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  „Stimmen der Vergangenheit - Schicksalhafte Begegnungen” von Admara   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Liam und Fa'ley lernen sich kennen
Zeitpunkt:  dritte Staffel, nach „Das Kloster” [Teil 8 der „Stimmen der Vergangenheit”-Reihe]
Charaktere:  Zo'or, Fa'ley, [Simmence, Liam, Da'an, Lili, Augur, Sandoval]
 

 

STIMMEN DER VERGANGENHEIT

SCHICKSALHAFTE BEGEGNUNGEN

 

„Agent Sandoval?!” Langsam öffnete der asiatische Mann die Augen. Er fühlte sich, als hätte er am vorigen Abend zu viel getrunken. Solche Kopfschmerzen hatte er nicht mehr gehabt, seitdem ihm sein CVI implantiert worden war. Stöhnend versuchte er aufzustehen, er schien den über ihm stehenden Alien gar nicht zu bemerken. Seine sonst immer perfekt sitzenden Haare flogen ihm ins Gesicht.
Was war passiert? Irgend etwas war mit dem Forscher gewesen, aber was war dann geschehen?
„Agent Sandoval!? Ich erwarte eine Erklärung!” Die sonst so angenehme Stimme des Taelons hämmerte auf den FBI Agent ein. Er hielt sich den Kopf, versuchte, wieder klare Gedanken zu fassen. Schließlich sah er hoch, Zo'or starrte ihn voller Unglauben an.
„Ich habe Ihnen eine einfache Aufgabe erteilt und Sie waren unfähig diese auszuführen, das läßt mich ernsthaft an Ihren Qualifikationen zweifeln. Wie konnte die Kleine entkommen?!”
Sandoval mußte sich auf seine Knie stützen, um überhaupt stehen zu können. „Ich weiß nicht, wie sie hier raus kommen konnte. Mein CVI ist ausgefallen. Das letzte, woran ich mich erinnern kann, ist, daß dieser Forscher Simmence aus dem Kraftfeld stürmte, angeblich verletzt, ich sah das Blut fließen und dann... setzte mein CVI aus.” Zo'or war mit dieser Antwort keineswegs zufrieden.
„Das ist unmöglich! Ihr CVI wurde erst vor kurzem überprüft. Außerdem, was geschah mit diesen Freiwilligen?” Erst jetzt sah sich der Agent richtig um: Keiner der Freiwilligen war bei Bewußtsein.
Kalt fragte er „Sind sie...?” Der Companion sah kurz hinter sich, er bewegte seine Hände um einiges schneller, als es sonst der Fall war. Er war sichtlich beunruhigt.
„Nein. Aber haben Sie auch nur die geringste Ahnung, was es für die Mensch-Taelon-Beziehungen bedeuten könnte, wenn herauskäme, daß wir hier irgendein fremdes Wesen festgehalten haben?!” Sandoval hätte am liebsten zugegeben, daß er von Anfang an dieser Ansicht gewesen war, aber er konnte sich gerade noch zurück halten. Je weniger der Taelon sagte, des so besser.
„Ja, Zo'or, ich bin mir darüber im Klaren.” Der Agent richtete sich mühsam auf und verschränkte die Arme wie gewohnt hinterm Rücken.
„Dann finden Sie sie!” Mit schnellen Schritten verließ der Companion die nun fast vollständig dunkle Anlage.

 
* * *
 

Der farbenfroh gekleidete Mann betrachtete das Mädchen, welches sein lange vergessener Freund mitgebracht hatte, inständig. „Ist das die Kleine?” Er klopfte seinem Freund auf die Schulter und zog ihn beiseite. Etwas abseits von der Bar setzten sie sich an einen Tisch. Die Lichter im Flat Planet Café waren so ausgerichtet, daß es kaum möglich war, etwas in seiner ursprünglichen Farbe zu sehen.
„John, ich will ja nicht meckern, aber sie sieht aus, als ob sie noch ein halbes Kind wäre.” John sah Augur lächelnd an. Er hatte ja keine Ahnung, wer die Kleine war, und vor allem, wie alt sie war.
„Keine Sorge, Augur. Sie ist älter, als es den Anschein hat. Aber laß mich dir erklären, was passiert ist...” Und schon begann er zu erzählen, allerdings sponn er einige Lügen zusammen, er sollte ja nicht verraten, wer die Kleine nun war, für die er offenbar sein Leben aufgegeben hatte.

 
* * *
 

„Ich danke Ihnen, Lili Marquette. Ich stehe tief in Ihrer Schuld, und in seiner...” Sie drehte sich zu Simmence um. Er war der einzige Freund, dem sie wirklich vertrauen konnte, er würde sie nie verraten.
„Was wollte Zo'or eigentlich von Ihnen?” Lili irritierte es nun doch sehr, daß die Kleine wie ein Taelon sprach und sich bewegte. Sie hatte denselben verlorenen Blick, wie Da'an ihn immer hatte, als sie anfing, von Zo'or zu sprechen.
„Informationen. Informationen, die ich ihm verweigerte. Wird Agent Sandoval nicht nach Ihnen verlangen?” Lili bemerkte, wie ähnlich das Mädchen den Taelons doch war, immer irgendwie den gestellte Fragen ausweichend...
„Wer sind Sie eigentlich? Was hat er Ihnen angetan?” Sie dachte an ihre Gespräche mit dem Companion zurück. Es waren schmerzvolle Erinnerungen.
Fa'ley sah hilfesuchend zu Simmence. Was sollte sie antworten, sie wußte nicht, ob sie dieser Frau vertrauen konnte. Wieder wich sie der Frage aus.
„Arbeiten Sie nicht für die Taelons? Sie sagten doch, Sie waren eine der ersten Shuttle-Piloten.” Die Pilotin schüttelte den Kopf. Aber sie hatte so was eigentlich voraus sehen müssen.
„Ja, aber ich...”
„Wieso haben Sie mir dann geholfen?” In ihrer typischen Marine-Manier versuchte sie gelassen zu wirken. Sie fühlte sich wie in einen Verhör. Die Kleine sprach wie ein Richter, ihre Stimme hatte so einen Ton von Desinteresse, aber doch wirkte diese Stimme sehr intensiv auf sie ein.
„Ein Freund hatte mich darum gebeten. Ich wußte nicht, daß Sie gemeint waren.”
Sie nickte. „Ich verstehe.”
Auf einmal zuckte sie zusammen. Sie hatte etwas gefühlt. Etwas, was nicht hierhin gehörte. Sie riß die Augen weit auf. Nun hatte sie es identifiziert. Dann stieß sie ein Wort mit einem extremen Taelon-Dialekt aus. Allerdings war dieses Wort Lili bestens bekannt.
„Kimera!” Schnell drehten sich beide um. Ein großer Mann stand an den Türrahmen gelehnt. In einer Hand hielt er seine Jacke, er hatte wohl ein harten Tag hinter sich. Zielstrebig ging er auf Lili zu.
„Hallo Lili, ist sie das?” Er sah die Kleine mindestens genauso merkwürdig an wie sie ihn.
„Ja. Liam, ist alles in Ordnung?” Fa'ley hatte sich schnell wieder von ihm weg gedreht. Ihr Vater hatte ihr erklärt, wer die Kimera waren. Aber er hatte auch gesagt, daß alle Vertreter dieser Rasse tot waren. Wieder sah sie hilfesuchend zu Simmence. Dieser bemerkte ihren verängstigten Blick auch gleich und ließ seinen alten Freund einfach sitzen.
„Was wollen Sie von ihr?” Zornig blickte er dem Companion-Beschützer in die Augen. Er hatte keine Angst. Obwohl der Mann bedeutend größer als Simmence war, hätte er am liebsten eine Schlägerei angefangen. Augur witterte bereits diese Spannung und rannte zu seinem aufgebrachten Freund, faßte ihn an der Schulter und versuchte ihn zu beruhigen.
„Hey, hey, John. Das ist nur Liam. Er wird ihr schon nichts tun.” Lachend wandte er sich Liam zu, allerdings verstummte sein Lachen sofort wieder, als er sah, daß Liams Shaquarava seit langer Zeit wieder zu glühen begann.
„Oh mein Gott! Ich glaube, wir besprechen das Ganze lieber an einem passenderen Ort.” Schnell bewegte sich die kleine Gruppe gen Liams Appartement, das ja direkt über dem Flat Planet Café lag.
„O.K. Was wird hier gespielt?!” Der Companion-Beschützer stützte die Hände in die Hüften. Alle warteten nun auf eine Erklärung von Fa'ley. Hinter ihr stand Simmence. Er wich ihr nicht mehr von der Seite. Liam mußte lachen. Augurs Freund führte sich auf wie Fa'leys persönlicher Beschützer.
„Ich möchte mit ihm alleine reden.” Das Mädchen zeigte auf den vor ihr stehenden Liam. Augur und Lili waren zutiefst beleidigt, aber sie wußten, daß die Kleine nichts sagen würde, wenn sie nicht taten, was sie verlangte, außerdem konnte ihnen Liam ja später alles berichten.
Mit einem verärgerten Kommentar verließ Augur, dicht gefolgt von Lili, Liams Wohnung. John aber blieb hinter seiner kleinen Freundin stehen. Sie merkte schon, daß er nicht vor hatte, das Appartement freiwillig zu verlassen. Sie drehte sich zu ihm um.
„John Simmence. Bitte warte draußen auf mich. Wenn etwas sein sollte, werde ich dich rufen.” Sogleich wollte er Einspruch erheben, doch er merkte bereits an Fa'leys Gesichtsausdruck, daß er keine andere Wahl hatte. Widerwillig verließ er das Appartement, um davor auf Lili und Augur zu treffen.
Sie sah ihrem Freund noch nach, bevor sie sich Liam zu wendete. „Du bist ein Kimera. Aber sage mir, wie ist das möglich, ich war der Meinung, diese Rasse existiere nicht länger.”
„Du?” Der Companion-Beschützer wunderte sich über ihre Anrede, sie kannten sich doch gar nicht und er hatte bemerkt, daß die Kleine Lili mit Sie angesprochen hatte.
„Meinesgleichen spreche ich immer mit entsprechendem Titel an.”
Ihm gefiel zwar nicht, wie sie dieses Wort „Meinesgleichen” aussprach, aber er versuchte sich zu erklären. „Was du sagtest, stimmt nur zum Teil. Mein Vater Ha'gel überlebte. Vor einem Jahr kam er hierher auf die Erde. Er zeugte mich, kurz bevor er starb. Ich hatte nie die Chance, ihn wirklich kennenzulernen. So, da wir jetzt wissen, wer ich bin, wüßte ich doch sehr gerne, wer du bist.”
Sie blinzelte. So viel Offenheit war sie nicht gewohnt. „Kannst du mich zu Da'an bringen?” Rasch schloß sie die Augen, um seine Antwort abzuwarten.
„Ja.” Sie atmete auf. Endlich würde sie ihre Aufgabe erfüllen können. „Das könnte ich.”
Sie achtete gar nicht auf seine weitere Rede. Wichtig war es jetzt zu Da'an zu kommen.
„Wundervoll. Wann können wir aufbrechen?” Liam ging das alles viel zu schnell, sie war so gut wie allen seinen Fragen ausgewichen.
„Moment. Ich sagte nur, daß ich es könnte, davon, daß ich es auch wirklich tue, war nie die Rede.” Langsam wurde sie ungeduldig. Sie hatte weder die Zeit noch die Geduld, sich mit so einem Kind herumzuärgern. Außerdem empfand sie es als unangenehm, in Liams Nähe zu verweilen. Sie wußte nicht sehr viel über die Kimera, aber was sie wußte, beunruhigte sie sehr. Vertretern dieser Rasse war es als einzigen möglich, sowohl Taelons als auch sie mit nur einem Handwink zu töten. Er hatte eine gewisse Macht über sie, ob er's wußte oder nicht.
„Hör zu, Kimera. Ich muß zu ihm und ich habe nicht die geringste Lust, mich mit einem Kindskopf wie dir auseinander setzen zu müssen.” Trotz ihrer anmaßenden Worte war die Stimme des Wesens sehr ruhig und gelassen.
„Mein Name ist Liam”, sagte er standhaft. Was fiel dieser Kleinen ein, ihn als einen Kindskopf zu bezeichnen!? Außerdem haßte er es, mit dem Namen seiner Rasse angeredet zu werden. Immerhin war er zu fast 70% Mensch. Selbst sein schon fast kindlich wirkender Blick konnte ihre Ernsthaftigkeit nicht verringern.
Sie mußte sich große Mühe geben, ihn auch bei seinem Namen zu nennen. „Nun gut ... Liam. Woher weiß ich, ob du dein Versprechen auch einlöst?” Ohne ein weiteres Wort zückte der Companion-Agent sein Global. Nach wenigen Sekunden sah ihm das verwunderte Gesicht eines Aliens entgegen.
„Was ist denn geschehen, daß Sie mich zu so später Stunde noch stören?” Liam lachte, als er sah, wie perplex die Kleine vor ihm nun war. „Da'an, ich habe hier einen Gast, der Sie sehen möchte. Wenn Sie keine weiteren Einwände haben, werden wir Sie morgen auf dem Mutterschiff treffen.” Da'an verstand überhaupt nichts mehr. Was führte sein Beschützer jetzt schon wieder im Schilde?
„Um was für einen Gast handelt es sich hierbei?” Liam sah nochmals über sein Global zu Fa'ley, die immer noch wie erstarrt stehen blieb.
„Erinnern Sie sich an die Geschichte von dem Mädchen, die ich Ihnen erzählte?” Auf seine übliche Weise nickte Da'an, wobei er sein Nicken durch einen grazilen Handwink unterstrich.
„Natürlich. Hatten Sie dies bezüglich einen Erfolg zu verzeichnen?”
„Ich denke schon...” Jetzt grinste der Mann schon fast, als er sein Global in Fa'leys Richtung hielt, so daß der Taelon einen kleinen Blick auf sie werfen konnte. Aber schnell hatte er das Global wieder zu sich hingewandt. „Wir sehen Sie dann morgen.” Ohne daß Da'an noch weitere Fragen stellen konnte, legte er auf.
„Ich denke, jetzt bist du dran.” Er sah zu ihr herüber, sichtlich zufrieden mit sich selbst. Ihr Blick fragte immer noch... wieso hilfst du mir? Aber sie erwartete keine Antwort von einem so jungen, so unerfahrenen Jungen. Er hielt sich jetzt noch für den Retter, das würde schnell vergehen. Er würde noch sehen. Er konnte sie nicht retten, er würde genauso wie sie mit ansehen müssen, wie seine Freunde langsam starben, und das war noch um einiges grausamer, als sie nur tot zu wissen.
„Das bin ich, wie es scheint. Ich verstehe deine Beweggründe zwar nicht ganz, aber ich denke, ich bin dir eine Erklärung schuldig.” Als sie näher auf ihn zu kam, konnte er ihre Angst förmlich spüren, trotz ihrer Fassade konnte sie ihre Gefühle noch nicht vollständig verbergen. Erst jetzt merkte er, daß sie sich ähnlich wie die Taelons nur sehr langsam bewegte und auch ihre Stimme hatte etwas an sich, das ihn schaudern ließ.

 
* * *
 

Während dieser Zeit lief Simmence vor der geschlossenen Haustür auf und ab. Er wollte es nicht zugeben, aber er war eifersüchtig. Ihm hatte gefallen, der einzige zu sein, dem sie sich anvertraut hatte, und diesen Liam hatte er von Anfang an nicht leiden können. Augur wie auch Lili hatten zwar versucht ihn zu überzeugen, daß dieser Liam in Ordnung war, aber sie waren bei ihm auf taube Ohren gestoßen.
„Ich traue ihm nicht, ich konnte sehen, daß sie Angst vor ihm hatte. Wie konnte ich sie nur alleine lassen?! Das dauert doch alles schon viel zu lange!” Das Computergenie schüttelte nur seinen Kopf, so hatte er seinen Freund noch nie erlebt.
Gerade als er sich Lili zuwenden wollte, meldete sich ihr Global. Schnell holte sie es hervor und klappte es auf, ein ihr wohl bekanntes Gesicht sah ihr entgegen. „Agent Sandoval? Was wollen Sie denn noch zu so später Stunde von mir?” Sandoval sah sie mit seiner üblichen Gleichgültigkeit an.
„Wo waren Sie, Captain? Hatte ich Ihnen nicht die strikte Anweisung gegeben, auf Ihrem Posten zu bleiben!?” Die Pilotin räusperte sich, ihr mußte jetzt schnell irgendetwas einfallen, was sie ihm erzählen konnte.
„Das schon, aber Major Liam Kincaid verlangte nach mir. Er saß irgendwo fest und ich sollte ihn abholen...” Sie fing eine unglaublich langweilig Lügengeschichte an, die der Agent sich gar nicht erst zu Ende anhören wollte, er glaubte ihr einfach.
„Nun, während Ihrer Abwesenheit gelang es der Gefangenen zu fliehen. Zo'or ist nicht sehr erfreut über diese Entwicklung der Dinge, Captain Marquette.” Lili spielte die Dumme. Sie wußte ja von nichts.
„Aber das ist doch eigentlich unmöglich! Wie sollte die Kleine durch das Kraftfeld gelangt sein? Es reagiert doch nur auf Ihre Energie-Signatur, oder etwa nicht. Außerdem waren Sie ja auch noch da, wie sollte sie an Ihnen und den Freiwilligen vorbei gekommen sein?” Langsam aber sicher wurde die ganze Angelegenheit dem Agenten sehr peinlich. Er wußte ja nicht einmal mehr, was geschehen war. Wie sie das Kraftfeld überwinden konnte und auch noch an ihm vorbei kam.
„Tatsache ist doch wohl, daß sie entkommen ist, und Sie werden mir helfen, sie wieder einzufangen. Machen Sie sich unverzüglich auf den Weg. Und Captain, zu keinem auch nur ein Wort.” Lili nickte genervt und legte auf. Wundervoll, nicht nur daß Sandoval mal wieder sie für sein Versagen verantwortlich machte, nein, er raubte ihr auch noch den wohl verdienten Schlaf.
Kurz sagte sie noch Augur Bescheid, dann stieg sie in ihr Shuttle und machte sich auf den Weg zum Mutterschiff.

 
* * *
 

„Das ist alles, was ich dir sagen kann. Wenn Da'an sein Einverständnis gibt, kannst du auch den Rest erfahren, dann wirst du verstehen.” Der Companion-Beschützer starrte gebannt auf die sich ständig bewegenden Hände des vor ihm sitzenden Mädchens. Solche Bewegungen kannte er sonst nur von den Taelons.
„Ich rate mal, ich habe keine andere Wahl. Ich nehme an, dieser Simmence weiß alles?!” Sie sah zu ihm hoch, sogar im Sitzen war er noch um einiges größer als sie. Er war auch noch größer als der Taelon, mit dem sie sich auseinander hatte setzen müssen.
„Er hat seine Loyalität bewiesen. John Simmence hat seine Kariere und sein Leben für mich aufs Spiel gesetzt. Und er hat etwas, das du nicht hast... mein Vertrauen.” Der Mann verzog sein Gesicht. So ein Mißtrauen war ihm noch nie untergekommen. Da war ja sogar Zo'or offener.
Mit einem Ruck flog die Tür zu Liams Wohnung auf und Simmence stürmte herein. „So, das reicht. Was wollen Sie eigentlich von ihr? Sie hat schon genug durchgemacht, als daß Sie das Recht hätten, sie auch noch zu verhören!” Augur trat hinter seinen Freund und hielt ihn an der Schulter zurück. „Laß gut sein, John! Liam wird ihr schon nichts tun. Du kannst ihm vertrauen.”
Fa'ley stand auf und trat an ihren Freund heran. „Ich danke dir, John Simmence, aber ich kann dich beruhigen, es ist alles in Ordnung.” Sie strich über seine kurzen Haare und bemerkte, wie müde er schon sein mußte. Er blinzelte schon zu oft.
„Du brauchst Schlaf”, stellte sie besorgt fest.
Er nahm ihre Hand und sah über seine Schulter zu Augur. „Kannst du uns ein Hotelzimmer besorgen?” Ohne weitere Vorwarnung unterbrach Liam John.
„Ihr könnt bei mir bleiben. Ein Hotel wäre zu riskant.” Zur Abwechslung stimmte Fa'ley ihm zu.
„Das wird wohl das Beste sein. Ich bin dir zu Dank verpflichtet Ki...ich meine Liam.” Sie hatte es schwer, diese Worte über ihre Lippen zu bringen. Sie konnte ihn nicht leiden, vertraute ihm nicht einmal. Aber er war nun mal ihre einzige Chance, zu Da'an zu kommen.
Augur wandte sich inzwischen wieder seinen Geschäften zu, das Geld verdiente sich ja nicht von selbst. Er warf noch einen Blick zurück auf seinen alten Freund. Wenn das nur gut ging.
Liam lief zu seinem Kühlschrank, er hatte heute noch nichts gegessen. Schnell hatte er sich, Simmence und Fa'ley etwas zurecht gemacht.- Allerdings lehnte Fa'ley dankend ab, er hatte vergessen, daß sie nicht das kleine Mädchen war, für das er sie gehalten hatte.
„Nein, danke. So etwas esse ich nicht.” Liam versuchte beleidigt zu wirken und lächelte dabei gezwungen.
„Nun beschwer dich nicht auch noch über meine Kochkünste. So schlecht ist es gar nicht.” Das Mischwesen sah ihn wenig amüsiert an und sein Lächeln schwand.
„Es liegt nicht an deinen Kochkünsten, sondern an mir.” Sie sah den beiden zu, es erinnerte sie an ihre jungen Tage. Nur daß diese Menschen um einiges zivilisierter aßen. Sie kam nicht umhin zu bemerken, wie schlaftrunken ihr Freund bereits aussah. Er würde nicht viel länger wach bleiben können. Als die beiden fertig gegessen hatten, kam Fa'ley zu ihrem müden Freund und sah ihm tief in die Augen.
„Ich glaube du solltest jetzt schlafen, John Simmence. Ich möchte nicht, daß du auch noch deinen Schlaf für mich opferst.” Erschrocken riß er seine Augen auf.
„Nein! Ich traue ihm nicht. Du...” Sanft strich sie mit der Hand über seine Augen.
„Sch... Schlaf jetzt, mein lieber Freund.” Im nächsten Augenblick schlief er tief und fest. Die Kleine mußte wieder lächeln, sie hatte wirklich einen guten Freund gefunden. Ohne ihre Augen von ihm abzuwenden fragte sie: „Liam, wärst du so freundlich?”
Er verstand gleich und hob den schlafenden Simmence auf eine rote Couch, die mitten in dem Zimmer des unteren Geschosses stand.
Vorsichtig kniete sich Fa'ley neben den dunkelhäutigen Forscher. Sie führte sich noch einmal ihre Flucht vor Augen. Er hatte gehumpelt. Hatte Schmerzen gehabt. Und alles hatte er auf sich genommen, nur um ihr zu helfen. Jemanden, den er erst seit so kurzer Zeit kannte! Ein wundervoller Mensch! Das war sie ihm zumindest schuldig.
Vorsichtig berührte sie das linke Bein des Mannes. Liam verstand nicht, was sie vorhatte, und beugte sich über ihre Schulter. Er schreckte schnell zurück, als sie in strahlenden Gold-Farben aufleuchtete.
Sie ähnelte ein wenig den Taelons in dieser Form, allerdings schien sie weiblich zu sein und sie strahlte in anderen Farben. Kein kühles Blau, sondern ein warmes Gold. Liam hätte zu gerne gewußt, was sie war, aber er wußte, daß sie ihm nichts sagen würde. Sie hatte ihn einen Kindskopf genannt. War sie denn so viel älter? Oder wollte sie ihn nur beleidigen, wenn ja, war es ihr gelungen. Unverschämt war sie allemal, wenn auch auf eine kindlich sichere Weise. Langsam nahm sie wieder ihre normale Form an, lächelte zufrieden. Es würde ihm jetzt besser gehen.
„Was hast du getan?” Sie drehte sich nicht einmal zu ihm um. Sah nur weiterhin auf ihren Freund. Sie wünschte nur, daß sie noch mehr tun könnte.
„John Simmence hat sich einst das Bein gebrochen, es ist nie wieder richtig zusammen gewachsen, und er lehnte alle Taelon-Heilmethoden ab, sonst würde er nicht humpeln.” Wieder strich sie ihm übers Gesicht. Er hatte so viele Dinge gesehen, die er nicht hätte sehen sollen, solche jungen Wesen waren nicht für diese Lebensweise bestimmt.
„Ich wünschte, ich könnte mehr für ihn tun.” Liam überlegte noch kurz, bevor er seinen Gedanken in Worte faßte.
„Ich denke, das kannst du.” Sie drehte sich endlich zu ihm um. Sollte dieser kleine Junge doch vernünftig denken können?
„Schick ihn weg. Du kannst ihn nicht rund um die Uhr beschützen. Und wenn er wirklich alles weiß, wird jeder hinter ihm her sein, der wissen will, wer du bist.” Sie senkte den Kopf, es fiel ihr schwer, ihm Recht zu geben. Es wäre sicherlich das Beste für ihn, und für sie und ihre Mission auch. Simmence würde sie nicht verstehen können, aber das mußte er auch nicht.
„Du hast Recht.” Langsam stieg er die Treppe zu seinem Bett hoch. Er brauchte nicht lange, um sich umzuziehen, aber bevor er sich ins Bett legte, sah er noch einmal nach unten, wo sie immer noch neben ihrem Simmence kniete. Liam lehnte sich über das Geländer.
„Willst du nicht schlafen?” Wie auch zuvor sah sie nicht zu ihm hoch, aus welchem Grund auch immer.
„Mache dir keine Sorgen um mich, nicht du auch noch. Ich sehe vielleicht so aus, aber ich bin kein Kind, schon sehr lange nicht mehr.”
„Na dann gute Nacht!” Der Companion-Beschützer konnte ihre merkwürdigen Andeutungen nicht mehr ertragen, er schaltete das Licht aus. Sie sollte morgen mit Da'an alles weitere diskutieren.

 
* * *
 

Schon völlig übermüdet kam Lili auf der Brücke des Mutterschiffs an, wo Sandoval und Zo'or sie bereits erwarteten. „Captain Marquette, haben Sie Vorschläge, wie unsere Flüchtige aufzufinden sein könnten?” Der Alien saß wie gewohnt in seinem Thron und erwartete eine Antwort. Seine Finger bewegten sich noch relativ langsam, er hatte sich wieder etwas beruhigt.
„Wir müßten warten, bis sie einen Fehler macht. Aber ich denke, ich könnte viel effektiver arbeiten, wenn Sie mich voll und ganz über die genaue Situation informieren würden.” Weder der Companion noch Sandoval verzogen auch nur einen Muskel.
„Finden Sie sie einfach.” Er drehte sich von den beiden weg, um in den Sternenhimmel zu blicken. Irgendwo dort unten war sie und er würde sie finden!
Der Agent zuckte nur mit den Schultern, als Lilis Blick auf ihn fiel. Sie verdrehte ihre Augen. Was konnte nur so wichtig sein, daß Zo'or nicht mal Hinweise abwarten wollte. So konnten sie doch gar nichts finden. Oder hoffte er wirklich, daß sie bereits jetzt einen Fehler gemacht hatte? Sie stellte sich, wie auch der Agent, hinter eine der Konsolen des Mutterschiffes und versuchte irgendwelche Hinweise zu suchen, was um so schwerer war, da sie genaustens wußte, wo sich die Kleine wirklich befand.
Erst nach fast einer gesamten Stunde gab der Companion auf. Es würde ihm nichts bringen, die beiden Menschen von ihrem Schlaf abzuhalten, das verringerte nur ihre Effektivität. Außerdem brauchte sogar er seinen „Schlaf”.
„Sie hatten wohl doch Recht, Captain. Sie und Agent Sandoval werden die Suche morgen fortsetzen.”

 
* * *
 

Er schüttelte den Kopf, irgend etwas drängte ihn aufzuwachen. Vorsichtig öffnete er seine Augen und schreckte schlagartig zurück. Das vor ihm sitzende Mädchen verstand seine Schreckhaftigkeit nicht. „Ein unruhiger Schlaf?” fragte sie leicht amüsiert.
„Wie lange sitzt du hier schon?” Ihr Blick wanderte kurz zu dem Brustkorb des Mannes, dessen Decke herunter gerutscht war, schwankte aber schnell wieder zu seinen Augen.
„Minuten, Stunden? Was ist schon Zeit?” Fröhlich winkelte sie ihren Kopf an. Der Companion-Beschützer haßte diese Ausdrucksweise. Es erinnerte ihn immer wieder an Da'ans Versuche ihm auszuweichen, aber das konnte die Kleine ja nicht wissen.
„Hm, ist unser Forscher schon wach?” Sie stand schnell von dem Bett des Mannes auf, als sie bemerkte, daß dieser nicht länger gedachte, darin zu verweilen, ging zum Geländer und sah herunter zu ihrem Freund. Bei seinem Anblick mußte sie lächeln. Sie hatte wenige Freunde gehabt, aber keiner dieser war so fürsorglich und liebenswert gewesen wie Simmence. Doch als ihr Blick wieder den von Liam traf, schwand ihr Lächeln. „Nein, er schläft noch.”
Der Companion-Beschützer machte sich inzwischen auf den Weg zu seinem Bad. Welches nicht sonderlich groß war, aber das schien ihn nicht zu stören. Fa'ley sah ihm noch kurz nach, doch schnell langweilten sie die Aktivitäten des Mannes. Sie schritt die Wendeltreppe zu Simmence herab. Liam wußte, was er tat, er würde ihre „Hilfe” nicht brauchen, obwohl er noch ein halbes Kind war, im Körper eines erwachsenen Mannes. Diese Gegensätze hätten sicherlich sehr attraktiv gewirkt, wenn er nur nicht so schrecklich naiv wäre. Er war das genaue Gegenteil von ihr. Aber hieß es nicht „Gegensätze ziehen sich an”? Nun in diesem Fall war es sicherlich nicht zutreffend.
Simmence schreckte ebenfalls aus seinem Schlaf auf. Er sah sich orientierungslos um, leichte Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben. Fa'ley eilte gleich zu ihm. Und gleich als er ihr Gesicht sah, wich die Panik aus dem seinen.
„Nur ein Alptraum”, stellte er erleichtert fest. „Wann geht es los?” Verlegen schaute Fa'ley zu Liam hoch, sie mußte es ihrem Simmence irgendwie beibringen.
„In Kürze, so hoffe ich, doch du wirst hier bleiben. Ich möchte dich nicht in meine Angelegenheiten verwickeln.” Er stand auf, das konnte sie doch nicht wirklich verlangen. Er mußte doch bei ihr bleiben, ihr Schutz bieten.
„Ich stecke schon viel zu tief drin.” Er nahm sie bei den Schultern und zwang sie somit ihm in die Augen zu sehen. „Du kannst mir nicht verbieten, dich weiter zu begleiten. Bitte, Fa'ley! Ich kann und werde dich nicht alleine lassen, mit ihm, oder diesem Alien. Nicht, nach dem, was ich erfahren habe!” Sie mußte zugeben, sie hatte Angst alleine zu bleiben. Wieso nur? Sie war alleine gewesen für eine so lange Zeit, und jetzt?
„Liam ist oben. Ich schlage vor, daß du dich „frisch” machst. Dann werden wir uns auf den Weg machen.” Nach einer halben Stunde waren die beiden Männer fertig. Simmence hatte frische Sachen von Liam bekommen, die ihm zwar etwas zu groß waren, aber ihm trotzdem recht gut standen. Er hatte die Ärmel des Hemdes umgekrempelt, ebenso wie die Enden der Hose.
Liam warf der Kleinen einen mißbilligenden Blick zu. Wieso kam dieser Simmence nun doch mit? Es mußte ja mal wieder sein. Wieso hörte sie nur nicht auf ihn? Auf dem Weg zu Liams Shuttle bemerkte er mit einem gewissen Triumph in seiner Stimme: „Immerhin kenne ich jetzt schon mal deinen Namen, Fa'ley. War es denn so schlimm?” Die Augen der Kleinen schmälerten sich ein wenig.
„Das kommt darauf an, wie du dein neu errungenes Wissen einschätzt. Ist es wirklich von so großer Wichtigkeit?” Er verdrehte seine Augen, schon wieder diese Sprachweise! Es nervte ihn unheimlich, aber selbst das würde sie wahrscheinlich nicht verstehen können.
Sie stiegen in sein Shuttle ein, denn anders würden sie nicht zum Mutterschiff gelangen. Fa'ley sah gespannt zu, wie der Companion-Beschützer das Shuttle steuerte. Die Kontrollen flackerten in allen Farben auf. Damals hätten Leute so etwas für Magie gehalten. Aber er konnte das nicht verstehen, für ihn war dieses Farbenspiel etwas Alltägliches. Schade eigentlich. Die Menschen sind sich ihrer Umwelt nicht länger so bewußt, wie sie es einmal waren. Was wäre wohl geschehen, wenn Ma'el nie die Erde aufgesucht hätte? Wäre es anders verlaufen? Sie sollte sich über solche Dinge keine Gedanken machen, es war nicht wichtig, nur reine Spekulation.
Als sie das Mutterschiff erreicht hatten, staunten beide, Simmence und Fa'ley. Es hatte sich viel getan, stellte die Kleine fest, sehr viel, vielleicht zu viel.
Der Pilot drehte sich zu seinen Passagieren um. „Tut wenigstens so, als wäre es nichts Neues für euch, sonst fallen wir noch auf.” Er versuchte wieder einmal komisch zu sein, um die Spannung aufzulösen, die zwischen ihnen herrschte, mit wenig Erfolg. Keiner der beiden schaffte es, sich auch nur ein Schmunzeln abzuringen.
„Ich bin beeindruckt, Liam. Wie hast du gelernt, es zu kontrollieren?” Als sie gelandet waren, legte Fa'ley vorsichtig ihre Hand auf die Schulter des immer noch sitzenden Mannes. Als wollte sie ihn aufmuntern, wie man es bei einen kleinen Kind tat, das etwas erreicht hatte und Lob erwartete. Doch er antwortete schroff: „Sagen wir, ich kann es einfach!”
Sie folgten dem Companion-Beschützer, so unauffällig sie es vermochten. Kurz stockte dem Mischwesen der Atem. Es waren so viele Taelons hier an Bord. Ihre Präsenz war außergewöhnlich stark. Sie konnte nur hoffen, daß sie ihre nicht gleichermaßen wahrnehmen konnten. Sie mußte aber noch etwas bemerken. Sie hatten sich nicht all zu viel verändert in den Jahren. Immer noch waren sie darauf aus, ihren Krieg zu gewinnen. Und immer noch setzten sie alle Mittel dazu ein und nahmen alle Opfer dafür in Kauf.
Einige Implantanten liefen an ihnen vorbei, sie hätte weinen können. So weit hätte es nicht kommen dürfen! Selbst das Schiff... es war ebenso kalt wie die anderen „Erfindungen” der Taelons. Wieder eine Spezies, die sie sich Untertan machten.
Endlich erreichten sie Da'ans Quartiere auf dem Mutterschiff. Doch kurz vor dem Eingang hielt Liam die kleine Gruppe auf. „Wartet, ich werde euch ankündigen”, sagte er noch und ließ sie draußen stehen.

 
* * *
 

Wie üblich betrachtete der zierliche Alien den blauen Planeten, auf dessen Geschichte sie so einen großen Einfluß ausübten. Er hörte seinen Beschützer und ehemaligen Freund eintreten und wandte langsam dem Kopf zu ihm hin.
„Da'an? Ich habe Besuch für Sie.” Vorsichtig schritt er einige Meter an ihn heran. Diesmal war Liam nicht aus Gründen des Streits zu ihm gekommen. „Sagen Sie mir: Wissen Sie, wer die Kleine ist? Sie verriet mir kaum etwas, nicht einmal ihren Namen wollte sie nennen”, fragte er in einem leisen Ton, in der Hoffnung, daß Fa'ley ihn nicht hören würde, doch Da'an sah nicht länger ihn an, sondern richtete seinen Blick über die Schulter seines Beschützers.
„Ich sagte doch bereits, daß du nicht mehr erfahren solltest, Liam.” Natürlich erkannte Liam die Stimme des hinter ihm stehenden Wesens gleich. Sie war eingetreten, ohne auch nur auf sein Zeichen zu warten.
Dicht gefolgt von John schritt Fa'ley an den Alien heran, aber auch sie blieb einige Meter vor ihm stehen. Sie winkelte wieder den Kopf an, sie wollte ja keinen Irrtum begehen.
„Du bist Da'an?” Der Taelon nickte immer noch sichtlich verwundert.
„Ja, was kann ich für dich tun?” Sie lächelte. Nun war es an der Zeit ihre Mission zu vollenden.
„Dann bist du derjenige, dem ich seinen Wunsch erfüllen soll!” Da'ans Augen weiteten sich. Er war völlig durcheinander. Welchen Wunsch konnte sie meinen? Er hatte zwar gleich bemerkt, daß es kein menschliches Wesen war, das vor ihm stand, aber...
Ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren, reichte sie ihm ihre Hand. Wie schon zuvor bei Zo'or verschwanden beide Wesen in einer Kugel aus Licht. Und wie auch nicht anders zu erwarten, bekam der Forscher zugleich Panik. „Was passiert da?” Aber anstatt Simmence zu beruhigen, zuckte Liam nur mit den Schultern.
Fa'ley hatte ihre Geschichte offen gelegt. Und doch schien Da'an weiterhin sehr verwirrt zu sein. Er verstand nicht einmal wirklich, wie ihre Existenz überhaupt möglich sein sollte, aber das war nicht seine größte Frage.
„Was meintest du, als du von meinem Wunsch sprachst?” Sie leuchtete besonders stark auf, sie hatte auf diese Frage gewartet.
„Erinnere dich: Was sagtest du zu Ma'el, deinem Mentor, vor seiner Abreise?” Da'an sah sich noch einmal mit Ma'el durch das Schiff laufen, mit dem er damals zur Erde gelangt war. Sie hatten stets über ihre Träume und Wünsche gesprochen. Ma'el hatte damals schon gewußt, wie schlecht es um den Fortbestand seine Rasse stand. Zumal Taelons nicht einfach selbst beschließen konnten, wann sie bereit waren, oder ob sie überhaupt jemals ihren Partner finden würden. Er erinnerte sich an ihre letzte Konversation zurück, er war damals noch recht jung gewesen im Gegensatz zu Ma'el, aber sie hatten sich wundervoll verstanden.
„Ich erinnere mich. Mein größter Wunsch war es damals...”
Fa'ley beendete den Satz für ihr Gegenüber: „...ein eigenes Kind groß zu ziehen. Und meine Aufgabe ist es, dir diesen Wunsch zu erfüllen. Das ist Ma'els letzter Wille.” Mit diesen Worten beendete sie ihre geistige Verbindung.
Völlig aufgelöst taumelte der Taelon einige Schritt rückwärts. Und als ob die Situation nicht mehr schlimmer werden könnte, trat Zo'or in Da'ans Quartiere und erkannte gleich, wer Da'ans angeblicher Gast war. „Fa'ley!” Entsetzt sah sie zu Da'an hinüber, doch sofort, als sie sich zu Zo'or umdrehte, wirkte sie wieder gelassen. „Zo'or.”
An dieser Stelle trat Liam dazwischen: „Moment. Ihr kennt euch?” Ihm wurde wirklich auch gar nichts erzählt. Keiner der beiden sagte auch nur ein Wort, sie starrten sich nur gegenseitig an. Doch nach einer Zeit des Schweigens trat Zo'or näher an die Kleine heran, oder er versuchte es. Denn bevor er sie auch nur annähert erreicht hatte, stellte sich ihm Simmence in den Weg.
„Sie werden ihr nie wieder Leid zufügen, dafür werde ich sorgen! Bevor ich auch nur erlaube, daß Sie ihr zu nahe kommen, müssen Sie mich töten. Oder töten lassen, ich hörte, Sie haben da Ihre Leute, die die Drecksarbeit für Sie machen!” Der Forscher versuchte sich vor dem Alien aufzubauen, aber er erreichte kaum seine Augenhöhe. Zo'or blinzelte und lächelte nur.
„Das war auch nicht meine Absicht. Und was sind Sie nun? Ihr Beschützer?” Er setzte ein häßliches Grinsen auf.
„Wenn Sie mich so sehen wollen, tun Sie es.” Dieser kleine Forscher erlaubte sich Dinge, bei denen andere längst umgekommen wären. Er würde sich noch wünschen, ihn nie auch nur getroffen zu haben. Für solche Leute hatte er eine spezielle Behandlung auf Lager.
Die Kleine legte nur ihre Hand auf Simmence Schulter, sie hatte so etwas befürchtet. „Keine Sorge, John Simmence, ich weiß mich zu verteidigen. Dabei fällt mir ein... ich glaube, das gehört dir, nicht wahr?” Sie reichte Zo'or ihr Halsband, in zwei Teile zerbrochen. Dieser warf die unbrauchbaren Teile nur zur Seite. „Erwarte keinen Dank.”
Liam hatte langsam genug, jeder wußte wohl Bescheid außer ihm! Es konnte doch nicht so schlimm sein, ihn auch einmal über die ganze Geschichte zu informieren.
Auch Da'an gefiel diese Situation nicht, die Kleine mußte noch viel erfahren...
„Zo'or, Major Kincaid, Mr. Simmence, ich denke Sie sollten sich entfernen. Ich habe noch etwas Wichtiges mit ihr zu bereden. Eure Anwesenheit ist dabei nicht von Nöten.” Der Companion-Beschützer schüttelte nur dem Kopf, klopfte Simmence auf den Rücken und zog ihn förmlich aus Da'ans Quartieren.
„Denke bloß nicht, daß ich Befehle von dir annehme, Da'an!” Zo'or schaffte es wieder einmal, daß Fa'ley die Kontrolle über sich verlor.
„Verschwinde! Dein Anblick macht mich krank!” Die Augen des jungen Taelons schmälerten sich. Fa'ley verletzte ihn mit ihren Worten nicht nur, sie sprach mit ihm, wie er es mit Da'an zuweilen tat. Nicht die gleichen Worte, aber die gleiche Ausdrucksweise. Es tat sehr weh, solche Dinge zu hören, zu fühlen...
„Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!” Ruckartig drehte er sich um und verließ, mit einem beinahe erzwungen wirkenden Lächeln, die Quartiere seines „Freundes”, um auf seine Brücke zurückzukehren.
Als Da'an sich sicher war, daß Zo'or und die anderen außer Reichweite waren, wandte er sich dem vor ihm stehenden Mädchen zu. „Es gibt da etwas, das du wissen solltest, Fa'ley...” Die Kleine versuchte zu lächeln, aber was konnte so wichtig sein, daß es die Stimmen des Aliens zittern ließ?
„Dieser Wunsch, von dem du sprachst... er wurde mir bereits erfüllt.” Ein Schock fuhr durch jede einzelne Faser ihres Körpers. Sie wandte sich schnell von Da'an ab, fuhr sich durch die bereits etwas verblaßten Haare. Ihr Körper paßte sich wieder einmal ihren Gefühlen an, denn auch ihr Gesicht wurde bleich. Ihre Existenz hatte also gar keinen Sinn? Wozu war sie jetzt noch gut? Sie verlor sich selbst in diesem Moment. Ihre Persönlichkeit war nie wichtig gewesen, aber ihre Aufgabe! Sie hatte für diesen Moment gelebt, sie existierte doch nur, um der Rasse ihres Vaters neue Hoffnung zu geben.
Der lang gehegte Zweifel holte also auch sie ein. Die Menschen um sie herum hatten sich stets die gleiche Frage gestellt. Warum bin ich hier? Welchen Zweck erfüllt meine Existenz? Sie hatte immer eine Antwort gewußt, doch diese verschwand mit allen ihren Hoffnungen und eigenen Wünschen im Nichts der Enttäuschung. Sie hatte völlig vergessen, wo sie war. So versuchte sie sich zu sammeln und wieder einen Ausgleich in ihr Erscheinungsbild zu bringen. Langsam wandte sie sich dem besorgten Taelon zu und zwang sich zu lächeln.
„Das freut mich für dich. So sage mir, welchen Wunsch kann ich dir statt dessen erfüllen?”
„Du bist mir keine Rechenschaft schuldig.”
„Du verstehst nicht. Dafür existiere ich, Da'an. Ich möchte, daß du glücklich bist.” Da'an sah die Kleine erschrocken an. Das konnte sie doch nicht wirklich glauben! Er schimmerte kurz blau auf. „Ich habe keine Wünsche, die du mir erfüllen könntest.” Sie lächelte ihn an und wieder erschrak er. Dieses Lächeln! Sie lächelte, wie Zo'or es zu weilen tat. Sie hatten den gleichen Blick, die selben Augen.
Sie schritt zu ihm hin, legte ihre warmen Hände fürsorglich an sein Gesicht, so daß der Taelon in einem tiefen Blau aufleuchtete. „Doch, die hast du, überlege und sag mir, was du möchtest.” Ihr Griff wurde fester, als sie tiefer in Da'ans Gedanken eindrang. Er sträubte sich gegen ihr Eindringen, war aber nicht gegen ihre Angriffe gewappnet. Sie war zu weit gegangen, es schmerzte ihn.
„Hör auf!” Erschrocken trat sie zurück. „Oh, ihr Götter! Du leidest! Dein Kind haßt dich! Und du wünschst dir nichts sehnlicher als seine Liebe und sein Verständnis.” Da'ans ganzer Körper verlor die menschliche Fassade. Er sank auf die Knie. Sie hatte den Schmerz, den er schon seit Ewigkeiten tief in sich vergraben hatte, gespürt.
„Es tut mir leid. Ich hatte keine Ahnung. Aber, aber vielleicht kann ich dir helfen. Wer ist dein Kind und wieso haßt er dich?” Der Alien sah zu ihr hoch und nahm wieder seine menschliche Gestalt an. Er wußte nicht, wie er reagieren sollte.
„Zo'or. Er ist mein Kind.” Jetzt wunderte sie gar nichts mehr. Zo'or... Ohne ein weiteres Wort stürmte sie aus Da'ans Quartieren. Er hatte nicht einmal die Kraft wieder aufzustehen, geschweige denn sie aufzuhalten.
Sie sah kurz zu Liam. „Wo ist Zo'or?” Liam verstand wirklich nicht, was sie nun wieder von Zo'or wollen konnte, aber er antwortete. „Auf der Brücke, glaube ich, wieso? Vor einer Sekunde hast du ihn doch noch raus geschickt..” Sie verdrehte ihre Augen und hielt ihm den Mund zu. „Wie komme ich zur Brücke?” Der Mann zog eine Augenbraue hoch und zeigte in die Richtung der Brücke. Woraufhin sie ihre Hand von seinem Mund nahm und los stürmte. Liam schüttelte den Kopf und rannte zu Da'an, der immer noch auf dem Boden seines Quartiers lag. Merkwürdigerweise kam ihm Simmence hinterher und schaute den Alien mißbilligend an. Was hatte er ihr erzählt?

 

Ende von Kapitel 8

 

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