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  „Aveenas Lied” von AlienVibe   (Emailadresse siehe Autorenseite),   August 2002
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Trevaks Vermächtnis: Der Stein / Was im Tiefsten heilt / Gute und schlechte Nachricht
Zeitpunkt:  weit vor Beginn der ersten Staffel
Charaktere:  Trevak, der Verwalter, dessen Gefährtin, der Anführer, die Zweite, der Heiler, der Sprecher, die Gesangshüterin derer im Dunklen, der Hüter der Wasser-Gesänge, der auf dem Weg, Aveena (eine Jaridian, ein bewaffnetes Wesen, ein Taelon, die beiden Wachen vor der Höhle, eine unbekannte Anzahl Dindaei)
 

 

AVEENAS LIED

Kapitel 29

 

Das Lied vom Ganzen war im Kreis.
Die aus dem Dunklen gab einen glitzernden Laut der Freude von sich. Der Gesangshüter derer in den Tiefen öffnete die Zwischenlider. Der auf dem Weg hatte den Blick, der hindurchschaute, auf den Gegenstand gerichtet, den Trevak hochhielt, und den Jaridians und mir waren Atem und Stimme weggeblieben. Der Gefährte der Zweiten hatte zu zittern begonnen.
In meinem gesamten bisherigen Leben hatte ich noch nie etwas Gefertigtes von solcher Schönheit und solcher Kraft gesehen oder gefühlt.
Das Innerste von Trevaks Vermächtnis war ein Stein, einer der gelb phosphoreszierenden Steine aus dieser Höhle, so groß, daß ich ihn mit einer Flügelhand nicht hätte umschließen können. Und es war dem Urahnen des Gefährten der Zweiten gelungen, dieses Stück Fels dazu zu bringen, das Lied vom Ganzen zu singen - und gleichzeitig das Lied der Zukunft der Seinen ... Der Stein erinnerte in der Form an etwas, was wir auf der, die uns trug, ab und zu an den Stränden der Meere fanden: die Versteinerung eines leicht ovalen, flachen Geschöpfes, das in den Ozeanen zuhause war ... in jeder dieser Versteinerungen gab es in der Mitte eine runde, ganz durchgehende Öffnung - könnte man auf der Oberfläche dieses Gebildes herumwandern, stieße man nie an einen Rand oder eine Grenze und wäre in dessen „Inneren” immer noch im „Außen” ...
In den sanft schimmernden, vollkommen blank polierten Stein waren in exaktem Abstand voneinander insgesamt vier breite Kerbungen eingearbeitet, die vom unteren Ende der durchgehenden Öffnung aus über die Außenwölbung liefen und oben wieder eins wurden mit der Öffnung. Trevak hatte Adern und Maserungen im Material so geschickt ausgenutzt, daß jede Kerbe einen anderen Farbton aufwies - eine war blaß und undurchsichtig, beinahe weiß, die daneben leuchtete grünlich, die dieser gegenüber glänzte in einem bläulichen Farbton und die gegenüber der weißen war sehr dunkel, ein tiefes Braun, das wie Schwarz wirkte ... Aus den Flächen dazwischen waren winzige Schriftzeichen herausgearbeitet, einige etwas größer als die anderen, und letztere formten, betrachtete man nur sie, eine exakt proportionierte vierfache Spirale rund um den gesamten Stein.
Ich hatte sämtliche Tiefensinne weit geöffnet. Das hier war nicht nur leuchtende Schönheit - es war viel, viel mehr ...
Der Trevak, der vor so langer Zeit Abschied genommen hatte, hatte irgendwann in seinem Leben das Ganze gespürt - durch seine Freude an den Mustern der Ordnung im Leib der Welt, die ihn trug ... die Muster, die er nur aus dem Gestein herausarbeiten mußte, damit sie sich ihm und allen, die das, was er schuf, anschauten und berührten, erschlossen ... und er und die Seinen davon lernen konnten ... und er hatte verstanden, daß nicht nur er und die Seinen Teil dieses Ganzen waren, das er durch diesen Stein hier so präzise beschrieben hatte, sondern daß auch die Seinen und die Taelons in ihrer absoluten Gegensätzlichkeit - ein Ganzes darstellten ... die verfeindeten Teile von etwas, was einmal Eines war ... Als Krieger bedeutete es ihm Ehre, gegen die Taelons zu kämpfen - und daran hatte er zum ersten Mal - auf einer sehr ungewöhnlichen Ebene - verstanden, warum die Jaridians ohne sie nicht vollständig waren - der Krieg gegen sie war ihnen Lebensinhalt geworden ... was wäre er, der Krieger, ohne seinen Gegner?
Der Urahn des Gefährten der Zweiten war viel mehr als ausschließlich Krieger - und das hatte ihn auf die nächsten Ideen gebracht, warum Jaridians und Taelons miteinander vollständiger sein könnten als ohne einander. Bearbeiteten Taelons Steine, so wie er? Was taten sie, um die Muster der Ordnung zu erkennen, was, um sie festzuhalten, sie sicht- und fühlbar zu machen, damit alle daran lernen konnten?
In das Ganze hinein zu fühlen, dessen Muster der Ordnung zu erkennen und danach zu handeln, brachte neue Fülle ins Leben ... Er hatte dadurch schon viele Dinge gefunden, die den Seinen Wohltat waren, ohne daß sie mit Kampf und Krieg zu tun hatten ... Und aus all dem heraus hatte er auch die Formel für den Tachyon-Konverter beiseite gelegt. Er hatte lange damit gerungen; etwas stimmte damit nicht. Er wollte keine Waffe entwickeln, die zwar über unvorstellbare Zerstörungskräfte verfügte, aber völlig unberechenbar schien ...
Das komplexe Zeichen, das den Begriff „Tachyonkonverter” darstellte, gehörte zu den größeren, die die vierfache Spirale formten.
Die Farben der vier durchlaufenden Einkerbungen erinnerten mich an die Farben des Gewebes aus dem ersten Lied des Rathaltens damals - dessen Rhythmus ich im Gesang des Steins wiederfand, eingewoben in all die anderen Lieder ... ähnlich den aufflammenden Farben des Zeichens derer auf dem Weg, als sich deren Ziele erstmals klar abzeichneten ... Taelons, Jaridians, die des Dritten Weges, die Vereinten ... vier Wege ... vier Wege, die aus dem Ganzen wieder in das Ganze führten, das dafür sorgte, daß keines seiner Teile verloren ging ...
Vier gleich breite, gleich lange, gleich tiefe Kerbungen, die aus dem unteren Ende der Öffnung entsprangen und an deren oberen Ende wieder eins damit wurden ... nur die Farben unterschieden sich ... Keine der Kerben war besonders gekennzeichnet, keine war schöner oder anziehender dargestellt als die anderen ... Sehr behutsam streckte ich in Gedanken die rechte Flügelhand aus und berührte eine der Vertiefungen im Stein. Der Kontakt mit der grünen vermittelte ein Gefühl enormer Kraft, aber einer Kraft, die weniger wurde, weil sie sich blind verausgabte ... Mein Herzschlag geriet aus dem Rhythmus, und ich nahm die Krallenspitze aus der Einkerbung und berührte die nächste, die dunkle.
Hunger, Unerfülltsein ... Nehmen und Nehmen und nicht genug ... der Eindruck eines Verletzlichen, der vor mir floh ... ich ließ den Stein los, zutiefst erschrocken, und wagte nicht, ihn erneut zu berühren.
Die aus dem Dunklen hob in Gedanken die Hand und legte vorsichtig die Spitze einer Grabklaue in die bläuliche Kerbe. Kälte wurde spürbar, verbunden mit dem Gefühl, losgelöst zu sein von allem ... vieltausendstimmiger Klang, in dem zusammengehörende Stimmen als eine sangen: „Anderes als wir ist ohne Wert ...” Ich nahm über den Kontakt wahr, daß der Verwalter heftig zusammenfuhr, er ließ aber nicht los.
Auch ich mußte Kraft aufbringen, um im Kontakt zu bleiben. Das ohne Angst und Widerwillen berühren zu können, würde ich offenbar ganz neu lernen müssen ... Die Erdvolk-Gesangshüterin zog die Klaue zurück, und der aus den Feuern legte behutsam eine Fingerspitze in die letzte Kerbe (in die erste? In welcher Reihenfolge mochte Trevak sie geschaffen haben?).
Weiß und Gold flutete durch den Kreis, kraftvoll und wärmend. Angst und Widerwille in mir lösten sich in Annehmen auf ... in Annehmen der Tatsache, daß die Energien, die die blaue Kerbe beinhaltete, existierten und daß sie Berechtigung dazu hatten, so wie ich selbst, auch wenn ich sie im Moment nur meiden wollte ... und in Annehmen dessen, daß ich nicht in meiner Kraft war und mich an das Weiß und Gold anlehnen mußte, das sanft über meine sich immer noch durch das Fell abzeichnenden Knochen strich ... Die Farben berührten den Verwalter und umhüllten ihn, umwirbelten Trevak, der den Stein hielt, formten darauf die Viererspirale nach und und waren in ihn hinein verschwunden.
Vier Kerben.
Vier Wege ...
Und plötzlich das Gefühl, nicht mehr wir umringten das Innerste von Trevaks Vermächtnis, sondern dieses umschließe uns ... als wären wir „im Inneren” der Öffnung, die es ganz durchzog ... Wir konnten die vier Wege sehen, die daraus entstanden und dorthin zurück führten ...gleich breit, gleich glatt und präzise ausgeformt und scheinbar gleich gut zu gehen ... Und es war, als träte eine einzelne Stimme aus dem Gesang im Stein hervor, tiefes, warmes Braun mit Spuren von Grün und Gelb: „Ihr habt die Wahl ... trefft die richtige ...”
Mein Inneres wurde weit. Vor langer Zeit, in einer anderen Höhle, hatten wir ein ähnliches Lied schon einmal gehört ... und im Gegensatz zu damals schien hier die Wahl so leicht ... Alles in mir sehnte sich nach dem zuletzt berührten Weg, nach der Wärme, die da spürbar geworden war ... nach dem funkelnden Weiß, das den aus den Feuern und die Zweite umgeben und letztere geheilt hatte ... nach dem Weg der Vereinten.
Shaqarava flammte im Kreis auf und wurde sofort wieder unterdrückt. Für den Bruchteil eines Momentes war der Eindruck eines kalten blauen Augenpaars in der Berührung. Der Verwalter und ich schauten einander direkt an. „Bitte vergib ...” gaben wir gleichzeitig in den Kontakt - und mir war schmerzhaft klar, daß nicht ich es war, die hier eine Wahl zu treffen hatte ... es waren die Jaridians, der Anführer, die Zweite, der Verwalter, dessen Gefährtin, Trevak, der Sprecher ... jeder einzelne Jaridian in diesem Imperium ... Der Verwalter kämpfte mit sich, im Kontakt zu bleiben. Ich fühlte zu ihm hin - es war kein Zorn in ihm, sondern Schrecken - der Schrecken des winzigen Jungen, das er gewesen war ... Die Erinnerung an die Arbeit dessen auf dem Weg mit der Zweiten hatte in ihm die Eindrücke seines ersten Kontaktes mit einem Taelon wachgerufen ... er bemühte sich intensiv, diese aus seiner Wahrnehmung fort zu schieben, aber es gelang ihm nicht ...
Er stand zwischen seiner Gefährtin und mir. Sie schloß ihn in die Arme, und ich legte meine Flügel um beide. Der ganze Kreis rückte zusammen und gruppierte sich um uns; die Jaridians hatten ihre Energien aktiviert und stützten ihren Stammesangehörigen damit, während unsere ihn umhüllten ...
Das Nichtflügge war fortgeschleudert worden, als die Ladung der Energiewaffe die, die es zur Welt gebracht hatte, in den Rücken traf, und es lag bewegungsunfähig da, mit ansehen müssend, wie sie zu Asche wurde ...
Dieses Mal war ich nicht nur handlungsunfähiges Entsetzen wie beim ersten Miterleben dieser Szene. Mit einem Sprung war ich bei dem völlig erstarrten kleinen Geschöpf, in dessen Augen nur Angst stand, nahm es hoch, drückte es an mein Brustfell und verbarg es mit den Flügeln. Und als sich der Taelon zusammen mit dem unkenntlichen Wesen im Kampfanzug näherte, war ich mit dem Nichtflüggen nicht mehr allein hier - die aus dem Dunklen war da und trat dem Wesen entgegen, bevor es seine Füße in die Asche am Boden setzen konnte, und es wich ihr überrascht aus ... der Sprecher, die Zweite und die Gefährtin des Verwalters schirmten mich vor dem Taelon ab, der uns mit kaltem Blick musterte - das Junge bekam er gar nicht zu sehen und dieses ihn erst recht nicht. Es hatte das Gesicht in meinem Fell verborgen und klammerte sich mit beiden Händen daran, und ich hielt es fest an mich gedrückt ... Das Geschöpf in Kampfmontur hob die Waffe, aber der Taelon vollführte eine verneinende Geste. „Laß sie ... verschwende keine Ladung mehr darauf, das ist es nicht wert ...” Er wandte sich ab und zog ein Gerät aus einer seiner Taschen, offenbar eine Kommunikationseinheit, die er aktivierte. „Wir ziehen uns hier zurück - nichts hier ist brauchbar für uns. Wir desintegrieren dieses primitive Stück Technologie, sobald wir uns wieder auf dem Flaggschiff befinden.”
Er schaute uns noch einmal an. Seine Gesichtszüge drückten Abscheu aus.
Dann gab er dem Wesen mit der Waffe ein Zeichen, und beide ließen uns stehen und entfernten sich den Gang hinunter.
Der Sprecher aktivierte sein Shaqarava und hob den rechten Arm, auf die beiden zielend, aber die Zweite packte ihn an der Bekleidung. „Nein ... wir haben jetzt andere Sorgen ...” Schritte näherten sich - der Anführer und der aus den Tiefen, die eine verletzte Jaridian zwischen sich trugen, gefolgt von dem auf dem Weg. „Es gibt noch eine funktionierende Rettungskapsel”, sagte dieser. „Trevak hat dafür gesorgt und erwartet uns dort. Die Einheiten sind jeweils für zehn Besatzungsmitglieder ausgelegt ... es wird eng, aber es wird gehen ... Beeilen wir uns ...”
Wir hasteten, dem auf dem Weg folgend, durch die Gänge des havarierten Schiffes. Überall war Asche am Boden ... Als wir die Kapsel erreichten, half Trevak uns beim Einsteigen und dabei, uns so zu plazieren, daß unsere Körper sowohl die Verletzte als auch das Junge vor den Kräften schützen konnten, die in der kaum steuerbaren Kapsel auf uns einwirken würden. Er verriegelte den Einstieg hinter uns und startete, weg von dem Frachtschiff ... die Druckwelle, die die Desintegration erzeugte, erfaßte die Rettungseinheit und schleuderte uns fort ... irgendwo hin ...
Einige Zeit später schwebten wir antriebs- und schwerelos in gestirnter Dunkelheit.
Das jaridianische Nichtflügge regte sich als erstes, spürte, daß es in sicherem Halt war und blieb ruhig in meinem Griff. Meine große Erleichterung darüber war für alle fühlbar, auch für die verletzte Jaridian im Kontakt, die beim Start das Bewußtsein verloren hatte und jetzt erst langsam wieder auftauchte. Der Gesangshüter der Wasser hatte für sie zu singen begonnen, um ihr die Schmerzen zu nehmen. Sie bemühte sich, ihre Wahrnehmung zu klären. „Eines unserer Nachkommen hat den Angriff auf den Frachter überlebt?” Ich übermittelte ihr den Eindruck des Nichtflüggen zwischen meinen Flügeln. „Ihr habt es hier?” Sie versuchte, sich aufzurichten. „Bitte - darf ich es sehen?” Die Sehnsucht in ihr war schmerzhaft ... drei ihrer eigenen Nachkommen waren im Kampf gefallen ...
Ich fühlte zu dem kleinen Wesen hin, das ich hielt. Es war hungrig, und es war traurig, aber Angst hatte es nicht mehr ... der Anblick und die Berührung einer der Seinen wäre jetzt das Heilsamste für es ... Die aus dem Dunklen und die Zweite halfen der Jaridian, sich aufzusetzen, während der aus den Tiefen weiter für sie sang. Ich öffnete die Flügel und ließ sie das Nichtflügge sehen, das die Anwesenheit einer Stammesangehörigen über den Kontakt bereits gespürt hatte - das hatte wesentlich dazu beigetragen, daß es so ruhig geworden war ... und es wandte den Kopf, um sie anzuschauen ... und sie blickte zurück, so voller Wärme und Annahme, daß das Junge sich plötzlich innerlich hell und leicht anfühlte. Die Jaridian streckte die Arme nach ihm aus, und ich löste sanft seinen Griff in mein Fell und hob es hoch, daß sie es nehmen konnte ... Sie strahlte, als sie es in die Arme schloß und es ihrerseits an ihrem Körper barg.
Der Verwalter sackte in sich zusammen, zitternd. Seine Gefährtin und ich hielten ihn fest und unser aller Energie war mit ihm, als sich Bahn brach, was sein Leben lang hinter dem gnadenlosen Zorn auf die Taelons verschlossen gewesen war - Schmerz ... grenzenlose Trauer um die, die ihm das Leben gegeben hatte, und die absolute Einsamkeit in der Todesangst, die er empfunden hatte ... Ich hielt den Eindruck der Jaridian, die ihn voller Wärme anschaute und sehnsüchtig die Arme nach ihm ausstreckte, in der Berührung.
Und irgendwann war die Flut von Schmerz abgeebbt und völliger Erschöpfung gewichen. Er schaute lange auf die Jaridian, in deren Augen nur Annahme für ihn war, und seine Gesichtszüge entspannten sich. Und schließlich wehte die Erschöpfung sein Bewußtsein fort ...
Behutsam lösten wir den Kreis. Die Gefährtin des Verwalters, die Erdvolk-Gesangshüterin und ich trugen den bewußtlosen Jaridian zum Mitte-Lager und betteten ihn darauf, seine Gefährtin blieb bei ihm und hielt ihn, damit er nicht ohne Berührung war ... Wir übrigen gingen noch einmal in Kontakt.
Was immer hier geschehen war - in uns war Dankbarkeit, Teil davon gewesen sein zu dürfen ... wir waren weit davon entfernt, auch nur einen Bruchteil all dessen verstanden zu haben, aber es fühlte sich - richtig an ... der auf dem Weg gab ein Bild in den Kreis - unser aller Füße/Klauen/Krallen auf einem leuchtenden Pfad, der spiralförmig in weiten Bögen aufwärts zu führen schien und der trotz seiner durchscheinenden Konsistenz trug. Was hatte der Urahn der Gefährtin der Zweiten gesagt - wenn man in das Ganze hinein fühlte und nach dessen Mustern der Ordnung handelte, wäre plötzlich mehr Fülle im Leben ...
In das Leben der Jaridians war durch das Geschehene ein Mehr an Fülle gekommen - in Gestalt eines Mehr an Möglichkeiten ... Vier Wege ...
Daran war vieles, was unbegreiflich schien, aber zum Denken war sowieso niemand von uns mehr imstande. Trevak hatte den Stein, der das Lied vom Ganzen sang, sorgsam wieder in eine Schicht des Bekleidungsmaterials gehüllt und hielt ihn unbewußt an den Körper gedrückt. Die Gefährtin des Verwalters war an dessen Seite eingeschlafen. Der aus den Tiefen hatte seit langem erstmals wieder Risse in der Haut ...”Wir brauchen alle eine Unterbrechung”, sagte der Anführer. „Keiner kann sich mehr konzentrieren, Ihr benötigt physische Regeneration und Trevaks Vermächtnis wurde bisher nicht einmal den elementaren Tests und Untersuchungen unterzogen ...” Er zog eines der allgegenwärtigen kleinen Geräte mit aufklappbarem Bildschirm hervor, konsultierte es und überlegte einen Augenblick. „In zehn Zeiteinheiten setzen wir die Beratung fort”, meinte er. „Wir hatten zuvor schon beschlossen, dies hier unten zu tun, zum einen Euretwegen und zum anderen deshalb, weil das Meiste, um das es jetzt geht, mit all dem hier ...” - er wies auf die vier steinernen Bildnisse, von denen das letzte jetzt offen stand - „...zu tun hat ... Ich sorge dafür, daß der Heiler noch nach Euch schaut ...” Sein Blick ruhte für einen Moment auf seinen beiden Stammesangehörigen auf dem Mitte-Lager, dann löste er sich aus der Berührung, und die anderen taten es ihm gleich.
Kurze Zeit später waren wir vier allein mit den beiden schlafenden Jaridians. Der aus den Tiefen glitt ins Wasser. Ich reichte ihm einen Nahrungsriegel und sorgte dafür, daß er ihn aufaß, bevor er ganz abtauchte. Der auf dem Weg, die Gesangshüterin des Erdvolkes und ich teilten Wasser und Nahrung, bevor die aus dem Dunklen sich auf den blanken Fels und wir uns auf das Mitte-Lager betteten, die beiden Jaridians zwischen uns nehmend. Keiner von uns bekam mehr mit, daß der Heiler uns auf-
suchte ...

Als ich wach wurde, von irgend etwas Ungewohntem, das sanft und unterschwellig in der Höhle schwang, waren der Verwalter und seine Gefährtin fort - ich mußte tief und ohne jeden Traum geschlafen haben, daß ich ihr Weggehen nicht bemerkt hatte - und der aus den Tiefen schaute mich mit leuchtenden Augen über den Beckenrand hinweg an. „Gut, daß Du wach bist ... ich hätte sonst Dich oder die anderen wecken müssen, um es jemandem zu sagen ...” Ich ging zu ihm hinüber, hockte mich zu ihm und legte ihm eine Flügelhand auf die Schulter. „Ich werde lange fort sein ...” sang er, und es war unbändige Freude in ihm. „Sie rufen mich ...” Ich spürte in den Kontakt hinein. Das Sanfte, Unterschwellige, das ich gefühlt hatte, kam aus dem Wasser ... und es war Gesang. Der extrem tiefe Unterwassergesang der Dindaei ... Entweder waren ihre Stimmen sehr stark, oder es mußten sehr viele sein, die den Hüter der Gesänge der Wasser riefen, wenn ihr Lied vom Meer aus bis hierher drang ... Seine Freude und Aufregung war auf mich übergesprungen, und mein Herz geriet aus dem Takt, als mir klar wurde, wovon die Dindaei sangen. „Du sollst geben ...Du sollst zu ihnen, um erneut zu geben ...” Er strahlte mich an. „So ist es ..” Er umhüllte mich mit seinen Flossen, zog mich zu sich ins Becken und drückte mich fest an sich. „Ich werde nicht zurück sein, wenn die Beratung beginnt ... singt den Jaridians vom Volk im Meer, singt ihnen von denen, die sich so sehr nach Kontakt sehnen ... singt ihnen von den Dindaei ...” „Das werden wir ...” Seine Energie überspülte mich in glitzernden Wellen. Für einen Moment sah ich ihn, wie er sich, völlig erschöpft, aus dem Becken in die Höhle zog und nach seinem Sauerstoff-Konzentrator griff - umgeben von leuchtender Freude, mit dem gleichen Glitzern ... Er hatte die Zwischenlider offen, und ich fühlte, daß er lächelte. Er drückte mich erneut an sich, löste dann sanft den Kontakt, ließ die Lungen zusammenfallen und war bereits untergetaucht, als seine Kiemen sich öffneten. Ich schaute ihm nach, bis er außer Sicht war.
Wie würden die Jaridians reagieren auf die Existenz der Dindaei?

Mit einem Mal hatte ich das Gefühl, sie sollten sofort davon erfahren, ,jetzt gleich, noch bevor in - wie vielen Zeiteinheiten? - die unterbrochene Beratung wieder aufgenommen würde ... Ich wollte aus der Höhle stürmen, den nächstbesten Jaridian zwischen die Flügel nehmen und ihn mit dieser unglaublichen Nachricht und meiner Freude darüber überschütten, aber irgend etwas hielt mich zurück. Es war so wichtig, daß die Jaridians es gut aufnahmen, daß sie ihre Welt mit einem weiteren Volk teilten - vielleicht sollten es die zuerst erfahren, mit denen wir die ganze Zeit über bereits intensiven Kontakt hatten - sie würden uns zumindest eher glauben als irgendeiner der Ihren, der eventuell noch nicht einmal die Erfahrung der Berührung mit uns geteilt hatte ... und ich kannte sie inzwischen gut genug, daß ich wußte, daß es den Führenden sehr wichtig war, über Sachverhalte solcher Tragweite als Erste unterrichtet zu werden ...
Bei uns zuhause hätte ich genau das getan, was mein erster Impuls mich beinahe hätte tun lassen - ich wäre mit dem ersten der Unseren, dem ich über den Weg gelaufen oder geflogen wäre, in Kontakt gegangen und hätte ihn alles über die Dindaei wissen lassen, was ich selbst über sie wußte - und bei der Begeisterung, die ich über sie empfand, wären wir rasch umringt gewesen von allen in Fühlweite, die dann mit uns geteilt hätten ... in Wellen und Kreisen hätte sich der neue Gesang über unsere Welt ausgebreitet ...
Hier, auf Jaridia, war das anders.
Der Anführer war hier derjenige, dem als Erstem von den Dindaei zu berichten wäre ... und ich hatte die Ordnung unter den Seinen so verstanden, daß er auch derjenige war, der entschied, wer sonst noch davon erfahren sollte ... Auf dieser Welt gab es viele Gesänge, die nur wenige kannten ...
Ich stieg aus dem Wasser und schüttelte mich trocken. Unsere Vorräte waren ergänzt worden, unter anderem auch um ein neues Behältnis mit Medizin. Während ich es öffnete und daraus trank, erwachte neben mir auf dem Boden die Gesangshüterin derer im Dunklen, streckte sich, ging in Kontakt mit mir und folgte dem, womit ich in Gedanken beschäftigt war. „Du hast recht”, meinte sie über die Berührung.
„Ich glaube, die Jaridians werden zufrieden sein, wenn wir diesmal ihre Regeln achten - so merkwürdig sich diese für uns auch anfühlen mögen ...”
Der aus den Feuern schlief noch, unruhig träumend von Trevak und einer Art durchsichtigen Nachbildung des Steins, der das Lied vom Ganzen sang. Die Erdvolk-Gesangshüterin hatte sich von meinem Dringlichkeitsgefühl anstecken lassen, und wir beschlossen, den Anführer jetzt sofort aufzusuchen, vielleicht war das Wissen um das Volk im Meer von größerer Bedeutung für das, was später beim Rathalten gesungen werden würde, als wir uns überhaupt vorstellen konnten ...
Weder sie noch ich hatten den riesigen runden Stein, der die Höhle verschloß, bisher mit dem Mechanismus bewegt, den die Jaridians benutzten. Die aus dem Dunklen stellte sich davor, beide Füße fest auf dem Boden, legte die Hände darauf, wölbte den Bauch, so daß sich die Kante der Knochenplatte darin deutlich abzeichnete, atmete tief ein und begann zu singen - den vibrierenden Klang, mit dem sich der Durchgang normalerweise öffnete. Sie setzte alle drei Resonanzsehnen mit ein - und das Stück Fels glitt mit der gleichen Mühelosigkeit beiseite, als habe ihn ein Jaridian mittels dessen bewegt, was sich in der Wand daneben befand ... Wir verließen die Höhle, die Erdvolk-Gesangshüterin wiederholte, was sie gesungen hatte und der runde Stein war wieder an seinem Platz.
Die beiden Jaridians, die den Eingang bewachten, starrten uns fassungslos an. Wir kannten sie nicht, und sie hatten von uns bisher offenbar nur gehört ... „Bitte ...”, sagte die aus dem Dunklen zu dem, der näher zu uns stand. „Wir müssen dringend mit dem Anführer sprechen ... wo finden wir ihn?” „Mit dem Anführer? Um diese Zeit? Er wird sich kaum mit Euch beschäftigen können - es ist Einsatzbesprechung, und das hat Priorität vor allem anderen ...” „Wie lange dauert diese Besprechung?” fragte ich. „Vielleicht können wir den Ort aufsuchen, wo sie stattfindet ...” „Dort habt Ihr wohl kaum etwas zu suchen ... im Übrigen habt Ihr doch sowieso später eine Beratung mit ihm ...” Er zog sein Exemplar der flachen kleinen Geräte mit aufklappbarem Bildschirm hervor und drückte ein paar Tasten darauf. „Oh ... ich habe hier die Mitteilung, diese ist auf unbestimmte Zeit ausgesetzt ... es gibt neue Entwicklungen an der Front - die Taelons haben ...” Sein Stammesangehöriger, der näher getreten war, warf ihm einen scharfen Blick zu, und er verstummte. „Worum geht es denn?” fragte der zweite Jaridian. „Vielleicht können wir Euch ja helfen ...”
Die Gesangshüterin derer im Dunklen schaute ihn an. „Es geht nicht um uns, sondern um Euch ... wir haben etwas Wichtiges in der Höhle erfahren, das vielleicht sehr viel verändern kann für Dich und die Deinen, und wir wissen, daß in Eurer Ordnung der, der Euch führt, als Erster darüber informiert werden muß ...” Ohne zu überlegen, nahm sie ihn beim Arm. „Bitte, bringt uns zu Eurem Anführer ... oder erklärt uns, wo er sich aufhält, dann finden wir ihn allein ...”
Der zweite Wachhabende starrte auf seinen Arm, die Augen weit vor Überraschung. „Das - das ist doch Unsinn”, brachte er schließlich heraus. Ich legte der aus dem Dunklen eine Flügelhand auf die Schulter. Sie zeigte dem Jaridian gerade die beiden Dindaei, denen der Wasser-Gesangshüter zuerst begegnet war. „Und selbst wenn es stimmt - was soll denn der Erste Jaridias mit einer solchen Information anfangen? Er hat nun wirklich andere Sorgen ...” „Die Dindaei sind keine Sorge”, gab ich in die Berührung. „Sie wollen Euch Verbündete sein ... sie wollen, daß Ihr es gut habt, und das, seit Euch Jaridia Heimat geworden ist ...” In den Gedanken des Wachhabenden tauchte eines der sechsgliedrigen großäugigen Landgeschöpfe auf, sein Blick fiel auf mich und er verzog das Gesicht, als das Wesen in dem Eindruck, der im Kontakt war, plötzlich abgezehrt und krank aussah. „So etwas ist doch nicht bewußt oder verfügt über Intelligenz ...” Ich ließ ihm das Bild des Wasser-Gesangshüters und der beiden Meeresvolk-Angehörigen beim Neubeginn-Weben zufließen. „Diese Neugewobenen werden einst Kontakt mit Euch aufnehmen”, sagte ich ihm.
Er betrachtete das Bild mit Unglauben und Mißtrauen, aber auch fasziniert - und schließlich siegte die Faszination, verbunden mit der typisch jaridianischen Neugier, die sich hinter dem vorgeschriebenen distanzierten Verhalten verborgen hatte. „Ich bringe Euch zum Ersten”, entschloß er sich. „Soll er entscheiden, was er damit macht ... Wie ist es denn möglich, daß ...” Ihm wurde etwas klar. „Ihr habt Euch einem ausdrücklichen Befehl des Ersten widersetzt und habt zugelassen, daß Euer Wasser-Wesen sich unbegleitet ins Freie Jaridias begeben hat?”
Darauf konnte ich ihm nur die gleiche Frage stellen wie damals dem Sprecher. „Hätte er Euch gefragt, wäret Ihr denn mitgekommen?”
Der Jaridian schaute mir in die Augen, und Belustigung spülte den aufkommenden Zorn in ihm fort. Er vollführte eine Geste zu seinem Stammesangehörigen, der die Szene aufmerksam, aber etwas verständnislos beobachtete. „Du bleibst hier ... ich bringe die Beiden nach oben ... Diese Geschichte ist zu abenteuerlich, darüber sollen sich wirklich gern die Führenden die Köpfe zerbrechen ...” Er wandte sich vom Höhleneingang ab und bedeutete uns, ihm zu folgen. Wir setzten uns in Bewegung; der andere Jaridian schaute uns verdutzt nach.
Die Jaridians hatten den Gang, der zur Höhle führte, inzwischen mit heller Beleuchtung versehen, trotzdem bekamen wir von dem, was in die Wände gearbeitet war, nicht viel mit. Unser Begleiter trieb uns zur Eile - unser unvorhergesehenes Anliegen paßte wieder einmal nicht in den straffen Zeitplan, dem alle hier unterworfen waren ... und seine Abwesenheit vom Höhleneingang verstieß gegen die Vorschriften, ließ er uns wissen.
Die schwere alte Tür stand offen, ebenfalls von zwei Jaridians bewacht. Als wir den beweglichen Raum betraten, hatte ich kaum mehr Atem, und meine Beine schmerzten von dem langen Weg aufwärts bis hier her. Es ging nach oben, sehr lange. Irgendwann hatten wir das Stockwerk erreicht, in dem die Besprechung stattfand, und wurden den Gang entlang geführt, an dessen Ende wiederum zwei Jaridians mit gezogenen Energiewaffen vor einem verschlossenen Durchgang standen. „Ihr wartet hier ...” Wir verblieben in einiger Entfernung, während der, der uns hierher geführt hatte, sich mit seinen Stammesangehörigen besprach. „In der Hälfte einer Zeiteinheit gibt es hier eine Unterbrechung”, erfuhren wir schließlich. „Geduldet Euch hier so lange, dann werden wir sehen, was wir für Euch tun können.”
Wir mußten auf Abstand bleiben. Die beiden Wachen beäugten uns mißtrauisch, auch diese Jaridians hatten noch keinen Kontakt mit uns gehabt. Der, der uns her gebracht hatte, verließ uns wieder, sehr eilig.
Und wir warteten. Und selten in meinem Leben war mir das so schwer gefallen ...

Irgendwann wurde der Durchgang von innen geöffnet und gab den Blick frei auf einen großen Raum voller holographischer Darstellungen, bevölkert von Jaridians, die miteinander zu streiten schienen. Eine der Wachen verschwand darin und kam wenig später wieder heraus, gefolgt vom Anführer, der raschen Schrittes auf uns zu kam. „Ich habe kaum Zeit für Euch, es tut mir leid ... Daß die Beratung verschoben ist, wißt Ihr sicher schon ... an der Front ist eine unvorhergesehene Situation eingetreten, von der wir noch nicht wissen, wie wir ihr am sinnvollsten begegnen ...” Er legte jeder von uns eine Hand auf den Rücken. „Was ist so wichtig, daß Ihr mich dafür aus einer Einsatzbesprechung rufen laßt?”
Ich spürte den Druck, unter dem er stand, nur zu deutlich - aber auch, wie sich sein Geist, der alles im Blick hatte, was bisher auf dieser Besprechung gesungen wurde, einmal mehr weitete, um aufzunehmen, was von uns zu erfahren war. Er hatte sich uns zugewandt und war ganz Präsenz.
Und wir teilten mit ihm unser Wissen um die Dindaei.
Er war im ersten Moment nur schockiert. „Wenn ich nicht wüßte, daß Ihr nicht bewußt die Unwahrheit sagen könnt ... Seid Ihr sicher, daß ... Ich meine, ich weiß doch, wie intensiv die Visionen sein können, die Ihr miteinander und mit uns zu teilen in der Lage seid ...”
Ich ließ ihn spüren, was der aus den Tiefen mich hatte spüren lassen, auf sämtlichen Ebenen der Wahrnehmung. Ich gab die Kraft in die Berührung, mit der der Hüter der Wasser-Gesänge umschlungen worden war. „Er ist wieder bei ihnen ... sie haben ihn gerufen ...”
Etwas in dem Ersten Jaridias war tief bewegt, und er gestattete sich ganz kurz, das zu fühlen, bevor sein Verstand zugriff, gleichzeitig voller Zweifel und bereits den Nutzen abwägend, den diese Information, so sie denn stimmte, für die Seinen haben mochte. Bewußtes Leben in den Tiefen der Ozeane, das um die Jaridians wußte und ihnen wohl wollte ...
Ein Bild schob sich darüber - eine riesige Taelon-Flotte, auf deren Seite an einer bestimmten Stelle der Front zusammen gezogen, offenbar abwartend.
Die Unterwasser-Stimmen, über die dieses Meeresvolk verfügen sollte ... wir zerstörten Fels mit wesentlich weniger Stimmkraft ...
Er schaute uns an, atmete tief aus und schob alle Eindrücke und Gedanken, die sich auf die Dindaei bezogen, beiseite. „Ich weiß, daß Ihr mich nicht belügt ... aber in all der Zeit, die seit der Besiedelung Jaridias vergangen ist, gibt es nicht eine einzige Spur, nicht eine einzige Aufzeichnung über eine solche Rasse ... Es müßte doch Hinweise darauf geben, wenn sie versucht haben, mit uns Kontakt aufzunehmen ...” „Sie haben Euch gerufen, immer und immer wieder, und sie tun es noch ... Sie haben die Wasser für Euch gefärbt ...” „Die Wasser gefärbt?”
Ich ließ ihn sehen, was mir der Gesangshüter der Tiefen gezeigt hatte: eine Dindaei, die, den feinen gespinstartigen Gewebsstrang, über den offenbar alle ihres Volkes verfügten, weit ausgespannt, einen Kreis schwamm, wieder und wieder. Das zarte Gewebe war ins Innere des Kreises gerichtet und in weicher, wellenartiger Bewegung. „Wasser trägt Information ... es hat Duft und Farbe, Geschmack und Schwingung ...” Der Anführer sah mich verständnislos an. „Der aus den Tiefen könnte Dich das klarer fühlen lassen ...” Ich hatte es selbst nicht richtig verstanden, ich wußte nur, daß die im Meer auch damit kommunizierten, ebenso wie mit ihren leuchtenden Körpern und den tiefen Stimmen.
Für einen Augenblick ließ der Anführer wieder Bewegtheit durchscheinen, dann war erneut der Eindruck der Taelon-Flotte im Kontakt und überlagerte alles andere. „Ich danke Euch, daß Ihr damit als Erstes zu mir gekommen seid; ich weiß es als Geste zu schätzen. Mir ist klar, daß Ihr das nicht für Euch behalten könnt - sobald Ihr daran denkt und einer der Unseren berührt Euch, weiß derjenige es auch. Einige von uns werden über solche Ideen sicher begeistert sein ...” In der Berührung war kurz der Eindruck der Zweiten und ein Bild von Trevak. „Aber die Meisten werden nichts damit anfangen können ... Es tut mir leid, aber zur Zeit ist für nichts anderes Raum als für das Geschehen an der Front.”
Jetzt war der weiß leuchtende Umriß des Tachyon-Konverters in der Berührung, so, wie ich ihn in den Gedanken des Gefährten der Zweiten gesehen hatte. Der Anführer hatte Trevak beauftragt, alle laufenden Entwicklungen und Erprobungen von Technologie zu unterbrechen, um sich auf dieses Gerät zu konzentrieren - er befürchtete, vielleicht schon bald eine Waffe von der Zerstörungskraft, die ihr ursprünglicher Erfinder ihr unterstellt hatte, zu benötigen .. grellweißes Aufblitzen, und statt der riesigen Taelon-Flotte trieben nur noch einzelne Trümmerstücke im All.
In mir wurde es sehr eng.
Und gleichzeitig spürte ich, daß es dem Ersten nicht anders erging ... „Dieser widerwärtige T'than und seine vollkommen unlogisch erscheinenden Winkelzüge ... gerade das macht ihn so gefährlich ... Was wollen die Taelons ausgerechnet von den beiden schwächsten Planeten der gesamten Frontlinie? Da gibt es nichts, was sich für sie auch nur im Mindesten lohnt ... der eine hat Euren Schild bekommen, der andere wird gerade evakuiert. Die Taelons verwenden keine metallischen Rohstoffe ...” Hinter dem, was er in den Kontakt gab, liefen in seinem Geist zeitgleich mehrere komplexe Szenarien möglicher Angsriffsvarianten der Taelons und der erforderlichen Gegenmaßnahmen. Er blicke uns beiden in die Augen. „Ich will auch, das es aufhört, genau wie Ihr”, sagte er, und wir fühlten, daß es ihm in diesem Moment nicht nur ernst damit war, sondern daß ihn das genau so überraschte wie uns. „Aber bis dahin ...” Er löste behutsam den Kontakt. „Ich muß zurück in die Einsatzbesprechung. Ihr werdet benachrichtigt über alles, was für Euch von Belang ist. Bewegt Euch frei innerhalb des Gebäudes - aber haltet wenigstens Ihr Übrigen Euch an die Weisungen der Meinen ...” Er warf mir einen langen Blick zu, dann wandte er sich ab. Die Tür zum Besprechungsraum schloß sich hinter ihm, und wir waren wieder allein mit den beiden Wachhabenden, die uns statt mit Mißtrauen inzwischen mit Neugier beäugten.

 

Ende von Kapitel 29

 

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