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  „Aveenas Lied” von AlienVibe   (Emailadresse siehe Autorenseite),   März 2003
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Was Hunger stillt / Gesang für die Zukunft / Vom Heilen im Krieg
Zeitpunkt:  weit vor Beginn der ersten Staffel
Charaktere:  Die Erdvolk-Gesangshüterin, Trevak, Der aus den Tiefen, Der auf dem Weg, Aveena, Jaridians und ihr Nachwuchs, die Heilerin mit der tiefen Stimme
 

 

AVEENAS LIED

Kapitel 50

 

„Warte bitte einen Augenblick ...” Ich hatte plötzlich das Gefühl, wir drei allein wären der Aufgabe, vor die wir gestellt waren, nicht wirklich gewachsen. Es gab nur einen, der im Innersten wußte, wie sich das anfühlte, was so sehr gebraucht wurde ... der sich dem und denen, die die Sechsgliedrigen so sehr ersehnten, ekstatisch überlassen hatte, der mit all dem tiefer verbunden war, als es von uns übrigen jemals jemand sein könnte ... Jetzt war ich diejenige, die sich aus dem Kontakt löste. Ohne den Hüter der Gesänge des Volkes in den Wassern konnte ein Abbild der Meereswelt nicht vollständig gesungen werden ...
Ich tauchte die Flügelhände in die Quelle und rief ihn, hoffend, daß er überhaupt schon wieder in der Lage war, aufzutauchen ... Einen Augenblick später durchbrach er die Oberfläche und umschloß meine Flügelhände mit den Flossenspitzen. Ich ließ ihm zufließen, was wir vorhatten, gleichzeitig wahrnehmend, daß er sich noch nicht wirklich erholt hatte von ...
„Ich helfe Euch gern.” Seine großen Augen schienen zu leuchten. „Davon zu singen ist beinahe genau so, wie es wirklich zu durchtauchen ...”
Ich spürte, daß das Auftauchen das Schwindelige wieder in ihm sein ließ, wenn auch nur ganz leicht, und daß ihm eher unwohl war bei dem Gedanken an das Mitte-Lager. „Wäre Dir geholfen, wenn wir hier bei Dir singen?”
Er strahlte mich an. „Auf jeden Fall ...”
Die beiden anderen waren von den Flocken aufgestanden, als sie den Wasser-Gesangshüter hatten auftauchen sehen, und begaben sich mit in den Kontakt, und kurze Zeit später waren wir alle in die Quelle getaucht. Der aus den Tiefen umschloß die Erdvolk-Gesangshüterin mit beiden Flossen, um ihr Halt zu geben, da sie die Klauenhände für den Kristall frei haben mußte, der aus den Feuern und ich hielten ihn mit je einem Arm bzw. Flügel, damit beide nicht davon trieben oder untertauchten, uns beide gleichzeitig am Rand festhaltend.
Die aus dem Dunklen konzentrierte sich auf den Kristall, der das Licht des phosphoreszierenden Gesteins und der orange brennenden Flammenstäbe und deren bewegte Spiegelung im Wasser reflektierte. Sie gab das Bild der Meereswelt in die Berührung, der auf dem Weg holte es heran, ich ergänzte es mit allem, woran ich mich aus den Aufzeichnungen der Jaridians darüber erinnerte und der aus den Tiefen wob alles dazu, was er darüber nicht nur wußte, sondern zelltief erfahren hatte ... und wir sangen diese Welt mit sämtlichen Stimmbandpaaren ...
Die Hüterin der Gesänge des Volkes im Dunklen öffnete sich, öffnete sich dem Lied des Wasserplaneten, und mit einem Mal war es, als sei sie nur noch Stimmbänder und Resonanzsehnen, die bewegt wurden vom Gesang, die in Resonanz damit gingen, bis sie selbst dieses Lied war ... und ihre Klauen tanzten in dessen Rhythmus mit dem funkelnden Stein, den sie darin hielt ... welliges, geripptes Braun, vibrierend vor Lebendigkeit der winzigen Pflanzen, die den Sauerstoff für seine zahlreichen Bewohner produzierten ... strömende, lichtlose Tiefen mit Spuren Grau-Grüns ... üppiges, warmes Grün und der Geschmack unreifer Ph'taalfrüchte, nur ein Hauch ... Wind und Wellen, steiniger Strand, das Gefühl von Frische und Wachheit und Salzig-Bitter ... der Gesang dessen aus den Tiefen vier Achtton-Schritte unter dem meinen, in der Frequenz grau-grünen Leuchtens, das Lied von Wind und Meer und Braun und Grün sanft durchwebend ...
Und dann waren auch unsere Stimmbandpaare nur noch in Resonanz - die ferne Welt selbst sang, sang durch uns und formte ihr Abbild durch die Klauenhände derer im Dunklen ...
Als es vollendet war, waren wir Weite und Freude und Dankbarkeit - Dankbarkeit und Gewißheit: selbst wenn unser Plan, den verzweifelten Hunger der Sechsgliedrigen nach dem, was sie wieder zusammenbringen würde mit denen, denen sie entschwunden waren, zu lindern, nicht gelingen sollte - die Meereswelt würde ihn stillen, für alle Zeit ... Diese Welt hatte längst die Arme geöffnet für die, die sich ihr anvertrauen würden in naher Zukunft ... als hätte sie gewartet ... gewartet, wie die, die uns trug, auf das Vierte Volk, auf die auf dem Weg ...
Die aus dem Dunklen hob ans Licht, was das Ganze durch sie hatte entstehen lassen, und es war das Schönste, was ich seit Trevaks Vermächtnis gesehen oder berührt hatte - der Kristall gewordene Gesang eines ganzen Planeten ... Sie drehte sich im Halt dessen aus den Tiefen um und legte das Abbild der Meereswelt behutsam hinter der Einfassung der Quelle auf den Boden, dann umarmte sie den Wasser-Gesangshüter und umhüllte uns alle einmal mehr mit warmem Rot. „Danke ... Diese Art der Arbeit ist einfach nur Freude ... Ich gehe jetzt sofort damit zu Trevak - ich hoffe so sehr, daß er uns hilft ...”
Kurze Zeit später hatte sie uns verlassen. Der Hüter der Wasser-Gesänge war wieder untergetaucht, und der auf dem Weg und ich hockten auf dem Mitte-Lager beisammen, aus den Resten Bekleidungsmaterials, in das der Vermächtnisstein verpackt gewesen war, einzelne Fasern herauslösend, an denen man die Meereswelt-Abbilder würde befestigen können. „Diese Art Schnur dürfte wesentlich reißfester sein als geflochtenes Gras”, hatte der aus den Feuern vermutet, als ich mich anschickte, mein Bündel zu leeren, um es zu zertrennen und dadurch einzelne Halme zum Schnurflechten zu gewinnen, und er hatte Recht behalten ...
Es dauerte zwei Einheiten lang, bis die Erdvolk-Gesangshüterin zurückkehrte. Der auf dem Weg hatte mich mehrfach angehalten, unser aufklappbares Gerät zu konsultieren, um mich daran zu gewöhnen, und hatte sehr freundlich darauf reagiert, daß mir das nur absurd vorkam - das Flechten zu unterbrechen, um nachzuschauen, wieviel Zeit inzwischen darüber vergangen war ...
Die aus dem Dunklen strahlte Freude und Begeisterung aus, bepackt mit einem riesigen Bündel Bekleidungsmaterial, und wir standen von den Flocken auf und eilten ihr entgegen. Neben der Quelle ließ sie ihre Last zu Boden gleiten und hockte sich auf den Beckenrand, eine Klaue ins Wasser tauchend, uns die andere entgegenhaltend, und wir gingen in Kontakt, fast gleichzeitig mit dem Hüter der Wasser-Gesänge, der bereits im Auftauchen eine Flossenspitze darum legte.
„Es war viel leichter, als wir gedacht hatten ... Trevak war von der Idee begeistert, weil er denkt, sollte sie funktionieren, wäre zumindest der Sektor um das Hauptkommando die Sechsgliedrigen vielleicht endgültig los ... Wenn sie hätten, was sie brauchen, warum sollten sie dann noch Jaridians belästigen? Und wegen des Materials und der Produktionsstätte war er belustigt über unsere ‚umständlichen Verfahrenstechniken’, wie er es nannte, und meinte, er würde den Meereswelt-Kristall schlicht und einfach auf die gleiche Weise kopieren wie den Vermächtnisstein ... Er nahm ihn mir ab und verschwand damit, und eine der ihm Unterstellten meinte, ich solle einfach eine Weile warten, was ich tat ... und dann war Trevak wieder da, hiermit.”
Sie zog mit einer Klaue die Verschnürung des Bündels auf.
Das bewegte Licht der Höhle brach sich - in unzähligen Abbildern der Meereswelt ... Ich griff behutsam in das Bündel und nahm eines davon heraus - eine exakte Kopie dessen, was wir gesungen hatten ...
„Wir sollten jetzt damit auf den Platz gehen, sofort ... Wenn es gelingt, wäre so viel gewonnen ...”
Ich konnte mich der aus dem Dunklen nur anschließen. Draußen wäre es jetzt zwar dunkel, aber die Sechsgliedrigen waren sowieso eher in der Dämmerung aktiv als im grellen Licht der Hellphasen ...
Der aus den Feuern war ebenfalls einverstanden, der Wasser-Gesangshüter stieg aus der Quelle und griff nach seinem Konzentrator. Die Erdvolk-Gesangshüterin zog das Bündel wieder zu, und ich löste mich aus der Berührung, um die Schnüre und das Stück Bekleidungsmaterial zu holen, aus dem wir sie gewonnen hatten. Schließlich ergriff jeder von uns die verhüllte kristallene Last an einem Ende, und wir machten uns auf den Weg.
In der riesigen Halle, von der aus es nach draußen ging, hielt der aus den Feuern plötzlich an. „Wartet ... wäre es nicht besser, wir hätten schon einiges von der Medizin, die wir den Sechsgliedrigen zukommen lassen wollen, fertig bereitet?” In seinem Geist war ein Bild des geöffneten Bündels, auf dessen Inhalt sich diese flinken Wesen stürzten, bevor wir auch nur den Hauch einer Chance gehabt hatten, einem von ihnen einen Kristall umzuhängen.
„Du hast Recht ...” stimmten wir sofort zu und boten wenig später den Eingangswachen und allen die Halle passierenden Jaridians Anlaß zum Staunen und reichlichen Stoff für neue Gerüchte, mitten darin hockend und Schnüre durch die Öffnungen in kleinen steinernen Planeten ziehend und verflechtend und dabei ein Raumreise-Lied für die Geschöpfe da draußen improvisierend, einer Idee dessen aus den Tiefen folgend ... Schließlich hatten wir sechsunddreißig Medizin-Anhänger gefertigt, und ich spürte, daß ich plötzlich unruhig und ungeduldig wurde - als würden diese Wesen uns rufen, als wären wir bereits von leuchtendem Gelb umströmt ... wir gaben die fertigen Anhänger mit in das Bündel - bis auf je einen, den wir uns selbst umhängten - und schlossen es, nahmen es wieder zwischen uns und begaben uns auf den Platz.
Stille, gestirnter Himmel ... und unzählige gelbe Augenpaare überall ... der auf dem Weg, die Erdvolk-Gesangshüterin und ich wurden angesprungen, ehe wir auch nur dazu kamen, das Bündel abzusetzen, jede/r von den Wesen, die ihn/sie bereits kannten. An meinen Bauch klammerte sich das Geschöpf, das mich damals zuerst angeschaut hatte, und überflutete mich mit Hunger und mit Gelb ...
Der Blick dessen aus den Tiefen war in den eines Sechsgliedrigen getaucht, das vor ihm hockte, er hatte ihm bereits die Flossenspitzen hingestreckt ... Anstatt danach zu greifen, machte das Wesen einen dieser komplizierten Hüpfer, mit denen seine Art sich fortbewegte, auf ihn zu und prüfte ihn mit der Zunge - und stieß einen Schrei aus und hatte sich an seine Brust geklammert. Er strahlte es an und legte die Flossen darum, zog überrascht die Luft ein, als zwei von dessen Stammesangehörigen gleichzeitig auf seinem Rücken landeten und öffnete allen dreien seinen Geist.
Auch wir übrigen ließen uns zu Boden gleiten, über das Bündel zwischen uns in Kontakt miteinander und den insgesamt zehn Sechsgliedrigen, die sich an uns festhielten. Auch wir wurden der obligatorischen Zungenprüfung unterzogen, und dieses Mal spürten die beweglichen, schlanken Wesen sofort, daß irgend etwas ganz anders war als sonst ...
Das Geschöpf, das die unteren und mittleren Gliedmaßen um meinen Bauch geschlungen hatte, ließ mit der rechten mittleren los, um nach dem Meereswelt-Kristall zu greifen, den ich auf der Brust trug, bebend vor Aufregung und intensiv pulsierendem Gelb im Blick. Ich entzog die Kugel seinem Zugriff, nahm sie ab und streifte sie ihm mit der Schnur über den Kopf.
Das Sechsgliedrige verharrte mitten in der Bewegung.
Ich ertrank in Gelb.
Ich wollte nach dem Bündel greifen, um es einfach auszuschütten, damit alle ... aber ich hatte mich längst aufgelöst, um zu geben, was ich war, damit der Hunger ein Ende haben konnte ...
Dieses Kleine, Runde fühlte sich so angenehm an ... so ... richtig ...
Zugreifen mit der mittleren Rechten, das Runde hochheben und in beide Oberen nehmen ...
... es in sich hinein nehmen ...
Angenehm, so angenehm ... endlich ...
...endlich ...
Der durchdringende, tief vibrierende zweistimmige Schrei, den das Wesen ausstieß, brachte mich in meinen Körper zurück. Es hatte sich den Kristall tatsächlich in die Mundöffnung gestopft, ihn aber nicht verschluckt, sondern darin behalten ... Ich hatte plötzlich zwei - nein, drei andere seines Stammes an mir, und als ich diese spürte, verstand ich erst, was tatsächlich geschehen war in den letzten Augenblicken ...
Unser Plan schien aufgegangen zu sein.
Die vier Sechsgliedrigen überfluteten mich nicht mehr sämtlich mit Brauchen ... das, dem ich den Kristall umgehängt hatte, strahlte nichts mehr aus außer tiefer Zufriedenheit.
Kein Hunger mehr.
Etwas wie - Sehnsucht, ja, immer noch, aber nicht mehr dieses verzweifelte Sich-Verzehren ...
Der Kristall sang, stellvertretend für die Meereswelt, dem Geschöpf von dem, was es benötigte, um zu werden wie die, nach denen es sich sehnte, und von der Bereitschaft, beiden Völkern Heimat zu sein ... die sie wieder zusammenführen würde ... „Es wird sein, bald, es wird sein ...”
Das Sechsgliedrige wandte mir seine Aufmerksamkeit zu, und das leuchtende Gelb, das mich umgab, hatte eine vollkommen andere Tönung und einen neuen Klang angenommen. „Angenehm, so angenehm ...” Es hatte längst das Bild von der Fülle an Kristallen in dem Bündel aufgefangen. „Angenehm ... für viele ... viele, viele brauchen ... brauchen so sehr ... angenehm ...”
Dann löste es sich mit einer merkwürdigen Verrenkung von mir und ließ sich zu Boden gleiten, zwischen die unzähligen Seinen, die uns inzwischen dicht an dicht umlagerten. Es gab eine zweistimmige Lautfolge von sich, deren membranorgan-gesungene Anteile mir in den Knochen kribbelten, und ergriff zwei der ihm am nächsten hockenden Stammesangehörigen mit je einer mittleren Gliedmaße an deren unteren. Es wiederholte die Lautfolge, und die beiden wandten sich ihm zu ...dann verflochten die drei ihre mittleren Gliedmaßen miteinander, drehten sich von uns weg und bahnten sich mit ihren seltsamen Sprüngen gemeinsam einen Weg durch die Flut der Ihren, die sich auf den Platz ergossen hatte.
Sechs Krallenfüße bzw. -hände klammerten sich energisch in mein Fell, und eine Zunge fuhr mir durchs Gesicht. Hunger ... Riesige gelbe Augen und Hunger ... An meiner linken Flügelhand spürte ich den auf dem Weg, der mir einen Anhänger hinein drückte, was mich daran erinnerte, daß das Sich-Auflösen für diese Wesen nicht der Weg war, ihre Bedürftigkeit zu lindern ...
Es wiederholte sich, was zuvor geschehen war - kaum hatte ich dem ersten der Geschöpfe die Kristallkugel an der Schnur umgehängt, hatte es sie sich in die Mundöffnung gestopft, mich in „angenehm ...” gehüllt und mich verlassen, um unten zwei seines Stammes - auf sich aufmerksam zu machen? auszuwählen? - und mit ihnen zwischen den hohen Gebäuden, die sich schattenhaft gegen den sternfunkelnden Himmel abzeichneten, ins Dunkle zu tauchen ...
Die anderen erlebten das Gleiche wie ich, wobei der aus den Feuern offenbar als Einziger imstande war, dem Blick dieser Geschöpfe und damit dem Wunsch, alles und sich selbst ganz für sie zu geben, zu widerstehen, alle Hände voll damit zu tun hatte, uns übrige immer wieder an unsere eigentliche Aufgabe hier zu erinnern ... Irgendwann viel später war das Behältnis leer und wir alle vollkommen erschöpft - und dann geschah etwas Überraschendes.
Anstatt, wie erwartet, jetzt über uns her zu fallen und uns verzweifelt zu umklammern, so daß wir sie nur noch hätten in Schlaf und Traum singen können, rückten sie ein Stück von uns ab - und gaben einen schmalen Durchgang Richtung Haupteingang des Kommandogebäudes frei ...
Als hätten sie - verstanden ...
Wir erhoben uns, einander stützend. Der aus den Tiefen sah von uns allen am schlimmsten aus. Tief verbunden, wie er denen, die diese Welt seit Urzeiten bewohnten, war, hatte er nicht nur die Anhänger, sondern auch seine ganze Energie weg gegeben ...Der aus den Feuern ergriff das leere Bündel, und wir wanderten zurück in Richtung Höhle.
Die Außenwachen waren ausgetauscht, worüber ich sehr erleichtert war - es waren die beiden, die ich aus dem Archiv kannte. Sie prüften uns gründlich, aber behutsam, der Jüngere beinahe berstend vor Neugier, und ich ließ ihm über den Kontakt zufließen, was wir getan hatten und was das offenbar bewirkt hatte ... Er hätte uns am liebsten in die Höhle begleitet, was sein Dienstplan natürlich nicht zuließ.

Es war Einheit Elf, als die aus dem Dunklen und ich auf dem Mitte-Lager erwachten - von dem Duft einer getrockneten Ph'taalfrucht und den freundlichen rauhen Händen dessen auf dem Weg, der uns über die Gesichter strich, dabei das aufklappbare Gerät hochhaltend. „Es ist Zeit, daß Ihr Euch bereit macht ... eine Einheit später sind vielleicht Jaridians da, für die es zu singen gilt ...”
Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, was er meinte. Es machte natürlich Sinn, wach und klar zu sein, wenn die Ersten, die unsere Hilfe wollten, die Höhle betraten, und augenblicklich war ich weder das eine noch das andere, und der Erdvolk-Gesangshüterin ging es nicht besser ... Wir suchten uns zusammen, stiegen vom Mitte-Lager und tauchten uns erst einmal in die Quelle, in der tief unten der Wasser-Gesangshüter zu spüren war, im Schlaf absoluter Erschöpfung - er würde in dieser und in der nächsten Hellphase für niemanden singen, selbst, wenn er das wollte, dafür würden wir sorgen ...
Indem ich meine Übungen durchführte und einige Runden durch die Höhle flog, vergingen drei Viertel einer Einheit, die die aus dem Dunklen nutzte, um sich einmal mehr mit Jaridia zu verbinden, und als sich schließlich der runde Stein zum ersten Mal öffnete, waren wir bereit ...
Fünf Jaridians betraten die Höhle gemeinsam, zwei Ausgewachsene und drei Jungen unterschiedlicher Größe, über deren Alter ich, nach dem Kontakt mit dem auf dem Platz, keine Vermutungen wagte - und damit lag ich richtig ...
Die weibliche und der männliche Ausgewachsene waren Gefährten, die die drei Nichtflüggen gemeinsam ins Leben gewoben hatten. Sie gingen, achtsam und neugierig zugleich, in Kontakt mit uns, die Hitze der von Ramaz' Krankheit Betroffenen ausstrahlend, während die Jungen staunend die Höhle erkundeten, das größte der drei hatte den aus den Feuern entdeckt und war vor ihm stehen geblieben, ihn hemmungslos anstarrend.
„Die, die Du draußen auf dem Platz getroffen hast, ist unser beider Vorgesetzte”, ließ mich die weibliche Jaridian wissen. „Sie hat uns von Dir - von Euch erzählt ... daß Ihr das, was die vielen Gerüchte sagen über Euch, tatsächlich könnt ... Ich bitte Euch - wir bitten Euch, singt für uns alle - für uns, die wir übrig geblieben sind ...”
Ich spürte den Schmerz in ihr und in ihm ... ihre beiden Ältesten hatten die, die einander Gefährten waren, im Kampf verloren, drei weitere, die sie in den letzten Umlaufzyklen ins Leben gebracht hatten, hatten den Leib der Weiblichen bereits ohne jegliche Ordnung verlassen ... Das Letzte war in ihren Armen zu Asche geworden, bevor es auch nur die Augen hatte öffnen können, und ihre Verzweiflung darüber hätte sie beinahe das Leben gekostet ... „Wir wünschen beide eigentlich weitere Nachkommen, aber das wollten wir einander nie wieder antun ... Wir können noch nicht in den aktiven Dienst gegen die Taelons zurück - der Nachwuchs, den wir haben, kommt ohne uns noch nicht zurecht ...”
Ich schaute nach den Jungen, die sich inzwischen sämtlich um den auf dem Weg geschart hatten, der auf dem Mitte-Lager hockte. Das Kleinste hielt er in den Armen, eines der beiden Größeren strich ihm staunend über das Gesicht.
Sieben, fünf und drei Umlaufzyklen hätte ich geschätzt, hätte mich jemand nach ihrem mutmaßlichen Alter gefragt ...
„Dreieinhalb, zwei und ein Zyklus”, ließ der männliche Jaridian uns wissen. „Meiner Gefährtin wachsen noch stetig neue Kräfte zu, aber ich bin über die Zeit hinaus, in der jede Steigerung meines Stoffwechsels mich mehr für Jaridia leisten läßt, und unser beider Befürchtung für unseren Nachwuchs ist, daß vielleicht keiner von ihnen älter als dreißig Zyklen wird ... Sie entwickeln sich viel zu rasch, die Älteste drängt bereits, sie wolle in die Frühausbildung, und sogar der Jüngste hat schon Kontrolle über sein Shaqarava ... über den Nachwuchs, dem sie Leben geben könnten, wage ich nicht einmal nachzudenken ...”
Die aus dem Dunklen und ich hatten die Tiefensinne bereits geöffnet und baten die beiden Jaridians, sie untersuchen zu dürfen. Sie stimmten zu.
Beide hatten lange mit sich gerungen, nachdem sie von der Möglichkeit, von Ramaz' Krankheit geheilt werden zu können, erfahren hatten. Vor allem der Weiblichen war der damit verbundene Verzicht auf weiteren Kräftezuwachs zunächst wie ein Verrat an den Ihren vorgekommen, und sie hatte sich sogar mit dem Gedanken getragen, dafür sorgen zu lassen, daß in ihrem Körper keine Neuzuwebenden mehr entstehen konnten - was ihr aber, da sie selbst erst fünfundzwanzig Zyklen alt war, nicht gestattet worden wäre ... und eigentlich ihren Wünschen auch nicht entsprach ... Sie wollte da sein für ihr Volk, als gute Kämpferin und als eine, die dafür sorgen half, daß die Jaridians viele blieben und mehr wurden - auch das war schließlich wesentlich, um die Taelons zu besiegen - von denen bekannt war, daß sie immer weniger wurden ...
Er hatte die Entscheidung für unseren Gesang letztendlich getroffen, um leistungsfähig für die Seinen zu bleiben, so lange es ging. Sie hatte sich dafür entschieden, weil sie die Chance auf gesunden Nachwuchs sah - und ihre Jungen wollte sie zu Ausgewachsenen werden sehen ... Jaridia brauchte taugliche Kämpfer, unbedingt ...
Sie hatte in der Hälfte, er in einem Drittel seiner Zellen noch Ordnung; er lebte bereits zehn Zyklen länger als sie.
Beide waren sich darüber im Klaren, daß die Beseitigung ihrer Stoffwechselstörung unumkehrbar
war.
Wir sangen zuerst für ihn, dann für sie, und betteten beide in die Flocken des Mitte-Lagers, und während sie ausruhten, wandten wir uns nacheinander den Jungen zu, von denen sich nicht nur alle drei die Untersuchung mittels Tiefensinnen ohne jede Angst gefallen ließen, sondern die beiden Älteren, berstend vor Neugier wie die meisten ihrer ausgewachsenen Stammesangehörigen, uns im Kontakt mit Fragen überschütteten und uns schließlich kaum zum Singen kommen ließen, weil sie alles, alles über uns wissen wollten, über das, was wir mit den Taelons erlebt hatten, über unsere Kontakte zu den Führenden, über die Sechsgliedrigen und die Dindaei ... Die aus dem Dunklen stimmte schließlich mit den Vertikalen das Lied an, das wir in Baum, Höhle und Meer für aufgeregte, nicht zu bändigende Nichtflügge singen, die in schwierige oder gar gefährliche Vorhaben einbezogen sind und Hilfe brauchen, sich zu konzentrieren, und ich fiel sofort ein, und die sanften, in einem klaren, einfachen Muster fließenden Farben dieses Gesanges konnten wir dann in die Frequenzen gegen Ramaz' Krankheit übergehen lassen ...
Die Älteste war im schlechtesten Zustand, nur ein Drittel ihrer Zellen hatte noch Ordnung, genau wie bei dem erwachsenen Männlichen ... die zwei Zyklen alte Jaridian hatte nur in einem Achtel ihres Innersten keine Ordnung mehr, genau wie der Jüngste, aber in allen dreien waren sämtliche Zellen befallen gewesen ... Dennoch würden aus diesen Nichtflüggen Ausgewachsene werden - es schien, als ob, je jünger ein Jaridian war, wenn man für ihn sang, desto flexibler war sein gesamtes System noch, flexibel und in der Lage, bereits angerichteten Schaden zu beheben oder zumindest zu kompensieren ...
Nacheinander hatten wir für die drei gesungen und jedes Einzelne zu den Ausgewachsenen in die Flocken gelegt, als der auf dem Weg einmal mehr nach dem aufklappbaren Gerät griff und es konsultierte. „Einheit siebzehn und eine halbe ... Eure Arbeit ...”
Die Vibration des sich öffnenden Eingangs unterbrach ihn, und eine einzelne Jaridian betrat zögernd die Höhle.
Eine Jaridian, die ich kannte.
Sie blieb stehen und schaute sich um, dann blickte sie unsicher auf das Mitte-Lager mit ihren Stammesangehörigen darauf und schließlich zu uns.
Die Heilerin mit der tiefen Stimme ...
Wie sie da stand, hatte ich mit einem Mal das Gefühl, sie nicht nur von der medizinischen Station her zu kennen - als hätte ich sie bereits davor schon einmal gesehen, in einem ganz anderen Zusammenhang ... Der Eindruck war sofort wieder verflogen, weil sich der Wunsch davor schob, sie sei ebenfalls gekommen, damit wir sie für sie sängen, und ich ging auf sie zu und streckte ihr die Flügelhände zum Kontakt entgegen, die sie sofort ergriff. Ihr Blick wanderte über meine Gestalt und blieb auf dem rechten Flügelarm hängen, sie schaute und spürte über die Berührung zu mir hin, und das fühlte sich beinahe an, als würde ich gescannt ... ‚Zu wenig Energie, schon wieder ... aber das Fell ist gut nachgewachsen ...’ war in ihren Gedanken, neben der Überlegung, wie sie ihren Wunsch an mich am besten vorbringen könnte, ob sie mich überhaupt schon damit belasten könne, oder ob es mich zu viel Kraft kosten würde, für sie zu singen, und sie mich in Gefahr brächte damit ...
Ich ließ ihre warmen Hände los, legte die Flügel um sie und zog sie an mich. „Selbstverständlich singe ich für Dich ...” Die Freude in mir über ihre Entscheidung ließ gar nichts anderes zu. „Und Du kannst beruhigt sein, meine Kraft reicht auf jeden Fall ... wir sind zu zweit für Dich da ...”
Die aus dem Dunklen war mit im Kontakt, die Arme um uns beide gelegt, und ich spürte, wie sich ihre Tiefensinne öffneten.
Auch meine Wahrnehmung weitete sich auf, und ich bat die Heilerin für uns beide um Erlaubnis, sie auf diese Weise anschauen zu dürfen. Sie war sofort einverstanden, verbunden mit dem Wunsch, irgend etwas tun zu können, daß wir es so leicht wie möglich hätten mit ihr ... „Für Dich gibt es nichts zu tun - Du bist hier, damit wir für Dich da sind, nicht umgekehrt”, ließ ich sie wissen.
„Entspanne Dich ... das hier wird für Deinen Körper noch Anstrengung genug werden ...” sang ihr die aus dem Dunklen. „Wir halten Dich ... laß einfach los und denke an etwas Angenehmes ...”
Weiß-Violett glomm auf, sehr sanft, und ein Bild war in der Berührung - und plötzlich wußte ich, warum ich bei ihrer Ankunft vorhin das Gefühl gehabt hatte, sie noch aus anderen Zusammenhängen zu kennen als nur von der medizinischen Station, wo mein Bewußtsein durch das, was ich gegen die Schmerzen bekommen hatte, zu sehr eingeengt gewesen war, um so deutlich wahrnehmen zu können wie sonst.
Sie dachte an etwas Angenehmes - oder besser gesagt, an jemanden Angenehmen ... Der Eindruck, den sie in die Berührung fließen ließ, zeigte - den Heiler, der sich gerade über eine Antigrav-Trage beugte, auf der ein sehr mitgenommen wirkender Männlicher seines Stammes lag, und in seinen Gesichtszügen waren Wärme, Freundlichkeit und Besorgnis - die die Strenge in seiner Stimme Lügen straften, als er den Verletzten fragte: „Wie konntest Du ihr nur hinterher steigen, ohne Dich selbst zu sichern?” und dessen Argument, dazu sei keine Zeit mehr gewesen, mit einem groben Satz über den Leichtsinn und das falsch verstandene Heldentum unzureichend ausgebildeter Jungkämpfer beiseite schob ...
In der, die ihm untergeben war, war es hell und weit geworden ... Und in mir war das Bild, jetzt endlich scharf und deutlich, das den Zusammenhang herstellte, an den ich mich schattenhaft erinnert hatte: Sie, zusammen mit ihm und einen Arm um ihn gelegt, vor einem Prototypen eines Dindaei-Reisebehältnisses.
Das hatte sie ihre Entscheidung, sich von Ramaz' Krankheit heilen zu lassen, schließlich treffen lassen: Sie wünschte sich den Heiler zum Gefährten, und das schon lange ... Sie hatte aus seinem Verhalten ihr gegenüber geschlossen, daß er sie zumindest mochte und nicht unanziehend fand, aber sie hatte nicht gewagt, ihm gegenüber offen zu sein - er war, inzwischen, ein Verschonter, sie war es nicht ... Er würde sie so nicht wollen, oder, wenn doch, würde es keinen Nachwuchs geben - er hatte dazu eine klare Meinung, die er mehrfach ausdrücklich vertreten hatte ... Sie wußte um seine erste und einzige Gefährtin, vermutete, das, was er zu diesem Thema empfand, habe damit zu tun und hatte deshalb erst recht nicht gewagt, ihn anzusprechen ...
Sie hatte das Bild aus meinen Gedanken aufgefangen und strahlte noch mehr, aber dann lenkte die aus dem Dunklen ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes. „Du weißt, daß, wenn wir für Dich gesungen haben, Dir keine neuen Kräfte mehr zuwachsen? Daß Du so bleiben wirst, wie Du jetzt bist, und daß das nie wieder rückgängig zu machen ist?”
„Das weiß ich”, antwortete die Heilerin. „Und ich will es so ...”
„Bist Du Dir sicher? Was ist mit dem Einsatz Deiner Fähigkeiten für die Deinen, im Kampf gegen die Taelons?” Die Erdvolk-Gesangshüterin ließ sie ihre fast ausgebrannte junge Stammesangehörige sehen, die mühelos einen Fünfgliedrigen mit einer Hand beiseite stieß, mit solcher Wucht, daß er sich an der Wand der Schleuse, in der sie ihn gestellt hatte, sämtliche Knochen brach. „Du hast Aveena gesagt, Du bewunderst sie ...”
Das Strahlen der Jaridian erlosch und wich etwas anderem - einem Gefühl, das ich sehr selten in einem der Ihren gespürt hatte, vor allem nicht in dieser Intensität.
Kein Haß, kein Zorn ...
Resignation.
Tiefe Resignation, in der ein winziger Funke Hoffnung glomm ...
„Das ist wahr ... aber entscheidend ist etwas ganz anderes ...”, sagte sie, mit merkwürdig flacher Stimme. „Ich bin Heilerin ... Ich war in so vielen Kampfeinsätzen dabei ... und ich wünsche mir nichts mehr, als daß die Taelons - uns einfach in Ruhe ließen ... von mir aus können sie sich gerne als Sieger betrachten und das Universum als ihr Eigentum, es ist mir egal, wie viele Galaxien sie noch erobern, Hauptsache, sie verschwinden mit all ihren Schiffen und Sklaven und ihrem entsetzlichen Kriegsminister, und wir kommen nie wieder in Berührung mit ihnen ...”
Im Kontakt war eine Flut von Eindrücken, in denen es nur um Verletzte und Sterbende ihres Volkes ging, in geborstenen, brennenden Schiffen, in kaum mehr steuerbaren Shuttles oder überfüllten Rettungskapseln ... Auf ihrem letzten Einsatz auf einem Kampfschiff, der ihr als Auszeichnung ihre jetzige Arbeit im Zentrum des Imperiums, im Hauptkommando Jaridias, eingebracht hatte, hatte sie einer der Ihren, deren Unterleib eine einzige klaffende Wunde war und ihr Inneres nicht mehr hielt, eine Dosis Schmerz- und Wachbleibemittel verabreicht, die jeden anderen umgebracht hätte, weil diese ihr das befohlen hatte, um die heranstürmenden Zhawi aufhalten zu können, die den Kreuzer aufgebracht hatten. Sie selbst war während dieser Aktion von einer Energieentladung in die Brust getroffen worden und hatte es dennoch geschafft, die Fluchteinheit mit fünfzehn weiteren Verletzten zu starten - das Letzte, was sie durch die transparente Schleusentür gesehen hatte, war die Asche, zu der die geworden war, die sie soeben noch versorgt und ermutigt hatte ...
„Ich will das alles nicht mehr - das, was ich tue, ist so sinnlos ... Ich will nur noch, daß es ein Ende hat. Ich will eine Zukunft für die Unseren, und dafür brauche ich keine weitere Steigerung meines Stoffwechsels - aber dafür braucht es Unsrige, die lange genug leben, um eine Zukunft zu
haben ...”
Ich konnte nicht verhindern, daß sich der Eindruck, der sie und den Heiler vor dem Dindaei-Reisebehältnis zeigte, erneut in den Vordergrund meines Geistes drängte. So groß die Versuchung war - ich durfte sie nicht zu beeinflussen versuchen, sie mußte eine so gravierende Entscheidung wie den Verzicht auf die Vervielfachung ihrer Kräfte und Fähigkeiten, auch und vor allem ihres Shaqaravas, das sie schließlich zum Heilen einsetzte, aus der Tiefe ihres Seins heraus allein treffen ...
Die Heilerin holte tief Atem. „Ich habe mich längst entschieden”, ließ sie uns wissen. „Bitte, nehmt mir, was die krank macht, die mein Leib vielleicht noch hervorbringen wird ... laßt mich zu denen gehören, die Hoffnung tragen können für die Unseren ...” Ihr innerer Blick richtete sich sehnsüchtig auf das Gedankenbild in mir. „Und selbst wenn das nicht gelingt, wenn ich nicht bin, was er will - ich will nicht mehr zerstören ... nirgends ist das, was ich tue, absurder als in einem Krieg ... Vielleicht ist das das Einzige, was ich tun kann - meinen Körper davon abhalten, Zyklus um Zyklus tauglicher zu werden zum Zerstören und Vernichten ...”
Ich fühlte, wie tief sie sich ein Ende wünschte, ein Ende dessen, was dafür sorgte, daß sie die Ihren, verletzt oder fast zerstört vom Kampf, heilte, damit sie wieder in den Kampf zogen, um darin in allen Ehren umzukommen ...und ich fühlte, was sie für den Heiler empfand, wie stark ihre Sehnsucht war ...
Die aus dem Dunklen hatte ganz leise zu singen begonnen, die vier unteren Frequenzen gegen den Strang, der für Ausbreitung und Aktivierung sorgte, die Tiefensinne weit offen.
Auch ich fokussierte mich auf das Innerste der Jaridian zwischen meinen Flügeln. Aktiv war das Komplexschwingungsbruchstück in der Hälfte ihrer Zellen, und es ruhte in allen übrigen ... Dreißig Zyklen war sie alt, und mindestens dreißig weitere könnten ihr bleiben ...
Ich übernahm mit den Horizontalen die Gegenfrequenzen des Bruchstückes und der beiden verbliebenen Stranganteile, und gemeinsam mit der aus dem Dunklen hüllte ich die Heilerin in das Lied, das Ramaz' Krankheit auslöschte ...
Als unser Gesang seine Wirkung getan hatte, war sie halb bewußtlos in unserem Halt in sich zusammengesackt, und wir betteten sie zu ihren Stammesangehörigen in die Flocken und uns beide gleich dazu. Der auf dem Weg war da mit Wasser und Früchten, mißbilligend, daß wir letzteres ablehnten und demonstrativ auf das aufklappbare Gerät deutend. „Einheit neunzehn und drei Viertel der nächsten ... Ihr habt Euch beide verausgabt, das ist nicht der Sinn der Sache ...”
Ich zog ihn in den Kontakt, den wir miteinander und mit den Jaridians hielten. Das Kleinste der drei hatte den Weg zu mir gefunden und lag auf der Seite auf meinem halb ausgebreiteten linken Flügel, beide Hände in mein Brustfell geklammert. „Sei beruhigt ... es fühlt sich richtig an so ... wir werden essen, wenn wir ausgeruht sind, und bis zur nächsten Einheit Elf ist es noch lange ...”
Er schaute mir in die Augen, dann durch mich hindurch - auf das Bild der beiden Heilenden vor dem Reisebehältnis - und die Besorgnis in ihm wurde zu Akzeptieren. „In Ordnung ...”
Wir rückten uns so zurecht, daß auch er es bequem hatte zwischen uns, und ich merkte, wie schwer meine Augenlider wurden ... und daß mein Zeitgefühl nicht richtig funktionierte ... Laut dem Gerät waren acht Einheiten vergangen, es hätte aber genau so gut die doppelte Anzahl sein können ... Warum war ich so müde, obwohl ...?
„Ihr habt für sechs schwer betroffene Jaridians gesungen, ohne Pause”, meinte der auf dem Weg. „Ihr habt absolute Präzisionsarbeit geleistet, ohne Unterbrechung ... ich denke, wir werden diesen Zeitplan noch einmal überdenken müssen ...”
Dazu kam es nicht mehr.

 

Ende von Kapitel 50

 

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