfahrung, weil wir, bis auf die kurzen Momente bei der Arbeit mit den Netzen, überhaupt keinen Kontakt mit den Jaridians hatten ... Wann immer ich mich instinktiv umgewandt hatte, eine Flügelhand ausgestreckt oder einen Fuß, um den hinter mir Sitzenden zu berühren, reagierte die Wache neben der vierten Statue mit aufleuchtender Energie - es war uns nicht gestattet, hier jemanden zu berühren, also waren wir angewiesen auf genauestes Zuhören, Schauen und In-den-Boden-fühlen, aber was wir darüber auffingen, ließ uns wirklich hoffen.
Es war der Zweiten gelungen, die Führenden des Imperiums zu überzeugen, sich auf die ganz neuen, ungewohnten Wege einzulassen ... Vom Weg der Vereinigung war kein direktes Wort gefallen, ich ahnte aber, wessen Erinnerungen das Netz gespeichert hatte, das die alte Planeten-Erste getragen hatte, und vermutete, daß diese und die Zweite einander sehr lange und gut kennen mußten, daß letztere ein derartiges Risiko eingegangen war ... Mir war zuvor aufgefallen, daß sie insgesamt vier Netze bereit gehalten hatte ...
Die Jaridians diskutierten inzwischen über Holoflotten-Stärken, planetare Ressourcen, Möglichkeiten dezentraler Schildstaub-Herstellung und die Risiken der Integration eines Tachyonkonverters in herkömmliche Antriebssysteme, und ich merkte, daß meine Konzentration sehr nachließ ... bis plötzlich jemand fragte, wann denn die Kämpfer von unserer Welt mit der Infiltration taelonischer Außenposten und Grenzkolonien anfangen würden, es sei doch bestimmt sinnvoll, dies bereits vor der Offerierung beginnen zu lassen oder zumindest zeitgleich damit ... Trevaks Gefährtin erklärte, daß unsere Kämpfer ab sofort einer Spezialausbildung durch die Elarian unterzogen würden, die vier Gesandten, würden sehr bald nach dieser Versammlung mit dem Schiff aufbrechen, das auf ihrer Welt einen Raumhafen einrichten und leistungsfähige Kommunikation installieren würde, damit direkte Verständigung wie mit jeder anderen Kolonie auch möglich wäre, und alles Erforderliche in die Wege leiten ... Sie sang von den CVI-zerstörenden Nanokristallen, die wir entwickelt hatten und von unseren besonderen Fähigkeiten, an denen jeder nach Abschluß des offiziellen Teils dieses Rathaltens würde teilhaben können, der dies wünschte, und die Jaridian, die gefragt hatte, musterte uns mit unverhohlener Neugier.

Etwas hatte begonnen, an meinem Bewußtsein zu zupfen, und der Erdvolk-Gesangshüterin ging es genau so. Etwas, das die Zweite gesagt hatte ... über ...
Der CVI-zersetzende Staub ... Wir blickten einander an, im selben Moment begreifend.
In der Not auf dem Kreuzer, unter dem Zeitdruck, daß die Zhawi nicht beliebig lange unter Schlafgas gehalten werden konnten, hatten wir den CVIs ihre Eigenfrequenzen gesungen und auch die Kristalle darauf geprägt ... Der Zerfallsprozeß der Implantate war mit solcher Heftigkeit verlaufen, daß nur unsere Gegenwart und sofortiges Eingreifen bleibende Schäden am Denkgewebe der ehemaligen Träger hatte verhindern können. „Die Gegenfrequenzen ...” sangen wir beide gleichzeitig. „Wir müssen neue Kristalle prägen, auf die Gegenfrequenzen ...”
Die sehr viel langsamere Zersetzung der CVIs durch die wechselseitige Auslöschung von Frequenz und Gegenfrequenz wäre genau so endgültig zerstörend wie die rasche, heftige, würde aber keine Beeinträchtigung des umgebenden Gewebes verursachen ...
Der Wasser-Gesangshüter und der auf dem Weg stimmten dem sofort zu, und der auf dem Weg streckte die linke Hand aus, um den Heiler zu berühren und dessen und Trevaks Aufmerksamkeit zu gewinnen, während die Zweite inzwischen auf eine Frage die Kontaktnetze betreffend antwortete.
Die Wachen neben der ersten und vierten Figur griffen nach ihren Waffen.
Der Heiler hatte jedoch die Bewegung dessen aus den Feuern offenbar aus den Augenwinkeln mitbekommen und vollführte die gleiche Geste wie zu Beginn des Rathaltens der Anführer, und die beiden standen wieder unbewegt, uns jedoch nicht aus den Augen lassend.
Der Heiler ergriff die Hand dessen auf dem Weg und wandte sich uns zu.

Umgeben von Jaridians, deren Gefühle und Gedanken wir nur unzureichend wahrnehmen konnten, wo doch genaues Verstehen so wichtig war, gerade jetzt, wieder einen der Ihren wirklich zu spüren, war eine große Erleichterung ... Trevak ging gleich mit in den Kontakt. Wir ließen beiden zufließen, was uns bezüglich der Zerstörung von Implantaten bewußt geworden war. Beide stimmten dem zu, und der Heiler benutzte sein aufklappbares Gerät, um dieses Wichtige sofort aufzuzeichnen.
Unsere Irritation über das strikte Kontaktverbot und das Verhalten der Wachen in der Höhle war weder ihm noch Trevak entgangen, und er bat uns im Namen der Seinen um Verständnis - zu oft waren die ganz Fremden, mit denen sich hochrangige Führende zu beschäftigen hatten, Feinde oder deren Handlanger gewesen - zu oft waren sie mit scheinbaren Verhandlungsangeboten oder Versöhnungsgesten gekommen, die sich dann als Verrat mit verheerenden Folgen erwiesen hatten ...
Irgendwann waren strikteste Sicherheitsregeln aufgestellt worden, die unter keinen Umständen mehr mißachtet werden durften ...
Wir vier galten zwar als Verbündete, noch dazu als solche, die noch nie gekämpft, aber aus unerfindlichen Gründen bereits einiges an Unterstützung für die Jaridians geleistet hatten, aber aus den Aufzeichnungen des Schiffes, das uns entdeckt hatte, wußte man auch, daß wir unsere einzigen - wirklich gefährlichen - Waffen stets mit uns führten, zumindest drei von uns, obwohl wir nicht einmal Kleidung trugen, in denen wir Bewaffnung hätten verbergen können - unsere Stimmen und unsere seltsamen Fähigkeiten ...
Keine der Wachen hätte auch nur den Bruchteil eines Augenblicks gezögert, Shaqarava oder Waffe gegen uns zu gebrauchen, hätte einer von uns zu singen begonnen oder einen Jaridian berührt ...
Der Erste hätte das Sicherheitsprotokoll sehr gern gelockert, seine Stellvertreterin wollte es außer Kraft gesetzt wissen für die Dauer der Generalversammlung - der Verwalter hatte beide überzeugen können, es beizubehalten; alles andere hätte die Geladenen, von denen etliche in jeder Hell- und Dunkelphase gegen die direkte Bedrohung durch ihre Feinde anzugehen hatten, nur schockiert und von vornherein gegen alles eingenommen, was zu beraten war, gegen uns sowieso und schlimmstenfalls gegen die Führenden selbst.
Jetzt hatten die meisten eingesehen, daß die neuen Wege sicherer zum Ziel führten als der bisher begangene, wenn auch die ursprüngliche Definition dieses Ziels auf eine merkwürdige Weise in Bewegung geraten war ... Was in jedem Fall gelungen war, war, aller Neugier auf uns vier zu wecken ... wenn die Versammlung offiziell beendet war, hätten wir, unter strikter Bewachung, zur Verfügung zu stehen für den Kontakt mit jedem der Geladenen, der oder die ihn wünschten ...
Ein tiefer, hallender Klang war in der Höhle, so, wie damals bei der Versammlung in dem riesigen Raum bei unserem ersten Kontakt mit Jaridias Führung. Und, genau wie damals, herrschte schlagartig Stille. Trevak und der Heiler lösten die Berührung mit uns, und alle wandten sich wieder den steinernen Sitzen zu.
Der Anführer hatte sich erhoben.
Die Zweite betätigte einmal mehr das Datengerät zu ihren Füßen.

Über dem Quellschacht erschien die sehr stark vergrößerte Abbildung eines Datenkristalls.
Die Schriftzeichen darauf, die wohl Auskunft über seinen Inhalt gaben, wußte ich nicht zu deuten, obwohl ich einige davon wiedererkannte - von den Rückenlehnen der steinernen Sitze.
Die Augen dessen auf dem Weg wurden sehr weit.
Er hatte sich lange genug mit den alten und ältesten Aufzeichnungen der Jaridian befaßt, um die Zeichen deuten zu können, und dieser Kristall gehörte zu den ältesten noch vorhandenen, entstanden etwa sechs bis zehn Generationen nach Trevaks Urvorfahren ... Er wußte von Trevak, daß daran gearbeitet wurde, diese Aufzeichnungen wieder lesbar zu machen - und ein neuerlicher Wechsel der holographischen Darstellung über der Quelle ließ uns wissen, daß die diesbezüglichen Bemühungen offenbar erfolgreich verlaufen waren.
Schriftzeichen flimmerten in dem bewegten farbigen Dampf, beinahe wie lebendig.
Einmal mehr hielt alles den Atem an, wir eingeschlossen.

„Ich bin den Meinen Erster, und als solcher mache ich Gebrauch vom urältesten Recht der Ersten in Zeiten der Not ...”
Die Stimme des Anführers hatte einen merkwürdigen Nachhall, und als er weiter sprach, fühlten wir, daß es nicht die seine allein war, die hier sang ...
Mein Fell hatte sich aufgestellt.
„Ich mache Gebrauch von meinem Recht, zu künden und zu binden - zu künden, was zu sein hat und zu binden, um Halt zu schaffen, wo die Unseren bedroht sind wie nie zuvor, und nicht nur die Unseren, sondern auch die, die uns Heimat gegeben haben, ohne daß wir auch nur von ihnen wußten und denen wir Rettung schulden, so, wie sie uns haben Rettung finden lassen vor unseren Feinden ...
Jaridia ist längst instabil - der stolze Mittelpunkt unseres Imperiums wird in wenigen Generationen zu Asche, und jedes Wesen, das ihn bis dahin nicht verlassen hat, mit ihm. Die Dindaei, die bewußte, intelligente Rasse, die die Meere unserer Welt bevölkert, und ihr Brudervolk an der Schwelle zum Bewußtsein gehen unter, wenn wir sie nicht fortbringen von hier. Sie sind so zahlreich wie wir, also stehen wir vor einer gigantischen Herausforderung - die wir nur bewältigen, wenn so viele der Unseren wie möglich dazu zur Verfügung stehen, mit all ihrem Wissen, all ihrem Können und all ihrer Kraft ... Die neuen Wege, Strategien und Möglichkeiten, die hier vorgestellt wurden, sind die einzigen, die uns die Chance bieten, dieser Herausforderung überhaupt gewachsen zu sein.”

Es war Jaridia selbst, die durch den Ersten sang, und ich war nicht die Einzige, die das Bedürfnis hatte, sich am Boden sehr klein zu machen ...

„Ich verkünde daher, daß ab sofort jeder, der die neuen Wege geht und alles, was zu diesen Wegen gehört, unterstützt wird ... und daß kein Jaridian, egal, welchen Ranges, einen anderen oder ein anderes Wesen daran hindern darf, sie zu gehen. Dies ist ab jetzt Gesetz, das im gesamten Imperium gilt wie jedes andere jaridianische Gesetz dies tut - und an dieses Gesetz binde ich alle, die führen werden, für die nächsten zwanzig Generationen, gemessen an der Lebensspanne der Ältesten, die uns je Erste war. Gebunden daran haben die künftigen Führenden danach zu handeln, egal, welche Entscheidungen ihnen kommende Zeiten noch abnötigen werden ...”

Absolute, konzentrierte Stille.
In der nur der Grundakkord dieser Welt schwang, nachdem ihre mächtige Stimme verklungen war ...
In der alle Jaridians die Position eingenommen hatten, in der die Ihren vor Urzeiten ihrer neuen Heimat die Ehre gegeben hatten - der Erste selbst eingeschlossen.
Und es war, als hüllte uns Jaridia in ihre Wärme und ihre Kraft ... und in meinem weit gewordenen Inneren war die Hoffnung für die Getrennten noch nie so stark gewesen ...

Nach und nach erhoben sich die Ranghöchsten des Imperiums wieder, mit strahlenden Augen, die sich erwartungsvoll auf ihre Führenden richteten.
Der Anführer stand sehr aufrecht da, jeden Einzelnen der Seinen im Blick.
Die Kraft, über die diese uralte Welt immer noch verfügte, war in allen spürbar.
„Wir haben eine Zukunft, die weit über das hinausgehen kann, was wir uns je für das Imperium erträumt haben”, sagte er. „Es liegt in unseren Händen ...”
Irgend jemand stieß einen begeisterten Schrei aus - eine sehr jung klingende weibliche Stimme - und der Bann war gebrochen - Zustimmung und Begeisterung füllten die Höhle, etliche Jaridians waren auf den Füßen und gaben ihren Führenden mit Worten und Gesten zu verstehen, sie seien dabei ... Der Erste ließ das eine Zeit lang zu, dann gebot er einmal mehr mit einer einzigen Handbewegung Schweigen.
„Das Imperium dankt Euch - für Eure Bereitschaft, Euren Einsatz, Eure Einsichtsfähigkeit und Euren bedingungslosen Dienst an den Euren. Ich erkläre diese außerordentlich einberufene Generalversammlung hiermit für beendet. Selbstverständlich stehen wir Führenden und die vier Abgesandten unserer jüngsten Verbündetenwelt jetzt für Euch und Eure Fragen zur Verfügung. Wer uns zu verlassen wünscht, ist selbstverständlich frei, dies zu tun.”
Er vollführte noch einmal die Geste der Ehrung für seine Welt, und alle taten es ihm gleich, wir eingeschlossen.

Als wir danach wieder auf die Füße kamen, war die Ordnung in der Höhle bereits dabei, sich aufzulösen, es gab jedoch keinen einzigen Jaridian, der den Ort des Rathaltens verließ. Sie bildeten Kreise miteinander, und etliche der Ihren strebten auf uns zu, die wir mittlerweile jeder von zwei Wachen flankiert waren ...
Um mich waren die beiden weiblichen Verschonten, die uns vom Verbleib dessen berichtet hatten, der unseren Gesang für die Seinen so vehement abgelehnt hatte, und als ich den beiden die Flügelhände hinstreckte, wurden diese zu meiner großen Erleichterung auch ergriffen, verbunden mit den gleichen Erklärungen, die uns auch der Heiler und Trevak schon gegeben hatten.
Als die erste Jaridian, die offenbar Kontakt mir mir wollte, auf mich zu kam, ließen sie mich allerdings wieder los und stellten sich hinter mich, die rechte Hand auf die Waffen gelegt, die sie trugen.
Die, die jetzt vor mir stand, war die alte Planeten-Erste, der ich mit dem Kontaktnetz geholfen hatte.
Sie musterte mich von oben bis unten, abschätzend.
Ich bot ihr die offenen Flügelhände dar.
Sie stellte den Kontakt her, indem sie mir zwei Fingerspitzen der rechten Hand auf die Brust legte.
Die Hitze dieser Berührung ließ mich zusammenzucken, und ich brauchte einige tiefe, rasche Atemzüge und den höchsten, weit im ultrahohen Bereich liegenden Ton ihres Eigenfrequenzbandes, mehrmals mit den obersten Horizontalen ausgestoßen, um mich ihr anzupassen und wirklich in den Kontakt gehen zu können ... Wieder fiel mir die Glätte ihrer Haut auf - die Glätte und das Fehlen jeglicher Zeichnung, und ich erinnerte mich, das es ja nicht ihre Hand war, die mich berührte, sondern der beinahe vollkommen geformte Ersatz für das Verlorene, den sie mit ihrer enormen Willenskraft zu Eigenem gemacht hatte ...
Sie hielt meinen Blick mit dem ihren fest, und ich öffnete ihr meinen Geist, rückhaltlos - ich hatte das merkwürdige Gefühl, ihr das schuldig zu sein ...
Den ihren berührte ich behutsam, ihr den Respekt signalisierend, den ich empfand für sie. Sie wäre drei Mal beinahe in den Abschied gegangen für die Ihren, sie hatte im wörtlichsten Sinne gegeben von sich für die Welt, der sie Erste war ... und noch etwas anderes hatte sie gegeben ...
Mein Gefühl, etwas in ihr sei in Resonanz mit der Gefährtin Trevaks, bestätigte sich, und mit etwas wie Belustigung ließ sie mich wissen, warum.
Sie hatte der, die dem Ersten nachfolgen würde, das Leben gegeben ...
Und war unbändig stolz auf sie.
Unter anderem deswegen, weil diese sich überwunden hatte und ein Wagnis eingegangen war, an dem der Anführer des Imperiums scheiterte ... das Wagnis, diesen Taelon zu berühren, sich einer so widerwärtigen Notwendigkeit zu stellen, auch wenn sie, die so viel Ältere, diese Notwendigkeit nur spüren, aber nicht verstehen konnte ... „Sie ist wahrlich von meinem Geist ...”
„Das ist sie”, konnte ich nur zustimmen.
„Und Du könntest eine unseres Volkes sein, läßt man Deine Physis außer Acht ... Das gilt für Euch alle, und für ihn”, - sie wies mit der linken Hand auf den auf dem Weg, der in intensivem Gespräch mit einem der Frontbefehligenden war - „stimmt das ja auch - obwohl ich eher sagen würde, wir sind seines Volkes ...”
Etwas wie Ehrfurcht war in ihrem Blick, der jetzt auf ihm ruhte, während in ihrem Geist die Erinnerung an die Erfahrung mit dem Kontaktnetz aufschien.
„Warum?” fragte sie mich. „Warum tut Ihr das für uns? Warum seid Ihr nicht auf Eurer kleinen Welt geblieben, in Frieden damit und miteinander?”
In mir wirbelte eine Flut von Bildern und Gefühlen hoch als Antwort darauf, das intensivste davon der Wunsch, sie zwischen die Flügel zu nehmen oder, was ihr viel eher gerecht würde, sie mit der gleichen Geste zu ehren wie ihre Welt - und dann wurde, sehr überraschend, ich in eine feste Umarmung genommen, und die alte Jaridian antwortete sich selbst auf ihre Frage: „Weil Ihr im Grunde so seid wie wir ... Ihr habt in Euch die Ehre der Krieger, auch wenn Ihr das gar nicht begriffen habt ...”
Ich legte die Flügel um sie, so bewegt, daß ich keine Stimme hatte. Wir standen eine Weile so, dann ließ sie mich los.
„Ich, meine Nachfolgerin und die Welt, der ich noch Erste bin, unterstützen, was Ihr gefunden habt, in jedem Fall. Was aus den Taelons wird, ist zweitrangig - aber die Unseren und die, die uns aufgenommen haben auf ihrer Welt und uns haben wachsen lassen über all die unvorstellbar lange Zeit, sollen leben ...”
Sie schaute mich noch einmal von oben bis unten an, dann wandte sie sich abrupt um und war in Bruchteilen eines Augenblicks außer Sicht zwischen den Ihren, die sich mittlerweile um uns drängten.
Ich war vollkommen außer Atem, aber weder mir noch den anderen dreien blieb auch nur ein Augenblick für uns selbst, bis schließlich der letzte Jaridian, der Berührung wünschte, mit uns geteilt hatte ... Begeisterung und Bedenken, Skepsis und Neugier, Verwunderung und offener Spott und noch viel mehr an Gefühlen, Gedanken, Fragen und Anmerkungen waren über uns hereingebrochen, und wir hatten auf all das geantwortet, hatten allen unser Innerstes geöffnet, so weit wir es vermochten ...
Und alle, ausnahmslos alle, würden die neuen Wege unterstützen - allen erschienen die Vorteile überzeugend. Die meisten hielten einen baldigen Sieg über die Taelons zwar für unwahrscheinlich, sahen aber diesen als realistisches Fernziel an, für das alles, was wir gefunden hatten, eine Fülle neuer Möglichkeiten bereit stellte, die dessen Erreichbarkeit mehr als wahrscheinlich machten, und das reichte aus ... Mit dem Konzept der getrennten Koexistenz mit den Taelons konnten vor allem die Planeten-Ersten sehr viel anfangen, denen längst der Erhalt und das Gedeihen ihrer Kolonien wichtiger waren als die Ausrottung ihrer Feinde, die für sie mit der Expansion der Ihren auf ihrer jeweiligen Welt in den Hintergrund rückten, so lange sie sie nicht bedrohten.
Für die Frontkommandierenden war eines der entscheidenden Argumente die wirksame Vertreibung in Panik geratender taelonischer Kampfverbände durch den Einsatz übermächtig erscheinender holographisch generierter eigener Flotten - die Frontlinie hatte sich an zwei Stellen dadurch zu Gunsten der Jaridians verschoben, und das hatte lediglich den Verlust von zwei Holo-Emittern und einen beschädigten Kreuzer gekostet ...

Irgenwann hatte schließlich der Letzte der Geladenen die Höhle verlassen, und auch von den Wachen waren nur die acht unmittelbar um uns geblieben, die der Erste jetzt entließ, so daß wir mit den Führenden, Trevak, dem Heiler und dem Sprecher wieder allein waren.
Letzterer strahlte eine solche Ruhe und Wärme aus, daß ich nicht umhin konnte, ihn behutsam zu berühren - und einmal mehr wurde ich, sehr überraschend, in die Arme geschlossen - in die Arme geschlossen und in Freude und Dankbarkeit gehüllt, wobei von letzterer tatsächlich der größte Teil mir galt ... Ich freute mich meinerseits über so viel Angenehmes, verstand es aber noch nicht wirklich - dafür wurde mir schlagartig klar, wie unendlich viel eigentlich wir ihm zu verdanken hatten ... Dem Sprecher, der während der vergangenen Phasen des Rathaltens immer dabei gewesen war, und der mit seiner ruhigen, konzentrierten Energie so oft ohne viele Worte für Halt und Ausgleich gesorgt hatte, ohne daß einer der Seinen oder jemand von uns, eingespannt, wie wir in das jeweilige Geschehen gewesen waren, das wirklich bemerkt oder gar anerkannt hätte ...
Erinnerungen stiegen auf in mir, an die Zeit, die ich mit ihm auf der, die uns trug, verbracht hatte ... Erinnerungen an den Mut, den wir ihm abverlangt hatten, wieder und wieder ... Mut, sich auf unsere Art der Kommunikation und Entscheidungsfindung einzulassen ... Mut, für den stummen, traurigen, tödlich einsamen Atavus da zu sein ...
Hätte der Sprecher sich nicht überwunden, ihm zutiefst Widerwärtiges, den Überrest eines Taelon, zu berühren, in der Absicht, ihn zu heilen, gäbe es - kein Volk auf dem Weg ... Der Platz an den Feuern des Inneren wäre leer geblieben an den heiligen Orten ...
Jetzt war ich diejenige, die den Sprecher, den Ersten des Kreuzers, der unsere Welt gefunden hatte, fest zwischen die Flügel nahm - und er war über das, was ich ihm zufließen ließ, genau so überrascht, wie ich es zuvor über seine Gefühle gewesen war.
„Ich habe doch nur getan, was mir befohlen wurde - wir hatten schließlich die ganze Zeit Kontakt mit Jaridia - und was in der jeweiligen Situation die meisten Vorteile versprechend erschien ...”
„Du hast hingefühlt, was gebraucht wurde, Du hast Dich Deinen Ängsten, Deinem Widerwillen und Deinem Schmerz gestellt ... Du hast den Deinen ebenso die Wege geöffnet wie die Zweite oder Trevak ...”, ließ ich ihm zufließen und, einem Impuls folgend - wissend, wie wichtig derartige Dinge für die meisten der Seinen waren - fragte ich: „Haben die Deinen Dich angemessen geehrt für das, was Du geleistet hast?”
Das Helle und Warme in ihm verstärkte sich noch. „Und ob sie das getan haben ...”
Ich war überrascht, weil ich keine Veränderung an seiner Kleidung bemerkt hatte.
„Das wird noch geschehen, aber das ist nicht das Entscheidende ... Das Wichtigste ist die neue Aufgabe, die ich als Auszeichnung für meine Leistungen bekommen habe ...”
Davon hatte die Heilerin mit der tiefen Stimme auch gesungen - sie hatte als Ehrung für die Rettung ihrer verletzten Mitkämpfenden, unter Einsatz des eigenen Lebens, ihre jetzige Tätigkeit als Heilerin für die Ranghöchsten bekommen; die neuen Zeichen auf der Kleidung lediglich Symbol dafür. Also bekäme auch der Sprecher eine Arbeit hier bei den Führenden ...
„Nein”, ließ er mich wissen, und seine Energie umhüllte mich. „Viel besser ...”
Er würde nicht nur das Schiff befehligen, das uns heimflog, sondern auch die zwei Frachter, die uns begleiten würden, beladen mit allem, was gebraucht wurde, um auf einer neuen Kolonie einen Raumhafen zu etablieren, auf dem Shuttles in größeren Kontingenten starten und landen konnten ... und er würde Erster dieses Raumhafens sein, während seiner Errichtung und darüber hinaus, er wäre in Zukunft der Zuständige für den Abbau und Weitertransport klingenden Felses auf unserer Welt und für alles, was damit in Zusammenhang stünde, den Aufbau einer ständigen leistungsfähigen Kommunikation mit Jaridia beziehungsweise der zukünftigen Zentralwelt des Imperiums eingeschlossen.
„Sie werden Euch dies auf der bereits anberaumten hauptkommando-internen Versammlung in zwei mal zwanzig Einheiten bekanntgeben, auf der sie mir auch meinen neuen Rang und die Auszeichnung zusprechen und Euch offiziell verabschieden werden ... Selbstverständlich werden wir uns bezüglich des Standortes des Raumhafens und sämtlicher damit verbundener technischer und logistischer Fragen mit Euch und Eurer Welt eingehend beraten und Eure und ihre Wünsche in jedem Falle vorrangig behandeln ...”
Die Flut von Bildern, mit denen ich überschüttet wurde, machte mich beinahe schwindelig.
„Wenn Du wüßtest, wie viel mir das bedeutet ...”, ließ er mich wissen. „Und Du bist diejenige, der ich das zu verdanken habe ...”
„Ich?” Was ihn betraf, hatte ich doch wohl kaum ...
„Erinnerst Du Dich noch?” Er war mit einem Mal sehr ernst, und in ihm war der Eindruck der Erdstamm-Höhle, der Höhle unter unserem Gehölz, in der wir Bleibe gefunden hatten, nachdem der Gewittersturm es beinahe vollständig verwüstet hatte. „Erinnerst Du Dich daran, daß Du mich gefragt hast, ob ich glaube, ich ehre meine gefallene Gefährtin damit, daß ich in ihrem Namen Leid über andere bringe?”
In dem Gedankeneindruck hockten wir wieder auf dem Laublager, naß und frierend einander haltend.
„Ich habe das nie mehr vergessen, selbst, als ich diesen Kreis endlich geschlossen hatte, wie Ihr es ausdrückt ... Der Erste hatte mir zwei Einsätze zur Wahl gestellt, von denen der andere, der mich dem Sektorenkommandanten, der das Kontaktnetz getragen hat, zur Seite gestellt hätte, um seinen Frontabschnitt endlich taelonfrei zu bekommen, mir einen noch höheren Rang eingebracht hätte als der, den ich angenommen habe ...”
In seinem Geist sah ich ihn mit dem Anführer in einem kleinen Raum, in dem mehrere holographische Darstellungen flimmerten und ständig Alarmleuchten an sämtlichen dort befindlichen Geräten blinkten, denen keiner der beiden Jaridians Aufmerksamkeit schenkte.
„Ich habe ihre Berührung gespürt in diesem Moment, wie damals ...” sagte der Sprecher, sehr bewegt. „Und ich konnte gar nicht anders entscheiden ...”
Der Anführer hatte ihn eine Weile unbewegt, dann voller Anerkennung angeschaut. „Dann sei es beschlossen - Du bist damit ab jetzt etwas wie Jaridias Botschafter für diese seltsame Welt ...” Er hatte ihn in seinen Dienst zurück befohlen, verbunden mit der Anweisung, sich noch vor der Generalversammlung Baupläne und Frachtlisten beim Verwalter abzuholen.
„Zum ersten Mal, seit ich in diesem Krieg mitkämpfe, werde ich nicht zerstören ... Ich werde an der Zukunft der Meinen mitbauen, indem ich - in allem Respekt vor denen, die sie trägt, und vor ihr selbst - eine Verbündetenwelt erschließen helfe ... Es sieht aus, als hätte ich die Chance, nie wieder Leid über Andere bringen zu müssen, und das fühlt sich an, als hätte man - als hättest Du mir mein Leben neu geschenkt.”
Ich war außerstande, Worte zu finden für das, was in mir war - tiefe Freude für ihn, für den sich endlich Neues geöffnet hatte, intensive Aufregung bei dem Gedanken, daß wir die, die uns trug, und all die Unseren in absehbarer Zeit endlich wieder leibhaftig spüren, hören, sehen, riechen und schmecken würden und ein heftiges, kaum benennbares Gefühl gegenüber all dem Neuen, das auf uns zukommen würde auf unserem Weg für das Ganze ...
Wir hielten einander, mit der gleichen Intensität wie damals, aber mit einer vollkommen anderen Energie.
Dann waren auch die anderen Jaridians mit im Kontakt, und die Erdvolk-Gesangshüterin, der Hüter der Gesänge der Tiefen und der auf dem Weg ... und einmal mehr woben sich unsere Energien ineinander und formten die Regenbogenflamme, lebendiges, warmes, vielfarbiges Leuchten ...

Als mir bewußt wurde, daß das, was ich an meinem linken Flügelhandrücken spürte, nicht nur trocken und rissig war, sondern daß offenbar ein dünner Strom Flüssigkeit da irgendwo heraus sickerte, brachte mich das in meinen Körper und die entsprechende Wahrnehmungsebene zurück - die rechte Flosse dessen aus den Wassern wies neben den oberflächlichen Trockenheitsrissen einmal mehr einen auf, der tief genug ging, um ihn daraus Körperflüssigkeit verlieren zu lassen.
Wir alle waren vollkommen erschöpft - nicht nur wir, sondern auch die Jaridians, die darüber am liebsten hinweggegangen wären, die nächsten Pflichten bereits im Blick ...
Die aus dem Dunklen löste sich aus der Berührung, sich in der Höhle umschauend - unsere Bündel waren tatsächlich wieder hergebracht worden, ebenso wie die Vorräte und das Instrument dessen aus den Feuern, seine Stimme, um Jaridia zu singen - und die Wachen, die mit uns gewesen waren während des Kontaktes mit den Ranghöchsten, waren gerade dabei, die Säcke mit den Mitte-Lager-Flocken an die vom Eingang aus gesehen rechte Höhlenwand zu stapeln, dabei respektvoll Abstand haltend zu uns, aber neugierige Blicke riskierend.
Ich folgte der Erdvolk-Gesangshüterin, als sie den Kontakt verließ, und mit Wasser und Wachkraut waren wir wieder bei den anderen, als der Erste meinte, er und die Seinen würden uns jetzt verlassen - und zwar, um sich ebenso zu regenerieren, wie wir das tun müßten, denn uns allen stehe noch einiges an Arbeit bevor bis zur nächsten Versammlung, die die für uns vorerst letzte auf Jaridia wäre.
Es war Einheit Eins, mitten in einer Dunkelphase also, und in der nächsten Einheit Elf müßten wir wieder bereit sein zu singen ... Bis Einheit Acht konnten die Jaridians sich Ruhe gönnen, sie hatten den Ablauf der nächsten zwei mal zwanzig Einheiten entsprechend im Voraus organisiert ...
Das angebotene Wachkraut lehnten sie dankend ab und hatten uns dann tatsächlich rasch verlassen.
Wir halfen zu dritt dem aus den Tiefen in die Quelle und schütteten das Mitte-Lager direkt daneben auf. Kurze Zeit später lagen wir in den Flocken, in Berührung miteinander und, über das gelb und grün phosphoreszierende Wasser, in das die Erdvolk-Gesangshüterin eine Klaue hängen ließ, auch mit dem Hüter der Tiefen-Gesänge ...
Ich spürte den Beutel mit der Medizin, der sich sanft in mein Brustfell drückte.
Zu Hause ...
Wir wären bald wieder zu Hause ...
Über die Verwunderung über das Gefühl, plötzlich von viel mehr Armen, Flossen und Flügeln umschlungen und gehalten zu sein, als unser winziger Kreis hier aufbrachte, war ich schließlich eingeschlafen.

 

Ende von Kapitel 52

 

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