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  „Aveenas Lied” von AlienVibe   (Emailadresse siehe Autorenseite),   November 2002
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Fremde Sitten, seltsame Gebräuche / Eine besondere Welt
Zeitpunkt:  weit vor Beginn der ersten Staffel
Charaktere:  Zwei wachhabende Jaridians, Aveena (drei Sechsgliedrige, zwei Eingangswachen)
 

 

AVEENAS LIED

Kapitel 37

 

Es würde mir nichts anderes übrig bleiben, als sie mit mir zu nehmen ... Der Einzige von uns, der sie vielleicht wirklich verstehen würde, war der aus den Tiefen, der mit den Dindaei geteilt hatte, zelltief ...
Etwas ungeschickt erhob ich mich aus der Hocke. Die drei Wesen waren leicht und keine Last ... Ich bemühte mich, das Gelb um mich zu durchschauen, und ging auf das Gebäude zu, das mich und die Meinen beherbergte.
Ich war noch keine drei der steinernen Stufen hoch gekommen, als sich mir der größere der beiden Eingangswachen in den Weg stellte, mit aktiviertem Shaqarava. „Auf keinen Fall kommst Du so hier herein. Du kennst die Bestimmungen; ich weiß, daß Du darüber unterrichtet wurdest, was diese Geschöpfe sind und was sie tun - Du läßt sie draußen und kommst herein, oder Du verbringst diese Dunkelphase mit ihnen auf dem Platz ...”
Ich fühlte die zwingende Bedürftigkeit der drei.
„Sie brauchen Hilfe ... Ihnen fehlt etwas Wichtiges, etwas, das wir vielleicht haben ... Ich nehme sie mit zu uns in die Höhle, sie bleiben bei uns und werden Euch nicht ...”
„Nein.” Er wirkte beinahe zornig. „Du folgst meinen Anweisungen, oder Du kommst hier nicht herein - sie haben Dich ja schon völlig im Bann; Du glaubst doch nicht allen Ernstes, daß Du ihnen noch jemals etwas abschlagen kannst - Du würdest sie zur unpassendsten Gelegenheit aus der Höhle lassen, und dann machst Du den Ihren irgendeine Hintertür auf, weil sie Dich so - so anschauen ...” Er stand direkt vor mir, hatte seine innere Energie aber deaktiviert - schneller und sehr viel stärker, als ich es je werden würde, reichte es, daß er nur da stand ... „Du kannst gerne meinen direkten Befehl verweigern - aber dann verbringst Du den Rest dieser Dunkelphase draußen.”
Ich spürte, daß ihm das ernst war. Es tat mir leid, ihn so aufgebracht zu haben, ich wollte weder ihn verärgern noch sonst einen Jaridian ... aber diese Wesen hier brauchten ...
Was immer es war, es hing irgendwie mit den Dindaei und mit dieser Welt zusammen, und über beide wußte ich nicht genug, um den Sechsgliedrigen wirklich helfen zu können ... Es brauchte den Wassergesangshüter, und vielleicht Aufzeichnungen über diesen Planeten, die in den Archiven des Gebäudes zu finden sein könnten ... und an beides kam ich nicht heran, solange ich in Kontakt mit den Dreien hier war ...
Sie würden mich nicht mehr loslassen, um keinen Preis ... es hätte keinen Zweck, zu versuchen, ihren Griff zu lösen - sie hatten je sechs Gliedmaßen, ich aber nur zwei Flügelhände ...
Resigniert wandte ich mich von dem Jaridian ab, hockte mich auf die unterste Stufe, strich denen, die sich in mein Fell klammerten, über den Rücken und wünschte Bestimmungen, Regeln und Disziplin in die Feuer des Inneren.
Es war mir eigentlich egal, den Rest der Dunkelphase hier zu bleiben - aber was war danach? Ich mußte ja auch schon wegen der Beratung zurück ...
Unwillkürlich hatte ich mit den Vertikalen zu summen begonnen - die Schwebung, die für Entspannung, für inneres Ruhig-Werden sorgte ... und ich spürte, das wirkte offenbar nicht nur auf mich, sondern auch ...
Und dann wußte ich, was mir aus diesem Dilemma hier heraushelfen würde.
Ich intensivierte die Schwebung, ergänzte sie mit den dritten und vierten Horizontalen und begann, mit den beiden obersten Stimmbandpaaren das Willkommens- und Schlaflied für die jüngsten Nichtflüggen darüber zu weben.
Das Sechsgliedrige, das sich an meinen Bauch geklammert hatte und damit den Resonanzsehnen, die ich ganz sanft mit eingesetzt hatte, am nächsten war, löste seinen Griff zuerst. Ich fing es behutsam auf und bettete es auf den Boden. Dann ließen die zwei obersten und mittleren Gliedmaßen, die sich um meinen Hals geschlungen hatten, los, ich griff mit beiden Flügelhänden nach hinten und hob das Wesen über meinen Kopf, um es gleichfalls hinzulegen. Das letzte der drei rutschte einfach ganz langsam meinen Rücken hinunter auf den Stein.
Eines nach dem anderen nahm ich sie hoch und bettete sie so bequem wie möglich in die Schatten zwischen den Gebäuden. Ich hatte durch diesen ungewöhnlichen Kontakt immerhin aufgefangen, daß den Schlafenden nichts geschehen würde - es gab auf Jaridia keine Geschöpfe, die sich von Sechsgliedrigen ernährten, außer diesen selbst - aber nur dann, nachdem sich so ein fragliches Sechsgliedriges bereits eine Weile verabschiedet hatte ...
Als ich danach wieder vor den Hauptdurchgang trat, wurde ich wortlos überprüft, wobei beide Jaridian darauf achteten, mich ja nicht zu berühren, und durfte passieren.
Kurze Zeit später war ich in der Höhle, in Kontakt mit den Meinen.

Der Heiler hatte uns inzwischen verlassen. Es war unklar, wieviel Zeit vergangen war seit der erneuten Unterbrechung des Rathaltens - zwei Zeiteinheiten? Vier?
Über die Berührung teilte ich meine seltsame Erfahrung mit den anderen, aber selbst der Gesangshüter des Volkes in den Wassern wußte dem keine klare Bedeutung abzugewinnen.
„Die Dindaei und die Sechsgliedrigen waren ursprünglich eine Rasse, den Dindaei ist das bewußt, und die Sechsgliedrigen haben es noch in ihrer genetischen Erinnerung, deshalb haben sie auf Deine entsprechenden Gedankenbilder reagiert. Aber was kann ihnen diese Welt bedeuten? Selbst wenn auch sie Jaridias kommenden Abschied fühlen - sie können doch nicht ahnen, daß die Dindaei sie gerettet haben wollen - und die Dindaei selbst wissen noch nichts davon, daß die Jaridians bereit sind, sie dorthin zu bringen ...”
Ich ließ das Bild des Meeresplaneten, wie wir ihn gesehen hatten, erneut in den Kontakt fließen - er war deutlich kleiner als Jaridia, aber etwas größer als die, die uns trug ... Der Hüter der Wasser-Gesänge berührte ihn sanft mit einer Flossenspitze, begann zu summen, was er fühlte - und Freude war in der Berührung. „Die Dindaei werden sich sofort zu Hause fühlen in den Wassern dieser Welt ...” Der Ausschnitt des planetaren Frequenzbandes, den er sang, klang sehr vertraut - wie lichtloser, massiver Druck, wie salzig und bitter - wie die Schichten des Meerwassers, in denen sich dieses Volk am liebsten aufhielt ... Aber was hatte das mit ihren kleinen landbewohnenden Verwandten zu tun, die Meerwasser vermutlich nicht einmal tranken?
„Ich werde die Dindaei danach fragen ... Ich muß sie wissen lassen, daß die Jaridians bereit sind, zu helfen ...” Der aus den Tiefen war plötzlich ganz Sehnsucht - Sehnsucht nach dem, was nur Wasserbewohnende wirklich miteinander zu teilen vermochten ... Er war den Dindaei willkommen, wann immer er sie aufsuchen würde ... und in der Tiefe darunter war eine plötzliche, klaffende Sehnsucht nach den Meeren derer, die uns trug - und nach den Seinen ... nach Gewiegtwerden in Gezeiten, in denen sich die Monde spiegeln, die mit den Wassern tanzen ... nach den zeitlosen Strömen in Tiefen, die sich kein landbewohnendes Geschöpf auch nur vorstellen kann, und in denen man wie von selbst zwischen Zeiten und Dimensionen unterwegs war ... nach der Berührung von Sanftheit und Glätte ...
„Und ich kann ebenso wenig jetzt einfach in Jaridias Tiefen verschwinden wie Du, Aveena, auf einen ausgedehnten Flug ...” meinte er, sehr traurig, „wir müssen uns an den Zeitrhythmus der Jaridians halten - wenn ich jetzt aufbreche, bin ich wohl nicht zurück, wenn die Beratung fortgesetzt wird - falls es bei den angesprochenen acht Zeiteinheiten bleibt ...”

Sein Gespür für den Rhythmus der Zeit war noch stärker aus dem Gleichgewicht geraten als das meine, was zusätzlich dafür sorgte, daß er sich unwohl fühlte ... Mir selbst machte das nur gedankliches Unbehagen, aber ihn beeinträchtigte es körperlich - er verdrängte ständig eine Art latenten Schwindels, der nur verging, wenn er mindestens bis auf den Grund des Quellschachtes tauchte. Im Gegensatz zu den anderen drei Völkern auf unserer Welt verfügten die Wasserbewohnenden über ein besonderes Organ innerhalb ihres Denkgewebes, das über eine Art eigenes Nervennetz mit der Körperoberfläche verbunden war - sie fühlten die Zeit so direkt vergehen, wie ich Wasser fließen fühlte, in das ich eine Flügelhand getaucht hatte ... Gegen die Zeitmeßgeräte der Jaridians, mit denen ich nur schlicht nichts anfangen konnte, hatte er eine physische Aversion entwickelt.
Ich berührte behutsam sein kleines Behältnis mit der Medizin, das er, genau wie wir alle, immer noch um den Hals hatte, mit der Schwingung derer, die uns trug, und begann, das sanfte, fließende Lied der kleinen hellgrünen Muschel darin zu singen, den Hüter der Wasser-Gesänge dabei zwischen die Flügel nehmend. Der aus den Feuern legte die Arme um uns beide, und die aus dem Dunklen öffnete die Tiefensinne und überprüfte den Wasser-Gesangshüter. Und sehr bestimmt gab sie nach einer Weile in den Kontakt: „Du suchst die Dindaei auf ... und Du bleibst bei ihnen, bis es Dich aus eigenem Bedürfnis heraus wieder hierher zieht ...”
Was der aus den Tiefen brauchte, so sehr, daß er gerade dabei war, darüber krank zu werden, konnten wir ihm nicht geben ... Seinesgleichen verbrachte auf unserer Welt die meiste Zeit im Meer und begab sich nur ausnahmsweise auf das Trockene, und er hatte wahrscheinlich, seit wir nach Jaridia aufgebrochen waren, mehr Zeit auf dem Land verbracht als in seiner gesamten Lebenszeit davor ...
„Wir erklären es den Jaridians, solltest Du nicht zu Beginn der Beratung wieder hier sein ...wer sollte die Dindaei über ihren Entschluß unterrichten, wenn nicht Du?”
„Aber ich muß doch anwesend sein, um zu helfen, in die Ordnung und zwischen die Zeiten zu schauen ...” Seine Zwischenlider hoben sich plötzlich. „Ich werde anwesend sein, um zu helfen, in die Ordnung und zwischen die Zeiten zu schauen ...” Ein flüchtiger Eindruck seiner selbst, mit einer Flossenspitze auf mich deutend, die ich eine Art feinen glänzenden Geflechtes hoch hielt und es Trevak zeigte, mit der Frage: „Was ist mit jemandem, der ein CVI trägt?”
Der Hüter der Gesänge der Wasser straffte sich und begann, sich aus dem Kontakt zu lösen. „Danke”, ließ er uns zufließen, „danke, daß Ihr mir helft, das Gleich-Gewicht zu wahren ...” Wieder ein Bild von ihm, am Strand der Landzunge, die unser Stamm bewohnt, einen Fuß im Sand, den anderen im sanft anspülenden Wasser, bevor er sich abwandte und ins Meer davonglitt.
Wenig später war er in die Quelle abgetaucht, während wir übrigen berieten, was als nächstes zu tun sei. „Ich werde nach Aufzeichnungen über diese Welt suchen, die die Dindaei und die Sechsgliedrigen aufnehmen wird”, gab ich in den Kontakt. Den Gedanken dessen auf dem Weg hatte ich entnommen, wo ich so etwas finden würde, ebenso, wie Datenkristalle und -geräte zu bedienen waren. „Ich gehe nach draußen, auf diesen Platz”, ließ uns die Erdvolk-Gesangshüterin wissen. „Ich möchte dieses Wesen ebenfalls kennenlernen ...” „Ich begleite Dich”, sagte der Feuervolk-Angehörige, „ich wüßte auch gern mehr über sie ...”

Also brachen wir zu dritt auf. Während der auf dem Weg und die Hüterin der Erdvolk-Gesänge den beweglichen Raum im Stockwerk mit dem Hauptdurchgang verließen, wanderte ich schließlich dorthin, wo Aufzeichnungen gelagert waren, hatte den riesigen Raum rasch gefunden und war zunächst einmal ratlos zwischen den hoch aufragenden vollgepackten Gestellen, bis ich deren Ordnung durchschaut hatte ... Datenkristalle wurden sortiert nach dem Zeitpunkt, zu dem das, was sie trugen, darin eingegeben worden war, nach der Art des Ereignisses, das die entsprechende Aufzeichnung behandelte, sowie danach, wer sie gefertigt hatte ... Jaridianische Zahlen und Zeichen hatte ich inzwischen gut genug verstanden, um mich daran orientieren zu können, fand nach einer Weile das Gestell, das Datenkristalle aus dem Umlaufzyklus beinhaltete, den ich suchte, und wanderte daran entlang. Kristalle, die die Aufzeichnungen von Kampfhandlungen dokumentierten, stellten bei weitem den größten Teil alles Vorhandenen hier ... Das Schriftzeichen, mit dem der Name der Gefährtin des Heilers begann, bezeichnete eine Reihe verpackter Kristalle auf der obersten Ebene des Gestells, also begab ich mich halb flatternd, halb kletternd dort hin. Oben angelangt, stellte ich fest, daß der Gang, der zwischen den Reihen aufeinander gestapelter Kristalle frei gelassen war, schmal und schwer zu gehen war - wie kamen die Jaridians hier zurecht, und wie würde ich ...
Die Flügel fest angelegt, bewegte ich mich sehr vorsichtig vorwärts ... Nach einer unbestimmbaren Zeit hatte ich endlich fünf verpackte Kristalle gefunden, die glücklicherweise auf einem Stapel obenauf waren - ich hätte wirklich Mühe gehabt, hätte ich sie aus den Tiefen hervorholen müssen - hier konnte man sich wirklich kaum rühren ... Während ich aus den Umhüllungen der Kristalle ein Bündel improvisierte, in dem ich sie leicht transportieren konnte, näherte sich mir ein Geräusch, und auf mich zu kam ein - Gerät? Ein Wesen? Schlank, eckig, mit ein paar abstehenden Vorrichtungen/Gliedmaßen und etwas wie - einem Auge, auf dem, was wohl seinen Brustkasten darstellte ... Es blieb vor mir stehen und schien mich zu mustern, aber ehe ich eine Flügelhand ausstrecken konnte, um es zu berühren und zu verstehen, stob es plötzlich rückwärts davon, mißtönenden Lärm von sich gebend, der nicht wieder aufhörte, obwohl das Etwas sich rasch entfernte - das Gerät, entschied ich, nichts Lebendiges gab solche Geräusche von sich - die mir im übrigen unangenehm vertraut waren, ohne daß ich sie sofort hätte zuordnen können.
Ich wartete einen Moment ab, unschlüssig, was ich jetzt tun müßte oder sollte ... Da nichts weiter geschah, als daß der Lärm schließlich - endlich - verklang, vollendete ich das improvisierte Bündel, gab die gefundenen Kristalle hinein und zwängte mich wieder vor bis zum Rand des Gestells.
Ich hatte die Flügel ausgebreitet und wollte mich gerade fallen lassen, um in einer langen Schräge in den Gang zwischen den Gestellen zu gleiten, als zwei Jaridians dort auftauchten, mit aktiviertem Shaqarava, und sich suchend umschauten. Der Blick des einen fiel auf mich. „Halt!” Jetzt war auch seine rechte Handfläche auf mich gerichtet. „Wer bist Du, was tust Du da oben und wer hat Dir die Erlaubnis erteilt, Dich hier aufzuhalten?”
Mit einem Mal wußte ich, woher ich den Alarm kannte, den das einäugige Gerät von sich gegeben hatte ...
Was um Windes Willen hatte ich dieses Mal falsch gemacht, um ihn auszulösen - den Alarm, der einen unerwünschten Eindringling signalisierte? Innerhalb des Gebäudes durften wir uns unbegleitet frei bewegen, und am Eingang hierher hatten nicht einmal Wachen gestanden, nur die Knochen hatten mir gekribbelt, als ich beim Durchgehen offenbar von einem automatischen Scanner erfaßt worden war, und das hatte nichts ausgelöst ...
Bevor ich dem Jaridian antworten konnte, war sein Stammesangehöriger bei ihm, ergriff seinen Arm und drückte ihn nach unten. „Nein! Hör auf - das ist keine Feindin, das ist dieses Flügelwesen unten aus der Höhle - sie ist eine Art Botschafterin, und ihre Welt wird demnächst mit der unseren Handel treiben ... wenn Du sie verletzt, dürftest Du wirklich Probleme bekommen ...”
Sichtlich erschrocken deaktivierte der Angesprochene seine innere Energie. Den, der ihn daran gehindert hatte, sie gegen mich zu verwenden, hatte ich an der Stimme erkannt - es war der, der uns zum Ersten geführt hatte, damit wir ihm von den Dindaei singen konnten ... „Kommst Du bitte zu uns, damit wir das hier klären können?” rief er zu mir herauf, und ich beeilte mich, wie geplant in einer Schräge, die leider über die Köpfe der beiden hinweg führte, zu Boden zu gleiten, in einiger Entfernung von ihnen zu landen und mich ihnen zuzuwenden. Der Jaridian, der mich, genau wie offenbar das Gerät, für einen Feind gehalten hatte, schaute mich jetzt regelrecht verschreckt an, dem anderen war Belustigung anzusehen - und er ging auf mich zu und legte mir wortlos die rechte Hand auf die linke Schulter. Ich ließ ihn wissen, daß ich mir lediglich Kristalle geholt hatte, und registrierte etwas verwirrt, daß mein Bericht seine Belustigung noch steigerte, bis sie grün-golden in ihm vibrierte und den letzten Rest Schrecken darüber, daß sein Mit-Wachhabender ihn und sich selbst beinahe in die größten Schwierigkeiten gebracht hätte, fortspülte.
„Das fasse ich nicht ...” Er schaute auf den Eindruck, in dem ich mit angelegten Flügeln und angehaltenem Atem da stand und das loslärmende Gerät anstarrte, und grün-goldene Wellen waren um mich. „Gut, ich weiß inzwischen, daß Du bei Dir daheim auf einem Baum lebst, daß Ihr keine Technologie habt und, was solche betrifft, nicht um die elementarsten Dinge wißt - aber hat Dir Euer Atavus, der schließlich schon häufiger hier oben war, nicht erklärt, wie man das Archiv benutzt?” „Doch, ich habe ihn schließlich danach gefragt ...” Ich konnte durch die Farben und die Bilder von mir in seinem Geist nicht erkennen, worauf er sich bezog. „Ich weiß, wie man Datengeräte und -kristalle benutzt, und durch die Beschriftung an den Gestellen hier habe ich doch gefunden, was ich brauche ...” „Ja, hast Du ... aber Du bist ...” Grün-Gold überlagerte alles. „Ich bin was?” „Du bist auf das Regal gestiegen ... Ich fasse es einfach nicht ...”

Ich hatte mich wirklich daran gewöhnt, Seinesgleichen des häufigeren Anlaß zur Belustigung zu sein - angefangen mit dem Navigator auf meinem allerersten Shuttle-Flug - aber das hier verstand ich wirklich nicht ... schließlich mußten doch auch die Jaridians selbst ...
„Nein, das müssen wir nicht ...” In seinem Geist war der Eindruck seines - deutlich jüngeren - Stammesangehörigen, der ein paar Schritte entfernt stand und mich immer noch anstarrte, aber nicht mehr verschreckt, sondern vor Neugier beinahe berstend. In dem Gedankenbild zwängte sich dieser Jaridian zwischen den Kristallstapeln auf dem Gestell hindurch, mit dem Ausdruck absoluten Nichtwissens in den Gesichtszügen ... „Nein, das müssen wir wirklich nicht ...” Er bedeutete dem anderen, näher zu kommen, was dieser tat, angespannt und mit leuchtenden Augen. Ich schaute ihn an, insgesamt etwas verunsichert, obwohl weder von ihm noch von dem, mit dem ich bereits in Kontakt war, irgend etwas Bedrohliches ausging, und streckte ihm die Flügelhand hin.
Er schaute den Älteren an, dieser vollführte eine ermutigende Geste.
„Das nennen sie ‚Kontakt’ auf ihrer Welt - wenn Du sie anfaßt, kannst Du ihre Gedanken lesen, und sie Deine ...”
„Davon hast Du mir erzählt, ich erinnere mich ...” Jetzt wirkte er eher wieder ängstlich und blickte unsicher auf meine Flügelhand, dann rasch in meine Augen und schließlich zu Boden. „Ich ... ich hätte Dich fast verletzt ... Ich meine, ich kenne Dich nicht - und Du hattest doch diesen Alarm ausgelöst ...” Er schaute mich wieder an. „Es tut mir leid ...” Das strahlte er deutlich aus, und zwar nicht nur, weil es ihn selbst in Schwierigkeiten gebracht hätte - er hätte beinahe einem Wesen Schaden zugefügt, das nichts weiter war als unendlich interessant und über das er schon die merkwürdigsten Dinge gehört hatte, inklusive offenbar der seltsamsten Beschreibungen - anhand derer er sich alles mögliche hatte vorstellen, mich aber nicht erkennen können ...
Ganz sanft berührte ich meinerseits seinen linken Arm mit den Krallenspitzen und über den hergestellten Kontakt behutsam seinen Geist.
Er war wirklich viel jünger als der andere, der zudem innerhalb ihres Gefüges des Miteinanders ihm übergeordnet war - und offenbar dabei, ihm beizubringen, wie man den Wachdienst innerhalb dieses Gebäudes versah, was er genau so lernen mußte wie unsere Nichtflüggen das Ph'taalraupen-Sammeln ... Den Vergleich seiner selbst mit einem noch fell-losen, ratlos da hockenden Nichtflüggen, das auf ein nacktes, graues, sich windendes Etwas in seiner Flügelhand starrte, fand er empörend, so daß es jetzt an mir war, ihn wissen zu lassen, es täte mir leid - ich hatte nicht respektlos sein wollen ... Sein Vorgesetzter konnte sich jetzt endgültig nicht mehr halten vor Vergnügen, was für ihn gut sein mochte, aber nicht für den jungen Jaridian, der sich absolut unbehaglich fühlte - auf eine Weise, daß meine Reflexe auf ihn reagierten ... die ihm zuströmende Energie empfand er als so angenehm, daß er mich anstrahlte, worüber ich mich sehr freute.
Als der Ältere der beiden wieder zu Atem gekommen war, wurde ihm erst bewußt, wie er sich seinem Untergebenen und mir gegenüber verhalten hatte - und jetzt war das Unbehagen auf seiner Seite. Vor allem mich wollte er auf keinen Fall gekränkt wissen, wegen der Verwicklungen und Schwierigkeiten, die ihm das einbringen würde ... Und jetzt war ich diejenige, die Belustigung empfand - Belustigung über die vollkommen absurde Bilderfolge in seinem Geist: Ich, mit einer Flügelhand den Ersten an der Bekleidung zupfend, und, als dieser sich mir zuwandte, auf den Wachhabenden deutend, mit verärgertem Gesichtsausdruck ... und als nächstes diesen selbst, gesenkten Kopfes vor dem ihn etwas überragenden Ersten stehend, der, sehr zornig, irgend etwas Unerfreuliches zu ihm sagte ...
„Warum sollte das geschehen? Warum sollte ich dem Anführer von uns hier erzählen - er hat doch wirklich andere Sorgen ...” Der Jaridian schaute mich unzufrieden an. „Er wird es auf anderem Wege erfahren - Ihr könnt doch nichts für Euch behalten ...” Er verstärkte für einen Moment seinen Griff um meine Schulter.
„Das glaube ich kaum”, meinte ich. „Wenn wir später wieder Rat halten, wird es um ganz andere Dinge gehen ... und ich weiß, daß Du keinerlei Absicht hegst, mich zu kränken, ebenso, wie ich weiß, daß Du”, - ich schloß die Flügelhand behutsam um den Arm des jungen Jaridian - „mich nicht verletzen wolltest ... Was ich aber immer noch nicht verstehe, ist, wodurch ich das alles hier nun eigentlich ausgelöst habe ...”
Grün-Gold kräuselte sich wieder in der Berührung, und der Ältere hatte Mühe, sich zu konzentrieren. „Hör zu ... niemand, wirklich niemand steigt hier in irgendwelche Regale, um Kristalle herauszunehmen ... wir rufen und aktivieren einfach diese Geräte, von denen Dir eines begegnet ist und die dieses Archiv hier in Ordnung halten und überwachen, geben ihnen ein, was wir benötigen, und sie holen es uns ... Und Du hast das wirklich nicht gewußt?”
Ich hatte es nicht gewußt ... Im Kontakt teilen wir, was offen im Bewußtsein ist - alles andere wird nur berührt, wenn es eine Notwendigkeit dafür gibt ...
Für mich hatte keine Notwendigkeit bestanden, den aus den Feuern zu fragen, wie ich innerhalb des Archivs an einzelne Datenkristalle kam - ich wußte, ich würde mich zurechtfinden, was ich ja auch getan hatte ...
Der auf dem Weg war nicht auf die Idee gekommen, zu glauben, mich auf das mit den Geräten hinweisen zu müssen - für ihn war es vollkommen selbstverständlich geworden durch die vielen Male, die er schon hier oben gewesen war, und ich hatte, größte Zuversicht ausstrahlend, nur um die Erklärung der Kristall- und Datengerätsbenutzung gebeten - und diese rasch und detailliert erhalten ... Wozu sollte ich ein Gerät rufen, wenn ich etwas, auch etwas in großer Höhe, haben wollte? Zuhause hatten wir schließlich auch nichts dergleichen, um Ph'taalfrüchte aus den äußersten und höchsten Zweigen zu bergen - schließlich konnten wir fliegen und klettern ... und das Besorgen von Früchten war manchmal genau so unbequem, wie sich hier zwischen Kristallstapeln hindurch zu winden, und manchmal sah man dabei auch genau so dumm aus ...
Belustigung vibrierte jetzt in uns allen dreien. Wie hätte ich über das hier gekränkt sein können - es lag doch nur einmal mehr daran, daß wir - so sehr verschieden waren ... Ich konnte Gedanken und Lebensweise der Jaridians nachvollziehen, wann immer ich in Kontakt mit ihnen war - aber dies hier hatte mir einmal mehr klar gemacht, wie wenig ich eigentlich wirklich davon verstanden hatte ... Mit den beiden Wachhabenden teilte ich ausführlich die Erinnerung an meinen ersten Flug in einem jaridianischen Shuttle, und Grün-Gold und Sonnenhell wirbelten ineinander ...
„Weißt Du, wir kennen ja keinen Raumflug ... und es ist nicht nur so, daß wir keinerlei Technologie benutzen - wir wissen sogar nicht einmal, wie man jemandem mit Absicht einen ordentlichen Tritt versetzt ...” ließ ich dem jüngeren Jaridian zufließen, dessen Augen daraufhin sehr weit wurden.
„Wie, das weißt Du nicht? Hat Dein Älterer hier Dir das etwa nicht erklärt?” fragte ich ihn mit vorgespieltem Erstaunen über den Kontakt - und jetzt war er derjenige, der sich kaum mehr halten konnte, während besagter Älterer für den Bruchteil eines Augenblicks gekränkt wirkte - bis ihm klar wurde, was ich gerade getan hatte, nämlich mich zur Abwechslung auf seine Kosten lustig gemacht, und Grün-Gold alles andere fortwusch.
Schließlich hatte sogar er sich wieder beruhigt und fragte, ob ich denn wisse, wie ich an ein Datengerät käme, ohne das ich die Kristalle schließlich nicht lesen könne, und ich mußte gestehen, ich wußte es nicht - ich wäre einfach zwischen den Gestellen herumgewandert, bis ich auf eine entsprechende Abfolge von Schriftzeichen gestoßen wäre, und wäre dann gegebenenfalls ...
„Nein, bitte nicht ...” Der ältere Jaridian schaute mich beinahe so flehend an wie ein Sechsgliedriges, und der Eindruck desselben in meinen Gedanken ließ beide Wachhabende das Gesicht verziehen. „Sag bloß, Ihr habt Euch mit dieser Plage eingelassen ... mir sind einmal ein paar dieser Wesen in ein Transportschiff geraten, auf dem ich eine Zeit lang eingesetzt war, in einem undichten Ladungsbehältnis - das war mit der anstrengendste Flug meiner bisherigen Dienstzeit ...”
Ein Eindruck zweier Sechsgliedriger auf einer Gerätekonsole auf der Brücke, die untersuchten, wie lose die darauf befindlichen Tasten befestigt sein mochten, während ein drittes damit beschäftigt war, ein langes dünnes Werkzeug, mit dem man Zeichen direkt auf einen Bildschirm geben konnte, in sich verschwinden zu lassen. „Und ausgerechnet der Kommandant mußte unbedingt eines anschauen ... Was hast Du Dir denn für Aufzeichnungen besorgt?”
Ich ließ es beide wissen. „Daß Evakuierungspläne für unsere Welt erarbeitet werden und daß wir hier nicht allein sind, wurde bereits offiziell innerhalb des Hauptkommandos bekanntgegeben”, meinte der Ranghöhere. „Aber wieso wollen die - wie heißen sie? - diese Meeresbewohner, daß wir auch die Sechsgliedrigen vor dem Untergang bewahren? Die verfügen doch nicht einmal über ein Minimum an Intelligenz ...”
Ich war in Gedanken in Berührung mit dem rätselhaften Geist des Geschöpfes, das mich als erstes angesprungen hatte. „Ich weiß es nicht ... wir verstehen es auch noch nicht ... es hat mit ihrer Verwandtschaft mit ihnen und mit dieser Welt zu tun, und deshalb habe ich diese Kristalle hier herausgesucht ...”
Der jüngere der beiden Jaridians war kurz vor dem Ausgang des Archivs an einem Gerät neben dem ersten Gestell stehen geblieben und betätigte eine auffallend große Taste daran. „So besorgst Du Dir hier, was Du brauchst ...” Nach sehr kurzer Zeit erschien, an einer der Streben des Gestells herabgleitend, ein Etwas wie das, das mich angelärmt hatte. Es richtete sofort sein Auge - nein, seinen visuellen Sensor - auf mich, und der junge Jaridian berührte eine Stelle unterhalb dieses Sensors, woraufhin sich dort etwas öffnete und ein kleiner Bildschirm und eine Tastatur sichtbar wurden. Der Jaridian benutzte letztere, auf dem Schirm erschien die winzige holographische Darstellung eines Datengerätes, daraufhin ließ der Wachhabende das einäugige Stück Technologie los und es stob rückwärts davon, mit der gleichen Geschwindigkeit, mit dem sich das andere von mir entfernt hatte.
„So leicht geht das ...”
Etwas später tauchte das Gerät wieder auf, in einer der an ihm befestigten Vorrichtungen befand sich, was ich benötigte. Der jüngere Jaridian nahm es ihm ab und überreichte es mir. Ich bedankte mich und hatte irgendwie das Gefühl, das auch für das Gerät tun zu müssen, auch wenn es mir im gleichen Moment wieder absurd vorkam ... die Technologie der Jaridians war nicht lebendig ...
Die beiden Wachhabenden begleiteten mich bis zum Höhleneingang, der jüngere die ganze Zeit über mit mir im Kontakt, voller Neugier und Faszination dem folgend, was ich ihm über unsere Welt zufließen ließ, nach der er mich gefragt hatte. Er wäre am liebsten bei mir geblieben, aber sein ihm Übergeordneter erinnerte ihn energisch daran, daß er noch sechs weitere Zeiteinheiten Dienst vor sich hatte ...

In der Höhle war ich allein. Der aus den Tiefen war jetzt vermutlich bei den Dindaei, und ich fragte mich, was wohl die Erdvolk-Gesangshüterin und der auf dem Weg vielleicht gerade mit den Sechsgliedrigen erlebten ... Ich machte es mir auf dem Mitte-Lager bequem, aktivierte das Datengerät und schob den ersten der fünf Kristalle hinein.
Jaridianische Schiffe sendeten selbsttätig während eines gesamten Fluges alles, was ihre externen und internen Sensoren aufzeichneten, an das Hauptkommando, vom Beginn der Vorbereitungen dafür bis hin zu den sich an einen absolvierten Einsatz anschließenden Wartungsarbeiten - vorausgesetzt, sie überstanden ihn ...
Die beiden ersten Kristalle enthielten keine Informationen über die Meereswelt, um derentwillen die Gefährtin des Heilers sich und ihr Schiff in den Abschied gestürzt hatte - dafür enthielt der dritte fast nichts anderes.
Dieser Planet kreiste um eine Sonne ähnlich der, um die sich Jaridia bewegte, und besaß die gleiche Schwerkraft wie Jaridia selbst. Drei sehr unterschiedliche Monde umtanzten ihn und hielten die Wasser, die ihn bedeckten, in ständiger Bewegung ... die Jaridians hatten Sonden auf diese Welt geschickt, bereits, als sie zum ersten Mal mit den Taelons um sie kämpften und gewannen, und die Aufzeichnungen in dem Kristall waren eine Abfolge dessen, was diese Sonden ins All sandten und was die Sensoren des heranfliegenden Kreuzers davon aufgefangen hatten.
Es gab eine zusammenhängende Fläche Landes, die ein Viertel der Oberfläche des Planeten ausmachte und die sich etwas ober- und unterhalb seiner Mitte - „Äquator” nannten sie die Jaridians - wie ein breites Band zog. Das Klima dort schien angenehm warm zu sein, vielleicht so wie bei uns zu Beginn einer Warmphase, wenn die Zeit des Neubeginns gerade ausklang ... Das Land wirkte hellgrün und sehr lebendig, es schien reichlich ungewöhnliche Pflanzen zu geben und bewegliche Wesen verschiedenster Art und Größe ...
Das sich in alle Richtungen scheinbar unendlich ausdehnende Meer war tatsächlich braun, und die Farbe war bedingt durch eine unvorstellbar winzige Pflanze, die seine obersten Schichten bevölkerte ... Jetzt hatte sich die Darstellungsfläche auf dem Bildschirm geteilt - die eine Hälfte war eigentlich dunkel und wurde offenbar nur von einer Beleuchtungsvorrichtung an der Sonde erhellt, die andere zeigte ein grünes Gewirr, das ich nicht deutlich erkennen konnte. Über beide Bilder liefen jetzt Zahlenreihen - und irgend etwas daran kam mir merkwürdig bekannt vor ...
Ich berührte die beiden Darstellungen mit je einer Krallenspitze der rechten Flügelhand ... und vernahm in der dunklen den gleichen Gesang, den der aus den Tiefen gesungen hatte, als er das Gedankenbild dieser Welt berührt hatte - das Lied der Meeresschichten, in denen die Dindaei lebten ... Die dunkle Seite des Bildschirms zeigte tatsächlich Unterwasser-Aufzeichnungen, ausgestrahlt von einer Erkundungssonde, die im Meer gelandet war und vermutlich noch immer von da aus sendete.
Das eigentlich Verwirrende aber war das Lied der hellen Schirmhälfte ... Ich hatte Mühe, die winzigen jaridianischen Schriftzeichen zu entziffern, die besagten, daß die aufzeichnende Sonde über Land niedergegangen war, offenbar in eine Art Gestrüpp, und die Atmosphäre überwachte - und das Lied dieser Atmosphäre schloß ein Klangband ein, das exakt genau so, allerdings kraftvoller und breiter, nämlich über vier Achtton-Schritte ausgeführt anstatt über nur einen, im Gesang der Meerestiefen zu finden war ... im Gesang der Meerestiefen dieser fremden Welt ebenso wie in dem derer Jaridias.
Und innerhalb dieses Klangbandes gab es etwas Besonderes - eine einzelne, seltsam blaßgrüne Frequenz, die matt zu leuchten schien und mich an etwas erinnerte ... an etwas, womit ich noch vor kurzer Zeit zu tun gehabt hatte ... an etwas - Unangenehmes, obwohl es hier gut und stimmig klang ...
Blaßgrünes, seltsam mattes Leuchten ... blaßgrün oder blaßgrau? Das war nicht einmal eine definierbare Farbe ...
Ich spürte sehr genau in das hinein, was da schwang und sich gar nicht unangenehm anfühlte ... Das undefinierbare Grün leuchtete in seinem Kontext und schien sogar Duft und Geschmack zu haben, frisch und anregend wie Ph'taalfrüchte, die so winzig und unreif sind, daß man keine zwei davon essen kann, ohne daß es im Inneren zu schmerzen beginnt ... Eine einzelne machte wach und half, Schwere und Trägheit zu überwinden, zum Beispiel nach tief erschöpftem Schlaf nach einem langen Flug, aber zwei ... unangenehm ... Ich konzentrierte mich wieder auf diese merkwürdige Farbe, und dann öffnete sich meine Erinnerung diesbezüglich vollständig ... und das Gefühl leichter Aversion, das das Erinnern mit sich gebracht hatte, steigerte sich zu solcher Intensität, daß ich den Bildschirm losließ.
Erschrocken schaute ich auf meine rechte Flügelhand, konnte aber keine Veränderung oder gar Verletzung feststellen. Ich öffnete die Tiefensinne - es war gut gegangen ...
Das undefinierbare Grau-Grün war die Farbe des Lichtes, das Abschied bringt.
Ich hatte etwas berührt, das - harte Strahlung abgab ...
Nein, nicht tatsächlich, rief ich mich zur Ordnung. Nur die Aufzeichnungen zweier Sonden von einem Planeten, der etwas enthielt, von dem sie ausging, sowohl in seinen Wassern als auch, in viel geringerer Menge, in seiner Atmosphäre ...
Die Zusammensetzung der Wasser dieser Welt entsprach der Zusammensetzung der Meere Jaridias - das hieß aber doch ...
Die Dindaei lebten in einer Umgebung, in der irgend etwas harte Strahlung abgab? Und gediehen darin? Und der Aufenthalt bei ihnen hatte bei dem aus den Tiefen keinerlei Schaden hinterlassen bisher - sonst hätten wir das im Kontakt sofort gespürt ...
Frischer, anregender Geschmack ... eine einzelne der winzigen, unreifen Früchte machte wach ... die Sechsgliedrigen hatten nach dieser Welt in mir getastet mit ihren Zungen ...
Ich hockte völlig perplex da, unfähig, das alles hier wirklich zu durchschauen.
Was wußte ich über die Dindaei, was wußte ich über die Sechsgliedrigen und was wußte ich über harte Strahlung?

 

Ende von Kapitel 37

 

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