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Irgendwann versuchte ich vom Boden hochzukommen ... ich würde das Erdvolk wieder und wieder rufen ... aber ich sackte einfach in mich zusammen wie nasses Laub, und schließlich versank ich in einem Dunkel aus Angst und Erschöpfung, aus dem es keinen Ausweg mehr zu geben schien. Etwas sehr Vertrautes ließ mich aus diesem Zustand schließlich wieder auftauchen. Unter mir bebte rhythmisch der Boden - offenbar war einem der größeren Stämme in unserer Region die Höhle zu klein geworden, und sie sangen und tanzten für neuen Raum für ihren Zuwachs ... Normalerweise hätte ich mich darüber gefreut, aber ... etwas stimmte nicht, das war nicht nur der Rhythmus, der neue Räume im Inneren der Erde öffnete, da waren ungewohnte, angespannte Unterschwingungen ... „Es wird nicht sein! Nicht nur der Boden, sondern die ganze Behausung der Taelons bebte im Rhythmus tanzenden Erdvolks - Tausende von ihnen mußten hier ganz in der Nähe sein, um solche Erschütterung verursachen zu können ... ich hatte sie gerufen, und ich hatte sie erreicht. Ich streckte mich ganz aus, um Einzelheiten aus ihrem Lied mitzubekommen. Dann stieß mich etwas in die Rippen, mehrmals und schließlich so unangenehm, daß ich es nicht mehr ignorieren konnte und davor weg kroch. Über mir sagte eine zornige Stimme: „Komm endlich hoch!” und ich wurde erneut angestoßen. Die Stimme gehörte T'than. Das Beben der Behausung intensivierte sich. Der Anblick draußen war überwältigend. Allein vom Volk der Erde waren mindestens zwanzig Stämme versammelt, in deutlich wahrnehmbarer Ordnung dicht an dicht rund um die von den Taelons geschaffene Felsplattform, auf der die Behausung stand. Bei unserem Auftauchen draußen hatten sie in ihrem Tanz innegehalten. Riesige Schwärme meines Volkes kreisten über der Energiekuppel und hockten in jedem einzelnen Ph'taalbaum. Und dort, wo die Landzunge ins Meer mündete, waren Scharen des Wasservolkes aufgetaucht ... ich hatte noch nie so viele meiner Welt auf einmal versammelt gesehen ... Die Erdleute hatten vor dem Ausgang aus der Energiekuppel einen Kreis frei gelassen. In diesem Kreis standen zwei aus meinem Stamm ... und die Gesangshüterin des Erdvolkes sowie der Gesangshüter der Wasser mit fest geschlossenen Kiemenspalten und aktivierten Lungen ... Die Taelons blieben stehen und bedeuteten mir, das gleiche zu tun. Jetzt herrschte atemlose Stille. Beim Anblick der beiden aus meinem Stamm und der Gesangshüter in der Mitte des Kreises vergaß ich die blauen Wesen hinter mir völlig. Ich eilte halb hüpfend, halb flatternd auf die vier zu - und sie empfingen mich mit weit ausgebreiteten Flügeln und Armen ... wir formten einen warmen, festen Kreis, und der größere Kreis der anderen um uns herum schloß sich, als sich zahllose Arme/Flügel nach uns ausstreckten und den Kontakt herstellten ... die anderen hielten mich, ich konnte nicht mehr stehen, und die ganze Angst, das ganze Entsetzen und alle hilflose Verzweiflung dieser Zeit mit den Taelons brach aus mir heraus und strömte in den großen Kreis der anderen ... und ihre Wärme, ihr sonnen-, erd- und wasserfarbenes Leuchten ließ die Kälte in mir verschwinden, die durch das Bild unserer toten Welt entstanden war, und ersetzte sie durch Kraft und den Wunsch, zu handeln... „Wir lassen es nicht zu ... unsere Welt bleibt lebendig ...” „Ihnen fehlt so viel ... wir haben genug ...” Alle um die Taelon-Felsplattform Versammelten waren jetzt miteinander im tiefen Kontakt. „Wir können sie heilen ... sie haben auf Dich reagiert ... kein Wesen sollte so etwas aushalten müssen ...” „Sie können doch bleiben ... wir bauen ihnen Höhlen ...” „Sie bleiben und wir heilen sie, dann gehören sie zu uns, als ein neuer Stamm ...” „Das Pflanzenhaus soll in der Sonne sein ...” „Wir fliegen mit den Shuttles, wir lernen ...” „Sie dürfen nichts mehr zerstören ...” „Wenn sie geheilt sind, werden sie das Ganze spüren können ... wer etwas vom Ganzen zerstört, zerstört etwas von sich selbst ...” ” Sie wünschen sich ihr Brudervolk zurück ... aber sie wollen ihr Brudervolk zerstören ...” „Die Jaridians können wir ihnen nicht wiedergeben ...” „Sie können ein neuer Stamm sein ...” Blaugrüne, sandbraune, lufthelle Ströme ... Sorge um die, die aus dem Nichts gekommen waren, und Sorge um unsere Welt ... Und alle diese Ströme ließen entstehen, was die Vernichtung des Ganzen, unserer Welt, verhindern würde. Es wurde gemeinsam entschieden, daß ich diejenige sein sollte, die den Taelons unterbreitete, was beschlossen worden war. Die beiden anderen Hüter des Gesangs und ich lösten uns aus dem Gesamtkontakt, wandten uns um und gingen vorsichtig auf die angespannt wartenden Taelons zu, die immer wieder nervöse Blicke auf die Behausung hinter sich warfen. Der Synodenführer straffte seine Gestalt und blickte uns entgegen, Zo'or richtete die Energiewaffe auf uns. Quo'on schob Zo'or zur Seite. „Was habt Ihr uns zu sagen?” richtete er das Wort an uns. T'than legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Synodenführer, Du willst jetzt mit diesen Wesen verhandeln?” fragte er ihn leise. „Ich denke, die Synode hat entschieden ?” Quo'on schüttelte ihn ab. „T'than, schau Dich mal um...” er wies auf die unzähligen Bewohner unserer Welt, die dicht an dicht immer noch im Kontakt miteinander ganz leise zu singen begonnen hatten, „Was willst Du denn unternehmen?” Er konzentrierte sich wieder auf uns. Die versammelten Stämme sangen das Lied vom Ganzen, summten mehr als daß sie sangen, und auf diesen tragenden Klängen brachte ich Quo'on und seinem Volk unsere Botschaft dar: „Volk aus dem Nichts Eure Heimat verspielt Alle anderen ließen das Lied vom Ganzen sanft stärker werden. Der Boden begann zu vibrieren, daß es unter den Füßen spürbar wurde... „Wir haben von dem, was Ihr braucht Farbenfrohe, wärmende Klänge wirbelten durch die Luft, strömten durch die Erde, Singende und Taelons verbindend ... einige der Energiewesen begannen sich zu verfärben; der Synodenführer verlor einen Teil seiner Fassade, das Wesen namens Da'an kämpfte sichtbar darum, die seine zu halten... „Laßt Euren Krieg Da'an brach zusammen, schien sich in blauviolettem Leuchten aufzulösen. T'than und Zo'or standen wie zu Stein erstarrt. Quo'on wirkte Äonen alt ... sein Blick war leer wie ein Himmel ohne jeden „Teilt mit uns und werdet ganz Intensive Wärme, Dichte, Schwingen...die ganze Vielfalt und Kraft unserer Welt in unserem alles einhüllenden Gesang...Meine Stimme erhob sich von allein im Kontrapunkt darüber: „Vier Völker Ihr seid frei zu bleiben wenn Ihr geht fühlt Ich ließ die letzten Worte ausklingen in die verflochtenen Akkorde des Liedes vom Ganzen, das vielfarbig und stark und lebendig in uns allen vibrierte und nur ganz langsam leiser wurde, leiser und durchscheinender, bis es schließlich ausklang und nur noch die Bäume und der Grund unter unser aller Füßen sanft nachschwangen. Dieses Wesen starb! Instinktiv floß meine ganze Kraft zu ihm hin, aber ich war außerstande, den klaffenden Riß in seinem innersten Sein zu füllen oder zu überbrücken, durch den seine Lebensenergie davonströmte. Jemand packte mich an den Schultern und drehte mich zu sich herum - die Gesangshüterin des Erdvolkes. Ganz sanft nahm sie mir das sterbende Geschöpf aus den Flügeln. „Laß mich das tun” sagte sie ruhig, Da'an in ihre muskulösen Arme schließend ... viele Flügel fingen mich auf, als ich den Halt verlor, und hüllten mich ein, und durch den Kontakt, den die anderen mit der Erd-Gesangshüterin hielten, konnte ich spüren, was sie tat. Da'an sah die Gesangshüterin der Erde eine Zeit lang an, mit seinen großen hellen Augen und einem undeutbaren Gesichtsausdruck, dann wandte er sich um und folgte den letzten seiner Artgenossen, die gerade die drei verbliebenen Shuttles bestiegen. Er betrat das letzte, und die drei Flugwesen hoben ab, stiegen auf und verschwanden im Nichts. Zitternd und fest zusammengekrümmt hockte ich zwischen den Flügeln der Meinen, immer noch das Bild der endlosen Wüste vor Augen, und konnte mich nicht beruhigen. Die Taelons hatten sich nicht nur entschieden, uns zu verlassen. „Die Entscheidung der Synode ist unwiderruflich...” Wir hielten Rat, hier wo wir waren, alle versammelt um die verlassene Taelon-Behausung und immer noch mehr der unseren strömten dazu ... inzwischen war die Dunkelphase angebrochen und wir wußten, daß uns nur wenig Zeit blieb ... wir hielten tiefen Kontakt, und ich ließ in diesen Kontakt rückhaltlos und ungeordnet alles einströmen, was ich an Bildern, Worten, Klängen, Gedanken und Gefühlen aus meinem Zusammensein mit den Taelons mitgenommen hatte ... und die anderen nahmen es auf und begannen es zu drehen und zu wenden, zu sortieren, neu zu beleuchten, in unsere ureigenen Zusammenhänge einzuordnen ... jemand dicht neben mir filterte einen glühend heißen Gedankenstrang aus dem Strom heraus, sehr komplex und straff strukturiert: T'thans geplantes Vorgehen bei der „Sterilisierung” unseres Planeten. Ich zuckte zurück und wollte diesen Strang um keinen Preis berühren, bekam ihn aber in die Flügelhände gedrückt ... Die Taelons würden zu Beginn der nächsten Hellphase mit einer großen Gruppe Shuttles und anderer Flugwesen am Rande der Zentralwüste auftauchen, von dort aus in einem bestimmten Muster über die Wälder fliegen und Energiewaffen abwerfen, die in einem großen Radius alles der Wüste gleichmachen würden. Über den Meeren würden Substanzen abgeworfen werden, die das Wasser so verändern würden, daß Leben darin unmöglich wäre. Es hatte ursprünglich einen anderen Plan gegeben, der vorsah, die „Sterilisierung” mit einer unvorstellbaren Waffe vom Mutterschiff aus vorzunehmen, dies war aber verworfen worden, da sich der Planet dadurch so verändert hätte, daß sich auch die Taelons nicht mehr hier hätten aufhalten können. Donner, Blitz und Sturm ... In meinem Geist entstand das Bild des schlimmsten Unwetters, daß unseren Stamm je für längere Zeit in den Bäumen gehalten hatte...Hell- und Dunkelphasen waren nicht mehr zu unterscheiden gewesen, Wasser war aus dem Himmel gestürzt, und selbst die Stärksten und Ausdauerndsten unter uns hatten nicht aufsteigen können, um in den Wolken zu tan - zen ... hatten nicht fliegen können ... nicht fliegen ... Dieses Bild, verbunden mit dem Geschmack von Regen und einem grünen Aufleuchten einer möglichen Hoffnung, ließ ich in den Kontakt strömen ... wenn wir dafür sorgen könnten, daß die Shuttles nicht fliegen konnten ... und alle griffen es auf, drehten und wendeten es wie zuvor die Eindrücke von den Taelons und T'thans Pläne ... Wenn die Sonne auf dem Höhepunkt eines Umlaufzyklus so lange brennt, daß unsere Blattdächer braun und durchlässig werden und die Früchte an den Zweigen vergären, noch bevor sie reif sind, dann fliegen wir hinaus aufs Meer und rufen die, die in strömenden Tiefen zu Hause sind, um Hilfe an. Und sie beginnen in den Wassern zu tanzen ... und Wasser steigt hinauf in den Himmel und formt sich zu Wolken ... und wir singen die Wolken über die Wälder ... und Regen fällt und erhält das Leben der Bäume, der Erde und der Unseren ... Ein kraftvoller, blaugrüner Gedankenstrang wand sich um das Bild, das ich in den Kontakt gegeben hatte - der Gesangshüter der Wasser. Die Wasser-Leute sind das älteste Volk unserer Welt, sie sind den Anfängen des Lebens so nahe wie kein anderes. Sie hüten die ältesten Legenden ... und eine davon ließ ihr Gesangshüter jetzt in den Kontakt strömen, kraftvoll und Hoffnung weckend: „ Diese Welt war einst Stein Die Legende vom Ursprung der lebenden Völker ... Und als er weiter sang, formte sich in uns allen langsam der Weg, wie wir unsere Welt vielleicht würden bewahren können. Dieser Weg würde, wenn es gelänge, ihn zu gehen, das Gesicht unseres Planeten für immer verändern; und viele von uns würden wohl nicht überleben. Aber ein Teil eines jeden Volkes würde am Leben bleiben, und ein Teil alles anderen Lebens hier auch. Wenn wir alle mit unserer Welt zusammenwirken würden, würde es keine ewige Wüste geben. Es blieb uns so wenig Zeit ... Das Dringlichste war, die Stämme zu warnen, die in den Gebieten lebten, die als erstes zur „Sterilisierung ” vorgesehen waren, damit so viele wie möglich noch fliehen konnten ... kaum war dieses Gedanke in den Kontakt gegeben, begannen schon die ersten die Warnung zu singen und aus dem riesigen Kreis herauszugeben. Als die Hellphase anbrach, hatte sich unser Kreis bereits aufgelöst. Alle bewußten Wesen dieser Welt versammelten sich ... an den Orten, von denen aus ein besonders guter Kontakt möglich war ... Kontakt mit dem Innersten unserer Welt, wo das Feuer wohnt ... mit den Stellen im Meer, an denen sich das Wasser zu riesigen Flutwellen türmen kann ... mit den kreisenden Strömen hoch am Himmel, die die Stürme gebären helfen ... Die Shuttles der Taelons erschienen und verwüsteten das Gebiet, das in dieser Hellphase dafür vorgesehen war. Alles Volk war noch in der Dunkelheit geflohen. Wir sangen und tanzten in der Luft, in den Wassern und auf der Erde. Wir sangen und tanzten mit einer einzigen, gigantischen Stimme den Gesang, den wir im Kreis gefunden hatten: „Höre, Nichts wirst Du mehr hervorbringen Höre, Millionen Füße, den gleichen Rhythmus tanzend ... Millionen Kehlen und Resonanzsehnen, die gleiche Trägerwelle aufbauend ... Millionen Flügel im gleichen Rhythmus in der Luft ... Millionen Stimmen, die gleichen Obertöne webend ... Die Erde dröhnte. Die Meere begannen zu kochen. Und der Sturm brach los. Und dann war eine neue Stimme da ... eine Stimme ungeheurer Kraft, zornerfüllt, ein gigantischer pulsierender Rhythmus unter dem unseres Rufes, der immer mehr anschwoll ... aus den Tiefen der Meere, aus den Tiefen der Felsen ... die ureigene Stimme der Welt, die uns trägt - die Stimme des Planeten selbst. Entlang der Linien, die die heiligen Orte des Kontaktes mit ihm miteinander verbinden, brach die Erde auf und hob sich empor ... und Asche, Rauch und Feuer erfüllten die Luft ... Als schließlich die Stimme unserer Welt unseren Gesang übertönte, ließen wir ihn ausklingen. Wir verbargen uns in Gebieten, wo die Erde nicht bebte, wo keine Feuer speienden Berge hervorgebrochen waren. Wir hausten im verschlungenen Geäst der Ph'taalbäume, die nicht von den tobenden Stürmen gebrochen wurden. Wir hockten dicht an dicht in den Höhlen des Erdvolkes, für eine lange, lange Zeit. Als es begann, hatten wir einmal mehr das Shuttle-Wesen in den Ästen des Ph'taalbaumes verankert, aus denen der unvermindert anhaltende Sturm es immer wieder loszureißen drohte. Ich war vorsichtig in es hinein gestiegen - die beiden Taelons saßen in ihrer erstarrten Haltung mit geschlossenen Augen da wie sonst auch, aber statt des gewohnten blaßblauen Farbtons erschien ihre Haut aschfahl, und ihre angespannten Gesichtszüge drückten etwas wie Verzweiflung aus ... eine flackernde, ungute Vibration erfüllte das Shuttle, etwas war überhaupt nicht in Ordnung ... Sehr vorsichtig berührte ich die beiden Wesen mit je einer Flügelhand ... und war mit ihnen verbunden ... mit ihnen und unzähligen anderen Taelons, so wie damals in dem allerersten Kontakt mit Mit'gai ... diesmal bemerkte mich keiner von ihnen. Alle waren auf ihren gemeinsamen Energiekontakt konzentriert und auf das, was in diesem gewirkt wurde. Noch mehr Taelons hatten ihren blauen Farbton verloren und statt dessen dieses ungute Grau angenommen, einige davon waren nur noch blaßgraue, durchscheinende Energie, die ständig ihre Form zu verlieren drohte ... Zo'or löste sich aus dem Kontakt und griff nach einer Art Stab, den er in einer zeremoniell wirkenden Geste erhob. Dann schied der Synodenführer aus dem Kontakt aus, vollführte ebenfalls eine solche Handbewegung und erhob die Stimme: „Ihr, die Ihr auf diesem Planeten Die beiden Taelons, die ich berührte, durchlief ein heftiger Schauder. „Keiner von Euch, Ihr habt berührt, Wären wir vereint mit Euch, Geht Zo'or ging während dieser Worte von einem seiner grau verfärbten Artgenossen zum nächsten und durchschlug mit einer einzigen präzisen Bewegung mit dem Stab die bläuliche, energetische Struktur, die den jeweiligen Taelon mit der Energie des Gemeinwesens verband. Die so Getrennten flammten noch einmal hell auf - und waren verschwunden. Die beiden aschfahlen Wesen fühlten sich kaum mehr lebendig an. Ihre Gesichtszüge wirkten stumpf und vergröbert, die jetzt halb geöffneten Augen blicklos. Beide schienen den größten Teil ihrer Energie verloren zu haben. Wir fühlten, daß wir diese hilflosen Wesen nicht allein hier im Baum lassen konnten, also schafften wir sie sehr vorsichtig hinab und nahmen sie mit uns in die Behausung des Erdstammes, bei dem wir jetzt lebten. Nach dem Shuttle würde weiterhin jeden Tag einer der Unseren schauen gehen, auch wenn dieses gar keine Notiz von uns nahm und nur sinnlos vor sich hin summte. In der Erdhöhle angelangt, fanden wir für die beiden Taelons einen Platz in der Nähe einer Feuerstätte und betteten sie auf aufgeschüttetes Ph'taal-Laub. Immer war jemand von uns oder vom Erdvolk an ihrer Seite. Wir wachten über sie, konnten aber nichts für sie tun - jeder Versuch, hinzufühlen, was sie brauchen könnten, scheiterte an der Verkapselung, in der sich ihr Bewußtsein zu befinden schien ... wir erreichten nichts, was hätte antworten können, weder mit unseren Gedanken und Gefühlen noch mit heilender Energie oder den Klängen und Vibrationen dessen, was wir für sie sangen ... und sie begannen, sich weiter zu verändern. Aus den grazilen, fast ätherischen Geschöpfen, die sie gewesen waren, wurde etwas viel Stofflicheres, Gröberes ... etwas, das schließlich dem Wesen aus Da'ans Geist gleich wurde. Jeder einzelne von ihnen wurde zu einem Atavus, zu dem, was Da'an aus Furcht davor veranlaßt hatte, das Angebot, zu bleiben, auszuschlagen... „geistlos”, „primitiv” hatte Da'an es genannt und es verabscheut ... Ich hockte neben einem der beiden und betrachtete es, als es sich plötzlich krampfartig streckte und die Augen aufschlug. Sein Blick traf meinen - und im nächsten Moment war das Wesen auf den Füßen und sprang mich an. Viel zu überrascht, um mich zu fürchten oder zu wehren, ging ich mit dem Atavus zu Boden. Er umklammerte mich mit viel mehr Kraft, als er in seinem geschwächten Zustand hätte haben dürfen, und starrte mir ins Gesicht ... mit tiefschwarzen, völlig leeren Augen ... und ich wurde in einen Sog gerissen, aus dem es kein Entrinnen mehr gab ... Dieses Wesen war dabei, zu verhungern .. .alles, was es einmal davor bewahrt hatte, diesen Abgrund aus Leere in sich zu spüren, den jeder Taelon in sich trug, war ihm mit dem Ausstoß aus dem Gemeinwesen genommen worden. Geblieben war nur die Leere selbst, schwarz und kalt ... Mit nichts verbunden, außerstande, selbst lebendige Energie hervorzubringen, Wärme oder Gefühl, war dieses Wesen nur noch Verzweiflung, getrieben von nichts als dem Wunsch, den Abgrund in sich zuzuschütten, um ihn nicht mehr fühlen zu müssen ... und jede beliebige Energie taugte dafür, egal, wer oder was sie hervorgebracht hatte ... so unendlich viel Schmerz ... meine Reflexe setzten ein, antworteten auf den tödlichen Hunger des Atavus, und die Kraft begann zu fließen, in einem breiten, sonnenhellen, warmen Strom ... das hier war anders als im Kontakt mit den Taelons, die ich zwischen den Flügeln gehalten hatte ... nichts widersetzte sich dem Kraftstrom, und nichts antwortete darauf ... ich verstärkte den Energiefluß zu maximaler Intensität, ließ das Bild eines ausgetrockneten Flußbettes mit hinein strömen, das sich in einem ausgiebigen, heftigen warmen Sommerregen wieder mit Wasser füllt...und das Bild eines der unseren, der sich satt ißt...das Bild einer aus dem Erdvolk, den Körper ganz durchwärmt von der Sonne ... und spürte irgendwann etwas wie ein Echo, ein Signal, daß die strömende Kraft etwas erreicht hatte ... der Sog, den ich am Anfang gefühlt hatte, verstärkte sich ... und dann sah ich in der Ferne, weit weg in der Dunkelheit, in die meine Kraft verschwand, eine kleine blaugrüne Flamme aufflackern. Wenn es mir gelang, diese Flamme zu stärken, zu einem Feuer anzufachen ... in mir öffneten sich Reserven, von denen ich selbst nicht gewußt hatte, daß ich darüber verfügte ... der Energiestrom wurde heiß und golden und unendlich breit und begann endlich, den Abgrund wirklich zu füllen ... Der Sog ließ nach und ebbte schließlich ganz ab. Kälte und Schwärze waren vertrieben, der Hunger gestillt ... aber die blaugrüne Flamme war immer noch unstet und schwach ... in einem goldfarbenen Nebel trieb ich auf sie zu, suchte und fand einen neuen, sehr dünnen Energiestrom in mir, den ich ihr zufließen ließ ... |
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